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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Freitag, 12. Juni 2015

Die Lär­min­sel (5)

Ein neu­er Mor­gen, ei­ne neue Bus­li­nie: Noch ein­mal woll­ten wir ei­nen Ta­ges­aus­flug eher be­däch­tig an­ge­hen und uns noch nicht wie­der an die Gren­zen der in­fekt­be­dingt schwä­cheln­den ei­ge­nen Kon­di­ti­on her­an­ta­sten. La Oro­ta­va hieß das Ziel der Wahl, wel­ches von di­ver­sen Freun­den und Be­kann­ten uns als herr­li­cher Sehn­suchts­ort ge­schil­dert wor­den war. Al­so ab in den Bus und kur­ven­reich den Hang hin­ter Pu­er­to de la Cruz hin­auf­ge­tuckert...

Und es ist ja wahr: Hat man sich von der pro­sa­ischen Bus­sta­ti­on erst ein­mal in den hi­sto­ri­schen Stadt­kern durch­ge­han­gelt, fin­det man ein weit­ge­hend in­tak­tes Alt­stadt-En­sem­ble von ho­her ar­chi­tek­to­ni­scher Qua­li­tät vor. Der Blick streift über Dä­cher, Bal­ko­ne, Türm­chen und In­nen­hö­fe, die ei­ne ru­hi­ge Wür­de und ei­ne an­ge­nehm de­zen­te Un­auf­ge­regt­heit aus­strah­len. Doch, hier kann man es aus­hal­ten!

Über den Dächern von La Orotava

Stun­den­lang ha­ben wir die Gas­sen und Sträß­chen kreuz und quer und rauf und run­ter be­streift, ha­ben Kir­chen und Park­an­la­gen be­sich­tigt, Müh­len­re­lik­te und In­nen­hö­fe in­spi­ziert, da die Na­se an die Schei­be ge­preßt und dort den Blick durch ein Git­ter­tor ge­nos­sen. All das läßt sich in der Rück­schau (auch ge­fühls- und ge­ruch­mä­ßig) ge­nau re­kon­stru­ie­ren, wenn ich mei­ne per Vor­rats­da­ten­spei­cher ge­sam­mel­ten GPS-Tracks in Goog­le Earth la­de und aus der Vo­gel­per­spek­ti­ve den Streif­zug nach­voll­zie­he.

Hier prä­sen­tier­te sich ein be­son­ders schö­nes Ex­em­plar ei­ner tra­di­tio­nell ver­zier­ten Fas­sa­de, mit sorg­fäl­tig ge­pfleg­tem Blu­men­schmuck an den höl­zer­nen Bal­ko­nen (die frei­lich ih­rer­seits et­was kon­ser­vie­ren­de Zu­wen­dung ver­tra­gen könn­ten):

Die Casa de Los Balcones

Der Aus­schnitt zeigt die Ca­sa de Los Bal­co­nes, ei­ne der be­kann­te­ren Se­hens­wür­dig­kei­ten der Stadt. Das Haus an sich ist auch durch­aus se­hens- und be­wun­derns­wert, die im Erd­ge­schoß an­ge­bo­te­nen Mit­bring­sel der Ka­te­go­rie »tra­di­tio­nel­les Hand­werk« ver­mö­gen in­des pri­mär hoch­be­tag­te Gä­ste zu be­gei­stern und von ih­rem Geld zu tren­nen. Der noch nicht ganz in die­se Al­ters­klas­se fal­len­de zone­batt­ler freu­te sich da­ge­gen über das eben­so bal­last­stoff­freie wie ko­sten­lo­se WLAN in an­ge­nehm schat­ti­ger Ni­sche...

Hin­ter dem nicht min­der ein­drucks­vol­len Li­ceo de Tao­ro hat mei­ner ei­ner nicht nur zu sei­ner gro­ßen Er­leich­te­rung ei­ne sehr or­dent­li­che Stoff­wech­sel­stu­be ge­fun­den, son­dern auch ba­den­de Bäum­chen, so­zu­sa­gen ein Na­tur­schau­spiel der un­ge­wöhn­li­chen Art:

zweckentfremdete Badewanne hinter dem Liceo de Taoro

Ein Fo­to wie die­ses ist schon ge­nug künst­le­ri­scher Er­trag für ei­nen gan­zen Ur­laub, wie ich fin­de. Da gab und galt es nix zu in­sze­nie­ren, nur drauf­zu­hal­ten und ab­zu­drücken. In ei­nem klei­nen Ex­kurs sei hier mal dar­über re­flek­tiert, wie mei­ne Ur­lau­be dies­be­züg­lich vor ei­nem Vier­tel­jahr­hun­dert – in ei­nem frü­he­ren Le­ben – so ab­lie­fen: 10–15 Dös­chen mit Dia-Fil­men drin mög­lichst an den Rönt­gen­ge­rä­ten der Flug­ha­fen-Se­cu­ri­ty vor­bei­ge­schleust, der ho­hen Ko­sten von ca. 50 Pfen­ni­gen pro Aus­lö­sung we­gen eher we­ni­ger ex­pe­ri­men­tiert, Mehr­fach­ver­su­che zur Er­fas­sung der be­sten Per­spek­ti­ve oder des schön­sten Mo­men­tes nur in Aus­nah­me­fäl­len un­ter­nom­men, her­nach zu Hau­se ta­ge­lang auf das Ent­wickeln ge­war­tet und dann wo­chen­lang ge­schnip­pelt, ge­rahmt und in Ma­ga­zi­ne ein­sor­tiert. Da­nach ein bis zwei­mal an­ge­schaut und spä­ter nim­mer­mehr. Wo­bei ich den­noch (oder ge­ra­de des­we­gen) der­zeit da­bei bin, die ana­lo­gen Er­in­ne­run­gen (sprich: die Di­as) zu di­gi­ta­li­sie­ren, denn am Mo­ni­tor, auf dem Smart­phone-Dis­play oder via Ta­blet schaut man sich halt doch eher al­te Ela­bo­ra­te an, wo­hin­ge­gen man Pro­jek­tor und Lein­wand schon aus Grün­den der Faul­heit eher sel­ten her­aus­kramt und auf­baut... Heu­te lei­ste ich mir fol­ge­ko­sten­los weit mehr Ver­su­che und kom­me nicht mit mit 300 Fo­tos heim, son­dern mit der vier­fa­chen Men­ge (von de­nen hin­ter­her frei­lich 2/3 wie­der der [Entf]-Taste zum Op­fer fal­len). Un­ter dem Strich bin trotz der ge­stie­ge­nen Ver­su­chung zur Nach­läs­sig­keit wohl den­noch ein bes­se­rer Knip­ser ge­wor­den, die Übung macht’s...

Aber ge­nug der Ab­schwei­fung, wir sind ja hier in ei­ner Rei­se-Re­por­ta­ge und we­der in ei­nem Fo­to­kurs noch in ei­nem Bild­be­ar­bei­tungs-Se­mi­nar. Am näch­sten Mor­gen fühl­ten wir uns bei­de wie­der fit ge­nug für grö­ße­re Un­ter­neh­mun­gen und nah­men uns für drei Ta­ge ei­nen Leih­wa­gen, um un­se­ren Ak­ti­ons­ra­di­us zu er­wei­tern und da­hin zu fah­ren, wo die dicken Bus­se sel­ten oder gar nie hin­kom­men. [1] Wir zuckel­ten auf klei­nen Stra­ßen (und mit­un­ter dank des­ori­en­tier­ter elek­tri­scher La­dy in der smart­phoni­schen Na­vi-App über Stock und Stein) in das wun­der­ba­re Ana­ga-Ge­bir­ge im Nord­osten der In­sel. Gran­dio­se Per­spek­ti­ven ta­ten sich dort auf:

Im Anaga-Gebirge

Der hel­le Strei­fen zwi­schen den dunk­len Ber­gen un­ten und den dü­ste­ren Wol­ken oben ist üb­ri­gens das Meer... In je­nem Ge­bir­ge ist es ger­ne neb­lig und feucht, wes­we­gen es dort üp­pi­ge Lor­beer­wäl­der gibt. Die­ser Ab­wechs­lungs­reich­tum macht den gro­ßen Reiz Te­ne­rif­fas aus: Zwi­schen hei­ßer Wü­ste und feucht­kal­tem Dschun­gel lie­gen ja re­gel­mä­ßig nur ein paar Dut­zend Ki­lo­me­ter!

Wir kurv­ten ha­ken­schla­gend bis zu ei­nem Wei­ler na­mens Cha­mor­ga, da hört die Welt zu­min­dest für die Au­to­mo­bi­li­sten auf. Auf Schu­sters Rap­pen ging es dann wei­ter bis (fast) zum Ro­que Ber­me­jo am Nord­ost­zip­fel Te­ne­rif­fas. Erst läuft man noch über ein paar we­gen Un­ter­spü­lung und Hang­rut­schen nicht mehr be­fahr­ba­re Be­ton­strei­fen, dann geht es nur noch über Tram­pel­pfa­de wei­ter durch die üp­pi­ge Ve­ge­ta­ti­on:

Auf dem Weg zum Roque Bermejo

Süd­lich und un­ter­halb des Leucht­tur­mes Faro de Ana­ga mach­ten wir dann er­stens Rast und zwei­tens kehrt: Der wei­te­re Ab­stieg bis zum un­ter uns schwap­pen­den At­lan­tik hät­te be­stimmt wei­te­re 45 Mi­nu­ten (pro Rich­tung!) ge­dau­ert und un­se­re Kräf­te all­zu­sehr be­an­sprucht: Die brauch­ten wir ja noch für den wei­ten Rück­weg bis zum in Cha­mor­ga ab­ge­stell­ten Wa­gen. Die Ent­schei­dung er­wies sich als rich­tig: Als wir schließ­lich wie­der an un­se­rem Volks­wa­gen an­ge­langt wa­ren, wa­ren wir ei­ni­ger­ma­ßen grog­gy. Aber auch glück­lich über das Ge­se­he­ne und Ge­lei­ste­te! Lä­sti­gen Lärm gab es an die­ser ent­le­ge­nen Ecke des be­sie­del­ten Lan­des üb­ri­gens durch­aus auch, und zwar in Form von Hun­den, die ihr Re­vier schon auf Di­stanz bel­lend zu ver­tei­di­gen trach­te­ten. Tja, »Lär­min­sel« kommt wirk­lich nicht von un­ge­fähr!

Der Tag war noch längst nicht ver­stri­chen, und wir woll­ten ja den fahr­ba­ren Un­ter­satz best­mög­lich aus­nut­zen. Al­so erst­mal wie­der zu­rück auf der Ber­ge Rücken bis nach El Bai­la­de­ro, dort die uns schon be­kann­te Rou­te gen Sü­den ver­las­sen und in San An­drés Sta­ti­on ge­macht. Von da aus an der Kü­ste ent­lang nach San­ta Cruz hin­ein­ge­fah­ren. Von dort aus woll­ten wir uns zur be­rühm­ten Pan­ora­ma-Stra­ße TF-24 zum Tei­de hoch­schlän­geln. Zu die­sem Zwecke gab ich als Zwi­schen­ziel das Städt­chen La Es­pe­ran­za ins Smart­phone-Na­vi mei­ner bes­se­ren Hälf­te ein und ließ mich ein­mal mehr von der elek­tri­schen Tan­te (ver)führen. Die er­wies sich ein­mal mehr als gna­den­los ziel­stre­big und ab­kür­zungs­fi­xiert und ließ mich über Feld­we­ge und Ge­röll­pi­sten ran­gie­ren, de­ren An­blick je­den Au­to­ver­lei­her furchige Fal­ten (oder fal­ti­ge Fur­chen?) auf die Stirn ge­trie­ben hät­te. Letzt­lich ging al­les gut und glatt, und ich kann mir al­tem Sonn­tags­fah­rer noch ei­ni­ges an fah­re­ri­schem Kön­nen und ei­nem neu­zeit­li­chen VW Po­lo recht re­spek­ta­ble Ge­län­de­wa­gen-Qua­li­tä­ten at­te­stie­ren...

Schließ­lich er­reich­ten wir doch noch die TF-24 (der ge­treu­lich mit­ge­tracker­te Kurs nimmt sich auf Goog­le Earth gar nicht so ver­we­gen aus wie er sich un­ten auf der rea­len Er­de an­fühl­te) und fuh­ren zü­gig (und mit rich­ti­gem Asphalt un­ter den Rei­fen) nach Süd­we­sten in Rich­tung des ma­je­stä­ti­schen Vul­kans. Da­bei ka­men wir von un­ten in die Wol­ken, und das ist nun wirk­lich ei­ne ganz be­son­de­re Er­fah­rung:

In wolkengetränkten Wäldern

Win­dig ist es da und at­mo­sphä­risch ei­ni­ger­ma­ßen gru­se­lig, ziem­lich feucht na­tür­lich so­wie­so. Dar­um al­so nach dem Knip­sen gleich wie­der ins Au­to ge­hech­tet und wei­ter ge­fah­ren, im­mer wei­ter, im­mer hö­her durch ki­lo­me­ter­lang sich hin­zie­hen­de Wäl­der.

Ir­gend­wann kommt man eben­so un­ver­mit­telt oben aus der Wol­ken­decke her­aus, wie man un­ten in sie hin­ein­ge­fah­ren ist. Und da steht er dann in sei­ner vol­len Pracht, der höch­ste Berg in spa­nisch be­wirt­schaf­te­ten Lan­den: El Tei­de !

Blick auf den Teide

Die gran­dio­se Sze­ne­rie ist mit fo­to­gra­fi­schen Mit­teln na­tür­lich nicht an­nä­hernd ein­zu­fan­gen: Der strah­lend blaue Him­mel, die schnee­wei­ße Wol­ken­schicht, die fri­sche, kla­re Luft, der sanft über die Haut strei­chen­de Wind, die weit­ge­hen­de Ab­we­sen­heit an­de­rer Men­schen, all das macht den Auf­ent­halt an so ei­nem Aus­sichts­punkt zu ei­nem sehr in­ten­si­ven Er­leb­nis. Als et­was stö­rend emp­fand ich die – auf dem klein­ge­rech­ne­ten Fo­to gnä­di­ger­wei­se nicht mehr er­kenn­ba­re – Seil­bahn an der lin­ken Flan­ke des Vul­kan­ke­gels: Dem Gi­gan­ten der­ma­ßen auf die Pel­le zu rücken er­schien mir als ir­gend­wie ent­wür­di­gen­de An­ma­ßung. Na ja, der mo­der­ne Mensch neigt ge­mein­hin oh­ne­hin nicht zur De­mut. Der Tei­de wird sich schon mit hei­ßem Atem zu weh­ren wis­sen, wenn’s ihm zu­viel wird...

Als Ver­hei­ßungs­ort be­son­de­rer Gü­te kam mir die­se fu­tu­ri­sti­sche »Ster­nen-Stadt« vor, die nach­ge­ra­de aus­sieht wie ein ty­pi­sches Sci­ence-Fic­tion-Ro­man-Co­ver aus den 1970er Jah­ren: Er­ha­ben­heit, Auf­bruch­stim­mung, Er­for­schung des Un­be­kann­ten, das al­les und mehr irr­lich­ter­te durch des zonebattler’s Syn­ap­sen, als er der Ob­ser­va­to­ri­en ge­wahr wur­de. Die sind da oben dem Him­mel so nah wie mög­lich und er­freu­en sich dank ge­rin­ger Luft- und Licht­ver­schmut­zung be­ster Aus­sicht ins All. Groß­ar­tig!

Observatorien in der Nachbarschaft des Teide

So­wohl die Kup­peln der Stern­gucker als auch die un­ten wa­bern­den Wol­ken wa­ren uns schon in ähn­li­cher Form und An­mu­tung vor fünf Jah­ren auf La Pal­ma un­ter die Au­gen (und vor die Lin­se) ge­kom­men. Ich muß ge­ste­hen, daß ich sei­ner­zeit nicht nur be­gei­stert, son­dern nach­ge­ra­de über­wäl­tigt war. Aber in der Wie­der­ho­lung nutzt sich halt doch al­les ein we­nig ab...

Gleich nach den Ob­ser­va­to­ri­en lie­ßen wir dann den Tei­de vor­erst links lie­gen und bo­gen nach rechts auf die TF-24 ab, die Son­ne stand ja schon tief, es war in­zwi­schen Abend ge­wor­den und der zone­batt­ler des Fah­rens mü­de. Und ob­wohl es Luft­li­nie gar nicht so weit bis nach Hau­se war, ging es na­tür­lich zicke-zacke kur­ven­reich und ent­spre­chend lang­sam berg­ab. Bis wir end­lich im Ho­tel an­lang­ten, war es schon fast du­ster. Ein er­füll­ter Tag lag hin­ter, zwei wei­te­re mit selbst­ge­steu­er­tem Ge­fährt noch vor uns. In der näch­sten Fol­ge fah­ren wir die TF-24 wie­der hoch und ma­chen sei­ner Ma­je­stät dem gro­ßen Vul­kan und sei­nem Hof­staat drum­her­um end­lich un­se­re Auf­war­tung.

 
[1] 60 EUR ko­ste­te der Spaß in Form ei­nes VW Po­lo (zzgl. Sprit in der ver­fah­re­nen Men­ge), da kann man nicht mau­len. Wie im­mer war die Be­die­nung ge­wöh­nungs­be­dürf­tig, des Au­tors ei­ge­ne Renn­gur­ke hat ja ins­ge­samt we­ni­ger Mo­le­kü­le als so ein mo­der­nes Au­to Schal­ter und Lich­ter. Über­dies wäh­ne ich mein ei­ge­nes Vo­lant und die Pe­da­le nach dem Ur­laub als schwer­gän­gig oder ein­ge­ro­stet, weil es mei­nem Ve­hi­kel an neu­zeit­li­chen As­si­stenz­sy­ste­men man­gelt, aber der Mensch ist ja fle­xi­bel und kann sich an fast al­les ad­ap­tie­ren (mei­ner ei­ner so­gar in der Rich­tung vom Lu­xus zum Spar­ta­ni­schen)...

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Donnerstag, 11. Juni 2015

Dor­nen­kro­ne

blühende Distel an des zonebattler's Schrebergarten
Freitag, 5. Juni 2015

Die Lär­min­sel (4)

Nach­dem wir von Freun­den schon im Vor­feld un­se­rer Rei­se über das gut funk­tio­nie­ren­de Bus­netz auf Te­ne­rif­fa in­for­miert wor­den wa­ren, hat­ten wir uns vor­ge­nom­men, den über­wie­gen­den Teil des Ur­laubs oh­ne ei­ge­nen Miet­wa­gen zu ver­brin­gen und uns von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln her­um­kut­schie­ren zu las­sen. Das klapp­te auch ganz gut, und un­se­re er­ste Fahrt im dröh­nen­den und vi­brie­ren­den Die­sel-Bus brach­te uns zum Nord­ost­zip­fel der In­sel, in de­ren Haupt­stadt San­ta Cruz de Te­ne­ri­fe.

Un­weit des dor­ti­gen Bus­bahn­ho­fes gibt es ein spek­ta­ku­lä­res Stück mo­der­ner Ar­chi­tek­tur zu be­sich­ti­gen, die Kon­zert­hal­le Au­di­to­rio de Te­ne­ri­fe:

Das Auditorio de Tenerife

Das ver­we­gen ge­stal­te­te Ge­bäu­de ist ge­ra­de mal ein Dut­zend Jah­re in Be­trieb, da zei­gen sich schon die er­sten Schä­den in der Au­ßen­hül­le: Fei­ne Mo­sa­ik­stein­chen fal­len ab, Was­ser sucht sich sei­nen Weg, Stahl­ar­mie­run­gen be­gin­nen zu ro­sten. Wie schein­bar über­all in spa­ni­schen Ge­fil­den schei­nen In­stand­hal­tung und prä­ven­ti­ve Pfle­ge un­be­kann­te Fremd­wör­ter zu sein, man klotzt was hin und ranzt es run­ter, schließ­lich reißt man es ab und baut was Neu­es hin (oder auch nicht). Al­les nicht sehr nach­hal­tig und res­sour­cen­scho­nend, aber kon­se­quent nach dem (vor­mals ost­zo­na­len) Mot­to: »Wir bau­en auf und rei­ßen nie­der, so ha­ben wir Ar­beit, im­mer wie­der«. An­de­re machen’s frei­lich auch nicht bes­ser, den glei­chen Spruch ha­be ich ja schon über Mal­ta vom Sta­pel ge­las­sen... In­nen im Foy­er des ver­we­gen ge­schwun­ge­nen Mu­sen­tem­pels ist es un­glaub­lich laut, das Ge­plap­per und Gek­lacker der Be­su­cher po­ten­ziert sich in dem Schall­trich­ter aus Be­ton zu ei­ner lär­men­den Sym­pho­nie. Aber we­nig­stens konn­te ich dort drin­nen di­ver­se net­te Da­men­bei­ne ein­fan­gen... [1]

Laut und quir­lig ging es auch in der be­leb­ten In­nen­stadt von San­ta Cruz zu, wie­wohl es ein »ru­hi­ger« Sonn­tag war und die mei­sten Ge­schäf­te ge­schlos­sen hat­ten. Aber die Spa­ni­er fei­ern ja recht ger­ne und An­läs­se da­zu fin­den sich rund ums Jahr und im­mer wie­der. Uns steht ja auch hin und wie­der der Sinn nach Ge­sel­lig­keit, aber im Ur­laub su­chen wir doch eher das Ru­hi­ge und Er­ha­be­ne. [2] Dar­um sind wir tags drauf ins na­he­ge­le­ge­ne Oro­ta­va-Tal ge­tuckert und ha­ben dort ei­ne Hö­hen­wan­de­rung un­ter­nom­men, die uns tat­säch­lich in ganz un­er­war­te­te Hö­hen führ­te:

Blick auf den Teide

Wir ver­paß­ten auf­grund un­ge­nü­gen­der Weg­be­schrei­bung im Rei­se­füh­rer den vor­ge­se­he­nen (aber we­gen fri­schen Erd­rut­sches ge­sperr­ten Ab­zweig) und stie­gen hö­her und hö­her, oh­ne zu be­mer­ken, daß wir schon längst über den an­ge­peil­ten »Hö­hen­weg« auf­ge­stie­gen wa­ren. Tat­säch­lich »mach­ten« wir knapp 1000 Me­ter in der Ver­ti­ka­len und ka­men letzt­lich bei der Stra­ße durch den Tei­de-Na­tio­nal­park her­aus, wo­durch wir un­se­res schweiß­trei­ben­den Irr­tums end­lich ge­wahr wur­den. Im­mer­hin konn­ten wir beim Ab­stieg drei wei­te­ren deut­schen Paa­ren, die mit dem glei­chen Wan­der­füh­rer ei­nes re­nom­mier­ten Er­lan­ger Ver­la­ges be­waff­net wa­ren, ein ähn­li­ches Schick­sal er­spa­ren...

Im­mer­hin war die An­stren­gung nicht ver­ge­bens, wir wur­den mit Son­nen­schein und wun­der­ba­rer Fern­sicht be­lohnt. An den Fol­ge­ta­gen wa­ren Wäl­der und Wip­fel wol­ken- und ne­bel­ver­han­gen, und auch der Tei­de war nicht aus­zu­ma­chen. Schon am näch­sten Mor­gen – wir wa­ren bei war­mer Wit­te­rung kurz­be­host und ‑be­är­melt mit dem Bus nach La Lagu­na auf­ge­bro­chen – tapp­ten wir stun­den­lang leicht bib­bernd durch die hi­sto­ri­sche (und re­gen­nas­se) In­nen­stadt und be­nei­de­ten je­ne, die mit pas­sen­de­rer Klei­dung und Aus­rü­stung un­ter­wegs wa­ren:

Drei gut beschirmte Damen in La Laguna

Na ja, wir han­gel­ten uns im Nie­sel­re­gen von Dach zu Dach, Un­ter­stand zu Un­ter­stand, Se­hens­wür­dig­keit zu Se­hens­wür­dig­keit und be­schlos­sen den Halb­tag mit Kaf­fee, Ku­chen und Kn­ser­vie­rungs­stof­fen. Kann man mal ma­chen. So rich­tig gran­di­os fan­den wir es dort nicht, aber das war viel­leicht der Er­war­tungs­hal­tung ei­ner­seits und dem un­ver­hofft naß­küh­len Wet­ter an­de­rer­seits ge­schul­det...

Tags drauf kam die un­ver­hoff­te, gro­ße Zä­sur: Wäh­rend der zone­batt­ler die Rei­se zwar an­ge­krän­kelt, aber im­mer­hin schon auf dem We­ge der Bes­se­rung an­ge­tre­ten hat­te, war sei­ne bes­se­re Hälf­te ge­sund in den Flie­ger ge­stie­gen, hat­te sich aber von ba­zil­len-be­fal­le­nen Mit­rei­sen­den die Krät­ze ein­ge­fan­gen und muß­te des Abends mit im be­droh­li­chem Tem­po an­stei­gen­den Fie­ber zu ei­nem »Cen­tro Med­ico« ver­bracht wer­den. Ist auch ei­ne in­ter­es­san­te Ur­laubs­er­fah­rung, wenn ei­ne re­so­lu­te Doc­to­ra, die des Deut­schen nicht mäch­tig ist, nur ih­re dol­met­schen­de Sprech­stun­den­hil­fe an­schaut und nicht die vor ihr ste­hen­de Pa­ti­en­tin. Im­mer­hin wa­ren die War­te­zei­ten kurz und die An­ti­bio­ti­ka bil­lig zu ha­ben. Muß sich trotz­dem nicht so bald wie­der­ho­len...

Vier Ta­ge Bett­ru­he für die Ge­fähr­tin be­deu­te­ten vier Ta­ge frei­en Her­um­lun­gerns für den Be­richt­erstat­ter, der sich nur zu ger­ne nun selbst et­was schon­te und mit der Ka­me­ra be­waff­net in der nä­he­ren Um­ge­bung des Ho­tels her­um­strich.

Fassadenkunst in Puerto de la Cruz

Die In­nen­stadt von Pu­er­to de la Cruz ist zwar in we­ni­gen Geh­mi­nu­ten durch­mes­sen, aber man fin­det doch recht in­ter­es­san­te und auch ab­wechs­lungs­rei­che Ecken und An­sich­ten, die auf­z­neh­men sich lohnt. Lei­der war ich aber doch recht trä­ge und nicht so recht mo­ti­viert, mich auf fo­to­gra­fi­sche Pirsch zu be­ge­ben. Dar­um ha­be ich nur den ei­nen oder an­de­ren Schnapp­schuß ge­macht und mich nicht wei­ter an­ge­strengt.

Man­che Mo­ti­ve in­des sind so au­gen­fäl­lig, daß man sie auch re­flex­haft und oh­ne gro­ße Mü­hen ein­fan­gen kann. Wie z.B. die­ses Ex­em­pel von gen­re­haf­ter Street Pho­to­gra­phy:

Straßenszene am Vormittag

Zu­ge­ge­ben, der al­te Herr mit Rol­la­tor war recht lang­sam un­ter­wegs, da konn­te ich mir mit dem Kom­po­nie­ren des Bil­des Zeit las­sen. Über­haupt schien die ge­mäch­li­che Un­auf­ge­regt­heit un­se­res Ur­laubs­or­tes auf mich ab­zu­fär­ben, und ich weiß bis heu­te nicht, ob es wirk­lich an der At­mo­sphä­re lag oder an mei­nem nur lang­sam ab­flau­en­den grip­pa­len In­fekt, an dem ich ja schon seit län­ge­rem la­bo­rier­te.

Egal, war­um auch im­mer ich et­was lang­sa­mer re­agier­te als sonst, so­lan­ge die Mo­ti­ve vor mir sich noch we­ni­ger be­we­gen und mir nicht da­von­lau­fen, krie­ge ich sich im­mer noch pro­blem­los ein­ge­fan­gen, wie zum Ex­em­pel die­sen Ang­ler, der auf der Kai­mau­er sit­zend sein Glück ver­such­te:

Mann mit Hut, sitzend und angelnd

Die Pas­si­on des An­gelns ge­hört zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen zu je­nen fin­ste­ren Lei­den­schaf­ten, de­ren Reiz und Mi­ra­kel sich mir zeit­le­bens nicht er­schlie­ßen wer­den, und das hat nicht nur da­mit zu tun, daß un­ser­ei­ner kein gro­ßer Fisch­esser ist. Na ja, je­dem das Sei­ne, und so­lan­ge der schweig­sa­me Ru­ten­schwin­ger sei­nem Hob­by nach­geht, ist er we­nig­stens weg von der Stra­ße und kommt nicht auf noch düm­me­re Ge­dan­ken...

Jetzt aber hur­tig et­li­che Stun­den vor­ge­spult und die weit­ge­hend er­eig­nis­frei­en Re­kon­va­les­zenz-Ta­ge der bes­se­ren Hälf­te über­sprun­gen. Nach leid­li­cher Ge­ne­sung (mei­ner ei­ner war dann selbst al­ler im­por­tier­ten Schnup­fen-Re­ste le­dig) fin­gen wir wie­der an mit der Er­for­schung un­se­rer Um­welt. Ein Bus brach­te uns in kü­sten­nah mä­an­drie­ren­der Fahrt ins west­lich ge­le­ge­ne Ga­ra­chi­co.

eingerahmter Meeresblick in Garachico

Ein be­freun­de­tes Ga­le­ri­sten-Ehe­paar hat­te dort we­ni­ge Wo­chen zu­vor den ei­ge­nen Ur­laub ver­bracht und war des Lo­bes voll über die­sen be­schau­li­chen Ort. Wir selbst glau­ben, sei­ne (durch­aus vor­han­de­nen) Rei­ze in den paar Stun­den un­se­res Auf­ent­hal­tes weit­ge­hend voll­stän­dig wahr­ge­nom­men und ge­wür­digt zu ha­ben. Ja, es ist nett dort, aber nein, wenn man nicht ge­ra­de Kunst­ma­ler ist oder in Ru­he sei­nen neu­en Ro­man fer­tig­stel­len möch­te, ist man dort nicht un­be­dingt am rech­ten Plat­ze.

Sehr leb­haft vom Tag in Ga­ra­chi­co in Er­in­ne­rung ge­blie­ben ist mir aber er­stens die Be­geg­nung mit ei­nem jun­gen Hundchen (wel­ches sich nur zu ger­ne krau­len und necken ließ und da­von schier au­ßer sich ge­riet vor pu­rer Le­bens­freu­de), so­wie die mit ei­ner Stre­litzie, wel­che sich na­tur­ge­mäß we­ni­ger spiel­freu­dig und be­gei­ste­rungs­fä­hig zeig­te, sich da­für aber in wun­der­bar leuch­ten­den Far­ben prä­sen­tier­te:

prächtige Strelitzie

Tat­säch­lich sind dem zone­batt­ler auf Te­ne­rif­fa der­ma­ßen vie­le die­ser Pa­ra­dies­vo­gel­blu­men un­ter die Au­gen ge­kom­men, daß er ei­nen va­ge er­wo­ge­nen Ur­laub auf der »Blu­men­in­sel« Ma­dei­ra nun­mehr zu ver­wer­fen be­reit ist und da­mit auch um et­li­che nur äu­ßerst schweiß­trei­bend zu be­wäl­ti­gen­de Hö­hen­me­ter ele­gant her­um­kä­me...

So­viel für heu­te. In ei­ner Wo­che geht es wei­ter.

 
[1] Ge­gen En­de des Ur­laubs sind ganz in der Nä­he zwei Gra­zi­en vor der Na­se mei­nes Miet­wa­gens über die Kreu­zung ge­stakst, bei­de mit knall­engen Jeans und leuch­tend ro­ten Pumps von schwin­del­erre­gen­der Ab­satz­hö­he an­ge­tan. Das wä­re ein Fo­to ge­we­sen! Aber was will man ma­chen, wenn die Am­pel kurz vor dem Um­sprin­gen ist, bei­de Hän­de am Lenk­rad lie­gen und die Ka­me­ra ir­gend­wo auf dem Rück­sitz liegt? Die fahr­läs­si­ge Un­vor­be­rei­tet­sei­ung ver­flu­chen!

[2] Wir hal­ten es da eher mit Jo­hann Ne­stroy (oder war es doch Karl Va­len­tin?), der die Men­schen lieb­te, aber die Leu­te nicht moch­te und da­her mied...

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Montag, 1. Dezember 2014

Ad­vents­wun­der

Als ich vor­hin nach ei­nem mä­ßig froh­sin­ni­gem Wo­chen­en­de mein Bü­ro auf­sperr­te, kroch mir nicht nur ab­ge­stan­de­ne Luft, son­dern auch ein süß­li­cher Ge­ruch in den Rie­cher­ker, der mich an den be­tö­rend-be­täu­ben­den Blü­ten-Ge­stank von Wachs­blu­men er­in­ner­te. Al­lein der­lei gibt es nicht und gab es nie in des zonebattler’s bahn­amt­li­cher Künst­ler-Klau­se. Gleich­wohl ging der in­ten­si­ve Ge­ruch von plötz­lich ent­fal­te­ter Blü­ten­pracht aus, von der am Frei­tag zu­vor noch nix zu mer­ken ge­we­sen war:

unbekannte Blüten, wunderbar aussehend, merkwürdig riechend

Weiß je­mand aus der Le­ser­schaft die ei­gen­ar­ti­ge Pflan­ze kor­rekt zu be­stim­men? Wür­de mich schon in­ter­es­sie­ren, was ge­nau da Au­ge, Na­se und Herz des bra­ven Bahn-Be­am­ten er­freut und ihn mit ei­nem Lä­cheln in die Ar­beits­wo­che star­ten läßt...

Freitag, 21. November 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (8)

Aus öko­lo­gi­schen Er­wä­gun­gen her­aus ma­chen der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te in fer­nen Ge­fil­den in der Re­gel län­ge­re Ur­lau­be: Man möch­te mög­lichst we­nig Luft­ver­pe­stung durch avia­to­ri­schen Strahl­tur­bi­nen-Ein­satz auf die ei­ge­nen Kap­pen neh­men müs­sen. Au­ßer­dem kann man Land und Leu­te in drei Wo­chen al­le­mal bes­ser ken­nen­ler­nen als in drei Ta­gen! Auch die­ser un­ser er­ster Mal­lor­ca-Ur­laub war mit 18 Ta­gen merk­lich län­ger als die zwei Wo­chen, die der ge­mei­ne Deut­sche re­gel­mä­ßig als ad­äquat emp­fin­det. Der Au­tor ver­hehlt je­doch nicht, daß es ein paar Ta­ge we­ni­ger auch ge­tan hät­ten: Ge­gen En­de wa­ren die Glie­der schwer und die Bir­ne voll. Viel­leicht hät­te uns ein Quar­tier­wech­sel mit­ten­drin gut ge­tan, das hat­ten wir im Vor­jahr auf Go­zo und Mal­ta ja in wei­ser Vor­aus­sicht ei­gens so ein­ge­tü­tet...

Aber egal, un­ter dem Strich war es trotz­dem ei­ne durch­aus ge­lun­ge­ne Fe­ri­en­rei­se, die noch da­zu in des Be­richt­erstat­ters dif­fu­sem Er­in­ne­rungs­ver­mö­gen be­reits ver­klärt wird zu ei­nem or­gia­sti­schen Fest des Lich­tes und der Far­ben. Und da­her zieht er in die­ser letz­ten Fol­ge sei­nes dies­jäh­ri­gen Rei­se-Rap­ports noch­mal al­le Re­gi­ster sei­nes knip­se­ri­schen Kön­nens. Fan­gen wir an mit ei­ner Fahrt hin­auf ans »Nord­kap« der In­sel, dem Cap For­men­tor. Auf hal­ber Strecke zwi­schen Pol­len­ça und dem Leucht­turm am äu­ßer­sten Zip­fel der In­sel gibt es ei­nen Aus­sichts­punkt, der wirk­lich spek­ta­ku­lä­re Aus­sich­ten auf die aus dem Meer ra­gen­den, schrof­fen Ge­birgs­for­ma­tio­nen er­öff­net:

Aussichtspunkt auf dem Weg nach Cap Formentor

Trotz der Über­lau­fen­heit der­ar­ti­ger At­trak­tio­nen (vol­le Park­plät­ze, dep­pert ran­gie­ren­de Au­to­mo­bi­li­sten, ver­we­gen ra­sen­de Rad­ler, quen­geln­de Kin­der, quiet­schen­de Tee­nies, ver­hal­tens­auf­fäl­li­ge Tou­ri­sten al­ler Du­bio­si­täts­gra­de) ist das Ver­wei­len dort ein Ge­nuß für al­le Sin­ne: Man spürt den Wind oben, sieht die Gischt un­ten, hört die Vö­gel krei­schen und be­kommt per Fern­blick die ei­ge­ne Un­be­deut­sam­keit pla­stisch vor Au­gen ge­führt. Gran­di­os!

Je wei­ter man sich dem Kap nä­hert, de­sto schwie­ri­ger wird das Vor­an­kom­men: Vor­ne am Leucht­turm ist ja nicht nur das Land, son­dern na­tür­lich auch die Stra­ße zu En­de, und wer – na­ment­lich in der Hoch­sai­son – nicht recht­zei­tig die Kur­ve kriegt und ei­nen Ha­ken schlägt, der steckt in der Blech­la­wi­ne fest und in der Ma­lai­se. Mei­ner ei­ner brach­te sei­nen rol­len­den Bür­ger­kä­fig noch recht pas­sa­bel zwi­schen frei­lau­fen­den Zie­gen und an­de­ren Schau­lu­sti­gen un­ter und mach­te sich auf die Su­che nach Mo­ti­ven. Hier kam mir ein Schwarm ko­mi­scher Vö­gel vor die Lin­se, die of­fen­bar ih­rer­seits auf der Jagd nach sel­te­nem Fe­der­vieh wa­ren:

Vogelkundler am Cap Formentor

Ob die Fri­su­ren der bei­den in die blaue Fer­ne star­ren­den Her­ren nun pro­fa­ner­wei­se ih­rem Al­ter ge­schul­det sind oder aber als pfif­fi­ge Nest-At­trap­pen zur An­lockung brut­wil­li­ger Mö­wen oder Al­ba­tros­se kon­zi­piert wa­ren, ha­be ich lei­der nicht in Er­fah­rung brin­gen kön­nen.

Auf der Rück­fahrt vom Kap durch die lang­ge­streck­te Land­zun­ge in Rich­tung »Fest­land« mach­te ich ei­nen kur­zen Zwi­schen­stopp, um ei­ne schon auf der Hin­fahrt er­späh­te Si­tua­ti­on auf Film resp. auf den Chip zu ban­nen. Und in der Tat er­wies sich das Mo­tiv als nach­ge­ra­de ma­le­risch ro­man­tisch (und die lan­des­üb­li­che Kon­struk­ti­ons­wei­se von höl­zer­nen Lei­tern als über­aus in­ter­es­sant):

mallorquinisches Gartenhäuschen mit landesüblicher Leiter

Was wir vor Ort für ei­ne klei­ne Gar­ten­lau­be auf ei­nem an­son­sten un­be­bau­ten Land­grund­stück hiel­ten, ent­pupp­te sich beim nach­träg­li­chen »Be­flie­gen« der Rou­te via Goog­le Earth als ei­ne Art »Pfört­ner­häus­chen«. Die da­hin­ter­lie­gen­de Fin­ca nebst Pool und an­de­ren In­si­gni­en des Wohl­stan­des ist in­des von der Stra­ße aus nicht zu se­hen (und auf dem vir­tu­el­len Glo­bus auch nur dann, wenn man die hi­sto­ri­schen Luft­bil­der von 2004 aus­wählt. Auf den ak­tu­el­len Fo­tos ver­hin­dert just an die­ser Stel­le ein schma­ler Wol­ken­strei­fen die kla­re Sicht auf den Bo­den).

Aber der zone­batt­ler ist ja ein Bra­ver, der nichts ans Licht der Öf­fent­lich­keit zerrt, was dort nicht hin­ge­hört. Dar­um er­freut er sich an dem, was von der Stra­ße aus ab­zu­lich­ten und für je­der­mann er­reich­bar ist. Wie bei­spiels­wei­se an die­sem (am glei­chen Ta­ge, je­doch fünf Stun­den spä­ter ge­se­he­nen) Pro­spekt des im sanf­ten Abend­lich­te ru­hen­den Tra­m­un­ta­na-Ge­birgs­zu­ges:

Serra de Tramuntana im schwindenden Tageslicht

Mit nur vier Auf­nah­men ha­be ich nun ei­nen an Ein­drücken über­vol­len Früh­lings­tag ge­wür­digt, wol­len wir doch mal se­hen, was sich noch im Fun­dus fin­det, um die Re­mi­nes­zenz an die dies­jäh­ri­ge In­sel-Ex­pe­di­ti­on vi­su­ell pas­send ab­zu­run­den.

Der zone­batt­ler – der noch nie die ibe­ri­sche Halb­in­sel be­tre­ten und bis da­to nur ei­ne knap­pe Hand­voll spa­ni­scher In­seln be­wan­dert hat – hat kein rea­li­täts­be­zo­ge­nes, son­dern ein eher nost­al­gisch-an­ti­quer­tes so­wie li­te­ra­risch-idea­li­sier­tes Bild von Spa­ni­en und den Spa­ni­ern im Hin­ter­kopf. In sei­nen jun­gen Jah­ren war wohl die Lek­tü­re von Cer­van­tes phan­ta­sie­prä­gend, mehr noch die kon­ge­nia­le Ver­fil­mung des »Don Qui­jo­te« mit Jo­sef Mein­rad in der Ti­tel­rol­le. [1] Dar­um rich­tet er sei­ne Ka­me­ra ger­ne dort­hin, wo Na­tur und Ar­chi­tek­tur ge­mein­sam ei­ne klei­ne Vi­si­on je­nes fik­ti­ven Lan­des aus al­ter (und ver­mut­lich nie wirk­lich gu­ter) Zeit ent­ste­hen las­sen:

palmengesäumte Balustrade in Biniaraix

Die Rea­li­tät sieht na­tür­lich al­ler­or­ten pro­sa­ischer und er­nüch­tern­der aus, auch (oder ge­ra­de) in be­lieb­ten Ur­laubs­län­dern, wenn man nur ge­nau ge­nug hin­schaut. Aber da­für hat die Ka­me­ra ja ei­nen Su­cher, da­mit man da­mit das (heraus)suchen kann, was ei­nem in den Kram (und in die Ge­müts­ver­fas­sung) paßt...

Doch be­vor der Ab­schluß mei­ner Mal­lor­ca-Er­in­ne­run­gen hier noch ins Schwer­mü­ti­ge ab­zu­drif­ten droht, rei­ße ich mich zu­sam­men und ei­nen fröh­li­chen Schnapp­schuß vom Strand von Port de Sól­ler aus dem Kö­cher, der ein biß­chen fried­lich-fröh­li­che Abend­stim­mung ein­fängt und ver­brei­tet:

blümerante Badeschlappen am Strand von Port de Sóller

Ein letz­tes Mal sind wir da­mit am Strand des ver­gleichs­wei­se klei­nen Kaffs an­ge­langt, das uns knapp drei Wo­chen lang tem­po­rä­re Hei­mat war. Er­staun­lich, wie ver­traut ei­nem die frem­de Um­ge­bung schon nach ein paar Ta­gen vor­kommt, wie schnell man sich an­pas­sen und fast hei­misch füh­len kann an ei­nem so fried­li­chen Ort. [2]

Schon am er­sten Tag un­se­res Ur­laubs hat­ten wir im Wald an der Steil­kü­ste ober­halb von Port de Sól­ler ei­nen pol­nisch-stäm­mi­gen (Lebens-)Künstler ge­trof­fen, der aus ge­fun­de­nen Wur­zeln al­ler­lei Kunst­wer­ke fer­tig­te und nach Art der Ere­mi­ten den Tag ab­seits der An­sied­lun­gen in ei­ner Höh­le zu­brach­te. Der Zu­fall schick­te mir den kau­zi­gen Kna­ben am letz­ten Abend un­se­res In­sel­auf­ent­hal­tes noch­mals un­ter die Au­gen (und vor die Lin­se). Hier se­hen wir den krea­ti­ven Zeit­ge­nos­sen beim Ab­hal­ten sei­ner Ex­er­zi­ti­en:

kurioser Künstler, alle Viere von sich streckend

We­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter ging die Son­ne un­ter, und auch dem zone­batt­ler stand der Sinn da­nach, in bal­di­ger Bäl­de al­le Vie­re von sich zu strecken, wenn­gleich eher in der war­men Kuh­le sei­nes Ho­tel­bet­tes denn in der feuch­ten Küh­le des Strand­san­des. Aber es muß­te na­tür­lich noch der stim­mungs­voll­ste Au­gen­blick ab­ge­war­tet und fest­ge­hal­ten wer­den, um den bun­ten Bil­der­bo­gen an­ge­mes­sen ab­schlie­ßen zu kön­nen:

Sonnenuntergang in Port de Sóller

Am spä­ten Vor­mit­tag des fol­gen­den Ta­ges wur­den wir in ei­nen Char­ter­bus ver­la­den, der uns schnur­stracks nach Pal­ma de Mal­lor­ca hin­un­ter­brach­te, wo­selbst wir un­se­ren Flie­ger in Rich­tung Hei­mat be­stei­gen soll­ten. Das wä­re dann das En­de der Rei­se und auch ih­rer ama­teur-li­te­ra­ri­schen Auf­be­rei­tung in die­sem mei­nen vir­tu­el­len Thea­ter ge­we­sen, wenn nicht noch ein Nach­spiel aus lo­gi­sti­schen Grün­den an­ge­stan­den hät­te: In Er­man­ge­lung ei­nes ver­füg­ba­ren Di­rekt­flu­ges gen Nurem­berg muß­ten wir näm­lich noch ei­nen stipp­vi­si­to­ri­schen Um­stei­ge-Hopp­ser zu der gleich­falls zu den Ba­lea­ren ge­hö­ren­den In­sel Ibi­za ab­sol­vie­ren!

Was macht man dann aber auf der als Par­ty-In­sel ver­schrie­he­nen Zwi­schen­sta­ti­on, wenn man gut drei Stun­den zur Ver­fü­gung hat, in de­nen man zu Fuß nicht wirk­lich weit weg vom Flug­ha­fen kommt, die aber zum re­gungs­lo­sen Her­um­sit­zen in des Ae­ro­droms blei­er­ner At­mo­sphä­re viel zu lang sind? Ge­nau, man blickt auf die Uhr, er­rech­net die Wen­de­mar­ke für die Um­kehr und tappt dann trotz­dem los, raus aus dem Ter­mi­nal, rein ins (auf den er­sten Blick gar nicht so pral­le) Le­ben.

Der lan­ge Marsch durch das dem Flug­ha­fen be­nach­bar­te In­du­strie­ge­biet war er­war­tungs­ge­mäß we­nig in­spi­rie­rend, und das we­ni­ge, was man sich als mög­li­cher Pri­vat­kun­de nä­her be­se­hen hät­te, hat­te fei­er­tags­hal­ber (es war der 1. Mai) ge­schlos­sen. Im­mer­hin er­gab sich ei­ne er­staun­li­che und be­mer­kens­wer­te Be­geg­nung am Zaun ei­nes gro­ßen Gar­ten­kitsch-Mark­tes:

Eidechse auf Ibiza

Nun mag man ein­wen­den, daß Ei­dech­sen nicht wirk­lich sel­ten sei­en auf den Ba­lea­ren, aber uns ka­men in der ge­sam­ten auf Mal­lor­ca zu­ge­brach­ten Zeit vier­bei­ni­ge Rep­ti­li­en tat­säch­lich nur als T‑­Shirt-Auf­druck und als mehr oder we­ni­ger kunst­voll an­ge­fer­tig­te Mit­bring­sel un­ter. Kei­ne ein­zi­ge ech­te Ei­dech­se, ge­schwei­ge denn ei­nen leib­haf­ti­gen Gecko hat­ten wir auf der »Über­ra­schungs­in­sel« zu Ge­sich­te be­kom­men, die da­mit ih­rem von mir ver­lie­he­nen Na­men in so­zu­sa­gen an­ders­her­um­mer Wei­se ein­mal mehr ge­recht wur­de.

Abschied von den Balearen und ab nach Hause

Was dann noch kam? Ein weit­ge­hend er­eig­nis­lo­ser Marsch zu­rück zum Flug­ha­fen, das Be­gucken ei­ner klei­nen Flug­zeug­mo­dell-Aus­stel­lung in der gro­ßen Hal­le, das Stau­nen über die ab­sur­den Prei­se für die Spei­sen in den weit­ge­hend ver­wai­sten Schnell­re­stau­rants, end­lich die Ver­blüf­fung über die viel­leicht zwei Dut­zend Pas­sa­gie­re, die sich im Bauch des rie­si­gen Air­bus­ses nach Nürn­berg ver­lie­fen und ver­teil­ten. Kurz vor Mit­ter­nacht plump­sten wir in die ei­ge­nen Bet­ten (und muß­ten uns an­dern­tags wie­der selbst um’s Früh­stück küm­mern).

Wer es bis hier­her aus­ge­hal­ten hat, dem/der sei ge­dankt für das In­ter­es­se und die Auf­merk­sam­keit. Über ei­ge­ne Senf­sprit­zer in den Kom­men­ta­ren wür­de ich mich sehr freu­en, na­ment­lich und ins­be­son­ders über gu­te Tipps für ei­nen ir­gend­wan­ni­gen, er­neu­ten Ur­laub auf den Ba­lea­ren!

 
[1] Lei­der wur­de Mein­rad in die­ser deutsch-fran­zö­si­schen Co-Pro­duk­ti­on mit ei­nem an­de­ren Spre­cher nach­syn­chro­ni­siert. Wie schön und der Rol­le an­ge­mes­sen wä­re sei­ne ein­zig­ar­ti­ge Stim­me doch in die­ser sei­ner Pa­ra­de­rol­le ge­we­sen. Vor­bei für im­mer...

[2] Vor al­lem na­tür­lich in der Vor­sai­son, wenn die Ur­lau­ber­zah­len noch über­schau­bar und die Ein­hei­mi­schen noch nicht über­mä­ßig ge­nervt sind.

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Freitag, 24. Oktober 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (6)

So, mit ei­nem ge­mie­te­ten Au­to­mo­bil er­schlie­ßen sich dem Wan­de­rer auch die et­was ent­le­ge­ne­ren Ge­gen­den, wenn­gleich mit dem sy­stem­be­ding­ten Nach­teil, daß man am Schluß der Ta­ges­tour wie­der zum Stand­ort des Fahr­zeu­ges und da­mit zum Aus­gangs­punkt zu­rück­kom­men muß. Aber gut, ist halt so. Das Her­um­fah­ren im ei­ge­nen Wa­gen ist im Tra­m­un­ta­na-Ge­bir­ge mit ei­ni­ger Lenk­rad-Kur­be­lei ver­bun­den, die Stra­ßen sind schmal und mä­an­drie­ren fröh­lich am Hang ent­lang. Un­se­re fla­che Flun­der der Mar­ke Opel ver­füg­te im Ge­gen­satz zum ei­ge­nen Low­Tech-Mi­ni­bus über al­ler­lei ma­schi­nel­le Be­die­nungs­hil­fen, und so ge­riet das stän­di­ge Dre­hen des Vo­lants nicht wirk­lich zur mus­ku­lö­sen An­stren­gung. Wohl aber zur men­ta­len, denn trotz (oder we­gen) der be­acht­li­chen Stei­gun­gen hier und der Ge­fäl­le dort sind die Stra­ßen vol­ler Ma­so­chi­sten, die sich auf Renn­rä­dern oder Moun­tain­bikes die Hü­gel hoch­quä­len und es run­ter­wärts mun­ter lau­fen las­sen, bis die näch­ste Kur­ve ein Ab­brem­sen und ein Ver­las­sen der Ide­al­li­nie er­zwingt. Da fühl­te sich der zone­batt­ler schon recht her­aus­ge­for­dert, zu­mal das Leih­au­to im Ge­gen­satz zum na­sen­lo­sen Glas­ka­sten da­heim über ei­ne lan­ge und un­über­sicht­li­che Front­par­tie ver­füg­te. Den­noch ging der Ur­laub letzt­lich – so­viel sei hier be­ru­hi­gend vor­weg­ge­nom­men – völ­lig kol­li­si­ons­frei von­stat­ten.

Al­so auf geht’s, die Wan­der­stie­fel in den Kof­fer­raum ge­wor­fen und ha­ken­schla­gend und ser­pen­ti­nen­fah­rend durch die gran­dio­se Berg­land­schaft nach Sa Ca­l­obra auf­ge­bro­chen, wo es ei­nen klei­nen Strand gibt und die Ein­mün­dung des Tor­rent de Pa­reis, ei­nes Sturz­bach­es, in des­sen gran­dio­se, na­tür­lich nicht stän­dig was­ser­füh­ren­de Schlucht wir uns ei­ni­ge hun­dert Me­ter weit vor­ge­wagt ha­ben:

im Torrent de Pareis

Man be­ach­te die bei­den win­zi­gen Wan­de­rer im Hin­ter­grund, an de­rer Grö­ße resp. Klei­ne die Di­men­sio­nen der stei­len Schlucht deut­lich wird. Er­staun­lich, was ei­nem da so al­les ent­ge­gen­kam, vom be­stens aus­ge­rü­ste­ten Trek­king-Ex­per­ten bis hin zum san­da­len­tra­gen­den Schul­kind. Ganz woll­ten wir den Tor­rent nicht hin­auf­stei­gen, das hät­te uns zu­viel Zeit ge­ko­stet, die uns spä­ter an an­de­rer Stel­le ge­fehlt hät­te...

Al­so mach­ten wir ir­gend­wann kehrt und kra­xel­ten wie­der zu­rück bis ans flach aus­lau­fen­de En­de der Schlucht, tapp­ten noch­mals bis ans Meer und er­freu­ten uns dort des An­blicks der von des Or­tes un­er­meß­li­chen Schön­heit nie­der­ge­streck­ten Tou­ri­sten:

in der südlichen Sonne Bratende

Ja, so kann man’s na­tür­lich auch ma­chen, wenn­gleich un­ser­ei­ner der Mei­nung ist, daß man im April so­gar da­heim in der Son­ne schmo­ren kann, mit mut­maß­lich ge­rin­ge­rem Son­nen­brand-Ri­si­ko, vom Haut­krebs gar nicht zu re­den. Aber den kon­ser­vie­ren­den Pö­kel-Ef­fekt der gischt­be­för­der­ten, salz­hal­ti­gen Luft hat man na­tür­lich nur am Mee­res­strand und nicht im fer­nen Bin­nen­land...

Wir schli­chen an den Lie­gen­den vor­bei zu un­se­rer schnit­ti­gen Ka­ros­se zu­rück, fan­den die­se un­ver­sehrt und un­be­straf­zet­telt am Ein­gang zur Bucht vor und mach­ten uns auf den Rück­weg, den wir hier und da zwecks Aus­sichts­ge­nuß un­ter­bra­chen. Hier se­hen wir un­se­ren mo­disch kaf­fee­braun-me­tal­lic ein­ge­färb­ten OPEL Astra am höch­sten Punkt der ser­pen­ti­nen­rei­chen Stra­ße zur Bucht Ca­la Tuent:

kantige Berge, gerundete Karosse: Pinkelpause mit Ausblick

An­ge­sichts un­über­seh­ba­rer Hor­den von Rad­lern (die ei­nen von links hoch und nach rechts run­ter, die an­de­ren von rechts hoch kom­mend und nach links run­ter wol­lend) ha­ben wir uns die Ca­la Tuent ge­schenkt und sind wie­der in Rich­tung Port de Sol­lér ge­fah­ren, nicht oh­ne noch ei­nen aus­ge­dehn­ten Spa­zier­gang rund um den schö­nen Cú­ber-Stau­see zu un­ter­neh­men. An des­sen sanft sich im Win­de kräu­seln­den Ge­sta­den sich al­ler­lei far­ben­fro­hes Ge­tier am Gra­se labt:

grasendes Schaf am Cúber-Stausee

Ver­mut­lich ist die Co­lo­rie­rung sei­nes dich­ten Pel­zes we­ni­ger dem Mo­de­be­wußt­sein des Scha­fes als viel­mehr der Ge­witzt­heit sei­nes Be­sit­zers zu ver­dan­ken, der sei­ne Her­de per Spray­do­se mit ei­nem weit­hin zu se­hen­den Ei­gen­tums­merk­mal ver­se­hen woll­te. Wan­deln­de Farb­kleck­se fin­det man zu­dem im Ge­bir­ge zwi­schen all den hell­gel­ben Stei­nen viel schnel­ler wie­der, und freund­li­cher als ein bru­tal ein­ge­schmor­tes Brand­zei­chen ist bun­tes »Haar­spray« doch auch al­le­mal!

Den Cú­ber-Stau­see per pe­des zu um­run­den ist ein un­be­schwer­tes Ver­gnü­gen, wel­ches man Mal­lor­ca-Be­su­chern nur wärm­stens ans Herz le­gen kann: Der Weg am Ufer ver­läuft na­tur­ge­mäß eben und ver­leiht der Wan­de­rung Spa­zier­gang-Cha­rak­ter, aber die Aus­sicht ist gran­di­os und das in al­le Rich­tun­gen. Der zone­batt­ler hät­te vor die­ser Rei­se nicht für mög­lich ge­hal­ten, daß man auf der Haupt­in­sel der Ba­lea­ren Fo­tos wie die­ses hier ma­chen kann:

Das Refugio de Cúber vor dramatischer Kulisse

Wenn man nicht ge­ra­de Geo­lo­ge ist, könn­te man das doch glatt für ein al­pen­län­di­sches Pan­ora­ma hal­ten, nicht wahr? Aber nein, mit­ten im Mit­tel­meer gibt es stei­ne­re Auf­fäl­te­lun­gen zu be­stau­nen. Bei dem Ge­bäu­de han­delt es sich üb­ri­gens um ei­ne staat­li­che (wenn­gleich nicht statt­li­che) Wan­der­hüt­te, das Re­fu­gio de Cú­ber. Lei­der hat­te das Re­fu­gi­um we­gen Re­no­vie­rungs­ar­bei­ten ge­schlos­sen, aber nach­dem wir dort oh­ne­hin we­der es­sen noch über­nach­ten woll­ten, mach­te uns das nichts aus. Auch ge­öff­ne­te Re­fu­gi­os kann man üb­ri­gens nicht ein­fach so auf­su­chen in der Hoff­nung auf Kost und Lo­gis: Bei­des muß lan­ge im Vor­aus be­stellt und re­ser­viert wer­den, sonst hat man das Nach­se­hen und muß un­ter frei­en Him­mel frie­rend und hun­gernd den neu­en Tag er­war­ten...

Nach er­folg­ter See-Um­run­dung (für die man et­wa 1,5 Stun­den braucht) mach­ten wir auf dem Heim­weg noch­mal in Sol­lér Sta­ti­on (Stra­ßen­bah­nen gucken und Oran­gen-Eis gou­tie­ren), be­vor wir dann wie­der zu­rück in un­ser Ha­fen­städt­chen fuh­ren und den Tag rot­sti­chig und kitsch­ge­fähr­det an der Steil­kü­ste ober­halb der Bucht aus­klin­gen lie­ßen:

Sonnenuntergang bei ruhiger See

So ge­gen 20:30 Uhr plumpst En­de April die Son­ne ins mal­lor­quin­in­sche Meer, und der An­blick ist im­mer wie­der sehr er­bau­lich. Da­nach kann man noch bei re­la­tiv an­ge­neh­men Tem­pe­ra­tu­ren drau­ßen sit­zen blei­ben oder sich ins Ho­tel­bett fal­len las­sen, um dort noch ein we­nig durch das di­gi­ta­le Fen­ster in die wei­te Welt zu schau­en, ei­ne ver­füh­re­ri­sche Op­ti­on, die wir in der Re­gel prä­fe­rier­ten...

Be­vor wir für heu­te das Licht aus­knip­sen, ge­hen wir noch der Fra­ge nach, was man denn als Gast auf Mal­lor­ca sinn­vol­ler­wei­se kau­fen kann. Die er­ste Ant­wort liegt auf der Hand: Oran­gen!

beutelweise Niedrigpreise: Orangen-Angebot in Valldemossa

Das Bild­bei­spiel stammt aus dem schö­nen Städt­chen Vall­de­mo­s­sa und il­lu­striert den au­gen­fäl­li­gen Vor­teil der über­all auf der In­sel er­hält­li­chen Süd­früch­te: sie sind dort kon­kur­renz­los (oder viel­mehr kon­kur­renz­be­dingt) bil­ligst zu ha­ben. Das zwei­te Al­lein­stel­lungs­merk­mal kann nur aus spei­chel­fluß­trei­ben­der Er­in­ne­rung be­schwö­rend be­kräf­tigt wer­den: Die mal­lor­qui­ni­schen Oran­gen sind wun­der­bar wohl­schmeckend, saf­tig und aro­ma­tisch. Fri­scher kriegt man sie so­wie­so nir­gends. Wer auf Mal­lor­ca die pral­len Früch­te des Lan­des links lie­gen läßt, ver­paßt ei­nen der gött­lich­sten Ge­nüs­se, die das Land und das Le­ben zu bie­ten ha­ben!

An­son­sten hal­ten sich die Tou­ri­sten ger­ne an Kla­mot­ten, Kunst­stück, im Ur­laub hat man Zeit und Mu­ße zum Shop­pen und das Geld sitzt locke­rer als in des hei­mi­schen All­tags re­pe­ti­ti­ven Trott. Da­von pro­fi­tie­ren nicht nur die schicken Bou­ti­quen und om­ni­prä­sen­ten Fi­lia­li­sten in Pal­ma und den an­de­ren Städ­ten, son­dern auch die klei­nen An­bie­ter in den ru­hi­ge­ren Win­keln des Ei­lands. In Vall­de­mo­s­sa brauch­te ich den Ka­me­ra­blick nur von den Oran­gen­beu­teln ein we­nig zur Sei­te zu schwen­ken, um ein paar am­bu­lant an­ge­bo­te­ne, fesch-fe­mi­ni­ne Kit­tel zu er­ha­schen:

ambulante Auslage an einem Haus in Valldemossa

Noch ein paar Me­ter wei­ter fand sich ein La­den vol­ler ent­setz­lich kit­schi­ger Mit­bring­sel aus über­wie­gend fern­öst­li­cher Pro­duk­ti­on, fa­brik­neu­er Müll, bei dem man sich wirk­lich fra­gen muß, wer sich so­was an­tut und da­für auch noch Geld hin­legt. The hor­ror! Den ab­ar­ti­gen Schund ab­zu­lich­ten hät­te sich des zonebattler’s mo­tiv­ver­wöhn­te Ka­me­ra frag­los ge­wei­gert. Doch je­dem das Sei­ne: Der Au­tor und sei­ne bes­se­re Hälf­te nei­gen da­zu, Sou­ve­nirs mit­zu­neh­men, die ein­ser­seits nichts ko­sten, an­de­rer­seits aber un­er­meß­lich wert­voll sind: Wur­zeln, Stei­ne, Mu­schel­scha­len und an­de­re Lei­chen­tei­le, die noch vie­le Jah­re spä­ter als Er­in­ne­rungs­an­ker tau­gen...

Fort­set­zung folgt: Dem­nächst gibt’s ein paar Vier­bei­ner so­wie ein paar Zwei­bei­ner von hin­ten zu se­hen. Und auch – nun ja – ein gan­zes Re­gal vol­ler ein­zel­ner Bei­ne oh­ne den Rest ih­rer ehe­ma­li­gen Be­sit­zer. Blei­ben Sie dran!

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Freitag, 10. Oktober 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (5)

Die letz­te Fol­ge mit ei­nem span­nungs­stei­gern­den Aus­blick auf ein schein­bar schö­nes Schiff be­en­det ha­bend, wen­den wir uns heu­te zum Ein­stieg eben je­nem »Seg­ler« nä­her zu und be­trach­ten ihn von ei­ner nä­her ge­le­ge­nen Klip­pe am nord­west­li­chen Zip­fel von Port de Sól­ler aus. Und was se­hen wir da Merk­wür­di­ges? Ge­nau, am Heck ei­nen dicken, mut­maß­lich An­ten­nen be­her­ber­gen­den Rie­sen-Bo­vi­sten und am zwei­ten Mast von vorn ei­nen senk­rech­ten Stahl-Stum­mel mit rie­si­gen Aus­puff­roh­ren dran, der den Wind­jam­mer letzt­lich als schnö­des, wenn­gleich na­tür­lich hy­per­mo­der­nes Mo­tor­fahr­zeug ent­larvt:

»Wind Spirit« oder »Wind Star« im Einsatz vor Port de Sóller

Abends konn­te ich her­aus­goo­geln, daß es sich bei die­sem of­fen­kun­di­gen Lu­xus-Ve­hi­kel ent­we­der um die »Wind Spi­rit« oder um de­ren Schwe­ster­schiff »Wind Star« han­deln muß­te. Die Ree­de­rei Wind­star Crui­ses kann ih­re bei­den Re­tro-Pöt­te of­fen­bar selbst nicht wirk­lich un­ter­schei­den, die bei­den ver­link­ten Schiffs-Sei­ten und die dort ge­zeig­ten Fo­tos sind je­den­falls bis auf den je­wei­li­gen Na­men iden­tisch!

Klar ist, daß der­lei No­bel-Ge­fähr­te ein­satz­mä­ßig rund ums Jahr ver­plant sein müs­sen, um ih­re ex­or­bi­tan­ten Ko­sten wie­der ein­zu­spie­len. Da kann man sich nicht auf die Zu­fäl­lig­kei­ten des Wet­ters und der Win­de ver­las­sen, im Zwei­fels- bzw. Flau­ten­fall muß ei­ne star­ke Mo­tor­an­la­ge da­für sor­gen, daß der Kahn pünkt­lich an der näch­sten fahr­plan­mä­ßig vor­ge­se­he­nen Mo­le zu lie­gen kommt.

Na ja, wer’s mag. Mei­ner ei­ner wür­de kei­nen um Zeh­ner­po­ten­zen kost­spie­li­ge­ren Ur­laub an­tre­ten, auf dem es mehr Meer als Land zu se­hen gibt und in des­sen Ver­lauf die von den Wel­len ge­schwenk­ten und ge­schüt­tel­ten In­ne­rei­en wo­mög­lich zu re­bel­lie­ren be­gin­nen. Und so ma­chen wir uns da­her mit dem (zu­ge­ge­ben strecken­wei­se auch recht schau­keln­den) Om­ni­bus auf in die gar nicht so fer­ne Haupt­stadt Pal­ma de Mal­lor­ca, um uns für die letz­te Ur­laubs­wo­che mit ei­nem Miet­wa­gen zu ver­sor­gen und zu mo­bi­li­sie­ren. Den frisch über­nom­me­nen Flit­zer las­sen wir aber erst­mal vor dem Eu­rop­car-Bü­ro ste­hen und be­ge­ben uns zu Fuß auf ei­ne klei­ne Stadt­be­sich­ti­gung...

Palacio Real de La Almudaina

Den in­ner­städ­ti­schen Rum­mel mit Tou­ri­sten­strö­men, Gauk­lern und Ta­schen­spie­lern, Bou­ti­quen und Nip­pes­lä­den spa­re ich hier be­wußt aus, und auch das in ei­ner teu­ren Pseu­do­kunst-Ga­le­rie live mit­er­leb­te Ver­kaufs­ge­spräch, in dem ei­ne auf­ge­bre­zel­te Blub­ber­phra­sen­dre­sche­rin oh­ne je­de Sach­kun­de ei­nem nicht min­der ah­nungs­lo­sen (aber im­mer­hin wohl­ha­ben­den) Kun­den­paar teu­ren Edel­kitsch auf­zu­schwat­zen trach­te­te, ist glück­li­cher­wei­se schon so tief im Sumpf des zonebattler’schen Syn­ap­sen­rau­schens ver­sun­ken, daß er die De­tails gar nim­mer her­aus­zie­hen kann und mag. Viel lie­ber lenkt er den Blick und die Auf­merk­sam­keit sei­nes ver­ehr­ten Pu­bli­kums auf wür­de­vol­le al­te Ar­chi­tek­tur-De­tails, wie bei­spiels­wei­se die über die­sem Ab­satz ab­ge­bil­de­ten Zin­nen des al­ten Kö­nigs­pa­la­stes »Pa­la­cio Re­al de La Al­mu­dai­na«.

Ge­mein­hin ist ja die Mit­tags­zeit nicht eben ide­al zum Knip­sen, da grell die De­tails über­strah­lend und un­gün­sti­ge Schat­ten­wür­fe be­din­gend. Den wuch­ti­gen Pa­last­mau­ern ge­reich­te der Höchst­stand des be­leuch­ten­den Ge­stirns in­des eher zum Vor­teil. Nicht ganz so kon­trast­reich ge­riet mir die Auf­nah­me ei­ner al­ten Wind­müh­le in Ha­fen­nä­he, die – im Ge­gen­satz zu vie­len an­de­ren ge­se­hen Ex­em­pla­ren – nicht weit­ge­hend ver­fal­len, son­dern recht an­sehn­lich re­stau­riert wor­den war:

traditionelle Windmühle in Palma de Mallorca

Heut­zu­ta­ge wird na­tür­lich al­lent­hal­ben mit Strom ge­mah­len statt mit un­zu­ver­läs­si­ger Wind­ener­gie, aber wer weiß, viel­leicht er­lebt die Wind­kraft­nut­zung auch auf den Ba­lea­ren ei­ne Re­nais­sance. Die Son­ne scheint auch häu­fi­ger als bei uns da­heim im Nor­den, da könn­ten die In­seln doch glatt auch in Sa­chen So­lar­ener­gie­nut­zung ei­ne Vor­rei­ter­rol­le spie­len...

Doch zu­rück zu bo­den­stän­di­gen Be­trach­tun­gen. Pal­men gibt es ja reich­lich in und um Pal­ma, no­men es omen. Aber wel­che Bäu­me wach­sen in Ufer­nä­he in dich­ten Wäl­dern und ha­ben ei­nen wei­ßen Stamm? Nein, kei­ne Bir­ken. Es sind viel­mehr die Ma­sten der Se­gel­boo­te, die dort son­der Zahl vor sich hin­düm­peln und über­wie­gend der Wie­der­kehr ih­rer ab­sen­ten Herr­schaft har­ren:

Boote, Boote, Boote im Hafen von Palma de Mallorca

Wir guck­ten uns die an­ge­ket­te­ten Nuß­scha­len und auch die grö­ße­ren Boo­te ger­ne an, so­was sieht man im hei­mi­schen Bin­nen­land ja nicht al­le Ta­ge. Im­mer wie­der er­staun­lich, was Leu­te in ein schnit­ti­ges Schiff­chen zu in­ve­stie­ren be­reit sind, des­sen All­tags­nut­zen ver­mut­lich deut­lich un­ter dem re­prä­sen­ta­ti­ven Nut­zen ran­giert. Aber das gilt ja für mon­strös auf­ge­la­de­ne Au­tos an Land ge­nau­so. Wir wen­den uns jetzt vom Re­prä­sen­ta­ti­ons­be­dürf­nis des Geld­adels ab und dem frü­he­rer Kir­chen­für­sten zu, de­ren Drang zu Hö­he­rem, Grö­ße­ren, Wei­te­ren zu­min­dest vor­geb­lich der Eh­re Got­tes dien­te. Hier se­hen wir die gothi­sche Ka­the­dra­le der Hei­li­gen Ma­ria (»La Seu«) aus un­ge­wohn­ter Per­spek­ti­ve:

Kathedrale La Seu im Süden der Altstadt von Palma

Das Fo­to schoß ich tat­säch­lich aus ei­ni­gen hun­dert Me­tern Ent­fer­nung vom Dach des »Es Ba­luard« aus, ei­nem wun­der­ba­ren Mu­se­um für mo­der­ne und zeit­ge­nös­si­sche Kunst, des­sen ge­lun­ge­ne Ar­chi­tek­tur sich her­vor­ra­gend in ei­ne Eck­ba­sti­on der al­ten Re­nais­sance-Stadt­mau­er ein­fügt. Ei­nen Be­such in die­sem Mu­sen­tem­pel kann man kul­tu­rell in­ter­es­sier­ten Pal­ma-Be­su­chern nur wärm­stens ans Herz le­gen, Bau und In­halt ha­ben in­ter­na­tio­na­les For­mat! Wir ha­ben meh­re­re Stun­den stau­nend drin­nen ver­bracht, her­nach auf dem Vor­platz er­neut un­ver­hofft den Miet­Mi­chel ge­trof­fen (wir er­in­nern uns an die Fol­ge 3) und uns dann ei­nen Be­such in der Kir­che ge­schenkt, da uns der als in je­der Hin­sicht zu kost­spie­lig er­schien (vom Ein­tritts­geld her be­trach­tet eben­so wie be­treffs der an- bzw. ab­zu­ste­hen­den War­te­zeit).

Aber man muß ja auch nicht al­les und je­des se­hen, zu­mal die un­be­kann­te­ren Ecken oft mehr Über­ra­schun­gen be­reit­hal­ten als die of­fi­zi­el­len »Se­hens­wür­dig­kei­ten«. Hier hält sich zum Ex­em­pel ei­ne pit­to­res­ke Tou­ri­sten­grup­pe di­rekt un­ter­halb der Ka­the­dra­le ein­an­der fest die Treue (und sich ge­gen­sei­tig beim Wickel resp. am Kit­tel):

Touristen beim gegenseitigen Haltsuchen

Ob die mir un­be­kann­ten Herr- und Da­men­schaf­ten nun halt­su­chend von der Pracht der Ka­the­dra­le über ih­nen über­wäl­tigt oder nach kol­lek­ti­vem Ge­nuß von al­ko­ho­li­scher Ei­mer­wa­re ins Wan­ken ge­kom­men wa­ren oder schlicht ver­such­ten, zwecks Er­stel­lung ei­nes ge­mein­sa­men Sel­fies kom­pakt zu­sam­men­zu­rücken – wer weiß? In je­dem Fall ga­ben sie ein schö­nes Mo­tiv für den Be­richt­erstat­ter ab, der sich ein­mal mehr dar­über freu­te, auf­grund der spä­te­ren Unin­den­ti­fi­zier­bar­keit der Ge­zeig­ten nie­man­den um Pu­bli­ka­ti­ons­ge­neh­mi­gung fra­gend an­ge­hen zu müs­sen...

Nur we­ni­ge Me­ter wei­ter er­gab sich die näch­ste Ge­le­gen­heit zur licht­bild­ne­ri­schen Be­tä­ti­gung. Im Schat­ten des gro­ßen Got­tes­hau­ses – viel­leicht schon zum Parc de La Mar ge­hö­rig – gibt es ei­ne Art Frei­licht-Thea­ter, wel­ches mit ei­nem Dach aus rau­ten­för­mi­gen Ele­men­ten über­spannt ist. Die Schat­ten­spie­le die­ses ein biß­chen an das Baye­ri­sche Staats­wap­pen er­in­nern­den Waf­fel­mu­sters sind wahr­lich spek­ta­ku­lär an­zu­schau­en:

Schattenspiele unter einem Sonnendach aus rautenförmigen Segmenten

Es gibt al­so auch ab­seits des quir­li­gen Le­bens im Stadt­zen­trum ei­ni­ges zu se­hen in Pal­ma de Mal­lor­ca, und wer Ru­he sucht, der fin­det sie auch. Klar, ein Gang durch die La­den­stra­ßen ge­hört eben­so da­zu wie die Ein­kehr in ei­nem der zahl­lo­sen klei­nen Lo­ka­le, aber der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te fin­den Stein­mas­sen ge­mein­hin at­trak­ti­ver (und we­ni­ger schwatz­haft) als Men­schen­mas­sen...

So, zum Ab­schluß ge­hen wir ein paar hun­dert Me­ter wei­ter nord­öst­lich vor dem Hei­li­gen Fran­zis­kus auf die Knie, um die hin­ter ihm im Abend­licht gül­den strah­len­de Ba­si­li­ca de San Fran­ces­co noch an­ge­mes­sen ein­zu­fan­gen:

Basilica de San Francesco im Palma de Mallorca

Es ist Abend ge­wor­den, schnell krie­chen die Schat­ten hö­her an des Hei­li­gen Kut­te und dar­über hin­aus. Wir ma­chen uns da­her auf und schlän­geln uns ziel­stre­big wie­der süd­west­wärts durch das La­by­rint der Alt­stadt, um an der Ufer­pro­me­na­de zu­rück zum Stell­platz un­se­res bis da­hin noch kei­nen Me­ter be­weg­ten Wa­gens zu ge­lan­gen.

Die­sen in Be­trieb zu neh­men war gar nicht so ein­fach: Statt des ge­buch­ten und er­be­te­nen Klein­wa­gens wa­ren wir man­gels Ver­füg­bar­keit ei­nes sol­chen zur nächst­hö­he­ren Klas­se up­ge­gra­det wor­den, und der zone­batt­ler muß­te zu­nächst ein­mal kon­sta­tie­ren, daß so ein mo­der­ner Mit­tel­klas­se­wa­gen mehr He­bel, Knöp­fe und Lämp­chen hat als sei­ne spar­ta­ni­sche Renn­gur­ke Mo­le­kü­le. Schließ­lich ge­lang es ihm aber doch, den Wa­gen zu star­ten, den rech­ten Gang zu fin­den und den Flit­zer un­fall­frei durch die Stadt zu ma­nö­vrie­ren so­wie nach Port de Sól­ler zu über­füh­ren. In der näch­sten Fol­ge star­ten wir mit der schnit­ti­gen Kar­re dann von dort aus zu er­sten Aus­flü­gen in die wei­te­re Um­ge­bung un­se­res Do­mi­zils...

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Freitag, 26. September 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (4)

Neu­er Tag, neu­es Glück: Er­staun­lich, wie schnell man sich doch in frem­den Ge­fil­den ein­le­ben und ein­ge­wöh­nen kann! Spä­te­stens am drit­ten Tag weiß man die Ide­al­kur­ve um’s sub­op­ti­mal auf­ge­bau­te Früh­stücks-Buf­fet zu neh­men, den bi­zar­ren Toa­ster zu be­die­nen, die ge­nieß­ba­ren von den eher un­ver­dau­li­chen Dar­rei­chun­gen zu un­ter­schei­den. Manch’ spa­ni­sche Spe­zia­li­tät bleibt ei­nem den­noch auf Dau­er ver­schlos­sen, war­um die Re­stau­rant-Che­fin bei­spiels­wei­se die aus der Spül­kü­che ge­hol­ten, fri­schen Tas­sen und Glä­ser stets ein­zeln vom vol­len auf das lee­re Ta­blett um­schich­tet, statt das lee­re kur­zer­hand mit­zu­neh­men und das vol­le an des­sen Platz zu stel­len. Der­lei Op­ti­mie­rung wür­de un­ser­ei­ner schon aus Grün­den der Faul­heit be­trei­ben, aber wo­mög­lich ist dies schon wie­der zu teu­to­nisch ge­dacht und die me­di­ter­ran-me­di­ta­ti­ven Aspek­te des Be­cher-Um­schlich­tens igorant über­se­hend...

Na egal, wir sind ja zum Ge­nie­ßen da und nicht als un­be­stell­te Pro­zeß­op­ti­mie­rer und Un­ter­neh­mens­be­ra­ter in der Pflicht. Dar­um lie­ber ein we­nig zick­zack ge­lau­fen und die ver­streu­ten Zu­ta­ten zu­sam­men­ge­sam­melt, als das Per­so­nal mit Vor­schlä­gen zur bes­se­ren Pla­zie­rung von Spei­sen, Ge­trän­ken und Werk­zeu­gen un­nö­tig ver­wirrt und be­frem­det. Und in Ei­le ist man ja im Ur­laub ge­mein­hin auch nicht.

So, ge­füll­ten Bau­ches und mit kom­plet­ten Marsch­ge­päck ver­se­hen, tap­pen wir heu­te wie­der ein­mal nach Sól­ler hin­über. Hat­te ich üb­ri­gens schon er­wähnt, daß es zwi­schen Stadt und Ha­fen ein hi­sto­ri­sches Stra­ßen­bähn­chen gibt? Sehr pit­to­resk! Das Oran­gen­pflücken wäh­rend der Fahrt scheint nicht ver­bo­ten zu sein:

Straßenbahn in Sóller auf eng gefaßter Trasse zwischen zwei Garten-Grundstücken

Dies­mal wol­len wir uns je­doch nicht im Städt­chen ver­lie­ren, son­dern es stram­men Schrit­tes durch­mes­sen, um es am an­de­ren En­de als­bald wie­der zu ver­las­sen. Auch in stark vom Tou­ris­mus be­fal­le­nen Ge­gen­den ist man ge­mein­hin sehr bald al­lein mit sich und der Na­tur, wenn man erst­mal die von Bah­nen, Bus­sen, Ta­xis und Au­tos aus­ge­spuck­ten Men­schen­mas­sen hin­ter sich ge­las­sen hat. So auch hier:

Auf dem Weg durch Felder und Olivenhaine

Das Wan­dern ent­lang der Oli­ven­hai­ne wird nie lang­wei­lig, so viel­fäl­tig zeigt sich der Wuchs der ge­drun­ge­nen Bäu­me in ih­rer kru­sen Knor­zig­keit: Wer schon als Kind mär­chen­haft-un­heim­li­che TV-Er­leb­nis­se mit le­ben­den Bäu­men in Dis­ney-Trick­fil­men hat­te, des­sen Phan­ta­sie sieht Ge­stal­ten oh­ne En­de in den teil­wei­se gro­tesk ver­dreh­ten For­men der Oli­ven­bäu­me.

Sehr in­di­vi­du­ell prä­sen­tie­ren sich auch die mensch­li­chen Be­hau­sun­gen auf dem Land, das ist na­tür­lich nicht nur auf Mal­lor­ca so: Ver­baut wird, was ge­ra­de zur Hand ist, und je nach Be­darf wird hier mal was weg­ge­ris­sen und da mal was dran­ge­stückelt. Daß das Re­sul­tat im­mer noch äs­the­ti­sche Qua­li­tä­ten auf­weist, ja nach­ge­ra­de von ei­ner ge­wis­sen Gran­dez­za [1] sein kann, ist merk­wür­di­ger­wei­se dann aber doch ei­ne süd­län­di­sche Spe­zia­li­tät:

Landhaus zwischen Sóller und Port de Sóller

Spea­king of süd­län­disch: An die­ser Stel­le be­glück­wünscht sich der zone­batt­ler auf’s Neue zu sei­nem Grund­satz, In­seln im ma­re nostrum stets zu Früh­lings­zei­ten auf- und heim­zu­su­chen: Vom pral­len Grün der üp­pig sprie­ßen­den Ve­ge­ta­ti­on ist spä­ter im trocke­nen und hei­ßen Hoch­som­mer näm­lich nicht mehr viel üb­rig, von den dann ob­wal­ten­den Tem­pe­ra­tu­ren nicht zu re­den! Dar­um auf­ge­merkt, verehrte(r) Leser(in): Wer im April nach Mal­ta oder Mal­le reist, wird reich be­lohnt durch bun­te Blü­ten (und gün­sti­ge Vor­sai­son-Prei­se)...

Für wacke­re Wan­ders­leu­te wich­tig ist die ein­deu­ti­ge Be­schil­de­rung der vor­ge­se­he­nen We­ge und Ste­ge, und in die­ser Hin­sicht geht es im Tra­m­un­ta­na-Ge­bir­ge recht kom­mod zu. Im­mer wie­der fin­det man – zu­min­dest auf den po­pu­lär­sten Rou­ten – höl­zer­ne Strecken-Mar­kie­rer wie die­sen hier vor:

Wanderweg-Markierungspfahl

Als we­ni­ger hilf­reich bis kom­plett un­brauch­bar ha­ben sich da­ge­gen die von der lo­ka­len Tou­ris­mus-Be­hör­de her­aus­ge­ge­be­nen, ko­sten­lo­sen Wan­der­kar­ten er­wie­sen, da ist man mit ein­schlä­gi­gen Wan­der­füh­rern aus den be­kann­ten Ver­la­gen bes­ser be­dient.

Ge­schlaucht von ei­ni­gen ganz­tä­gi­gen Wan­de­run­gen mit et­li­chen Hö­hen­me­tern rauf und run­ter, schal­te­ten wir ge­le­gent­lich mal ei­nen Gang zu­rück und füll­ten den Tag mit eher ge­müt­li­che­ren »Spa­zier­gän­gen« rund um die »Haus­ber­ge« von Port de Sól­ler. Hier kom­men wir ge­ra­de vom Leucht­turm öst­lich der Ha­fen­bucht her­un­ter und ge­nie­ßen den wei­ten Blick auf die­sel­be:

Blick auf Port de Sóller

Man be­ach­te das Mä­del am rech­ten Bild­rand, die den Blick auf ihr Be­tatsch-Te­le­fon al­le­mal in­ter­es­san­ter fin­det als den in die ana­lo­ge Welt. Die Di­gi­ta­li­tis hat na­tür­lich längst die gan­ze Mensch­heit be­fal­len, und der Au­tor die­ser Zei­len ist ja selbst auch mit al­ler­lei auf­merk­sam­keits­ab­sor­bie­ren­den Ge­rät­schaf­ten un­ter­wegs. Den­noch: Die Na­tur hat im­mer noch ei­ne bes­se­re Pi­xel­dich­te und hö­he­re Farb­tie­fe zu bie­ten als je­des Smart­phone, von den son­sti­gen Sin­nes­rei­zun­gen nicht zu re­den!

Doch ge­hen wir wei­ter die Stra­ße hin­un­ter und nä­hern wir uns dem Hei­mat­ha­fen von oben her. Fried­lich düm­pelt ei­ne Hand­voll Boo­te in der Bucht, fla­nie­ren al­ler­lei Men­schen die Pro­me­na­de ent­lang, se­geln ein paar Mö­ven über die Sze­ne­rie hin­weg. Ein­mal mehr sei hier Port de Sól­ler je­nen Ur­lau­bern emp­foh­len, die ei­ne lau­schi­ge Land­par­tie ei­ner rau­schi­gen Strand­par­ty vor­zie­hen...

im Anmarsch auf Port de Sóller

Un­ten an­ge­kom­men geht es dann noch auf der Strand­pro­me­na­de an all den Re­stau­rants und Ho­tels vor­bei zum ei­ge­nen Heim am an­de­ren En­de des Bucht­bo­gens, und was steht da vor un­se­rem Haus und an der End­hal­te­stel­le um­keh­rend? Ge­nau, die put­zi­ge Stra­ßen­bahn. Ich hat­te ja schon in der er­sten Epi­so­de er­wähnt, daß die ein­fa­che Fahrt 5,00 EUR pro Na­se ko­stet, wes­we­gen ich aus Geiz und Ra­che die Fahrt nur ein­mal leib­haf­tig ge­nos­sen, an­son­sten aber das nost­al­giet­rie­fen­de Roll­ma­te­ri­al eben­so flei­ßig wie ko­sten­frei ab­ge­lich­tet ha­be:

abfahrbereite Trambahngarnitur

Des zonebattler’s ir­ra­tio­na­le Af­fi­ni­tät zu tu­ten­den Tram­bahn­zü­gen mag mit sei­nem Hang zu schmal­spu­ri­gen Feld­bah­nen zu­sam­men­hän­gen, der wie­der­um auf früh­kind­li­che Prä­gung zu­rück­zu­füh­ren ist. Im­mer­hin ist er in­zwi­schen er­wach­sen ge­nug, um dar­aus we­der ein neu­es Hob­by noch ei­ne wei­te­re Samm­lung zu ma­chen...

Zum Ab­schluß der heu­ti­gen Fol­ge läßt der Be­richt­erstat­ter stolz den kunst­ge­schicht­lich Halb­ge­bil­de­ten raus­hän­gen und prä­sen­tiert ei­ne Hom­mage an Cas­par Da­vid Fried­rich und des­sen be­rühm­te »Rücken­fi­gu­ren«:

Wandererpaar beim Picknick mit Meeresblick

Beim – gänz­lich un­in­sze­nier­ten – Fest­hal­ten der­ar­ti­ger An­blicke ist un­ser­ei­ner im­mer ziem­lich ner­vös: Die zu­fäl­lig ge­se­he­ne Sze­ne kann von ei­ner Se­kun­de zur an­de­ren un­wie­der­bring­lich da­hin sein, und Ar­ran­gie­ren läßt sich ja nix mit arg­lo­sen Ak­teu­ren, die von ih­rer ad-hoc-Ver­wen­dung als mo­tiv­be­rei­chern­de, wenn­gleich an­ony­me Staf­fa­ge gar nichts wis­sen (sol­len). Dar­um hur­tig aus der Hüf­te ge­schos­sen und gleich ein paar mal hin­ter­ein­an­der auf den Aus­lö­ser ge­drückt in der Hoff­nung, da­bei nicht nur Aus­schuß pro­du­ziert zu ha­ben. Wenn sich so­dann beim über­leg­ten Kom­po­nie­ren das Mo­tiv vor ei­nem un­ver­se­hens auf­löst, hat man zu­min­dest die Chan­ce, beim spä­te­ren Ana­ly­sie­ren der Aus­beu­te doch noch ein leid­lich pas­sa­bles Fo­to vor­zu­fin­den...

Den be­wußt in der Bild­mit­te pla­zier­ten Seg­ler er­klä­re ich hier­mit kur­zer­hand zum Cliff­han­ger, um in der Le­ser­schaft Neu­gier auf die näch­ste Fol­ge zu schü­ren: Dort wer­de ich den wei­ßen Vier­ma­ster sei­ner Ei­gen­schaft als Pro­jek­ti­ons­flä­che für ar­chai­sche Fern­weh- und Welt­flucht­träu­me jäh be­rau­ben und ihm so­zu­sa­gen die mon­dä­ne Mas­ke vom Ge­sicht rei­ßen. Bis dem­nächst!

 
[1] Falls jetzt hier ein Spitz­f­in­di­kus mä­kelnd ein­wer­fen mag, daß man den Ter­mi­nus Gran­dez­za als Syn­onym für »wür­de­vol­les Be­neh­men« nur auf Men­schen an­wen­den kann, so sei dem kon­ternd er­wi­dert, daß auch Ge­bäu­den durch­aus ei­ne Per­sön­lich­keit und See­le in­ne­woh­nen kann.

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Sonntag, 14. September 2014

Pim­mel-Pilz

kurioser Pilz in des zonebattler's heimischen Jagdgründen
Mittwoch, 20. August 2014

Baum­ster­ben (1)

Grundstück Ecke Amalienstraße/Karlstraße (ehemals 'Fürther Trottoir-Reinigungs-Institut')
 
05.04.2014, 11:04 Uhr
Grundstück Ecke Amalienstraße/Karlstraße (ehemals 'Fürther Trottoir-Reinigungs-Institut')
 
13.04.2014, 13:29 Uhr
Grundstück Ecke Amalienstraße/Karlstraße (ehemals 'Fürther Trottoir-Reinigungs-Institut')
 
20.08.2014, 16:48 Uhr
Kahl­schlag Ecke Amalienstraße/Karlstraße (ehe­mals »Für­ther Trot­toir-Rei­ni­gungs-In­sti­tut«) zu­gun­sten ei­ner neu­zu­bau­en­den Al­ten­be­wahr­an­stalt
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Freitag, 15. August 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (2)

An­fangs zog es uns gar nicht groß von dan­nen, zu in­ter­es­sant war es ja schon vor der ei­ge­nen Tür: Die er­sten Ur­laubs­ta­ge ver­brach­ten wir tat­säch­lich in und um Port de Sól­ler her­um und wa­ren da­bei nur zu Fuß un­ter­wegs. Ein schö­nes Wan­der­ziel gab der be­reits im er­sten Teil er­wähn­te Wehr- und Wach­turm Tor­re Pi­ca­da ab, der sich trut­zig über Bucht und Ha­fen er­hebt. Lei­der ist er eben­so stra­te­gisch gut pla­ziert wie mitt­ler­wei­le in Pri­vat­be­sitz und da­her fest ver­schlos­sen, der Be­su­cher kann al­so nur sehn­suchts­voll an sei­nen dicken Mau­ern em­por­blicken und muß auf die oben zwei­fels­frei vor­han­de­ne, fan­ta­sti­sche Rund­um­sicht lei­der ver­zich­ten...

Die Torre Picada von unten betrachtet

Na gut, un­ver­stell­ten Fern­blick auf das Meer wird man wohl an­ders­wo schon noch öf­ters ge­bo­ten krie­gen, dach­ten wir uns und wand­ten den Blich da­her wie­der zu Bo­den. Und sie­he da, auch im dich­ten Ge­strüpp gibt es Loh­nen­des zu se­hen. Zum Ex­em­pel die­se mal­lor­qui­ni­sche Zie­ge mit ih­ren merk­wür­di­gen, äh, zit­zen­ar­ti­gen »Schnie­p­feln« am Hal­se, de­ren evo­lu­tio­nä­ren Sinn und Zweck nä­her aus­zu­füh­ren ich zu­stän­di­ger­halb­er den even­tu­ell hier mit­le­sen­den Bio­lo­gen über­las­se:

mallorquinische Ziege in freier Wildbahn

Ob die in der lieb­li­chen Land­schaft her­um­strol­chen­den Zie­gen samt Fa­mi­lie nun wil­de Ex­em­pla­re oder do­me­sti­zier­te sol­che wa­ren, ist schwer zu sa­gen. Je­den­falls be­weg­ten sie sich un­ge­rührt und fröh­lich – vor­ne kau­end, hin­ten kackend – über die In­sel, des Men­schen Nä­he nicht un­be­dingt su­chend, aber auch nicht wirk­lich ver­mei­dend.

Wei­te­res fell­tra­gen­des Ge­tier wer­den wir spä­ter noch zu se­hen krie­gen. Einst­wei­len tap­pen wir mal den Berg hin­un­ter und se­hen uns ei­ne ty­pi­sche klei­ne Bucht an der west­li­chen Kü­ste Mal­lor­cas an. Wie man sieht, tum­meln sich dort man­gels brei­ter Sand­strän­de kei­ne Tou­ri­sten­mas­sen, son­dern al­len­falls ein paar ein­zel­ne Wan­de­rer:

Bucht bei Llucalcari

Kennt man ei­ne, kennt man al­le: Ein paar blech­be­dach­te Hüt­ten hier, ein be­fe­stig­ter Slip­way ins Was­ser da, di­ver­se Fi­scher­boo­te in ver­schie­de­nen Sta­di­en des Ver­falls da­ne­ben, so schau­en die mei­sten der klei­nen, land­schaft­lich herr­lich ge­le­ge­nen Mee­res­zu­gän­ge aus. Mit­un­ter rä­keln sich dort auch hei­mi­sche Meer­jung­frau­en:

junge Frauen bei maritimen Zeitvertreib

Der Be­richt­erstat­ter ge­steht frei­mü­tig, den Ent­ste­hungs­ort sei­ner geo­ge­tagg­ten Fo­tos von Bucht nebst Ni­xen so­eben noch­mals per Goog­le Earth »an­ge­flo­gen« zu ha­ben, um die ge­zeig­te Bucht bei Llu­cal­ca­ri (ei­nem Orts­teil von Deià) kor­rekt ver­or­ten und be­nen­nen zu kön­nen: Im Nach­hin­ein ver­men­gen sich die ähn­li­chen Lo­ka­li­tä­ten in des zonebattler’s Syn­ap­sen­ge­spinst oh­ne­hin zu ei­nem ein­zi­gen, ide­al­ty­pi­schen Ort des sanft-sal­zi­gen Säu­selns...

Sprin­gen wir nun aber wie­der zu­rück in den »Hei­mat­ha­fen« Port de Sól­ler, an des­sen Ge­sta­den eher die deut­lich jün­ge­ren (oder er­heb­lich äl­te­ren) Mä­dels an­zu­tref­fen sind, er­ste­re mit noch spür­ba­rer Lust an be­we­gungs­rei­chem Sport & Spiel:

Kinder beim Sprung von der Promenadenmauer auf den Strand

Des Au­tors Abend­sport be­stand im We­sent­li­chen dar­in, zum Ein­fan­gen sol­cher Sze­nen sei­ne Ka­me­ra in Rich­tung Mo­tiv zu hal­ten und ab­zu­drücken. Dies al­ler­dings oh­ne schlech­tes Ge­wis­sen, denn sein Ta­ges­pen­sum an ka­lo­rien­ver­zeh­ren­der Be­we­gung hat­te er in Form aus­ge­dehn­ter Ta­ges­wan­de­run­gen dann ja meist schon er­bracht. Und als Stadt­be­woh­ner kann er sich in den Fe­ri­en eh nix Net­te­res vor­stel­len, als abends trä­ge auf ei­ner Bank an der Ufer­pro­me­na­de dem Son­nen­un­ter­gang ent­ge­gen­zu­dö­sen (und al­len­falls hier und da mal den Ver­schluß sei­ner Knip­se aus­zu­lö­sen)...

Für sei­ne nach bun­ten Bil­dern lech­zen­de Le­ser­schaft rafft sich der zone­batt­ler aber noch­mals auf und schlen­dert in den Ha­fen rü­ber, wo man nach far­ben­fro­hen Gen­re-Mo­ti­ven nie lan­ge su­chen muß:

Fischernetz samt Zubehör in Port de Sóller

Ein, zwei mitt­lel­gro­ße Fisch­traw­ler schei­nen in Port de Sól­ler sta­tio­niert zu sein, das Gros der an der Mo­le an­ge­bun­de­nen klei­ne­ren Schiff­chen dient heut­zu­ta­ge wohl über­wie­gend Frei­zeit­zwecken oder al­len­falls der Ver­sor­gung der ei­ge­nen Fa­mi­lie mit fri­schen Fi­schen, Krab­ben oder an­de­ren ver­zehr­ba­ren Was­ser­be­woh­nern. Sei­te an Sei­te düm­peln sie da im Abend­licht fried­lich dem näch­sten Tag ent­ge­gen:

Abendstimmung im Hafen

Schaut man ge­nau­er hin, so fällt ei­nem auf, daß recht vie­le Boo­te – ins­be­son­de­re die rei­nen Hob­by­käh­ne – kaum mehr be­nutzt und ge­pflegt zu wer­den schei­nen. Ein Au­to kann man in die Ga­ra­ge stel­len; ein Boot am Lan­dungs­steg mag noch so schön und teu­er ge­we­sen sein, Son­ne, Salz und Feuch­tig­keit be­för­dern un­er­bitt­lich die schnell vor­an­schrei­ten­de Kor­ro­si­on. Wer sei­ne Jol­le nicht be­stän­dig pflegt oder in­stand­hal­ten läßt, dem gam­melt sie schnel­ler un­ter dem Hin­tern weg, als ei­nem lieb sein kann. Die lau­fen­den Un­ter­hal­tungs­ko­sten schei­nen längst nicht al­le be­dacht zu ha­ben, die sich »mal eben« ein kost­spie­li­ges Sta­tus­sym­bol ins Was­ser ge­setzt ha­ben...

Schif­fe sind dem wankel(un)mütigen Be­richt­erstat­ter aber oh­ne­hin eher su­spekt, zu­mal die klei­nen sol­chen, bei de­ren Ge­schau­ke­le sein Ver­dau­ungs­trakt ver­drieß­li­cher­wei­se schnell auf Schub­um­kehr schal­ten kann. Da­her wen­det er sich wie­der dem Land­ver­kehr zu, na­ment­lich dem spur­ge­bun­de­nem. Hier schnurrt ei­ner der letz­ten Tram­bahn­zü­ge des Ta­ges bei tief­stehen­der Abend­son­ne in Rich­tung Sól­ler da­von:

Straßenbahn an der Uferpromenade von Port de Sóller

Wie­wohl der En­des­un­ter­fer­tig­te im Zi­vil­be­ruf stol­zer Ei­sen­bah­ner ist, so sind ihm doch – im Ge­gen­satz zu sei­nen fer­ro­phi­len Kol­le­gen – Schie­nen­fahr­zeu­ge im Pri­vat­le­ben weit­ge­hend schnup­pe. Aber die­se höl­zer­nen Bim­melb­ähn­lein [1] – ein Teil des be­tag­ten Fuhr­parks stammt üb­ri­gens von der be­rühm­ten Lis­sa­bon­ner Stra­ßen­bahn – ha­ben doch was Put­zi­ges und rüh­ren sein seit je­her sen­ti­men­ta­les Herz...

Und da­mit ge­nug für heu­te: In der näch­sten Fol­ge ma­chen wir uns auf in die Ber­ge und kom­men da­nach auch ins na­he Städt­chen Sól­ler, wo sich ei­ne je­ner über­ra­schen­den Be­geg­nun­gen zu­trug, die die­ser klei­nen Rei­se-Re­pri­se ih­ren Na­men ge­ge­ben ha­ben. Bis da­hin!

 
[1] Recht ei­gent­lich müß­te es Tu­teb­ähn­lein hei­ßen, denn die Trieb­wa­gen­füh­rer ver­trei­ben le­ben­de Fahrt­hin­der­nis­se nicht mit Glocken- oder Schel­len-Ein­satz, son­dern ver­mit­tels preß­luft­ge­trie­be­ner Hu­pen von tie­fer Ton­la­ge. Was die gol­di­gen Ve­hi­kel noch put­zi­ger macht!

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Freitag, 1. August 2014

Die Über­ra­schungs­in­sel (1)

Auf den Tag ge­nau drei Mo­na­te nach sei­ner Rück­kehr aus dem Jah­res­ur­laub rafft sich der fau­le zone­batt­ler jetzt end­lich zur längst über­fäl­li­gen Be­richt­erstat­tung über den­sel­ben auf! Nach­dem er die – gleich­falls träg­heits­hal­ber vor sich her­ge­scho­be­ne – Bild­sich­tung, ‑aus­mi­stung und ‑be­ar­bei­tung nun­mehr end­lich ab­ge­schlos­sen hat, wä­re ei­ne wei­te­re Ver­zö­ge­rung nicht mehr plau­si­bel zu be­grün­den. Al­len­falls ei­ne schlei­chen­de Ad­ap­tie­rung des me­di­ter­ra­nen Le­bens­ge­fühls könn­te da­für her­hal­ten, den Schlen­dri­an zu ent­schul­di­gen...

Wo­mit ein gu­ter Ein­stieg ge­fun­den wä­re: Nach den Berei­sun­gen der »Schatz­in­sel« La Pal­ma und der »Ver­kehrs­in­sel« Mal­ta (nebst Go­zo) stand dies­mal mit Mal­lor­ca er­neut ein ent­spann­ter In­sel-Auf­ent­halt auf dem Rei­se­plan. [1] Zwar war der Au­tor die­ser Zei­len vor ei­nem knap­pen Vier­tel­jahr­hun­dert (und in ei­nem frü­he­ren Le­ben) schon mal ne­ben­an auf Me­nor­ca tauch­ur­lau­ben, aber auf die Traum­in­sel der Deut­schen zog es ihn heu­er zum er­sten Ma­le. Die man­nig­fal­ti­gen dort er­leb­ten, teil­wei­se schier un­glaub­li­chen Über­ra­schun­gen ge­ben der auf acht Tei­le an­ge­leg­ten Ar­ti­kel-Se­rie ih­ren Na­men.

Zum Ein­stieg sei wie so oft ein La­ge­plan mit den im Ur­laub zu­rück­ge­leg­ten We­gen vor­ge­zeigt (mit Dank an mei­nen klei­nen GPS-Tracker):

Übersichtskarte von Mallorca mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der zurückgelegten Wege
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice
 
Groß­fas­sung 940 x 720 Pi­xel

Wie man sieht, be­schränk­ten sich des zonebattler’s Er­kun­dungs-Ak­ti­vi­tä­ten bei die­sem erst­ma­li­gen Auf­ent­halt im We­sent­li­chen auf die Ser­ra de Tra­m­un­ta­na und die In­sel­me­tro­po­le Pal­ma de Mal­lor­ca. Knap­pe drei Wo­chen lang ha­ben wir vor al­lem das Ge­bir­ge und die eher be­schau­li­chen klei­nen Or­te dar­in er­wan­dert und er­fah­ren. Die viel­fach kol­por­tier­ten Aus­wüch­se des Mas­sen-Tou­ris­mus’ ha­ben wir da­bei üb­ri­gens we­der ge­sucht noch ge­fun­den...

Doch be­gin­nen wir am An­fang: Mit­te April ging es los, per pe­des zur U‑Bahn, mit die­ser zum Nürn­ber­ger Flug­ha­fen, von da aus non-stop und di­rekt mit Air Ber­lin auf und da­von in Rich­tung Pal­ma. Das eu­ro­pa­weit schö­ne Wet­ter mach­te schon die Al­pen­über­que­rung zum spek­ta­ku­lä­ren Er­leb­nis:

Mit Flug AB7530 von Nürnberg nach Palma de Mallorca

Nach der Lan­dung in Pal­ma de Mal­lor­ca muß­ten wir ein we­nig su­chen, bis wir zu un­se­rem Shut­tle-Bus fan­den, der uns und ein wei­te­res Paar dann um­stands­los zu un­se­rem Ziel brach­te, dem klei­nen Kü­sten­ort Port de Sól­ler an der Süd­west­kü­ste des mal­lor­qui­ni­schen Ei­lan­des. Dort­selbst be­zo­gen der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te ihr Quar­tier in ei­nem der preis­gün­sti­ge­ren Ho­tels di­rekt an der ma­le­ri­schen Ufer­pro­me­na­de und wa­ren an­ge­nehm über­rascht vom tem­po­rä­ren neu­en Heim.

Die arith­me­tisch nicht wirk­lich in die Sor­tie­rung der üb­ri­gen Zim­mer pas­sen­de Raum­num­me­rie­rung ließ uns schluß­fol­gern, daß wir mög­li­cher­wei­se in ei­nem erst spä­ter zum Ho­tel­zim­mer um­ge­wid­me­ten Raum ge­lan­det wa­ren. Je­den­falls wa­ren wir sehr zu­frie­den da­mit, zu­mal wir nach dem vor­her­ge­gan­ge­nen Stu­di­um von di­ver­sen Be­wer­tungs­por­ta­len schon schlim­me Be­fürch­tun­gen ge­hegt hat­ten... [2]

Hotelbett in Port de Sóller

Das Fen­ster ging zwar nicht zum Meer, son­dern zum ru­hi­gen Hof hin­aus, aber das war uns ei­ni­ger­ma­ßen schnup­pe: Zum Ufer wa­ren es drau­ßen nur we­ni­ge Schrit­te, und drin­nen guck­ten wir oh­ne­hin eher in die mit­ge­führ­ten Fen­ster­chen zur vir­tu­el­len Welt als nach dem ech­ten Aus­blick.

In frü­he­ren Jahr­hun­der­ten schüt­zen sich die Mal­lor­qui­ner vor Pi­ra­ten durch schlaue An­la­ge ih­rer Sied­lun­gen: Wäh­rend die Hä­fen be­wußt klein und un­schein­bar ge­hal­ten wur­den, bau­te man ein paar Ki­lo­me­ter im Hin­ter­land die ei­gent­li­chen Or­te, die von See aus nicht zu se­hen wa­ren (und es bis heu­te nicht sind). »Se­cu­ri­ty by ob­scu­ri­ty«, so­zu­sa­gen. So ver­fuhr man auch im Fal­le von Port de Sól­ler, wel­ches den Mee­res­zu­gang für das et­wa drei Ki­lo­me­ter land­ein­wärts ge­le­ge­ne Städt­chen Sól­ler dar­stellt. Bei­de Ge­mein­de­tei­le sind nicht nur durch Stra­ßen und We­ge, son­dern seit 1913 durch ei­ne schnucke­li­ge Schmal­spur-Stra­ßen­bahn ver­bun­den, de­ren ei­ne End­hal­te­stel­le ju­sta­ment vor un­se­rem Ho­tel-Ein­gang lag:

historische Straßenbahn am Endhalte- und Wendepunkt in Port de Sóller

Nach Aus­sa­ge von Freun­den, die schon seit vie­len Jah­ren im­mer wie­der in die­se Ecke der In­sel rei­sen, ko­ste­te ei­ne Stra­ßen­bahn­fahrt vor zwölf Jah­ren noch läp­pi­sche 50 Cent pro Na­se und Rich­tung, was schwer­lich ko­sten­deckend ge­we­sen sein dürf­te, zu­mal die Zü­gel­chen da­mals wohl pri­mär von der ein­hei­mi­schen Be­völ­ke­rung fre­quen­tiert wur­den und da­mit al­les an­de­re als aus­ge­la­stet wa­ren. Dann ka­men wohl fin­di­ge Tou­ris­mus-Un­ter­neh­mer auf die Idee, Ta­ges­tou­ren von Pal­ma aus an­zu­bie­ten und so­wohl den nicht min­der hi­sto­ri­schen Zug von Pal­ma nach Sól­ler als auch die dar­an an­schlie­ßen­de Stra­ßen­bahn als At­trak­ti­on zu ver­mark­ten. Heu­te ko­stet die Pas­sa­ge mit der Bim­mel­stra­ßen­bahn stol­ze 5,00 EUR pro Per­son, wes­halb wir uns das Ver­gnü­gen in der gan­zen Zeit un­se­res Auf­ent­halts ge­nau ein­mal ge­gönnt ha­ben (und an­son­sten die Strecke mit Bus oder Au­to ge­fah­ren, wenn nicht gar ge­lau­fen sind)...

Die er­sten Ta­ge un­se­res Ur­laubs ver­brach­ten wir in und um Sól­ler her­um. Das Städt­chen ist der idea­le Aus­gangs­punkt für Wan­de­run­gen al­ler Schwie­rig­keits­gra­de, ver­fügt an­de­rer­seits nicht über aus­ge­dehn­te Strän­de und auf ein jun­ges Pu­bli­kum aus­ge­rich­te­te Frei­zeit­an­ge­bo­te, so daß sich dort mehr mit­tel­al­te Wan­ders­leu­te ein­fin­den als Par­ty-Peo­p­le auf der Su­che nach vol­len San­gria-Ei­mern. Uns war das sehr recht, und vie­len an­de­ren Rei­sen­den auf der Su­che nach Ru­he und Ent­schleu­ni­gung auch.

die Bucht von Sóller Betrachtende

Ich per­sön­lich war von der Aus­deh­nung des mal­lor­qui­ni­schen Ge­birgs­zu­ges der Tra­m­un­ta­na ei­ni­ger­ma­ßen über­rascht, und zwar so­wohl in ho­ri­zon­ta­ler wie auch in ver­ti­ka­ler Hin­sicht. Das ließ schweiß­trei­ben­de Tou­ren er­war­ten (die spä­ter dann auch tat­säch­lich folg­ten). Wie schon in den Vor­jah­ren er­wies es sich da als um­sich­tig, die Rei­se im Früh­jahr an­ge­tre­ten zu ha­ben, wo die Ta­ges­höchst­tem­pe­ra­tur noch er­träg­lich ist und die Ve­ge­ta­ti­on üp­pig. Doch da­zu spä­ter mehr.

Zu­nächst al­so er­forsch­ten wir auf Schu­sters Rap­pen die nä­he­re Um­ge­bung von Port de Sól­ler und krab­bel­ten auf die um­lie­gen­den Hän­ge und Hü­gel. Im­mer wie­der er­ga­ben sich da­bei reiz­vol­le Aus- und An­sich­ten von post­kar­ten­ge­eig­ne­ter Pit­to­re­ski­zi­tät:

Ansicht von Port de Sóller mit dem alten Wachturm Torre Picada

Bei dem dicken Knub­bel da links oben über dem Ha­fen han­delt es sich um ei­nen al­ten Wach- und Wehr­turm, die Tor­re Pi­ca­da. An­son­sten sieht man recht schön das Drei­vier­tel­rund der Bucht, die Strand­pro­me­na­de und die sie säu­men­den Ho­tel­bau­ten von durch­wegs mo­de­ra­ten Aus­ma­ßen. Den Hang hin­auf gibt es Apart­ment-Häu­ser, von de­nen bei nä­he­rer In­spek­ti­on weit mehr un­be­wohnt leer­ste­hen, als man mei­nen möch­te. Wie auch an­ders­wo in spa­ni­schen Lan­den ist da wohl viel am tat­säch­li­chen Be­darf vor­bei ge­baut wor­den, aber ir­gend­wer wird da­von schon pro­fi­tiert ha­ben...

Zu­rück ans Ufer und an die Pro­me­na­de, wo sich das Le­ben ab­spielt, wel­ches »prall« zu nen­nen zu­min­dest in der Vor­sai­son ei­ne ar­ge Über­trei­bung wä­re. Vie­le Was­ser­sport-Ak­ti­vi­tä­ten gab es im April noch nicht zu be­ob­ach­ten, manch’ ein­schlä­gi­ges An­ge­bot stand noch weit­ge­hend un­ge­nutzt her­um und dien­te pri­mär als bun­tes Fo­to­mo­tiv:

gestapelte Kajaks in Port de Sóller

Bald fan­den wir her­aus, daß es auf der In­sel her­vor­ra­gen­des Spei­es­eis zu schlecken, ja es so­gar in Sól­ler ei­ne ei­ge­ne Eis­fa­brik gibt. Als er­klär­ter Geg­ner ab­sur­der Glo­ba­li­sie­rungs­aus­wüch­se soll­te ich mir jetzt ei­gent­lich den Hin­weis dar­auf ver­knei­fen, daß das hei­mi­sche Spe­zia­li­tä­ten-La­bel »Fet a Sól­ler« über den ei­ge­nen On­line-Shop so­gar Eis zur Lie­fe­rung von Mal­lor­ca nach Deutsch­land an­bie­tet, aber mei, de­kla­riert als vir­tu­el­len Ap­pe­ti­zer zum Pro­bie­ren vor Ort las­se ich mir die In­kon­se­quenz selbst mal durch­ge­hen...

Je­den­falls ist es ein schö­nes Ri­tu­al zum Ta­ges­aus­klang in Port de Sól­ler, sich vor die son­nen­ge­wärm­te Mau­er am klei­nen Fet a Sól­ler-Eis­ca­fé an der Strand­pro­me­na­de zu set­zen, ein Eis zu schlab­bern und da­bei den Son­nen­un­ter­gang zu be­trach­ten: [3]

Sonnenuntergang in Port de Sóller

Nach Son­nen­un­ter­gang ist im Früh­jahr nim­mer viel los im Ört­chen, die Ho­tel­gä­ste ver­tei­len sich auf die di­ver­sen Re­stau­rants an der Pro­me­na­de oder tap­pen noch ein we­nig sin­nie­rend am Strand ent­lang. Ir­gend­wann nimmt die letz­te Stra­ßen­bahn als »Lum­pen­samm­ler« noch ein paar Leut­chen mit, dann kehrt Ru­he ein.

Ru­he herrscht nun­mehr auch hier, und ich be­en­de mei­nen heu­ti­gen Bei­trag mit ei­nem Aus­blick auf den näch­sten, in wel­chem wir den Blick er­wei­tern und uns et­was im Um­land um­tun wol­len. Ein Vier­tel­jahr wird es de­fi­ni­tiv nicht dau­ern bis zur zwei­ten Fol­ge mei­ner klei­nen Rei­se­re­por­ta­ge, das im­mer­hin sei hier und heu­te ver­spro­chen! Da bin ich men­ta­li­täts­mä­ßig dann doch noch eher die deut­sche Be­amt­ensee­le und nicht der me­di­ter­ra­ne Le­bens­künst­ler...

 
[1] Ja, ich weiß, La Pal­ma und die üb­ri­gen In­seln der Ka­na­ren lie­gen fern­ab des Mit­tel­mee­res im At­lan­tik, sind aber den­noch so spa­nisch ge­prägt wie die Ba­lea­ren und auch des mil­den Kli­mas we­gen so­zu­sa­gen »qua­si-me­di­ter­ran« in der An­mu­tung...

[2] Wo­bei es mit den Ho­tel-Be­wer­tun­gen im Netz im­mer so ei­ne Sa­che ist: Man fin­det für fak­tisch je­des Eta­blis­se­ment so­wohl him­mel­hoch jauch­zen­de wie grot­tig-grau­sa­me Kom­men­ta­re. Die ei­nen mö­gen von be­stell­ten Cla­que­ren kom­men, die an­de­ren von nei­di­schen Kon­kur­ren­ten lan­ciert sein. Man­che Rei­sen­de kön­nen bi­zarr über­zo­ge­ne An­sprü­che ha­ben, an­de­re sind – wie wir – eher ge­nüg­sam, so­lan­ge Bett & Du­sche sau­ber und be­nutz­bar sind. Pech kann man ha­ben, Glück aber auch. Be­trei­ber kön­nen wech­seln, di­to das Ser­vice-Per­so­nal. Kurz­um: Man soll­te sich im Vor­aus kei­nen gro­ßen Kopf ma­chen und nicht all­zu viel Zeit mit dies­be­züg­li­cher Re­cher­che ver­schwen­den.

[3] Be­vor orts­kun­di­ge Kenner(innen) jetzt tri­um­phie­rend her­um­nölen: Ja, der Blick vom Eis-Ca­fé aus sieht et­was an­ders aus, man hat da näm­lich Blick auf’s of­fe­ne Meer hin­aus, das Fo­to ent­stand zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen ein paar hun­dert Schrit­te rechts da­von, aber nein, die ru­hig-ro­man­ti­sche Abend­stim­mung ist hier wie da die glei­che und ich neh­me im Zwei­fels­fall lie­ber die schö­ne­ren Fo­tos, weil die mei­sten Blogbesucher(innen) er­fah­rungs­ge­mäß nur die Bil­der an­schau­en und mei­ne mir da­zu müh­sam ab­ge­run­ge­nen Zwi­schen­tex­te eh nicht le­sen. Selbst wenn ich re­si­gnie­rend seuf­zend Blind­text hin­schrü­be, wür­den es ver­mut­lich die we­nig­sten mer­ken...

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