Mittwoch, 29. Juli 2015
Mit der üblichen Zeitreserve für außergewöhnliche Unwägbarkeiten in Höhe von 90 Sekunden vor der planmäßigen Abfahrt seines Pendlerzuges tappte federte der zonebattler auch heute wieder die Treppe zum Gleis 6 des Fürther Hauptbahnhofes hinauf. Droben am Bahnsteig erwartete ihn die außergewöhnliche Unwägbarkeit in Form zweier Herren von südländischer Anmutung, beide im Besitz je eines Rollköfferchens, für die Jahreszeit zu warmer Jacken und keiner Deutschkenntnisse.
Der etwas extrovertiertere der beiden Männer radebrechte (-brach, ‑bruch?) mir ihr Anliegen vor, mit dem Zug nach Zirndorf zu gelangen, woraus ich messerscharf schlußfolgerte, daß sich das Duo auf der Reise zur Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber befand. Von Kuba bis Fürth (Bay) Hbf waren sie wundersamerweise irgendwie gekommen, jetzt auf den letzten Metern drohten sie zu scheitern.
Da ich verdrießlicherweise des Spanischen nicht mächtig bin, ebensowenig wie die beiden Cubanos der deutschen Sprache, verständigten wir uns auf dem gemeinsamen Nenner eines substantivisch simplifizierten Englisch. Als erstes erklärte ich den beiden, daß sie am Gleis 7 prinzipiell richtig seien: Zwar zeigt das Display dort nur Züge von und nach Cadolzburg an, aber das hat ja seine Richtigkeit, weil Zirndorf an eben dieser Strecke liegt. Auch den Umstand, daß sie noch eine Weile auf den aus Cadolzburg/Zirndorf und später dorthin retournierenden Zug warten müßten, konnte ich den beiden Kerls verklickern. Dann aber kam der Wunsch nach einer Fahrkarte (bzw. deren zwei) auf, denn selbstverständlich wollten die beiden als legale Passagiere unterwegs sein. Während die elektronische Ansagerin unerbittlich die Einfahrt meines Regional-Expresses verkündete, zückte der Wortführer der beiden seine restliche Barschaft in Form eines 2‑EURO-Stückes und hielt sie mir vor die Nase...
Was also tun? Mein Zug nahte, das Schicksal der beiden rührte. Also den Kommunikator am Schlafittchen gepackt und mit ihm die Treppe wieder runter gerannt zum Fahrkartenautomaten. Auf dem Touchscreen den Weg zur Einzelfahrkarte erfingert. Dabei gemerkt, daß ich dem staunend guckenden Kameraden bei der Gelegenheit ja auch gleich eine hilfreiche Lektion fürs Leben erteilen konnte: Also sich wieder hoch und zurück ins Hauptmenü getastet und dort auf die spanische Flagge gedrückt. Schwupps, schon sprach der bahnamtliche Automat bestes Spanisch. Das Gesicht des Kubaners erhellte sich, während sich die Stirn des zonebattler’s in fragende Falten legte. Aber als alter Lateiner kann er sich geschriebenes Spanisch einigermaßen erschließen, und so gelang es ihm relativ zügig, dem Blechkasten den Wunsch nach einer Fahrkarte 2. Klasse für eine einfache Fahrt nach Zirndorf nahezubringen. Rein mit dem Zwickel und o Wunder, in den blinkenden Ausgabeschlitz plumpsten nacheinander Fahrkarte und Wechselgeld. Droben hörte ich meinen eigenen Zug herannahen.
Aber wir waren ja noch nicht fertig: Tipp, tipp, tapp, das Gleiche nochmal, aus der eigenen Geldbörse eine zweite Münze gefingert und rein damit. Schnarr, schnarr, blink, her mit der Karte und dem 20-Cent-Stück und zu zweit die Treppe hochgehechtet. Den beiden Glück gewünscht und gerade so eben noch den eigenen Zug erwischt. Ich fuhr der Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes entgegen, die beiden Asylbewerber erwarteten den Zug in eine ungewisses Zukunft. Ob sie als Kubaner überhaupt eine Chance haben auf Anerkennung und Bleiberecht? Da habe ich meine Zweifel...
Montag, 22. Juni 2015
An unserem Schrebergarten fahren neuerdings seltsame Fahrzeugkolonnen dem Sonnenuntergang entgegen:
Weiße Laken waren zu meinen Jugendzeiten das gängige Faschingskostüm für juvenile Gespenster-Darsteller, und so ähnlich schauen diese »geisterhaften« Automobile in ihrer eigenartigen Uniformiertheit ebenfalls aus:
Die weißen Hussen dienen natürlich dem Schutz und der Schonung von Lack und Anbauteilen dieser mutmaßlich ziemlich teuren Gefährte, aber etwas merkwürdig ist einem schon zumute beim Durchrumpeln der extrem langen Züge, zumal die geladenen Autos nicht eben freundlich dreinschauen. Na ja, solange es nur quietscht und nicht »Buuuuuhuuuu« macht, soll es mir recht sein...
Sonntag, 14. Juni 2015
So sprach einst Hans Albers als Baron Münchhausen im grandiosen UfA-Jubiläumsfilm von 1943, und es muß im Nachhinein Wunders nehmen, daß im späten Nazireich ein so anspielungsreicher Satz unbeanstandet durch die Zensur kam. Seit ein paar Tagen ist auch in Fürth die Zeit kaputt, jedenfalls für mich, der ich werktags außer Sa (nicht 24.12., 31.12.) des Morgens zum Hauptbahnhof haste und beizeiten nach der großen Uhr im südseitigen Giebel des Empfangsgebäudes schiele, um zu sehen, ob ich noch einen Zahn zulegen muß, um meinen Zug zuverlässig zu erreichen:
Es gibt aber neuerdings nichts mehr zu sehen, zumindest keine Uhrzeit mehr. So einen dreisten »Zeitdiebstahl« habe ich zwar schon vor zwei Jahren in der Zitadelle von Victoria auf der Insel Gozo bemerkt, aber da war immerhin noch das Zifferblatt vorhanden und nur die Zeiger verschwunden. Hier in der Heimat schmückt jetzt nur noch ein nebulöses Rund die Fassade:
O tempora, o mores! Was soll das werden? Hat DB Station&Service den maroden Mechanismus zu Reparatur- und Wartungszwecken ausbauen lassen, auf daß uns in Kürze wieder zuverlässig Stunde und Minute gewiesen werden können? Oder hat man die kaputte Uhr verschrottet, weil man lieber gar keine Zeit anzeigt als eine falsche? Rückbau also als kostengünstige Problemlösung? Wäre einerseits verständlich in Zeiten, wo fast jede(r) ein Smartphone mit präziser Zeitanzeige in Händen hält, andererseits aber ein trauriges Symbol für die allenthalben erodierende Infrastruktur.
Und es wäre nicht des erste Mal: Sowas kennen wir leider bereits in Sachen elektronische Abfahrtstafel, deren südstädtische Ausgabe auch erst kaputt, dann repariert, dann erneut defekt und schließlich ersatzlos verschwunden war. Bleibt zu hoffen, daß die DB die Zeichen der Zeit (und die Wichtigkeit dieser elementaren Dienstleistung) erkennt und uns Südstädtern bald wieder mitteilt, was die Stunde geschlagen hat...
Sonntag, 1. März 2015
Heute vor exakt 35 Jahren habe ich meinen Dienst bei der Deutschen Bahn (weiland Bundesbahn) aufgenommen, heute vor genau 20 Jahren bin dortselbst zum bis dato letzten Male befördert worden. Das eine stimmt mich im Rückblick etwas melancholisch (wie schnell sind doch die dreieinhalb Dekaden verflossen), das andere juckt mich nicht weiter (der Sold reicht mir auch so allemal zum Leben)...
Der Blick nach vorn läßt schon das natürliche Ende der Karriere erahnen: In knapp elf Jahren ist altershalber dauerhaft Feierabend! Kann ich mir freilich noch gar nicht so recht vorstellen, zumal ich mich – beruflich wie privat – durchaus noch für unverändert kreativ, flexibel, teamfähig und innovativ halte (und was der gleichen Floskeln und Vokabeln mehr sind, mit denen Stellenanzeigen gerne ausgeschmückt werden).
Na ja, solange der Himmel und mein Fatum mich gesund und munter lassen, werde ich meinen Job weiterhin gut zu erledigen trachten und mich auch danach sinnvoll zu beschäftigen wissen, sei es durch Ausbau der schon vorhandenen ehrenamtlichen Tätigkeiten, sei es durch das Beackern neuer Felder. Vielleicht gewöhne ich mir im Ruhestand dann sogar die Schachtelsätze ab: Wäre eine echte Herausforderung!
Dienstag, 28. Oktober 2014
Freitag, 26. September 2014
Neuer Tag, neues Glück: Erstaunlich, wie schnell man sich doch in fremden Gefilden einleben und eingewöhnen kann! Spätestens am dritten Tag weiß man die Idealkurve um’s suboptimal aufgebaute Frühstücks-Buffet zu nehmen, den bizarren Toaster zu bedienen, die genießbaren von den eher unverdaulichen Darreichungen zu unterscheiden. Manch’ spanische Spezialität bleibt einem dennoch auf Dauer verschlossen, warum die Restaurant-Chefin beispielsweise die aus der Spülküche geholten, frischen Tassen und Gläser stets einzeln vom vollen auf das leere Tablett umschichtet, statt das leere kurzerhand mitzunehmen und das volle an dessen Platz zu stellen. Derlei Optimierung würde unsereiner schon aus Gründen der Faulheit betreiben, aber womöglich ist dies schon wieder zu teutonisch gedacht und die mediterran-meditativen Aspekte des Becher-Umschlichtens igorant übersehend...
Na egal, wir sind ja zum Genießen da und nicht als unbestellte Prozeßoptimierer und Unternehmensberater in der Pflicht. Darum lieber ein wenig zickzack gelaufen und die verstreuten Zutaten zusammengesammelt, als das Personal mit Vorschlägen zur besseren Plazierung von Speisen, Getränken und Werkzeugen unnötig verwirrt und befremdet. Und in Eile ist man ja im Urlaub gemeinhin auch nicht.
So, gefüllten Bauches und mit kompletten Marschgepäck versehen, tappen wir heute wieder einmal nach Sóller hinüber. Hatte ich übrigens schon erwähnt, daß es zwischen Stadt und Hafen ein historisches Straßenbähnchen gibt? Sehr pittoresk! Das Orangenpflücken während der Fahrt scheint nicht verboten zu sein:
Diesmal wollen wir uns jedoch nicht im Städtchen verlieren, sondern es strammen Schrittes durchmessen, um es am anderen Ende alsbald wieder zu verlassen. Auch in stark vom Tourismus befallenen Gegenden ist man gemeinhin sehr bald allein mit sich und der Natur, wenn man erstmal die von Bahnen, Bussen, Taxis und Autos ausgespuckten Menschenmassen hinter sich gelassen hat. So auch hier:
Das Wandern entlang der Olivenhaine wird nie langweilig, so vielfältig zeigt sich der Wuchs der gedrungenen Bäume in ihrer krusen Knorzigkeit: Wer schon als Kind märchenhaft-unheimliche TV-Erlebnisse mit lebenden Bäumen in Disney-Trickfilmen hatte, dessen Phantasie sieht Gestalten ohne Ende in den teilweise grotesk verdrehten Formen der Olivenbäume.
Sehr individuell präsentieren sich auch die menschlichen Behausungen auf dem Land, das ist natürlich nicht nur auf Mallorca so: Verbaut wird, was gerade zur Hand ist, und je nach Bedarf wird hier mal was weggerissen und da mal was drangestückelt. Daß das Resultat immer noch ästhetische Qualitäten aufweist, ja nachgerade von einer gewissen Grandezza [1] sein kann, ist merkwürdigerweise dann aber doch eine südländische Spezialität:
Speaking of südländisch: An dieser Stelle beglückwünscht sich der zonebattler auf’s Neue zu seinem Grundsatz, Inseln im mare nostrum stets zu Frühlingszeiten auf- und heimzusuchen: Vom prallen Grün der üppig sprießenden Vegetation ist später im trockenen und heißen Hochsommer nämlich nicht mehr viel übrig, von den dann obwaltenden Temperaturen nicht zu reden! Darum aufgemerkt, verehrte(r) Leser(in): Wer im April nach Malta oder Malle reist, wird reich belohnt durch bunte Blüten (und günstige Vorsaison-Preise)...
Für wackere Wandersleute wichtig ist die eindeutige Beschilderung der vorgesehenen Wege und Stege, und in dieser Hinsicht geht es im Tramuntana-Gebirge recht kommod zu. Immer wieder findet man – zumindest auf den populärsten Routen – hölzerne Strecken-Markierer wie diesen hier vor:
Als weniger hilfreich bis komplett unbrauchbar haben sich dagegen die von der lokalen Tourismus-Behörde herausgegebenen, kostenlosen Wanderkarten erwiesen, da ist man mit einschlägigen Wanderführern aus den bekannten Verlagen besser bedient.
Geschlaucht von einigen ganztägigen Wanderungen mit etlichen Höhenmetern rauf und runter, schalteten wir gelegentlich mal einen Gang zurück und füllten den Tag mit eher gemütlicheren »Spaziergängen« rund um die »Hausberge« von Port de Sóller. Hier kommen wir gerade vom Leuchtturm östlich der Hafenbucht herunter und genießen den weiten Blick auf dieselbe:
Man beachte das Mädel am rechten Bildrand, die den Blick auf ihr Betatsch-Telefon allemal interessanter findet als den in die analoge Welt. Die Digitalitis hat natürlich längst die ganze Menschheit befallen, und der Autor dieser Zeilen ist ja selbst auch mit allerlei aufmerksamkeitsabsorbierenden Gerätschaften unterwegs. Dennoch: Die Natur hat immer noch eine bessere Pixeldichte und höhere Farbtiefe zu bieten als jedes Smartphone, von den sonstigen Sinnesreizungen nicht zu reden!
Doch gehen wir weiter die Straße hinunter und nähern wir uns dem Heimathafen von oben her. Friedlich dümpelt eine Handvoll Boote in der Bucht, flanieren allerlei Menschen die Promenade entlang, segeln ein paar Möven über die Szenerie hinweg. Einmal mehr sei hier Port de Sóller jenen Urlaubern empfohlen, die eine lauschige Landpartie einer rauschigen Strandparty vorziehen...
Unten angekommen geht es dann noch auf der Strandpromenade an all den Restaurants und Hotels vorbei zum eigenen Heim am anderen Ende des Buchtbogens, und was steht da vor unserem Haus und an der Endhaltestelle umkehrend? Genau, die putzige Straßenbahn. Ich hatte ja schon in der ersten Episode erwähnt, daß die einfache Fahrt 5,00 EUR pro Nase kostet, weswegen ich aus Geiz und Rache die Fahrt nur einmal leibhaftig genossen, ansonsten aber das nostalgietriefende Rollmaterial ebenso fleißig wie kostenfrei abgelichtet habe:
Des zonebattler’s irrationale Affinität zu tutenden Trambahnzügen mag mit seinem Hang zu schmalspurigen Feldbahnen zusammenhängen, der wiederum auf frühkindliche Prägung zurückzuführen ist. Immerhin ist er inzwischen erwachsen genug, um daraus weder ein neues Hobby noch eine weitere Sammlung zu machen...
Zum Abschluß der heutigen Folge läßt der Berichterstatter stolz den kunstgeschichtlich Halbgebildeten raushängen und präsentiert eine Hommage an Caspar David Friedrich und dessen berühmte »Rückenfiguren«:
Beim – gänzlich uninszenierten – Festhalten derartiger Anblicke ist unsereiner immer ziemlich nervös: Die zufällig gesehene Szene kann von einer Sekunde zur anderen unwiederbringlich dahin sein, und Arrangieren läßt sich ja nix mit arglosen Akteuren, die von ihrer ad-hoc-Verwendung als motivbereichernde, wenngleich anonyme Staffage gar nichts wissen (sollen). Darum hurtig aus der Hüfte geschossen und gleich ein paar mal hintereinander auf den Auslöser gedrückt in der Hoffnung, dabei nicht nur Ausschuß produziert zu haben. Wenn sich sodann beim überlegten Komponieren das Motiv vor einem unversehens auflöst, hat man zumindest die Chance, beim späteren Analysieren der Ausbeute doch noch ein leidlich passables Foto vorzufinden...
Den bewußt in der Bildmitte plazierten Segler erkläre ich hiermit kurzerhand zum Cliffhanger, um in der Leserschaft Neugier auf die nächste Folge zu schüren: Dort werde ich den weißen Viermaster seiner Eigenschaft als Projektionsfläche für archaische Fernweh- und Weltfluchtträume jäh berauben und ihm sozusagen die mondäne Maske vom Gesicht reißen. Bis demnächst!
[1] Falls jetzt hier ein Spitzfindikus mäkelnd einwerfen mag, daß man den Terminus Grandezza als Synonym für »würdevolles Benehmen« nur auf Menschen anwenden kann, so sei dem konternd erwidert, daß auch Gebäuden durchaus eine Persönlichkeit und Seele innewohnen kann.
Freitag, 12. September 2014
Nachdem uns Port de Sóller schon vor Reiseantritt als idealer Ausgangspunkt für wunderbare Wanderungen empfohlen ward, hatten wir einen Mietwagen nur für die letzte Urlaubswoche gebucht. Zunächst wollten wir uns per pedes im Tramuntana-Gebirge bewegen: Was soll man sich auch ein kostspieliges und platzgreifendes Vehikel an’s Bein binden, wenn’s in der Nahzone rund um den Ferienort schon so viel zu entdecken gibt?
Also schnürten wir die Wanderstiefel und machten uns auf nach Sóller, dem eigentlichen Ort zum Hafen. Schon nach ein paar hundert Metern landeinwärts stießen wir auf ein aufgelassenes und desolat vandalisiertes Hotel, in dessen gleichfalls deprimierend vermüllten Pool ein Bild des Jammers sich dem Betrachter (und seinem Kameraobjektiv) darbot:
Der tote Plüsch-Pokemon Quaputzi mit den weit aufgerissenen Augen war unzweifelhaft ermordet worden, in seinen Pupillen spiegelte sich namenloses Entsetzen. Frösche sonder Zahl quakten um ihm herum ein (eher dissonantes) Requiem. Hier kam offenkundig jede Hilfe zu spät. Traurig tappten wir weiter. [1]
In Sóller angekommen, begegneten wir zunächst einmal der putzigen Tram, die sich dort mit freundlich warnendem Getute ihren Weg ins Stadtzentrum bahnt:
Wundersamerweise passieren dort kaum Unfälle: Markttreiben, Menschenmengen und schienengebundener Verkehr kommen im öffentlichen Raum ganz gut miteinander aus. Wobei so ein Straßenbähnlein natürlich auch nicht so lange Bremswege aufweist wie eine »richtige« Eisenbahn, mithin weit weniger gefährlich ist. Dennoch, gut aufpassen müssen die Fahrer allemal!
Zumal der arglos dahinflanierende Tourist ja oftmals nicht so recht auf seinen Weg achtet, sondern den Blick nach oben wendet, um die Sehenswürdigkeiten des südlichen Stadtbildes zu erhaschen und zu genießen. Recht oft kommt einem dabei die mallorquinische Flagge vor die Linse, die insularen Spanier haben zweifellos ihren eigenen Stolz und zeigen den auch demonstrativ vor:
Ob sich die separatistischen Anwandlungen der Balearen-Bewohner wohl verstärken, falls sich die Schotten demnächst vom Vereinigten Königreich lossagen sollten? Für unsereinen ist schwer einzuschätzen, ob derlei Beflaggungen spezifischen Lokalstolz signalisieren, Überbleibsel vom letzten Volksfest sind oder schlichte Folklore, den bayerischen Wappen und Wimpeln in heimischen Schrebergärten vergleichbar. Obwohl man auch da nicht immer weiß, wes Geistes Kind der Aufsteller ist...
Schlendern wir mal weiter ins Zentrum, woselbst sich an der Plaça Constitució die Kirche Sant Bartomeu erhebt. Die ist genauso originell-pittoresk wie ihre berühmte Namensvetterin im Oberbayerischen, aber im Gegensatz zu dieser von Orangenbäumen umstellt und geziert, die in und um Sóller prächtig gedeihen und deren außerordentlich aromatische Früchte alleroten für kleines Geld feilgeboten werden:
Die Stimmung dort am Platze vor der Kirche ist wirklich sehr erbaulich: Eilende und Weilende, entspannte Café-Besucher, gestikulierende Diskutanten, spielende Kinder, gurrende Tauben und bimmelnde (resp. tutende) Bähnchen, da ist es gut sitzen und vor-sich-hin-Blinzeln...
Wenn er sich an dem beschaulich dahinblubbernden Kleinstadtleben sattgesehen hat, hält der zonebattler gerne nach Kuriositäten Ausschau, für bizarre Details unterhält er ja auch eine eigene Abteilung in seinem virtuellen Schaukasten. Das hier ist ihm zum Exempel in Sóller als nachdenkens- und festhaltenswert aufgefallen:
Auch ohne nennenswerte Spanisch-Kenntnisse vermochte unsereins mit seinem antiken Latinum die Botschaft entziffern, wonach das Aufsammeln von Hundekacke obligatorisch sei und das Ignorieren dieser Anordnung mit einem Ordnungsgeld von 60 bis 300 EUR, mindestens jedoch 70 EUR belegt ist. Da fragt man sich schon, welcher Bürokrat diese eigenartige Rechnung angestellt hat. Aber egal, man muß nicht alles verstehen, zumal dann nicht, wenn man selbst kein Hundehalter ist...
Jetzt aber endlich zum Höhepunkt des Tages und der Erklärung, warum die diesjährige Urlaubsberichterstattung unter dem Titel »Überraschungsinsel« firmiert. Hier naht die nämliche Überraschung an Bord der längst gewohnten Straßenbahn, die der Berichtende schon routinemäßig fotografisch einzufangen trachtete:
»Was machst denn Du hier?!« tönte es unverhofft vom Triebwagen herab. »Was machst denn Du hier?!« rief auch der zonebattler fast simultan und lippensynchron hinauf, denn er hatte zur gleichen Zeit ein bekanntes Gesicht erspäht. Man mag es kaum glauben, aber unser Fürther MietMichel stand (nebst ein paar auch uns bekannten Kumpanen und einer Kumpeline) im Waggon und ratterte mit ihm in die Endhaltestelle ein.
Großes Hallo und ausgiebiges Umarmen, man hatte sich daheim trotz nachbarschaftlicher Nähe seit Monaten nicht gesehen, und hier, gut 1.200 km weit weg von daheim, rennen sich die Fürther fast über den Haufen. Irre! Wobei das erst der Auftakt der stochastischen Unwahrscheinlichkeiten war: Gut eine Woche später – als wir uns zum Zwecke der Abholung eines Mietwagens erstmals in die Hauptstadt Palma de Mallorca begaben – traten wir mittags nach stundenlangem Kunstmuseumsbesuch auf den Vorplatz hinaus und trafen dort ... den MietMichel samt Begleitung an! Und als hätten wir den Hattrick vorausgeahnt, sahen wir ihn später an seinem Rückreisetag noch ein drittes Mal, als wir uns im innerstädtischen Straßengewirr Palmas verfranzten und unverhofft am zentralen Bus-Terminal vorbeifuhren, wo die MietMichelei den Weg zum Flughafen zwecks Heimreise antrat. Daheim läuft man sich allenfalls ein bis zwei Mal im Jahr ungeplantermaßen über den Weg, und drunten auf Malle schafft man’s drei Mal hintereinander innert 14 Tagen! Und wer weiß, wieviele Fürther man während des Inselaufenthaltes nur knapp verfehlt hat...
Tja, das staunte die mitgeführte bessere Hälfte als professionelle Statistikerin, und auch die stets auf Draht seienden Tauben reckten die Hälse und wunderten sich:
Es wird ja gerne gefeixt, daß man der Balearen größtes Eiland als 17. Bundesland der Bundesrepublik ansehen könne. Nach derlei Begegnungen ist man geneigt, der satirischen Übertreibung ein Körnchen Wahrheit zu attestieren. Übrigens waren MietMichel & Co. sowie der zonebattler samt Halterin an jenem Tage erstmals im Städtchen. Ebenso belustigt wie beglückt ging man dann wieder seiner unterschiedlichen Wege...
Unsereins marschierte später wieder zurück ans Meer und fing zum guten Schluß noch ein paar promenierende Mädels im abendlichen Port de Sóller ein:
Obiges Bild ist als unverfängliches Stimmungsfoto zu verstehen, wer zu Studienzwecken und aus staatsbürgerlichem Interesse heraus auf Details erpicht ist, sei hier auf meine Sammlung von Damenbeinen verwiesen.
Tja, so bringt man sich die Erinnerungen an einen frühlingswarmen Urlaubstag wieder zurück ins Gedächtnis, derweilen draußen der Herbst mit grimmen Regenwetter den Sommer endgültig zu verdrängen sich anschickt. Da ist das zeitliche Strecken der Urlaubs-Erzählung psychologisch durchaus nicht unpfiffig. Fünf weitere Folgen habe ich noch vorgesehen, aus Gründen der Selbstdisziplinierung verspreche ich aber jetzt schon der geneigten Leserschaft, spätestens bis Silvester damit fertig zu sein. In diesem Sinne: Bis demnächst!
[1] Wir kamen im Laufe der nächsten zweieinhalb Wochen noch mehrfach an dieser Stätte des Grauens vorbei, jedesmal porträtierte ich den Gemeuchelten, der leblos, jedoch mit eigenartiger Würde in dem betonierten Tümpel dümpelte. Freunde aus Nürnberg, die einige Wochen nach uns ihren Urlaub an gleicher Stelle verbrachten, berichteten uns später, daß sie das triste Wasserloch ohne den blauen Spiraliker vorgefunden hatten. Wir werden sein Schicksal wohl nimmermehr ergründen können...
Freitag, 15. August 2014
Anfangs zog es uns gar nicht groß von dannen, zu interessant war es ja schon vor der eigenen Tür: Die ersten Urlaubstage verbrachten wir tatsächlich in und um Port de Sóller herum und waren dabei nur zu Fuß unterwegs. Ein schönes Wanderziel gab der bereits im ersten Teil erwähnte Wehr- und Wachturm Torre Picada ab, der sich trutzig über Bucht und Hafen erhebt. Leider ist er ebenso strategisch gut plaziert wie mittlerweile in Privatbesitz und daher fest verschlossen, der Besucher kann also nur sehnsuchtsvoll an seinen dicken Mauern emporblicken und muß auf die oben zweifelsfrei vorhandene, fantastische Rundumsicht leider verzichten...
Na gut, unverstellten Fernblick auf das Meer wird man wohl anderswo schon noch öfters geboten kriegen, dachten wir uns und wandten den Blich daher wieder zu Boden. Und siehe da, auch im dichten Gestrüpp gibt es Lohnendes zu sehen. Zum Exempel diese mallorquinische Ziege mit ihren merkwürdigen, äh, zitzenartigen »Schniepfeln« am Halse, deren evolutionären Sinn und Zweck näher auszuführen ich zuständigerhalber den eventuell hier mitlesenden Biologen überlasse:
Ob die in der lieblichen Landschaft herumstrolchenden Ziegen samt Familie nun wilde Exemplare oder domestizierte solche waren, ist schwer zu sagen. Jedenfalls bewegten sie sich ungerührt und fröhlich – vorne kauend, hinten kackend – über die Insel, des Menschen Nähe nicht unbedingt suchend, aber auch nicht wirklich vermeidend.
Weiteres felltragendes Getier werden wir später noch zu sehen kriegen. Einstweilen tappen wir mal den Berg hinunter und sehen uns eine typische kleine Bucht an der westlichen Küste Mallorcas an. Wie man sieht, tummeln sich dort mangels breiter Sandstrände keine Touristenmassen, sondern allenfalls ein paar einzelne Wanderer:
Kennt man eine, kennt man alle: Ein paar blechbedachte Hütten hier, ein befestigter Slipway ins Wasser da, diverse Fischerboote in verschiedenen Stadien des Verfalls daneben, so schauen die meisten der kleinen, landschaftlich herrlich gelegenen Meereszugänge aus. Mitunter räkeln sich dort auch heimische Meerjungfrauen:
Der Berichterstatter gesteht freimütig, den Entstehungsort seiner geogetaggten Fotos von Bucht nebst Nixen soeben nochmals per Google Earth »angeflogen« zu haben, um die gezeigte Bucht bei Llucalcari (einem Ortsteil von Deià) korrekt verorten und benennen zu können: Im Nachhinein vermengen sich die ähnlichen Lokalitäten in des zonebattler’s Synapsengespinst ohnehin zu einem einzigen, idealtypischen Ort des sanft-salzigen Säuselns...
Springen wir nun aber wieder zurück in den »Heimathafen« Port de Sóller, an dessen Gestaden eher die deutlich jüngeren (oder erheblich älteren) Mädels anzutreffen sind, erstere mit noch spürbarer Lust an bewegungsreichem Sport & Spiel:
Des Autors Abendsport bestand im Wesentlichen darin, zum Einfangen solcher Szenen seine Kamera in Richtung Motiv zu halten und abzudrücken. Dies allerdings ohne schlechtes Gewissen, denn sein Tagespensum an kalorienverzehrender Bewegung hatte er in Form ausgedehnter Tageswanderungen dann ja meist schon erbracht. Und als Stadtbewohner kann er sich in den Ferien eh nix Netteres vorstellen, als abends träge auf einer Bank an der Uferpromenade dem Sonnenuntergang entgegenzudösen (und allenfalls hier und da mal den Verschluß seiner Knipse auszulösen)...
Für seine nach bunten Bildern lechzende Leserschaft rafft sich der zonebattler aber nochmals auf und schlendert in den Hafen rüber, wo man nach farbenfrohen Genre-Motiven nie lange suchen muß:
Ein, zwei mittlelgroße Fischtrawler scheinen in Port de Sóller stationiert zu sein, das Gros der an der Mole angebundenen kleineren Schiffchen dient heutzutage wohl überwiegend Freizeitzwecken oder allenfalls der Versorgung der eigenen Familie mit frischen Fischen, Krabben oder anderen verzehrbaren Wasserbewohnern. Seite an Seite dümpeln sie da im Abendlicht friedlich dem nächsten Tag entgegen:
Schaut man genauer hin, so fällt einem auf, daß recht viele Boote – insbesondere die reinen Hobbykähne – kaum mehr benutzt und gepflegt zu werden scheinen. Ein Auto kann man in die Garage stellen; ein Boot am Landungssteg mag noch so schön und teuer gewesen sein, Sonne, Salz und Feuchtigkeit befördern unerbittlich die schnell voranschreitende Korrosion. Wer seine Jolle nicht beständig pflegt oder instandhalten läßt, dem gammelt sie schneller unter dem Hintern weg, als einem lieb sein kann. Die laufenden Unterhaltungskosten scheinen längst nicht alle bedacht zu haben, die sich »mal eben« ein kostspieliges Statussymbol ins Wasser gesetzt haben...
Schiffe sind dem wankel(un)mütigen Berichterstatter aber ohnehin eher suspekt, zumal die kleinen solchen, bei deren Geschaukele sein Verdauungstrakt verdrießlicherweise schnell auf Schubumkehr schalten kann. Daher wendet er sich wieder dem Landverkehr zu, namentlich dem spurgebundenem. Hier schnurrt einer der letzten Trambahnzüge des Tages bei tiefstehender Abendsonne in Richtung Sóller davon:
Wiewohl der Endesunterfertigte im Zivilberuf stolzer Eisenbahner ist, so sind ihm doch – im Gegensatz zu seinen ferrophilen Kollegen – Schienenfahrzeuge im Privatleben weitgehend schnuppe. Aber diese hölzernen Bimmelbähnlein [1] – ein Teil des betagten Fuhrparks stammt übrigens von der berühmten Lissabonner Straßenbahn – haben doch was Putziges und rühren sein seit jeher sentimentales Herz...
Und damit genug für heute: In der nächsten Folge machen wir uns auf in die Berge und kommen danach auch ins nahe Städtchen Sóller, wo sich eine jener überraschenden Begegnungen zutrug, die dieser kleinen Reise-Reprise ihren Namen gegeben haben. Bis dahin!
[1] Recht eigentlich müßte es Tutebähnlein heißen, denn die Triebwagenführer vertreiben lebende Fahrthindernisse nicht mit Glocken- oder Schellen-Einsatz, sondern vermittels preßluftgetriebener Hupen von tiefer Tonlage. Was die goldigen Vehikel noch putziger macht!
Freitag, 1. August 2014
Auf den Tag genau drei Monate nach seiner Rückkehr aus dem Jahresurlaub rafft sich der faule zonebattler jetzt endlich zur längst überfälligen Berichterstattung über denselben auf! Nachdem er die – gleichfalls trägheitshalber vor sich hergeschobene – Bildsichtung, ‑ausmistung und ‑bearbeitung nunmehr endlich abgeschlossen hat, wäre eine weitere Verzögerung nicht mehr plausibel zu begründen. Allenfalls eine schleichende Adaptierung des mediterranen Lebensgefühls könnte dafür herhalten, den Schlendrian zu entschuldigen...
Womit ein guter Einstieg gefunden wäre: Nach den Bereisungen der »Schatzinsel« La Palma und der »Verkehrsinsel« Malta (nebst Gozo) stand diesmal mit Mallorca erneut ein entspannter Insel-Aufenthalt auf dem Reiseplan. [1] Zwar war der Autor dieser Zeilen vor einem knappen Vierteljahrhundert (und in einem früheren Leben) schon mal nebenan auf Menorca tauchurlauben, aber auf die Trauminsel der Deutschen zog es ihn heuer zum ersten Male. Die mannigfaltigen dort erlebten, teilweise schier unglaublichen Überraschungen geben der auf acht Teile angelegten Artikel-Serie ihren Namen.
Zum Einstieg sei wie so oft ein Lageplan mit den im Urlaub zurückgelegten Wegen vorgezeigt (mit Dank an meinen kleinen GPS-Tracker):
Wie man sieht, beschränkten sich des zonebattler’s Erkundungs-Aktivitäten bei diesem erstmaligen Aufenthalt im Wesentlichen auf die Serra de Tramuntana und die Inselmetropole Palma de Mallorca. Knappe drei Wochen lang haben wir vor allem das Gebirge und die eher beschaulichen kleinen Orte darin erwandert und erfahren. Die vielfach kolportierten Auswüchse des Massen-Tourismus’ haben wir dabei übrigens weder gesucht noch gefunden...
Doch beginnen wir am Anfang: Mitte April ging es los, per pedes zur U‑Bahn, mit dieser zum Nürnberger Flughafen, von da aus non-stop und direkt mit Air Berlin auf und davon in Richtung Palma. Das europaweit schöne Wetter machte schon die Alpenüberquerung zum spektakulären Erlebnis:
Nach der Landung in Palma de Mallorca mußten wir ein wenig suchen, bis wir zu unserem Shuttle-Bus fanden, der uns und ein weiteres Paar dann umstandslos zu unserem Ziel brachte, dem kleinen Küstenort Port de Sóller an der Südwestküste des mallorquinischen Eilandes. Dortselbst bezogen der zonebattler und seine bessere Hälfte ihr Quartier in einem der preisgünstigeren Hotels direkt an der malerischen Uferpromenade und waren angenehm überrascht vom temporären neuen Heim.
Die arithmetisch nicht wirklich in die Sortierung der übrigen Zimmer passende Raumnummerierung ließ uns schlußfolgern, daß wir möglicherweise in einem erst später zum Hotelzimmer umgewidmeten Raum gelandet waren. Jedenfalls waren wir sehr zufrieden damit, zumal wir nach dem vorhergegangenen Studium von diversen Bewertungsportalen schon schlimme Befürchtungen gehegt hatten... [2]
Das Fenster ging zwar nicht zum Meer, sondern zum ruhigen Hof hinaus, aber das war uns einigermaßen schnuppe: Zum Ufer waren es draußen nur wenige Schritte, und drinnen guckten wir ohnehin eher in die mitgeführten Fensterchen zur virtuellen Welt als nach dem echten Ausblick.
In früheren Jahrhunderten schützen sich die Mallorquiner vor Piraten durch schlaue Anlage ihrer Siedlungen: Während die Häfen bewußt klein und unscheinbar gehalten wurden, baute man ein paar Kilometer im Hinterland die eigentlichen Orte, die von See aus nicht zu sehen waren (und es bis heute nicht sind). »Security by obscurity«, sozusagen. So verfuhr man auch im Falle von Port de Sóller, welches den Meereszugang für das etwa drei Kilometer landeinwärts gelegene Städtchen Sóller darstellt. Beide Gemeindeteile sind nicht nur durch Straßen und Wege, sondern seit 1913 durch eine schnuckelige Schmalspur-Straßenbahn verbunden, deren eine Endhaltestelle justament vor unserem Hotel-Eingang lag:
Nach Aussage von Freunden, die schon seit vielen Jahren immer wieder in diese Ecke der Insel reisen, kostete eine Straßenbahnfahrt vor zwölf Jahren noch läppische 50 Cent pro Nase und Richtung, was schwerlich kostendeckend gewesen sein dürfte, zumal die Zügelchen damals wohl primär von der einheimischen Bevölkerung frequentiert wurden und damit alles andere als ausgelastet waren. Dann kamen wohl findige Tourismus-Unternehmer auf die Idee, Tagestouren von Palma aus anzubieten und sowohl den nicht minder historischen Zug von Palma nach Sóller als auch die daran anschließende Straßenbahn als Attraktion zu vermarkten. Heute kostet die Passage mit der Bimmelstraßenbahn stolze 5,00 EUR pro Person, weshalb wir uns das Vergnügen in der ganzen Zeit unseres Aufenthalts genau einmal gegönnt haben (und ansonsten die Strecke mit Bus oder Auto gefahren, wenn nicht gar gelaufen sind)...
Die ersten Tage unseres Urlaubs verbrachten wir in und um Sóller herum. Das Städtchen ist der ideale Ausgangspunkt für Wanderungen aller Schwierigkeitsgrade, verfügt andererseits nicht über ausgedehnte Strände und auf ein junges Publikum ausgerichtete Freizeitangebote, so daß sich dort mehr mittelalte Wandersleute einfinden als Party-People auf der Suche nach vollen Sangria-Eimern. Uns war das sehr recht, und vielen anderen Reisenden auf der Suche nach Ruhe und Entschleunigung auch.
Ich persönlich war von der Ausdehnung des mallorquinischen Gebirgszuges der Tramuntana einigermaßen überrascht, und zwar sowohl in horizontaler wie auch in vertikaler Hinsicht. Das ließ schweißtreibende Touren erwarten (die später dann auch tatsächlich folgten). Wie schon in den Vorjahren erwies es sich da als umsichtig, die Reise im Frühjahr angetreten zu haben, wo die Tageshöchsttemperatur noch erträglich ist und die Vegetation üppig. Doch dazu später mehr.
Zunächst also erforschten wir auf Schusters Rappen die nähere Umgebung von Port de Sóller und krabbelten auf die umliegenden Hänge und Hügel. Immer wieder ergaben sich dabei reizvolle Aus- und Ansichten von postkartengeeigneter Pittoreskizität:
Bei dem dicken Knubbel da links oben über dem Hafen handelt es sich um einen alten Wach- und Wehrturm, die Torre Picada. Ansonsten sieht man recht schön das Dreiviertelrund der Bucht, die Strandpromenade und die sie säumenden Hotelbauten von durchwegs moderaten Ausmaßen. Den Hang hinauf gibt es Apartment-Häuser, von denen bei näherer Inspektion weit mehr unbewohnt leerstehen, als man meinen möchte. Wie auch anderswo in spanischen Landen ist da wohl viel am tatsächlichen Bedarf vorbei gebaut worden, aber irgendwer wird davon schon profitiert haben...
Zurück ans Ufer und an die Promenade, wo sich das Leben abspielt, welches »prall« zu nennen zumindest in der Vorsaison eine arge Übertreibung wäre. Viele Wassersport-Aktivitäten gab es im April noch nicht zu beobachten, manch’ einschlägiges Angebot stand noch weitgehend ungenutzt herum und diente primär als buntes Fotomotiv:
Bald fanden wir heraus, daß es auf der Insel hervorragendes Speieseis zu schlecken, ja es sogar in Sóller eine eigene Eisfabrik gibt. Als erklärter Gegner absurder Globalisierungsauswüchse sollte ich mir jetzt eigentlich den Hinweis darauf verkneifen, daß das heimische Spezialitäten-Label »Fet a Sóller« über den eigenen Online-Shop sogar Eis zur Lieferung von Mallorca nach Deutschland anbietet, aber mei, deklariert als virtuellen Appetizer zum Probieren vor Ort lasse ich mir die Inkonsequenz selbst mal durchgehen...
Jedenfalls ist es ein schönes Ritual zum Tagesausklang in Port de Sóller, sich vor die sonnengewärmte Mauer am kleinen Fet a Sóller-Eiscafé an der Strandpromenade zu setzen, ein Eis zu schlabbern und dabei den Sonnenuntergang zu betrachten: [3]
Nach Sonnenuntergang ist im Frühjahr nimmer viel los im Örtchen, die Hotelgäste verteilen sich auf die diversen Restaurants an der Promenade oder tappen noch ein wenig sinnierend am Strand entlang. Irgendwann nimmt die letzte Straßenbahn als »Lumpensammler« noch ein paar Leutchen mit, dann kehrt Ruhe ein.
Ruhe herrscht nunmehr auch hier, und ich beende meinen heutigen Beitrag mit einem Ausblick auf den nächsten, in welchem wir den Blick erweitern und uns etwas im Umland umtun wollen. Ein Vierteljahr wird es definitiv nicht dauern bis zur zweiten Folge meiner kleinen Reisereportage, das immerhin sei hier und heute versprochen! Da bin ich mentalitätsmäßig dann doch noch eher die deutsche Beamtenseele und nicht der mediterrane Lebenskünstler...
[1] Ja, ich weiß, La Palma und die übrigen Inseln der Kanaren liegen fernab des Mittelmeeres im Atlantik, sind aber dennoch so spanisch geprägt wie die Balearen und auch des milden Klimas wegen sozusagen »quasi-mediterran« in der Anmutung...
[2] Wobei es mit den Hotel-Bewertungen im Netz immer so eine Sache ist: Man findet für faktisch jedes Etablissement sowohl himmelhoch jauchzende wie grottig-grausame Kommentare. Die einen mögen von bestellten Claqueren kommen, die anderen von neidischen Konkurrenten lanciert sein. Manche Reisende können bizarr überzogene Ansprüche haben, andere sind – wie wir – eher genügsam, solange Bett & Dusche sauber und benutzbar sind. Pech kann man haben, Glück aber auch. Betreiber können wechseln, dito das Service-Personal. Kurzum: Man sollte sich im Voraus keinen großen Kopf machen und nicht allzu viel Zeit mit diesbezüglicher Recherche verschwenden.
[3] Bevor ortskundige Kenner(innen) jetzt triumphierend herumnölen: Ja, der Blick vom Eis-Café aus sieht etwas anders aus, man hat da nämlich Blick auf’s offene Meer hinaus, das Foto entstand zugegebenermaßen ein paar hundert Schritte rechts davon, aber nein, die ruhig-romantische Abendstimmung ist hier wie da die gleiche und ich nehme im Zweifelsfall lieber die schöneren Fotos, weil die meisten Blogbesucher(innen) erfahrungsgemäß nur die Bilder anschauen und meine mir dazu mühsam abgerungenen Zwischentexte eh nicht lesen. Selbst wenn ich resignierend seufzend Blindtext hinschrübe, würden es vermutlich die wenigsten merken...
Freitag, 11. Juli 2014
Dienstag, 27. Mai 2014
Samstag, 15. März 2014
Mit dieser in der Londoner U‑Bahn immer wieder und allerorten zu hörenden Durchsage soll die Aufmerksamkeit der Reisenden auf den latent lebensgefährlichen Spalt zwischen Zug und Bahnsteig gelenkt werden. Die Gedanken des zonebattler’s indes wurden damit noch auf eine klaffende Lücke zeitlicher Art gerichtet: Vor etwa 25 Jahren war er zum letzten Mal in der Hauptstadt des Britischen Empires, und während die Erinnerung an damals nur noch bruchstückhaft in seinen Synapsen flackert, hat er diesmal mit wachen Sinnen genossen, in sein Hirn gebrannt und auf seinen Speicherchip abgelichtet, was die Stadt, das Wetter und die zahllosen Kulturtempel hergaben:
Das Wetter prächtig, die Museen mächtig: Was wollte man mehr? Für den trunkenen zonebattler steht fest: Bis zum nächsten London-Trip läßt er kein Vierteljahrhundert mehr verstreichen!
Süßer und scharfer Senf:
Flexibilität ist allesBedaure, ich bin Blogger und kein Beschaffer. Es wird Dich allenfalls etwas...
Flexibilität ist allesUnd noch was: Ich finde es sehr lustig, dass du den "Orangeli"...
Flexibilität ist allesP.P.S.: Mir ist mein "Gelbi" wirklich wichtig! Das Angebot mit den 9...
Flexibilität ist allesP.S.: Du kannst mir vertrauen, ich meine solche Angebote ernst. Ich würde...
Flexibilität ist allesKönntest du diese 9-Figuren-Packung für mich kaufen und ich kaufe sie dann...
Flexibilität ist allesOb ein(e) Verkäufer(in) auch ins Ausland liefern mag, ist eine individuelle Entscheidung....