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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Dienstag, 10. August 2010

Kopf­ball

Der sportlich dekorierte ICE 3 'Montabaur' bei betriebsbedingtem Halt kurz vor Fürth (Bay) Hbf
Samstag, 24. Juli 2010

iPad für Ar­me

Wie mir in ei­ner in­ter­nen Po­stil­le ge­stern mit­ge­teilt wur­de, sind die Pro­dukt­ka­ta­lo­ge mei­ner Fir­ma ab so­fort in ani­mier­ter Form für je­der­mann ein­seh­bar. Der an­fangs ver­blüf­fen­de »Um­blät­ter-Ef­fekt« ist nett an­zu­schau­en und funk­tio­niert of­fen­bar in je­dem gän­gi­gen Brow­ser.

Nach­dem ich neu­lich Ge­le­gen­heit hat­te, den oder das neue iPad ei­nes Freun­des prü­fend in die Hand zu neh­men, kam mir die­se Art von Ani­ma­ti­on gleich be­kannt vor. Ob sich der­lei eye can­dy jetzt al­ler­or­ten zü­gig durch­set­zen wird? Ich fra­ge mich frei­lich, ob ich das pseu­do­ana­lo­ge Ge­blät­te­re nach dem Ab­klin­gen des er­sten Aha-Ef­fek­tes auf Dau­er im­mer noch als wit­zig (oder nicht doch eher als ner­vend) emp­fin­den wer­de...

Freitag, 2. Juli 2010

Licht­blicke

Der zone­batt­ler hat ei­nen Fo­to­wett­be­werb man­gels Kon­kur­renz ge­won­nen und des­halb ei­nen neu­en aus­ru­fen dür­fen. Wer wagt es, mit ei­ge­nen Ar­bei­ten un­ter sein kri­ti­sches Au­ge zu tre­ten?

Mittwoch, 23. Juni 2010

Kar­rie­re­sprung (2)

Kaum sind die Stadt(ver)führungen ab­sol­viert, da ste­hen auch schon die näch­sten Ein­sät­ze als Füh­rungs­kraft vor der Tür: Die Aus­stel­lung »Steam and Steel / Die letz­ten Dampf­lo­ko­mo­ti­ven der USA« mit un­glaub­lich auf­wen­dig in­sze­nier­ten Fo­tos des ame­ri­ka­ni­schen Fo­to­gra­fen O. Win­s­ton Link wird am kom­men­den Frei­tag in der kunst ga­le­rie fürth er­öff­net. An ins­ge­samt vier Sonn­ta­gen (Ter­mi­ne sie­he Fly­er) wird der zone­batt­ler durch die Aus­stel­lung füh­ren. Puf­fer­küs­ser sei­en aber vor­ge­warnt: Hier geht es we­ni­ger um tech­ni­sches Fach­sim­peln als um die Ana­ly­se gran­dio­ser Bild­äs­the­tik!

Samstag, 12. Juni 2010

Kar­rie­re­sprung (1)

Der zone­batt­ler avan­ciert zur Füh­rungs­kraft: Im Rah­men der am kom­men­den Frei­tag be­gin­nen­den Stadt(ver)führungen wird er gleich drei­mal hin­ter­ein­an­der (ein­mal am Sams­tag, zwei­mal am Sonn­tag) die Füh­rung Nr. 228 :

Bahn­hi­sto­rie und ‑hi­stör­chen ent­lang der Für­ther Ka­ro­li­nen­stra­ße

an­bie­ten und durch­füh­ren. In­ter­es­sen­ten dür­fen ge­spannt sein, was es hier in der Nach­bar­schaft an Wis­sens­wer­tem zu er­for­schen und zu ent­decken gibt!

Freitag, 26. März 2010

Fahrt ins Graue

Be­glei­tet von den Her­ren Ar­chi und Gra­ben­ken­ner un­ter­nahm der zone­batt­ler ge­stern ei­ne Zug­rei­se nach Bam­berg. Dem für heu­te an­ge­kün­dig­ten Wet­ter­wech­sel sol­cher­art eben­so spon­tan wie sou­ve­rän ein Schnipp­chen schla­gend, soll­te der fröh­li­che Früh­lings­aus­flug dem froh­ge­mu­ten Klee­blatt zur künst­le­risch an­ge­hauch­ten Licht­bild­ne­rei so­wie zur all­ge­mei­nen Ge­müts­er­göt­zung die­nen. Die er­ste an­ge­peil­te Sta­ti­on des lo­kal- wie in­du­strie­hi­sto­risch in­ter­es­sier­ten Tri­os war das ehe­ma­li­ge Bahn­be­triebs­werk un­weit des Bam­ber­ger Bahn­ho­fes:

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Ver­las­se­ne Ort üben ob ih­rer weh­mü­ti­gen At­mo­sphä­re oft ei­ne ge­ra­de­zu ma­gi­sche An­zie­hungs­kraft aus. Die auf des Au­tors Fo­to­ta­sche aus­ge­üb­te An­zie­hungs­kraft der Er­de war lei­der gleich­falls deut­lich zu spü­ren, wenn auch nicht in der See­le, so doch auf der Schul­ter: Ne­ben der frisch er­wor­be­nen Voll­for­mat-Spie­gel­re­flex be­her­berg­te die ge­räu­mi­ge Ta­sche näm­lich noch sie­ben Fest­brenn­wei­ten so­wie ein dickes Zoom-Ob­jek­tiv, und wie­wohl je­des Teil für sich als gar nicht so schwer er­scheint, so er­gibt sich in sum­ma schon ein ganz schö­ner Klotz am Bein (bzw. auf der Schul­ter), der man­gels ge­dun­ge­ner Scher­gen vom eit­len Fo­to­gra­fen selbst her­um­ge­schleppt wer­den muß. Aber so ist das halt, Schön­heit muß lei­den gilt eben auch im über­tra­ge­nen Sinn.

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Da der Ver­fas­ser sei­ne schö­ne neue Ka­me­ra erst­mals aus der Woh­nung ge­tra­gen hat, um ihr die far­ben­fro­he Welt zu zei­gen, ist er mit ih­rer sach- und fach­ge­rech­ten Be­die­nung lei­der noch nicht so recht ver­traut, ja nach­ge­ra­de über­for­dert ge­we­sen. Ir­gend­wie hat er es da­her ver­se­hent­lich ge­schafft, sie in ei­nen »Krea­tiv­mo­dus« zu ver­set­zen und da­mit un­ver­se­hens in schwarz/weiß fo­to­gra­fie­ren zu las­sen:

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Erst nach ei­nem Dut­zend Auf­nah­men (und dem Ver­las­sen des Ge­län­des) ha­be ich den Irr­tum be­mor­ken. Im­mer­hin be­steht die Mög­lich­keit, aus den gleich­falls mit auf die Spei­cher­kar­te ge­schrie­be­nen RAW-Da­tei­en spä­ter wie­der Farb­bil­der zu ent­wickeln. Das wer­de ich si­cher­lich auch ir­gend­wann übungs­hal­ber nach­ho­len, wenn­gleich ich die un­ver­hoff­te »Rück­kehr« zu den mo­no­chro­men An­fän­gen des Pho­to­gra­phie­rens im Nach­hin­ein so­gar als Glücks­fall und gött­li­chen Fin­ger­zeig be­wer­te!

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Lei­der sind die Ta­ge der gro­ßen al­ten Ring­lok­schup­pen ge­zählt: Nach vie­len Jah­ren des Dorn­rös­chen­schla­fes soll der ei­ne bald voll­stän­dig ab­ge­ris­sen wer­den, der zwei­te ist be­reits ‑wie­wohl denk­mal­ge­schützt- nur noch in sei­nen Au­ßen­mau­ern vor­han­den. Im­mer­hin, noch gibt es ei­ne Men­ge bahn­tech­ni­scher Re­lik­te zu fin­den, zu be­stau­nen und im Bil­de für die Nach­welt fest­zu­hal­ten...

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Oder viel­mehr gab es das al­les ein­mal: Zwar hat­ten wir beim An­marsch über Feld­we­ge tat­säch­lich kei­ner­lei Ver­bots­schil­der ge­se­hen, wur­den aber den­noch nach ei­ner hal­ben Stun­de des Her­um­strol­chens von freund­li­chen An­woh­nern be­lehrt, daß das ehe­ma­li­ge Bahn­ge­län­de in­zwi­schen in Pri­vat­be­sitz be­find­lich und je­der Auf­ent­halt dar­in schon aus Si­cher­heits­grün­den streng un­ter­sagt sei. Dies sei hier aus­drück­lich und un­miß­ver­ständ­lich hin­ge­schrie­ben: Die ge­neig­te Le­ser­schaft mö­ge sich an den hier ge­zeig­ten Bil­dern er­freu­en, aber kei­nes­falls ver­su­chen, es uns nach­zu­tun. Das ehe­ma­li­ge Bam­ber­ger Bahn­be­triebs­werk ist Drit­ten de­fi­ni­tiv nicht zu­gäng­lich!

im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg

Nach die­ser glück­li­cher­wei­se glimpf­lich aus­ge­gan­ge­nen Ord­nungs­wid­rig­keit ging es auf le­ga­len We­gen wei­ter zum na­hen Auf­seß­höf­lein und spä­ter im Zick­zack in und durch die In­nen­stadt bis hin­auf zum Ca­fé Vil­la Rem­eis, wo­selbst wir uns bei be­stem Wet­ter und herr­li­chem Pan­ora­ma-Blick über die Dom­stadt ei­ne lecke­re Brot­zeit schmecken lie­ßen. Trotz sei­nes zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen hem­mungs­lo­sen ku­li­na­ri­schen Rund­um­schla­ges (1 Kä­se­brot, 1 Rad­ler­halbe, 1 Stück Rem­eis-Tor­te, 1 Tas­se hei­ße Scho­ko­la­de) bringt der zone­batt­ler heu­te ein hal­bes Pfund we­ni­ger auf die Waa­ge als noch am Vor­ta­ge: Reich­li­che Be­we­gung an fri­scher Luft zahlt sich eben in mehr als ei­ner Hin­sicht aus!

Samstag, 13. März 2010

»F«

Fernsprechkasten im Bf Siegelsdorf
Dienstag, 19. Januar 2010

Gol­de­ner Rat

ungelenke Handschrift im morgendlichen Regional-Express
Montag, 11. Januar 2010

Frau­en und Kin­der zu­letzt

Die Da­me am Fen­ster­platz will heim zu Mut­tern, der al­te Herr ne­ben der Ab­teil­tür rückt zur Kur nach Bad Sal­zu­flen ein. Der zone­batt­ler und sein Kol­le­ge M. sit­zen sich ge­gen­über und ei­len in dienst­li­cher Mis­si­on gen Kas­sel. Al­le zu­sam­men hocken sie in ei­nem woh­lig war­men Ab­teil des ICE 882 und rau­schen durch die weiß­ge­pu­der­te frän­ki­sche Win­ter­land­schaft. Es ist Mon­tag, kurz nach Neun und kurz vor Kit­zin­gen. Der Chro­nist un­ter­drückt ein Gäh­nen.

»Dunk-tank-bonk-rattat­tat­zong!«

So häm­mert es von un­ten pol­ternd ge­gen den Wa­gen­bo­den, als wür­de ein Ti­tan die Marsch­trom­mel rüh­ren. Der Spuk währt nur Se­kun­den, ge­hört aber ein­deu­tig nicht zur ge­wohn­ten und ord­nungs­ge­mä­ßen Ge­räusch­ku­lis­se. zone­batt­ler und M. schau­en sich in un­heil­vol­ler Vor­ah­nung stirn­run­zelnd an. Schot­ter­flug kann es kaum ge­we­sen sein, aber Eis­schlag liegt die­ser Ta­ge al­le­mal im Be­reich des zu Be­fürch­ten­den: Was an Eis­brocken wo­mög­lich von ei­nem vor­aus­fah­ren­den Zug her­un­ter­ge­fal­len ist, kann durch den bra­chia­len Sog des dar­über­ra­sen­den Nach­fol­gers ‑eben un­se­res Zu­ges- durch­aus hoch­ge­ris­sen und an die Fahr­zeug­un­ter­sei­te ge­schleu­dert wor­den sein. Und auch wenn ein ICE ein sehr so­li­de ge­bau­tes Ve­hi­kel ist, ge­pan­zert ist der ble­cher­ne Lind­wurm am Bauch na­tür­lich nicht...

Und da wird er auch schon lang­sa­mer und lang­sa­mer und kommt end­lich zum Ste­hen. Der freund­li­che Zug­chef ver­kün­det über die Laut­spre­cher-An­la­ge, daß man sich die Sa­che mal nä­her wer­de an­se­hen müs­sen, um sich über die mög­li­chen Schä­den Klar­heit zu ver­schaf­fen und über die wei­te­re Fahr­fä­hig­keit des Trieb­zu­ges be­fin­den zu kön­nen. So ei­ne Schei­ße, mur­melt der al­te Herr, es ist zum Kot­zen!

Zwan­zig Mi­nu­ten spä­ter ver­kün­det der Zug­chef, daß man zwar di­ver­se Ka­bel ver­lo­ren ha­be, die­se aber nicht ganz so wich­tig wä­ren und die Wei­ter­fahrt da­her pro­blem­los mög­lich sei. Sanft rollt un­ser Wa­gen wie­der an und be­schleu­nigt zü­gig. Der Zug­chef ver­spricht an­ge­sichts der auf­ge­lau­fe­nen Ver­spä­tung hei­ße und kal­te Frei­ge­trän­ke (al­les au­ßer Al­ko­hol). Deut­lich ver­spä­tet lau­fen wir in Würz­burg ein. Die Stim­mung an Bord ist den­noch be­stens.

vereistes Lok-Drehgestell

Ich wuch­te ei­ner in un­ser ‑of­fi­zi­ell als Be­hin­der­ten­ab­teil de­kla­rier­tes- Com­par­ti­ment zu­stei­gen­den Da­me den Roll­kof­fer in die Ge­päck­ab­la­ge und mut­ma­ße äch­zend, daß die­ser wohl ei­nen Rei­se-Am­boß be­inhal­te. Wäh­rend un­ser Se­ni­or er­neut laut­stark sein Los be­klagt, hat un­ser neu­es Schick­sals­ge­mein­schafts­mit­glied (mit De­sti­na­ti­on Ham­burg) nur um fünf Mi­nu­ten den ei­gent­lich an­ge­peil­ten Vor­gän­ger­zug ver­paßt und muß da­für nun mit uns bü­ßen. So trägt je­der sein Bün­del, und wie so oft er­scheint das so­ge­nann­te schwä­che­re Ge­schlecht als stär­ker im (Hin-)Nehmen...

Nach ein paar wei­te­ren War­te­mi­nu­ten be­ginnt sich die Welt wie­der am Fen­ster vor­bei­zu­be­we­gen. An den pit­to­res­ken Wein­ber­gen vor­bei rol­len wir in den er­sten Tun­nel der Schnell­fahr­strecke. Un­ter mo­no­to­nem Sum­men geht es Tun­nel für Tun­nel zü­gig nord­wärts. Ful­da ist un­ser näch­ster Zwi­schen­halt; nun ist es nicht mehr all­zu­weit bis Kas­sel-Wil­helms­hö­he. Der zone­batt­ler über­legt, ob er noch ei­nen Schluck aus sei­ner Was­ser­pul­le neh­men und dann die bord­ei­ge­ne Be­dürf­nis­an­stalt auf­su­chen soll, oder doch lie­ber auf das ei­ne ver­zich­tet in der Hoff­nung, dann auch das an­de­re ver­schie­ben zu kön­nen. Die ble­cher­ne Weiß­wurst don­nert mit Ka­ra­cho in ei­nen wei­te­ren der schnur­ge­ra­den, ki­lo­me­ter­lan­gen Tun­nel...

»Bramm­bad­abamm-peng-pang-klonk-bratt­bratt­bratt!«

Er­neut ‑und dies­mal mit­ten in der schüt­zen­den Be­ton­röh­re- pras­selt es von un­ten laut­stark ge­gen den Bo­den. In­des es bleibt beim Ge­häm­mer, kein Eis­zap­fen schießt ei­nem von un­ten zwi­schen die Knie. So­for­ti­ge Schnell­brem­sung, syn­chro­ne Ver­beu­gung der in Fahrt­rich­tung sit­zen­den Fahr­gä­ste, die Mas­sen­träg­heit läßt grü­ßen. Weit ent­fernt vom hel­len Ta­ges­licht kom­men 12.000 hilf­lo­se Pfer­de­stär­ken und meh­re­re hun­dert po­chen­de Men­schen­her­zen end­gül­tig nicht mehr wei­ter. So ei­ne Schei­ße, schimpft der al­te Herr. Das Licht flackert kurz, dann geht es aus. Und bleibt es auch.

Es dau­ert frei­lich nicht lan­ge, da mel­det sich schon wie­der der char­man­te Zug­chef und kün­digt ei­ne er­neu­te Un­ter­su­chung des rol­len­den Un­ter­baus an. Und wirk­lich, schon bald dar­auf sieht man un­ter dem Fen­ster auf der Tun­nel­wan­dungs­sei­te Lam­pen­licht und sche­men­haf­te Ge­stal­ten. Die Sa­che zieht sich, zwei Trieb­köp­fe und zwölf Wa­gen ab­zu­schrei­ten dau­ert sei­ne Zeit, zu­mal wenn man noch zwi­schen den groß­flä­chig ver­ei­sten Dreh­ge­stel­len nach Be­schä­di­gun­gen Aus­schau hält... Auf dem Ge­gen­gleis wum­mern Zü­ge vor­bei.

Dies­mal ist end­gül­tig Fei­er­abend, tönt es schließ­lich aus dem Laut­spre­cher, die­ser Zug fährt kei­nen Me­ter mehr wei­ter. Of­fen­bar sind doch we­sent­li­che Tei­le des un­ter­flu­r­i­gen Ge­därms aus Schläu­chen und Lei­tun­gen in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen, die Be­leuch­tung ist mit Bord­mit­teln nicht mehr in­stand­zu­set­zen. Im­mer­hin ar­bei­ten das Not­licht, die Lüf­tung und die Laut­spre­cher. Dank des sou­ve­rän agie­ren­den (und kom­mu­ni­zie­ren­den) Zug­chefs ist al­len klar, daß hier die Wit­te­rung dem Men­schen die Gren­zen auf­ge­zeigt hat, kein Grund zum Groll, ge­schwei­ge denn zur Pa­nik be­steht und al­les un­ter­nom­men wird, um die Ein­ge­schlos­se­nen so schnell wie mög­lich aus ih­rer miß­li­chen La­ge zu be­frei­en.

Die tat­kräf­ti­ge Kom­pe­tenz der Be­sat­zung ver­fehlt ih­re Wir­kung nicht: Die Stim­mung an Bord ist aus­ge­las­sen bis eu­pho­risch, ein Be­rufs­kraft­fah­rer und Bahn­Card 100-In­ha­ber aus ei­nem Nach­bar­ab­teil (un­ter­wegs an die hol­län­di­sche Kü­ste zwecks Über­nah­me und Über­füh­rung ei­nes LKW-Chas­sis zum Kühl­auf­bau-Her­stel­ler in Ro­stock) er­zählt von sei­nen noch viel span­nen­de­ren in Zü­gen er­leb­ten Aben­teu­ern und Un­fäl­len. Auf die Idee, daß sein dunk­les Kar­ma mög­li­cher­wei­se an­zie­hend auf Ka­ta­stro­phen wir­ken könn­te, kommt er frei­lich nicht. So ei­ne Schei­ße, es ist zum Kot­zen., grum­melt es aus der Ab­teil­ecke.

Eisschollen in einem Bahnhofsgleis

Doch da prä­sen­tiert uns der Chef der Be­sat­zung auch schon die Lö­sung: In Kür­ze wer­de der aus Stutt­gart kom­men­de ICE 770 längs­seits ge­hen und al­len Rei­sen­den mit­tels Be­helfs­brücken an aus­ge­wähl­ten Tü­ren das Über­wech­seln auf den ge­sun­den Zug er­mög­li­chen. Span­nend wie im Pi­ra­ten­film das En­tern der feind­li­chen Fre­gat­te! Der Zug­chef bit­tet um Um­sicht beim Ge­päck­fas­sen, der zone­batt­ler da­ge­gen die Mit­rei­sen­den um Ge­duld: Wer jetzt schon im Win­ter­man­tel voll­be­packt in den Gang drängt, wird dort si­cher­lich noch ei­ne gan­ze Wei­le schwit­zen müs­sen...

Und in der Tat fe­gen auf dem Nach­bar­gleis noch ein paar an­de­re Zü­ge durch, bis sich end­lich der auf Sicht fah­ren­de ICE 770 ne­ben­an ins Blick­feld schiebt. Glück­li­cher­wei­se ist der »Ret­tungs­zug« vom glei­chen Typ, so daß ein tür­par­al­le­les Ste­hen­blei­ben mög­lich ist. Im zwei­ten An­lauf ge­lingt es dem Lok­füh­rer von ne­ben­an, sein Ge­fährt ex­akt zu po­si­tio­nie­ren. Das Ren­dez­vous be­ginnt: Tü­ren frei!

Freund­lich, aber be­stimmt bit­tet der Zug­chef, jeg­li­ches Her­um­spie­len an den Tür­öff­nungs­ta­stern zu un­ter­las­sen. Recht hat er: Be­helfs­brücken aus Alu­mi­ni­um gibt es nur für we­ni­ge Tü­ren, an al­len an­de­ren kann man me­ter­tief in die Dun­kel­heit stür­zen. Mi­nu­ten spä­ter muß der Kom­man­dant zum ei­ge­nen Ver­druß ver­kün­den, daß ei­ne hö­he­re Ob­rig­keit die Eva­ku­ie­rung im Tun­nel un­ter­sagt und den an­ste­hen­den Pas­sa­gier-Ex­odus ins Freie ver­legt ha­be. Die Vor­be­rei­tun­gen wer­den un­ter­bro­chen, die Not­ste­ge ein­ge­holt. Es ist zum Kot­zen. Man ist erst­mals ver­sucht, dem Ve­te­ra­nen zu­zu­stim­men.

Auf dem Gang kommt man sich nä­her, die ge­gen­sei­ti­ge Hilfs­be­reit­schaft ist groß. Der al­te Herr er­zählt, mitt­ler­wei­le 84 Jah­re alt zu sein und im Krieg mit ei­nem Mi­nen­räum­boot den fin­ni­schen Meer­bu­sen be­fah­ren zu ha­ben. Wie er da wohl ge­flucht ha­ben mag? Hier im Tun­nel war­ten je­den­falls un­ten kei­ne Mi­nen und oben kei­ne rus­si­schen Jagd­bom­ber.

Mit buch­stäb­lich al­ler­letz­ter Kraft schleppt sich der waid­wun­de Tat­zel­wurm dem Licht ent­ge­gen: An­fah­ren... Zwangs­brem­sung. An­fah­ren... Zwangs­brem­sung. An­fah­ren... Zwangs­brem­sung. So ge­de­mü­tigt hum­pelt das teu­re Aus­hän­ge­schild der deut­schen Schie­nen­fahr­zeug-In­du­strie schritt­wei­se die paar hun­dert Me­ter bis ins Freie. End­lich ist der Zug in vol­ler Län­ge aus der Röh­re.

Zum zwei­ten Mal ge­lingt das Prä­zi­si­ons­ma­nö­ver, der ha­va­rier­te ICE 882 und sein Zwil­lings­bru­der ICE 770 ste­hen nun fried­lich Sei­te an Sei­te und las­sen ei­nen fast ver­ges­sen, daß sie zu­sam­men ei­nen schwe­ren In­farkt in ei­ner der Haupt­schlag­adern des bun­des­deut­schen Schie­nen­net­zes dar­stel­len. Dut­zen­de Zü­ge müs­sen ver­mut­lich des­we­gen jetzt groß­räu­mig um­ge­lei­tet wer­den, un­ge­zähl­te Ver­spä­tungs­mi­nu­ten ver­viel­fa­chen sich im Schnee­ball­sy­stem. Aber es hilft ja nun nichts, Si­cher­heit geht vor Tem­po. Die Zug­be­gleit­mann­schaf­ten be­gin­nen zü­gig mit dem Ein­hän­gen der Leicht­me­tall-Be­helfs­ste­ge von Zug zu Zug. Jetzt noch die Ge­län­der hoch­ge­klappt, und dann kann es los­ge­hen. Es kommt Be­we­gung in die War­te­schlan­ge.

Ei­ne jun­ge Frau mit Kin­der­wa­gen muß im­mer wie­der höf­lich­keits­hal­ber vor­ge­tra­ge­ne Vor­laß-An­ge­bo­te zu­rück­wei­sen: Das Per­so­nal ha­be ihr be­deu­tet, daß sie als letz­tes dran­kä­me. Man­che wun­dern sich dar­ob, doch na­tür­lich ist das das ein­zig Sinn­vol­le: Der Strom der Flücht­lin­ge muß ja mög­lichst zü­gig in den Nach­bar­zug ver­teilt wer­den, um den Ein­stiegs­raum für die Nach­fol­gen­den zu räu­men: da ge­rie­te ein brei­ter Kin­der­wa­gen schnell zum stau­för­dern­den Hin­der­nis. Als letz­ter über­ge­setzt, steht dem Fi­li­us in sei­ner Schau­kel­kar­re hin­ge­gen reich­lich Platz im Wa­gen­vor­raum zur Ver­fü­gung...

behelfsmäßiger Brückenschlag von einem ICE zum anderen

Und da ist auch schon die Tür er­reicht: Mit ein paar Schrit­ten ist man drü­ben, ver­ab­schie­det sich schnell von den bis­he­ri­gen Ab­teil­ge­nos­sen und ‑ge­nos­sin­nen und sucht sich ein frei­es Plätz­chen. Wi­der Er­war­ten ist das gar nicht so schwie­rig, der Zug aus Stutt­gart ist nicht über­mä­ßig be­setzt ge­we­sen. Nach we­ni­gen Mi­nu­ten sind auch Mut­ter und Kind her­über­ge­bracht, die Be­helfs­brücken wer­den ein­ge­holt und ver­staut, Tü­ren zu und ab da­für!

Der Rest ist schnell er­zählt: Mit gut zwei­ein­halb Stun­den Ver­spä­tung in Kas­sel an­ge­lan­det, kommt der zone­batt­ler an sei­nem Ziel zwar nicht mehr in den Ge­nuß ei­nes Mit­tag­essens, da­für aber als er­ster und auf die Se­kun­de pünkt­lich zur Kaf­fee­pau­se ins Ca­si­no. Dann halt statt ge­füll­ter Maul­ta­schen drei Sor­ten Ge­bäck auf den Tel­ler ge­schlich­tet und ei­ne gro­ße Tas­se Milch­kaf­fee ge­zapft, ist ja auch nicht zu ver­ach­ten. Hän­de­schüt­teln mit lan­ge nicht mehr ge­se­he­nen Kol­le­gen, Scher­ze hier, Spä­ße dort. Die ge­schil­der­te Odys­see wird ge­nüß­lich gou­tiert und kom­men­tiert, man ist un­ter Fach­leu­ten und kennt sich aus.

Heim­wärts geht es abends weit we­ni­ger spek­ta­ku­lär zu, ein­zig ei­ne dro­hen­de (und dann letzt­lich doch nicht er­for­der­li­che) Um­lei­tung zwi­schen Würz­burg und Nürn­berg be­rei­tet kurz­fri­stig Un­ge­mach. Und na­tür­lich ist es doof, am ei­ge­nen Bal­kon in Fürth vor­bei­fah­ren zu müs­sen, um in Nürn­berg in Dun­kel­heit und Käl­te auf ei­nen Zug zu­rück zu war­ten. Doch was macht das schon nach so ei­nem aben­teu­er­li­chen Tag?

Dienstag, 22. Dezember 2009

Aus dem Rah­men ge­fal­len

verrutschte Piktogramme am Fenster eines Regionalzuges
Sonntag, 20. Dezember 2009

Mor­gen­stund hat Gold im Mund (3)

Fürth (Bay) Hbf, Blick gen Nürnberg
 
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Donnerstag, 8. Oktober 2009

Mor­gen­stund hat Gold im Mund (2)

Fürth (Bay) Hbf, Blick gen Nürnberg
 
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