Mittwoch, 13. April 2016
Dinosaurier hatten wir schon mal, aber was da dieser Tage auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände abging (bzw. des Abtransportes harrte), hatte schon eine besondere Qualität:
Demnächst wird also anderswo Angst und Schrecken verbreitet, und Fürth muß wieder mit den eigenen Urviechern auskommen...
Montag, 11. April 2016
Donnerstag, 4. Februar 2016
Mit einem eigens angekauften Aufnahmegerät bin ich neulich einem längst pensionierten Eisenbahner-Kollegen auf die Pelle gerückt und habe seine lebhaft vorgetragenen Erinnerungen an seine Dienstzeit aufgezeichnet. Acht interessante (und zudem äußerst amüsante) Geschichten sind ab sofort aufruf- und anhörbar in den FürthWiki-Artikeln zum Güterbahnhof, zum Stellwerk Ottostraße und zur Kasernenbahn (jeweils im Abschnitt »Zeitzeugenberichte«). Viel Spaß beim Lauschen!
Sonntag, 31. Januar 2016
Rauf kommen sie immer:
Die meisten Kater kriegen freilich die Krise, wenn sie wieder runter wollen. Dieser hier beherrscht erstaunlicherweise auch den Rückwärtsgang und fand gestern ohne Herrchens Hilfe wieder herunter auf den Boden der Tatsachen ...
Montag, 28. Dezember 2015
18 Grad im hohen Altbau-Zimmer sind im Hochsommer was anderes als »zwischen den Jahren«, wie der zonebattler heute am eigenen Leibe erfahren durfte: In der Nacht zu seinem Geburtstag hatte die bis dato stets zuverlässig arbeitende Gastherme klammheimlich ihren Dienst quittiert. Am Morgen war sie stumm und kalt und blieb das auch trotz aller Versuche, sie wieder zum Mitspielen zu bewegen. Der erst am Nachmittag (in kurzen T‑Shirt-Ärmeln!) erschienene Notdienst-Jüngling war mit seinem Latein ob der völligen Funktionsstarre der Gastherme sehr bald am Ende und mußte letztlich den Fall an den Werkskundendienst des Herstellers übergeben. Der aber erscheint erst morgen Mittag...
Die herzlichen (und herzerwärmenden) Gruß- und Gratulationsbotschaften der zahlreichen Freunde, Bekannten und Kollegen haben den Berichterstatter über den ungewohnt frischen Tag geholfen und diesen zu einem erfrischenden gemacht. Die Nacht wird er dank warmer Decken im ohnehin nie beheizten Schlafzimmer auch überleben, und dann besteht Hoffnung, daß der neue Tag die Heilung für den maladen Wärmeblock bringt. Wenn’s nicht gerade an einem seltenen und derzeit nicht vorrätigem Ersatzteil scheitert. Na ja, mit einem Heizlüfter und einer zusätzlichen Fleece-Jacke angetan schaffe ich es zur Not auch bis ins nächste Jahr!
Montag, 7. Dezember 2015
Verehrte Fahrgäste,
mit der uns eigenen Pünktlichkeit erreichen wir jetzt den Bahnhof Nürnberg Hbf. Unsere Zugfahrt endet dort. Wenn Ihnen die Reise mit der Mainfrankenbahn gefallen hat, steigen Sie bitte in Fahrtrichtung links aus. Falls nicht, benutzen Sie bitte die gegenüberliegende Tür! |
Freitag, 2. Oktober 2015
Mittwoch, 5. August 2015
Im Rahmen eines durch Team-Vergrößerung bedingten Bürotausches mußte unter anderem der Schreibtisch einer derzeit kurenden Kollegin von einem Raum zum anderen verbracht werden. Da die (eher ausladenden) Schreibtische und die (eher schmalen) Türöffnungen in kritischem Verhältnis zueinander stehen, muß man die Tische bei solchen Aktionen normalerweise umlegen und hochkant transportieren.
Wäre ja alles kein Problem gewesen, wenn die absente Kollegion ihren dienstlichen Klapprechner nicht vermittels eines Seilschlosses nach Kensington-Patent fest mit der Tischfußkonstruktion verbandelt gehabt hätte. Wie aber jetzt den empfindlichen Apparillo schnell und schmerzlos vom Tisch bekommen, um denselben von derben Kerls wegwuchten lassen zu können?
Eine Zimmergenossin hatte schon probiert, das 4‑stellige Zahlenschloß mit dem Geburtsjahr der Kurlauberin zu öffnen, aber der Versuch war leider nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Der zonebattler ward um Rat gebeten und eilte zur Hilfe...
Und was dachte er sich? Erstens: Der Mensch ist faul und konfiguriert selten um, was er funktionsfähig in die Hände bekommt. Zweitens: Was für eine Zahlenkombination würde wohl ein Hersteller als »Default-Einstellung« für den Lieferzustand vorsehen? Drittens: Probieren wir doch daher zunächst einmal »0000« aus.
Klickel, Klickel, Sproing: Offen war das Schloß, offen auch die Münder der umstehenden Zeugen. Überrascht war sogar der Berichterstatter selbst, da längst nicht immer auf Anhieb funktioniert, was er sich so zurechtlegt in seiner naiven Weltsicht. Allen Besitzer(innen) von Zahlenschlössern sei hiermit als Moral von der Geschicht’ angeraten, die Kombination »0000« zu meiden resp. unverzüglich abzuändern, denn was ein reiner Tor wie der zonebattler kann, können Schurken schon lange!
Mittwoch, 29. Juli 2015
Mit der üblichen Zeitreserve für außergewöhnliche Unwägbarkeiten in Höhe von 90 Sekunden vor der planmäßigen Abfahrt seines Pendlerzuges tappte federte der zonebattler auch heute wieder die Treppe zum Gleis 6 des Fürther Hauptbahnhofes hinauf. Droben am Bahnsteig erwartete ihn die außergewöhnliche Unwägbarkeit in Form zweier Herren von südländischer Anmutung, beide im Besitz je eines Rollköfferchens, für die Jahreszeit zu warmer Jacken und keiner Deutschkenntnisse.
Der etwas extrovertiertere der beiden Männer radebrechte (-brach, ‑bruch?) mir ihr Anliegen vor, mit dem Zug nach Zirndorf zu gelangen, woraus ich messerscharf schlußfolgerte, daß sich das Duo auf der Reise zur Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber befand. Von Kuba bis Fürth (Bay) Hbf waren sie wundersamerweise irgendwie gekommen, jetzt auf den letzten Metern drohten sie zu scheitern.
Da ich verdrießlicherweise des Spanischen nicht mächtig bin, ebensowenig wie die beiden Cubanos der deutschen Sprache, verständigten wir uns auf dem gemeinsamen Nenner eines substantivisch simplifizierten Englisch. Als erstes erklärte ich den beiden, daß sie am Gleis 7 prinzipiell richtig seien: Zwar zeigt das Display dort nur Züge von und nach Cadolzburg an, aber das hat ja seine Richtigkeit, weil Zirndorf an eben dieser Strecke liegt. Auch den Umstand, daß sie noch eine Weile auf den aus Cadolzburg/Zirndorf und später dorthin retournierenden Zug warten müßten, konnte ich den beiden Kerls verklickern. Dann aber kam der Wunsch nach einer Fahrkarte (bzw. deren zwei) auf, denn selbstverständlich wollten die beiden als legale Passagiere unterwegs sein. Während die elektronische Ansagerin unerbittlich die Einfahrt meines Regional-Expresses verkündete, zückte der Wortführer der beiden seine restliche Barschaft in Form eines 2‑EURO-Stückes und hielt sie mir vor die Nase...
Was also tun? Mein Zug nahte, das Schicksal der beiden rührte. Also den Kommunikator am Schlafittchen gepackt und mit ihm die Treppe wieder runter gerannt zum Fahrkartenautomaten. Auf dem Touchscreen den Weg zur Einzelfahrkarte erfingert. Dabei gemerkt, daß ich dem staunend guckenden Kameraden bei der Gelegenheit ja auch gleich eine hilfreiche Lektion fürs Leben erteilen konnte: Also sich wieder hoch und zurück ins Hauptmenü getastet und dort auf die spanische Flagge gedrückt. Schwupps, schon sprach der bahnamtliche Automat bestes Spanisch. Das Gesicht des Kubaners erhellte sich, während sich die Stirn des zonebattler’s in fragende Falten legte. Aber als alter Lateiner kann er sich geschriebenes Spanisch einigermaßen erschließen, und so gelang es ihm relativ zügig, dem Blechkasten den Wunsch nach einer Fahrkarte 2. Klasse für eine einfache Fahrt nach Zirndorf nahezubringen. Rein mit dem Zwickel und o Wunder, in den blinkenden Ausgabeschlitz plumpsten nacheinander Fahrkarte und Wechselgeld. Droben hörte ich meinen eigenen Zug herannahen.
Aber wir waren ja noch nicht fertig: Tipp, tipp, tapp, das Gleiche nochmal, aus der eigenen Geldbörse eine zweite Münze gefingert und rein damit. Schnarr, schnarr, blink, her mit der Karte und dem 20-Cent-Stück und zu zweit die Treppe hochgehechtet. Den beiden Glück gewünscht und gerade so eben noch den eigenen Zug erwischt. Ich fuhr der Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes entgegen, die beiden Asylbewerber erwarteten den Zug in eine ungewisses Zukunft. Ob sie als Kubaner überhaupt eine Chance haben auf Anerkennung und Bleiberecht? Da habe ich meine Zweifel...
Sonntag, 14. Juni 2015
So sprach einst Hans Albers als Baron Münchhausen im grandiosen UfA-Jubiläumsfilm von 1943, und es muß im Nachhinein Wunders nehmen, daß im späten Nazireich ein so anspielungsreicher Satz unbeanstandet durch die Zensur kam. Seit ein paar Tagen ist auch in Fürth die Zeit kaputt, jedenfalls für mich, der ich werktags außer Sa (nicht 24.12., 31.12.) des Morgens zum Hauptbahnhof haste und beizeiten nach der großen Uhr im südseitigen Giebel des Empfangsgebäudes schiele, um zu sehen, ob ich noch einen Zahn zulegen muß, um meinen Zug zuverlässig zu erreichen:
Es gibt aber neuerdings nichts mehr zu sehen, zumindest keine Uhrzeit mehr. So einen dreisten »Zeitdiebstahl« habe ich zwar schon vor zwei Jahren in der Zitadelle von Victoria auf der Insel Gozo bemerkt, aber da war immerhin noch das Zifferblatt vorhanden und nur die Zeiger verschwunden. Hier in der Heimat schmückt jetzt nur noch ein nebulöses Rund die Fassade:
O tempora, o mores! Was soll das werden? Hat DB Station&Service den maroden Mechanismus zu Reparatur- und Wartungszwecken ausbauen lassen, auf daß uns in Kürze wieder zuverlässig Stunde und Minute gewiesen werden können? Oder hat man die kaputte Uhr verschrottet, weil man lieber gar keine Zeit anzeigt als eine falsche? Rückbau also als kostengünstige Problemlösung? Wäre einerseits verständlich in Zeiten, wo fast jede(r) ein Smartphone mit präziser Zeitanzeige in Händen hält, andererseits aber ein trauriges Symbol für die allenthalben erodierende Infrastruktur.
Und es wäre nicht des erste Mal: Sowas kennen wir leider bereits in Sachen elektronische Abfahrtstafel, deren südstädtische Ausgabe auch erst kaputt, dann repariert, dann erneut defekt und schließlich ersatzlos verschwunden war. Bleibt zu hoffen, daß die DB die Zeichen der Zeit (und die Wichtigkeit dieser elementaren Dienstleistung) erkennt und uns Südstädtern bald wieder mitteilt, was die Stunde geschlagen hat...
Freitag, 5. Juni 2015
Nachdem wir von Freunden schon im Vorfeld unserer Reise über das gut funktionierende Busnetz auf Teneriffa informiert worden waren, hatten wir uns vorgenommen, den überwiegenden Teil des Urlaubs ohne eigenen Mietwagen zu verbringen und uns von öffentlichen Verkehrsmitteln herumkutschieren zu lassen. Das klappte auch ganz gut, und unsere erste Fahrt im dröhnenden und vibrierenden Diesel-Bus brachte uns zum Nordostzipfel der Insel, in deren Hauptstadt Santa Cruz de Tenerife.
Unweit des dortigen Busbahnhofes gibt es ein spektakuläres Stück moderner Architektur zu besichtigen, die Konzerthalle Auditorio de Tenerife:
Das verwegen gestaltete Gebäude ist gerade mal ein Dutzend Jahre in Betrieb, da zeigen sich schon die ersten Schäden in der Außenhülle: Feine Mosaiksteinchen fallen ab, Wasser sucht sich seinen Weg, Stahlarmierungen beginnen zu rosten. Wie scheinbar überall in spanischen Gefilden scheinen Instandhaltung und präventive Pflege unbekannte Fremdwörter zu sein, man klotzt was hin und ranzt es runter, schließlich reißt man es ab und baut was Neues hin (oder auch nicht). Alles nicht sehr nachhaltig und ressourcenschonend, aber konsequent nach dem (vormals ostzonalen) Motto: »Wir bauen auf und reißen nieder, so haben wir Arbeit, immer wieder«. Andere machen’s freilich auch nicht besser, den gleichen Spruch habe ich ja schon über Malta vom Stapel gelassen... Innen im Foyer des verwegen geschwungenen Musentempels ist es unglaublich laut, das Geplapper und Geklacker der Besucher potenziert sich in dem Schalltrichter aus Beton zu einer lärmenden Symphonie. Aber wenigstens konnte ich dort drinnen diverse nette Damenbeine einfangen... [1]
Laut und quirlig ging es auch in der belebten Innenstadt von Santa Cruz zu, wiewohl es ein »ruhiger« Sonntag war und die meisten Geschäfte geschlossen hatten. Aber die Spanier feiern ja recht gerne und Anlässe dazu finden sich rund ums Jahr und immer wieder. Uns steht ja auch hin und wieder der Sinn nach Geselligkeit, aber im Urlaub suchen wir doch eher das Ruhige und Erhabene. [2] Darum sind wir tags drauf ins nahegelegene Orotava-Tal getuckert und haben dort eine Höhenwanderung unternommen, die uns tatsächlich in ganz unerwartete Höhen führte:
Wir verpaßten aufgrund ungenügender Wegbeschreibung im Reiseführer den vorgesehenen (aber wegen frischen Erdrutsches gesperrten Abzweig) und stiegen höher und höher, ohne zu bemerken, daß wir schon längst über den angepeilten »Höhenweg« aufgestiegen waren. Tatsächlich »machten« wir knapp 1000 Meter in der Vertikalen und kamen letztlich bei der Straße durch den Teide-Nationalpark heraus, wodurch wir unseres schweißtreibenden Irrtums endlich gewahr wurden. Immerhin konnten wir beim Abstieg drei weiteren deutschen Paaren, die mit dem gleichen Wanderführer eines renommierten Erlanger Verlages bewaffnet waren, ein ähnliches Schicksal ersparen...
Immerhin war die Anstrengung nicht vergebens, wir wurden mit Sonnenschein und wunderbarer Fernsicht belohnt. An den Folgetagen waren Wälder und Wipfel wolken- und nebelverhangen, und auch der Teide war nicht auszumachen. Schon am nächsten Morgen – wir waren bei warmer Witterung kurzbehost und ‑beärmelt mit dem Bus nach La Laguna aufgebrochen – tappten wir stundenlang leicht bibbernd durch die historische (und regennasse) Innenstadt und beneideten jene, die mit passenderer Kleidung und Ausrüstung unterwegs waren:
Na ja, wir hangelten uns im Nieselregen von Dach zu Dach, Unterstand zu Unterstand, Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit und beschlossen den Halbtag mit Kaffee, Kuchen und Knservierungsstoffen. Kann man mal machen. So richtig grandios fanden wir es dort nicht, aber das war vielleicht der Erwartungshaltung einerseits und dem unverhofft naßkühlen Wetter andererseits geschuldet...
Tags drauf kam die unverhoffte, große Zäsur: Während der zonebattler die Reise zwar angekränkelt, aber immerhin schon auf dem Wege der Besserung angetreten hatte, war seine bessere Hälfte gesund in den Flieger gestiegen, hatte sich aber von bazillen-befallenen Mitreisenden die Krätze eingefangen und mußte des Abends mit im bedrohlichem Tempo ansteigenden Fieber zu einem »Centro Medico« verbracht werden. Ist auch eine interessante Urlaubserfahrung, wenn eine resolute Doctora, die des Deutschen nicht mächtig ist, nur ihre dolmetschende Sprechstundenhilfe anschaut und nicht die vor ihr stehende Patientin. Immerhin waren die Wartezeiten kurz und die Antibiotika billig zu haben. Muß sich trotzdem nicht so bald wiederholen...
Vier Tage Bettruhe für die Gefährtin bedeuteten vier Tage freien Herumlungerns für den Berichterstatter, der sich nur zu gerne nun selbst etwas schonte und mit der Kamera bewaffnet in der näheren Umgebung des Hotels herumstrich.
Die Innenstadt von Puerto de la Cruz ist zwar in wenigen Gehminuten durchmessen, aber man findet doch recht interessante und auch abwechslungsreiche Ecken und Ansichten, die aufznehmen sich lohnt. Leider war ich aber doch recht träge und nicht so recht motiviert, mich auf fotografische Pirsch zu begeben. Darum habe ich nur den einen oder anderen Schnappschuß gemacht und mich nicht weiter angestrengt.
Manche Motive indes sind so augenfällig, daß man sie auch reflexhaft und ohne große Mühen einfangen kann. Wie z.B. dieses Exempel von genrehafter Street Photography:
Zugegeben, der alte Herr mit Rollator war recht langsam unterwegs, da konnte ich mir mit dem Komponieren des Bildes Zeit lassen. Überhaupt schien die gemächliche Unaufgeregtheit unseres Urlaubsortes auf mich abzufärben, und ich weiß bis heute nicht, ob es wirklich an der Atmosphäre lag oder an meinem nur langsam abflauenden grippalen Infekt, an dem ich ja schon seit längerem laborierte.
Egal, warum auch immer ich etwas langsamer reagierte als sonst, solange die Motive vor mir sich noch weniger bewegen und mir nicht davonlaufen, kriege ich sich immer noch problemlos eingefangen, wie zum Exempel diesen Angler, der auf der Kaimauer sitzend sein Glück versuchte:
Die Passion des Angelns gehört zugegebenermaßen zu jenen finsteren Leidenschaften, deren Reiz und Mirakel sich mir zeitlebens nicht erschließen werden, und das hat nicht nur damit zu tun, daß unsereiner kein großer Fischesser ist. Na ja, jedem das Seine, und solange der schweigsame Rutenschwinger seinem Hobby nachgeht, ist er wenigstens weg von der Straße und kommt nicht auf noch dümmere Gedanken...
Jetzt aber hurtig etliche Stunden vorgespult und die weitgehend ereignisfreien Rekonvaleszenz-Tage der besseren Hälfte übersprungen. Nach leidlicher Genesung (meiner einer war dann selbst aller importierten Schnupfen-Reste ledig) fingen wir wieder an mit der Erforschung unserer Umwelt. Ein Bus brachte uns in küstennah mäandrierender Fahrt ins westlich gelegene Garachico.
Ein befreundetes Galeristen-Ehepaar hatte dort wenige Wochen zuvor den eigenen Urlaub verbracht und war des Lobes voll über diesen beschaulichen Ort. Wir selbst glauben, seine (durchaus vorhandenen) Reize in den paar Stunden unseres Aufenthaltes weitgehend vollständig wahrgenommen und gewürdigt zu haben. Ja, es ist nett dort, aber nein, wenn man nicht gerade Kunstmaler ist oder in Ruhe seinen neuen Roman fertigstellen möchte, ist man dort nicht unbedingt am rechten Platze.
Sehr lebhaft vom Tag in Garachico in Erinnerung geblieben ist mir aber erstens die Begegnung mit einem jungen Hundchen (welches sich nur zu gerne kraulen und necken ließ und davon schier außer sich geriet vor purer Lebensfreude), sowie die mit einer Strelitzie, welche sich naturgemäß weniger spielfreudig und begeisterungsfähig zeigte, sich dafür aber in wunderbar leuchtenden Farben präsentierte:
Tatsächlich sind dem zonebattler auf Teneriffa dermaßen viele dieser Paradiesvogelblumen unter die Augen gekommen, daß er einen vage erwogenen Urlaub auf der »Blumeninsel« Madeira nunmehr zu verwerfen bereit ist und damit auch um etliche nur äußerst schweißtreibend zu bewältigende Höhenmeter elegant herumkäme...
Soviel für heute. In einer Woche geht es weiter.
[1] Gegen Ende des Urlaubs sind ganz in der Nähe zwei Grazien vor der Nase meines Mietwagens über die Kreuzung gestakst, beide mit knallengen Jeans und leuchtend roten Pumps von schwindelerregender Absatzhöhe angetan. Das wäre ein Foto gewesen! Aber was will man machen, wenn die Ampel kurz vor dem Umspringen ist, beide Hände am Lenkrad liegen und die Kamera irgendwo auf dem Rücksitz liegt? Die fahrlässige Unvorbereitetseiung verfluchen!
[2] Wir halten es da eher mit Johann Nestroy (oder war es doch Karl Valentin?), der die Menschen liebte, aber die Leute nicht mochte und daher mied...
Freitag, 22. Mai 2015
Auch wenn Puerto de la Cruz eine »echte« Stadt mit »echten« Bewohnern ist – eine vom Tourismus geprägte Gemeinde ist sie natürlich dennoch. Das merkt man an den unzähligen Bars und Restaurants, das sieht man auch an den (Lebens-)Künstlern aller Art, die an der Uferpromenade ihre mehr oder weniger originellen Dienste und Dinge anbieten.
Wie neulich in Paris fielen dem rapportierenden Beobachter die Heerscharen fliegender Maler und Zeichner auf, die nicht nur Politiker(innen) und dem glamourlosen zonebattler gemeinhin völlig unbekannte »Celebrities« auf pointiert überzeichnete Weise auf’s Blatt bringen, sondern auch die vorbeiflanierende Kundschaft. Letztere gegen Entgelt, wie sich von selbst versteht...
Der Berichterstatter, der um die Durchschnittlichkeit seiner Erscheinung weiß, macht um Offerten dieser Art regelmäßig einen weiten Bogen. Und was sollte er mit der fertigen Karikatur seiner selbst dann anfangen? Über sich lachen kann er schließlich auch ohne derlei Hilfsmittel!
Schlußendlich fertigt er selber Bilder an, freilich nicht mit Stift oder Pinsel, sondern mit seiner mittlerweile von vielen Urlaubsreisen patinierten Kompakt-Kamera. [1] Meist geht es ihm dabei bekanntermaßen nicht um getreuliche Dokumentation, sondern eher um graphische Abstraktion:
Zugegeben, man muß nicht unbedingt nach Teneriffa fahren, um minimalistische Fotos zu machen, aber hier wie fast überall gilt, daß die vom Menschen geformte Welt desto banaler und häßlicher ausschaut, je mehr man von ihr mit auf’s Bild bannt...
Aber da man eine Reise-Reprise ja schwerlich nur mit künstlerisch ambitionierten Detail-Herauslösungen bestreiten kann, soll der Blick jetzt erstmal wieder weiter schweifen. Hier freuen sich ein paar Jungs auf strandnaher Sitzgelegenheit ihres Lebens und betrachten dabei die sich ausbreitende Bebauung westlich von Puerto:
Die gut gebräunten Kerls waren vermutlich Einheimische, jedenfalls keine Briten: Die von der großen Insel sind gemeinhin zweifelsfrei zu bestimmen, da sie typischerweise käseweiß auf die spanischen Eilande kommen und spätestens am dritten Tag ihres Aufenthaltes krebsrot gesonnenbrandet umherlaufen...
Freudige Zerstreuung sucht der Mensch indes nicht nur zu Lande und am (bzw. im) Wasser, sogar der Luftraum ist längst von adrenalinsüchtigen Reisenden auf der Suche nach dem besonderen Kick bevölkert: Oben bei der Hochstraße zum Teide springen bei schönem Wetter Gleitschirmflieger im Doppelpack ab, wir hatten Gelegenheit, sowohl einige Starts in ca. 1000 m Höhe als auch mehrere Landungen unten auf Meeres-Niveau zu beobachten:
Der lautlose Segelflug kann bis zur einer halben Stunde dauern, wir haben nach mühsamer Hochkrabbelung auf den Bergrücken den schönen Schirmen bei ihrer lautlosen Reise nach drunten lange nachgeschaut. Merkwürdigerweise haben wir aber nirgends einschlägige Offerten gesehen, obwohl man sonst allerorten auf ausgelegte Flyer von Wander-Veranstaltern und anderen Freizeit-Verbringungs-Helfern stößt. Offenbar ist die Hanggleiterei unter dem Seidendach doch (noch) etwas eher Elitäres...
Springen wir wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Während man im Süden der Insel tatsächlich frachterweise Sahara-Sand über den Strand gekippt hat, um den bewegungsscheuen Faulenzer-Touristen Südsee-Feeling zu bescheren, sind die Strandabschnitte im Norden Teneriffas noch so, wie sie seit jeher waren und recht eigentlich auch sein müssen, nämlich schwarz. Klar, daß sich der dunkle vulkanische Auswurf im prallen Sonnenlicht weit stärker aufheizt als helles Schüttgut aus Afrika, aber wenn man nicht unbedingt barfuß unterwegs sein muß, hält man das gut aus, wie dieser musikkonservenbeaufschlagte Strandläufer hier souverän demonstriert:
Wohin der Herr mit zeitgeistgemäßer Ideal-Figur so beschwingt eilte, ist nicht überliefert. Wir folgten ihm ein Stück Weges, denn wir wollten an diesem unseren zweiten Urlaubstag an der Küste entlang nach Westen wandern bis zum Mirador de San Pedro.
Nur ein paar Minuten nach der Begegnung mit jenem hurtig ausschreitenden Mann am schwarzen Strande kam mir dieser Hotelklotz vor die Linse, der uns bei späteren Ausflügen ins Gebirge als im Wortsinne hervorstechende Landmarke die Identifizierung der auf die Entfernung doch recht ähnlichen aussehenden Ansiedlungen erleichterte:
Zweifelsfrei kriegt man in so einer himmelstürmenden Origami-Faltschachtel aus Beton wie diesem »Maritim« mehr Leute unter als in so einem antiquiertem Hotel wie dem »Metropol«, aber für uns persönlich wäre sowas keine ernstzunehmende Beherbergungs-Alternative. Gerne hätten wir im Rahmen einer ambulanten soziologischen Studie herausgefunden, was für Leute wohl in solchen Bewahranstalten absteigen, allein, wir haben keine gesehen. Offenbar werden die Insassen nur zu bestimmten Zeiten ebenso busladungsweise herangekarrt wie abgefahren, wir sahen im weiten Umkreis um den Klotz jedenfalls kaum eine lebene Seele...
Weiter im Text, weiter auf unserem Weg gen Westen. Was zu gefallen weiß, sind einzelne Häuser in der nach unserem Maßstäben einigermaßen »zersiedelt« zu nennenden Landschaft, in der offenbar jeder seine Finca dahin stellen kann, wo es ihm gerade paßt. Manchmal geht das sogar mit ästhetischem Feingefühl vonstatten, und das Ergebnis sind großartige Kontraste von blauem Meer (und Himmel), roten Dächern und schneeweißen Wänden:
Man beachte die Oberkanten der hübsch verzierten Ziersteinmauer: Ja, das sind einzementierte Glassplitter, die weniger der Dekoration als vielmehr der Abwehr unerwünschter Übersteiger dienen sollen (und das fraglos auch erfolgreich tun). Nicht einmal Teneriffa scheint ein Paradies der Ehrlichen und Neidlosen zu sein...
Wandern wir noch ein Stück weiter, so erspähen wir bald eine pittoreske Ruine, deren Abbild in keinem Reiseführer fehlt und die wirklich ganz außerordentlich anziehend wirkt, trotz (oder wegen) ihres ziemlich beklagenswerten Zustandes:
Bei der »Casa Hamilton« handelt es sich nicht um ein altes Kloster, wie uns manche Hobby-Knipser auf Google Earth weismachen wollen, sondern um eine ehemalige Quellwasser-Pumpstation, mit deren Hilfe die umliegenden Felder und Plantagen bewässert wurden. Die immer noch würdevolle Ruine ist an sich nicht zugänglich, übt aber natürlich auch deshalb einen großen Reiz auf kamerabewehrte urban explorer aus. Hier zeigt ein solcher eindrucksvolle Fotos des gründerzeitlichen Industrie-Reliktes; leider hat der Kollege es sich allerdings nicht verkneifen können, bei der Bearbeitung seiner HDR-Bilder die Stellschrauben sämtlicher Parameter viel zu weit aufzudrehen. Die resultierende Künstlichkeit am Rande des Erträglichen hätte nicht sein müssen, die gewählten Ausschnitte und Perspektiven lohnen aber dennoch die nähere Begutachtung.
Und damit genug für heute, wir legen jetzt eine (etwas ausgedehnte) Picknick-Pause ein und wandern in einer Woche frisch gestärkt weiter...
[1] Leider altern moderne Digital-Dinger aus sprühlackiertem Plastik typischerweise nicht annähernd so würdevoll und auratisch wie alte Apparate aus der Analog-Ära. Da waren bzw. sind meine zehn alten Minoltas doch von ganz anderem Schrot und Korn. Immerhin muß man sich heutzutage mit Leichtbau-Knipsen weniger abschleppen, und das hat ja auch sein Gutes...
Süßer und scharfer Senf: