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zonebattler's homezone 2.1 - Merkwürdiges aus Fürth und der Welt


Donnerstag, 20. Oktober 2016

Präch­ti­ges Prag (1)

Impressionen aus Prag
 
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Sonntag, 14. August 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (4)

Zu ih­rer Ge­schich­te und dem Be­wah­ren hi­sto­ri­scher Zeug­nis­se ha­ben die Schwe­den ein un­ver­krampf­tes Ver­hält­nis. Da sie schon seit län­ge­rem kei­ne kriegs­be­ding­ten Ver­hee­run­gen im ei­ge­nen Land zu be­kla­gen ha­ben und in­fol­ge­des­sen kei­ne zer­bomb­ten Städ­te wie­der­auf­zu­bau­en wa­ren, muß­ten sie in den 1960er Jah­ren und spä­ter schon die sprich­wört­li­che Ab­riß­bir­ne schwin­gen, um in ih­ren al­ten Stadt­ker­nen groß­flä­chig Platz für Neu­es zu schaf­fen. Im Rück­blick mö­gen vie­le das be­dau­ern, denn was dann an Be­ton-Bru­ta­lo-Ar­chi­tek­tur nach­folg­te, er­scheint sen­si­ble­ren Ge­mü­tern oft als bö­se Bau­sün­de, das ist in Schwe­den nicht an­ders als in Deutsch­land.

Im­mer­hin ha­ben die Schwe­den vie­les durch Trans­lo­zie­rung ge­ret­tet, bei­spiel­haf­te Alt­bau­ten al­so zu Mu­se­ums­dör­fern zu­sam­men­ge­faßt. Auch so­was kennt man aus hie­si­gen Lan­den, aber in Schwe­den gibt’s das deut­lich öf­ters. Zum Bei­spiel in Gam­la Lin­kö­ping, wo man die Es­senz des al­ten Orts­ker­nes von Lin­kö­ping in ei­ner Zeit­bla­se be­wahrt hat:

Szenerie in Gamla Linköping

Die in al­ten Lä­den und Kon­to­ren un­ter­ge­brach­ten Ge­schäf­te, Werk­stät­ten und Be­trie­be sind na­tür­lich schon auf Tou­ri­sten und Fe­ri­en­gä­ste ab­ge­stimmt und aus­ge­rich­tet, den­noch hat man nie den Ein­druck, in ei­ner künst­li­chen Dis­ney-Land-Ku­lis­se her­um­zu­lau­fen: Das Ge­bo­te­ne hat Be­zug zur Re­gi­on, die An­la­ge ist gut ge­plant und die mei­sten Häu­ser sind von »rich­ti­gen« Ein­woh­nern dau­er­haft be­wohnt. Zu­dem lie­gen Mu­se­ums­dör­fer wie Gam­la Lin­kö­ping nicht ir­gend­wo ganz weit drau­ßen, son­dern an der Pe­ri­phe­rie der In­nen­stadt, un­ein­ge­zäunt und mit meh­re­ren of­fe­nen Zu­gän­gen.

Wa­gen wir mal ei­nen grö­ße­ren Sprung (in der vir­tu­el­len Re­tro­spek­ti­ve kann man ja um­stand­los ma­chen, was in rea­li­ter ei­ne Ta­ges­rei­se be­deu­tet) nach Es­kils­tu­na, der Part­ner­stadt Er­lan­gens. Von der jahr­hun­der­te­al­ten Tra­di­ti­on der Me­tall­ver­ar­bei­tung und Ka­no­nen­her­stel­lung sieht und hört man dort heut­zu­ta­ge nicht mehr viel:

Blumenmeer in Eskilstuna

Ein­mal mehr be­gei­ster­te uns in die­sem schmucken Städt­chen (wie schon Ta­ge zu­vor in Norr­kö­ping) das Fla­nie­ren am Fluß ent­lang (hier Es­kilst­un­aån ge­hei­ßen). We­nig Au­tos, viel Grün, reich­lich Kul­tur und Krea­tiv­wirt­schaft in al­ten Back­stein­fa­bri­ken, da ist ein hal­ber Tag rum wie nix und man hat noch im­mer längst nicht al­les ge­se­hen, was ei­nen in­ter­es­sie­ren könn­te: Hier ei­ne Kir­che, da ei­ne Pro­me­na­de, dort ein Kunst­mu­se­um...

Apro­pos Mu­se­um: in mei­nem Stock­hol­mer Bil­der­bo­gen ha­be ich ja schon vor ei­ni­ger Zeit die kon­ser­vier­te Va­sa ge­zeigt, je­ne be­rühm­te kö­nig­li­che Ga­leo­ne, die auf ih­rer Jung­fern­fahrt im Jah­re 1628 schon nach et­wa 1300 Me­tern Fahr­strecke ken­ter­te und ab­soff. Nach mehr als 330 Jah­ren un­ter Was­ser hat man das be­stens er­hal­te­ne Schiff 1961 ge­ho­ben und ge­bor­gen und in ein na­hes Trocken­dock ge­schleppt. An Ort und Stel­le hat man dem wun­der­ba­ren Wrack spä­ter so­zu­sa­gen das Va­sa-Mu­se­um über­ge­stülpt und zeigt dort heu­te an­hand von viel­fäl­ti­gen Ex­po­na­ten rund um das ori­gi­na­le Schiff des­sen eben­so tra­gi­sche wie fas­zi­nie­ren­de Ge­schich­te:

Querschnitt durch die »Vasa« (Modell)

Der Be­such im Va­sa-Mu­se­um ist frag­los ein »Muß« für je­den Stock­holm-Be­su­cher: Die Au­ra des ech­ten Schif­fes ist be­ein­druckend, die di­dak­ti­sche Kon­zep­ti­on der um das gi­gan­ti­sche Ge­fährt her­um er­rich­te­ten Aus­stel­lung bei­spiel­haft. Ein Glücks­fall, daß der Schiffs­bohr­wurm in dem land­na­hen Brack­was­ser kei­ne Über­le­bens­chan­ce hat­te: Der lo­ka­len Ab­we­sen­heit die­ses an­son­sten weit­ver­brei­te­ten Holz­fres­sers ver­dankt die Mensch­heit die Über­lie­fe­rung des weit­ge­hend kom­plet­ten Schif­fes als aus­sa­ge­star­ke »Zeit­kap­sel«!

Nicht ganz so alt, aber gleich­wohl nett an­zu­schau­en sind an­de­re hi­sto­ri­sche Fahr­zeu­ge, die man auf Stock­holms Stra­ßen im Ein­satz sieht. Ne­ben au­to­mo­bi­len Old­ti­mern sind das zum Bei­spiel hi­sto­ri­sche Stra­ßen­bah­nen wie die­ses fast fa­brik­frisch wir­ken­de Ex­em­plar:

Straßenbahn in Stockholm

Ich hat­te ja schon in der er­sten Fol­ge mei­nes Rei­se-Rap­ports er­wähnt, daß in Schwe­den ver­gleichs­wei­se we­nig Men­schen auf ver­gleichs­wei­se viel Flä­che le­ben. Ent­spre­chend leer sind die Stra­ßen, ent­spre­chend groß sind die Au­tos. Lo­gisch, daß ei­nem aus­ge­wie­se­ne Klein­wa­gen eher sel­ten be­geg­nen. So­gar in der Me­tro­po­le Stock­holm ha­be ich nur ei­nen ein­zi­gen Smart ge­se­hen, und der kam aus­weis­lich sei­nes Kenn­zei­chens aus ... Co­burg!

An die­ser Stel­le mei­ner Re­mi­nes­zen­zen tropft mir nun un­ver­se­hens der Sab­ber von der Un­ter­lip­pe auf die Ta­sta­tur, her­vor­ge­ru­fen durch al­li­te­ra­ti­ons­in­du­zier­te (Co­burg -> Cor­net­to) Trig­ge­rung mul­ti­sen­so­ri­scher Er­in­ne­run­gen an das ach so gött­li­che La­kritz-Eis:

Lakritz-Cornetto

Ne­ben die­ser in deut­schen Lan­den un­be­kann­ten Eis­hörn­chen-Va­ri­an­te gab es na­tür­lich im Su­per­markt auch or­dent­li­che »An­stalts­packun­gen« zu kau­fen, mit de­nen wir den Ge­frier­schrank un­se­res gast­ge­ben­den Freun­des voll­ge­schlich­tet ha­ben zwecks ku­li­na­ri­scher Ab­run­dung der lan­gen Aben­de. Je mehr frän­ki­schen Freun­den und Be­kann­ten ich da­von er­zäh­le, de­sto mehr muß ich frei­lich ein­se­hen, daß La­krit­ze ein sehr po­la­ri­sie­ren­des Ge­nuß­mit­tel ist: Den ei­nen läuft – gleich mir – so­gleich das Was­ser im Mun­de zu­sam­men, die an­de­ren schüt­teln sich hef­tig ob der blo­ßen Vor­stel­lung, so­was in den Mund zu neh­men. Zwi­schen­drin scheint’s nix zu ge­ben...

Aber egal. Wenn wir nun schon mal in Stock­holm sind, ma­chen wir noch ei­nen Aus­flug in die/den Skan­sen, ein wei­te­res, in die­sem Fall weit­hin be­kann­tes und be­rühm­tes Mu­se­ums­dorf. Das exi­stiert schon seit 1891 und be­wahrt im Wort­sinn groß­flä­chig die schwe­di­sche Volks­kul­tur:

altes Schwedenhaus im Skansen

Auch die­se At­trak­ti­on ist ein für je­den Haupt­stadt-Be­su­cher ob­li­ga­to­ri­scher Pro­gramm­punkt, für den man sich (min­de­stens) ei­nen hal­ben Tag Zeit neh­men soll­te. Wir wa­ren üb­ri­gens sehr po­si­tiv über­rascht von der fach­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­on der in hi­sto­ri­sche Ko­stü­me ge­klei­de­ten »Be­woh­ner­schaft« des Mu­se­ums­dor­fes. Das pro­fun­de Wis­sen der Hand­wer­ker, Bäue­rin­nen und Mäg­de ging weit über das hin­aus, was von »ty­pi­schen« Be­su­cher­fa­mi­li­en ge­mein­hin nach­ge­fragt wird. Auch in kom­ple­xen hi­sto­ri­schen und wirt­schaft­li­chen Zu­sam­men­hän­gen er­wie­sen sich die Da­men und Her­ren als über­aus be­schla­gen und sat­tel­fest, wir gin­gen letzt­lich er­heb­lich klü­ger wie­der her­aus, als wir hin­ein­ge­gan­gen wa­ren. So soll es sein!

Den bis hier­her ge­folg­ten Le­se­rin­nen und Le­sern ge­gen­über sei nun­mehr ein­ge­stan­den, daß des zonebattler’s höchst sprung­haf­te Er­zähl­dra­ma­tur­gie kein be­wußt ge­wähl­tes Stil­mit­tel ist, son­dern doch nur Aus­druck von Plan­lo­sig­keit und Faul­heit: Tat­säch­lich hat sich der Blub­ber-Blog­ger im Vor­aus 5 x 8 sei­ner schön­sten Ur­laubs-Fo­tos nach rein äs­the­ti­schen Kri­te­ri­en her­aus­ge­sucht und ver­sucht die­se im Nach­gang ei­ni­ger­ma­ßen stim­mig ver­bal zu ver­bin­den. Dank die­ses ent­waff­nen­den Be­kennt­nis­ses braucht es jetzt für ein wei­te­res »See-Stück« wohl kei­ne wei­te­ren Ver­ren­kun­gen:

Rettung ist nahe!

»Swe­den in a nuts­hell« wür­de ich die­ses pro­to­ty­pi­sche Mo­tiv wohl be­nen­nen, wenn ich denn für ein eng­lisch­spra­chi­ges Pu­bli­kum schrü­be: Was­ser, Wald, Wol­ken, Ro­man­tik so­wie all­ge­gen­wär­ti­ge Um­sicht, Vor­kehr und Si­cher­heit, all das und mehr fin­det sich hier in ei­nem ein­zi­gen Aus­schnitt kom­pakt zu­sam­men­ge­faßt wie­der.

Was­ser und Si­cher­heit sind auch die idea­len Stich­wor­te für et­was, was ich bis­lang we­der er­wähnt noch ge­zeigt hat­te: Bur­gen und Schlös­ser näm­lich, die lan­des­ty­pisch gern et­was ge­drun­ge­ner ge­baut wer­den resp. wur­den als wir re­la­ti­ven Süd­län­der das so ge­wohnt sind. Das hier ist Öre­b­ro slott in Öre­b­ro, man be­ach­te den ei­gens in­sze­nier­ten Kon­trast zu den neu­zeit­li­chen Sitz­ge­le­gen­hei­ten im Vor­der­grund:

Örebro slott

Auch die­se se­hens­wer­te Stadt »er­ober­ten« wir uns üb­ri­gens im Rah­men ei­nes Ta­ges­aus­flu­ges. Im Ver­gleich zu un­se­ren her­kömm­li­chen Rund­rei­sen er­wies sich der sta­tio­nä­re Auf­ent­halt an ei­nem Ort – eben Grytgöl – als pla­ne­ri­sche Her­aus­for­de­rung: Ei­ner­seits woll­ten wir na­tür­lich mög­lichst vie­le Fa­cet­ten des uns bis­lang un­be­kann­ten Lan­des ken­nen­ler­nen, an­de­rer­seits moch­ten wir nicht ei­nen Gut­teil des Ta­ges im Au­to ver­brin­gen, nur um stun­den­lang streng tem­po­li­mi­tiert durch im­mer­wäh­ren­de Wald­schnei­sen zu glei­ten...

Na ja, es fan­den sich in den knapp drei Wo­chen un­se­res Ur­lau­bes ge­nü­gend Zie­le im 100-Ki­lo­me­ter-Ra­di­us, die des Aus­rückens wert wa­ren. Man­ches ließ sich auch ganz gut mit­ein­an­der ver­bin­den. Den ei­nen oder an­de­ren Tag blie­ben die Rä­der un­se­res wei­ßen Vol­vos so­gar gänz­lich un­be­wegt und wir da­heim bzw. in fuß­läu­fi­ger Nä­he, was durch­aus zur gründ­li­chen Er­ho­lung und Ent­schleu­ni­gung bei­trug. Der Ef­fekt ist er­freu­li­cher­wei­se der­ma­ßen nach­hal­tig, daß mit der fünf­ten und letz­ten Fol­ge die­ser Rei­se-Re­pri­se auch erst wie­der in ei­ner Wo­che zu rech­nen ist!

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Samstag, 6. August 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (3)

Nach ei­ni­gen Ta­gen des er­hol­sa­men Auf­ent­halts kri­stal­li­sier­ten sich für uns ein paar of­fen­bar spe­zi­fi­sche Merk­ma­le des Schwe­den­tums her­aus. Der Schwe­de als sol­cher ist zu­nächst ein­mal noch ein rich­ti­ger Mann, von dem die paa­rungs­wil­li­gen Weib­chen zu Recht er­war­ten, daß er al­le an­fal­len­den Ar­bei­ten am und rund ums Haus be­herrscht und selbst lei­sten kann. Für die Er­rich­tung und In­stand­hal­tung der ei­ge­nen vier Wän­de wird ex­ter­ne Hil­fe nur dann in An­spruch ge­nom­men, wenn’s gar nicht an­ders geht. An­son­sten greift der Schwe­de be­herzt ei­gen­hän­dig zu Sä­ge, Axt und Ham­mer: Gro­ße Vol­vo-Kom­bis und rie­si­ge Bau­märk­te sind land­auf, land­ab gang und gä­be und be­le­gen des Schwe­den Hang und Drang zur Aut­ar­kie.

Tra­di­tio­nel­ler­wei­se streicht der Schwe­de sein höl­zer­nes Heim nach Fer­tig­stel­lung in rost­rot an; die­se Tra­di­ti­on hat nicht nur äs­the­ti­sche, son­dern pri­mär kon­ser­vie­ren­de Wir­kung ge­gen die Un­bil­den von Wind und Wet­ter, wie wir uns sa­gen lie­ßen. Was im­mer in der Far­be an che­mi­schen Keu­len (wei­land Ab­fall­pro­duk­te des Berg- und Hüt­ten­we­sens) ver­steckt sein mag, vor­zeig­bar ist das Er­geb­nis je­den­falls al­le­mal:

typisches Schwedenhaus der größeren Sorte

Vom Herrn des Hau­ses wird fer­ner er­war­tet, daß er den Ra­sen rund­her­um kurz und ge­pflegt hält, wes­halb es mit der idyl­li­schen Ru­he auf dem Land ei­ne re­la­ti­ve Sa­che ist: Ir­gend­ei­ner knat­tert im­mer mit (oder gar auf) sei­nem Ben­zin-Ra­sen­mä­her um sei­ne Dat­sche her­um, was bei den lan­des­üb­li­chen Par­zel­len­grö­ßen schon ei­ne gu­te Wei­le dau­ern kann...

Gro­ße Grund­stücke, gro­ße Ab­stän­de zum Nach­barn: Die sple­ndid iso­la­ti­on bringt ei­ne ge­wis­se Zer­sie­de­lung der Land­schaft mit sich. Da­mit die Post­bo­tin nicht in bis zum En­de je­der Schot­ter­stra­ße pre­schen muß, um ein Brief­lein oder ei­ne Ga­zet­te zu­zu­stel­len, geht sie mit ih­rem rechts­ge­lenk­ten gel­ben Post­au­to an ei­ner Bat­te­rie von Brief­kä­sten läs­sig längs­seits, um dann – oh­ne ihr Ve­hi­kel ver­las­sen zu müs­sen – vom Lie­bes­brief bis zur amt­li­chen Vor­la­dung al­les in die schlüs­sel­los auf­zu­klap­pen­den Brief­bo­xen zu stop­fen:

Briefkästen in Reih' und Glied

Ja, post­zu­stell­tech­nisch herr­schen im Schwe­den­land Usu­an­cen wie in den US of A. Die Brief­kä­sten ste­hen weit vor der ei­ge­nen Haus­tür ir­gend­wo an der näch­sten Stra­ßen­ab­zwei­gung oder ‑kreu­zung. Bö­se Bu­ben mit si­ni­stren Ab­sich­ten scheint es auf dem wei­ten Land kaum zu ge­ben. Ver­mut­lich gäb’s eh nix Wert­vol­les zu sti­bit­zen, Pa­ke­te wer­den ja wohl doch bis zum Emp­fän­ger ge­fah­ren oder beim Nach­barn ab­ge­ge­ben...

Was aber macht der ge­mei­ne Schwe­de, wenn die Post ge­le­sen, der Ra­sen ge­mäht und die Frau – so­fern vor­han­den – un­leid­lich ist? Ge­nau, er wirft An­gel und Kö­der in den Kof­fer­raum sei­nes (Volvo-)Kombis und macht sich auf zum Was­ser, ge­nau ge­sagt zu je­nem Ge­wäs­ser, an wel­chem er sein Boot lie­gen hat. Die­ses macht er mit we­ni­gen Hand­grif­fen see­klar und sticht in den­sel­ben, um die See­le und die ha­ken­be­schwer­te An­gel­schnur bau­meln zu las­sen. Der Kor­re­spon­dent und sei­ne bes­se­re Hälf­te wa­ren ei­nes Abends teil­neh­men­de Be­ob­ach­ter ei­ner sol­chen Ver­an­stal­tung:

abendliche Angel-Kreuzfahrt

Des Freun­des Nuß­scha­le aus GFK bot Platz für uns drei, das an­gel­tech­ni­sche Zu­be­hör und na­tür­lich auch für die bei­den mit­ge­schlepp­ten Blei-Ak­kus im Au­to­bat­te­rien-For­mat, die dem elek­tri­schen Au­ßen­bor­der die nö­ti­ge En­er­gie zum laut­lo­sen Glei­ten über die abend­li­che Glit­zer­ober­flä­che des still ru­hen­den Sees lie­fer­ten. Glück­li­cher­wei­se »fin­gen« wir letzt­lich nur ein paar Fel­sen und Schling­pflan­zen, so daß sich die Fra­ge zum ord­nungs­ge­mä­ßen Um­gang mit le­ben­dem Beu­te­gut gar nicht erst stell­te.

Wir sprin­gen wie­der an Land und wei­ter zum näch­sten The­ma. Un­ser Freund und Gast­ge­ber ist nicht nur zum Ver­gnü­gen in Schwe­den an­säs­sig, er ist tat­säch­lich aus be­ruf­li­chen Grün­den dort­hin gezogen.[1] Nach­dem er vor­her drei Jah­re für sei­nen in Er­lan­gen be­hei­ma­te­ten Ar­beit­ge­ber in Shang­hai und sonst­wo auf der an­de­ren Sei­te der Erd­ku­gel tä­tig war, hat ihn das dar­auf fol­gen­de En­ga­ge­ment vom bro­deln­den He­xen­kes­sel der asia­ti­schen Groß­stadt ins so­zu­sa­gen skan­di­na­vi­sche Ge­gen­teil ver­schla­gen. Im­mer­hin un­ter­hält die SIEMENS AG in Finspång das ein­zi­ge kon­zern­ei­ge­ne Schloß:

Schloß Finspång

Die vor dem Ge­mäu­er sorg­sam in Stel­lung ge­brach­ten Ka­no­nen sol­len die Fir­ma wohl eher nicht vor ei­ner feind­li­chen Über­nah­me be­wah­ren, sie müs­sen als Re­mi­nes­zenz an die Pro­dukt­pa­let­te der Finspång’schen Ei­sen-In­du­strie ver­gan­ge­ner Jahr­zehn­te und Jahr­hun­der­te gel­ten. Wo­bei: In die­sen tur­bu­len­ten Zei­ten von »In­du­strie 4.0« kann es nicht scha­den, ein paar nicht-vir­tua­li­sier­te, hand­fe­ste Ar­gu­men­te mit Knall­ef­fekt in der Hin­ter­hand zu ha­ben...

Her­stel­len tun sie heut­zu­ta­ge in dem gro­ßen, vor ein paar Jah­ren von ALSTOM über­nom­me­nen SIE­MENS-Werk kei­ne Knall­büch­sen mehr, son­dern Gas­tur­bi­nen mitt­le­ren Ka­li­bers. Selbst­re­dend herrscht im von uns aus­gie­bigst be­sich­tig­ten Pro­duk­ti­ons­be­reich streng­stes Fo­to­gra­fier­ver­bot, aber im­mer­hin darf ich hier auf ei­ne of­fi­zi­el­le Ani­ma­ti­on ver­wei­sen, die sehr schön zeigt, was Sa­che ist. Statt mit ei­nem Fo­tos aus der Tur­bi­nen­bau-Werk­statt kann ich selbst nur mit der (nicht min­der re­prä­sen­ta­ti­ven) Kehr­sei­te des sie­men­sia­ni­schens Schlöß­leins die­nen:

Schloß Finspång von hinten

Das SIE­MENS-Werk grenzt un­mit­tel­bar an den Schloß­park und ist über­haupt sehr un­auf­fäl­lig in die Land­schaft ein­ge­bet­tet. Der zone­batt­ler be­kennt frei­mü­tig, der­lei vor­her noch nie ge­se­hen zu ha­ben: Schwer­indu­strie fin­det ge­mein­hin in tri­ster bis de­so­la­ter Um­ge­bung statt. In Finspång sieht es eher nach Frei­zeit­park aus als nach dem Sitz ei­nes Welt­markt­füh­rers im An­la­gen­bau. Der uns dort zu­teil­ge­wor­de­ne Blick hin­ter die Ku­lis­sen und das Er­le­ben von cut­ting edge tech­no­lo­gy war für uns frag­los ei­ner der Hö­he­punk­te die­ser Rei­se!

Zu­rück zur Na­tur: Zu ger­ne hät­te ich ja mal ei­nen mür­risch drein­blicken­den Elch mit aus­la­den­dem Schau­fel­ge­weih vor mei­ne Lin­se be­kom­men, aber der­lei Fo­to­gra­fen­glück ist mir lei­der nicht zu­teil ge­wor­den. Wie schon mal er­wähnt, sind die of­fi­zi­ell als tag­ak­ti­ve Ein­zel­gän­ger gel­ten­den Paar­hu­fer in der Pra­xis eher in der Däm­me­rung un­ter­wegs, und da lag der zone­batt­ler halt noch (oder schon wie­der) im Bett re­spek­ti­ve auf dem So­fa. Da­für gab es al­ler­or­ten den höchst agi­len Nach­wuchs von En­ten oder Schwä­nen zu se­hen und zu knip­sen:

Schwanenmama mit Nachwuchs

Ein Dut­zend Fo­tos ha­be ich al­lein von die­ser Schwa­nen­ma­ma und ih­rer sechs­köp­fi­gen Kin­der­schar ge­schos­sen, die mun­ter pad­delnd ge­mein­sam im Ha­fen­becken vor dem Schloß von Vad­ste­na un­ter­wegs wa­ren. Mensch und Tier ge­hen hier und an­dern­orts ge­schäf­tig, aber stets un­auf­ge­regt ih­rer Ar­beit nach. Man kann sich sehr schnell an den be­schau­li­chen Le­bens­stil ge­wöh­nen...

Über­haupt scheint ganz Schwe­den – oder zu­min­dest der Teil der Lan­des, den wir be­reist ha­ben – ei­ne ein­zi­ge Idyl­le zu sein. In der von üp­pi­gem Grün ge­präg­ten Ge­gend neh­men sich so­gar la­ten­te Um­welt-Fre­ve­lei­en lieb­lich aus, wie der in Fol­ge 1 ge­zeig­te Trak­tor und die­ser vor sich hin se­di­men­tie­ren­de PKW de­mon­strie­ren:

abgestellter und eingewachsener PKW

Man be­ach­te, daß nicht et­wa die ab­ge­stell­te Kar­re Ge­gen­stand von und An­laß zu so­zia­ler Äch­tung des Be­sit­zers ist. Nein, ver­werf­lich wä­re es, den Ra­sen nicht or­dent­lich kurz zu hal­ten, wes­we­gen fein säu­ber­lich um den Blech­hau­fen her­um ge­mäht wird. Dies mut­wil­lig zu un­ter­las­sen wä­re hier­orts wohl die ei­gent­li­che Schan­de...

Wie­sen, Wäl­der, Was­ser: Dem na­tür­lich über­all er­reich­ba­ren World Wi­de Web steht in Schwe­den gleich­falls flä­chen­deckend ein wun­der­ba­res »WWW« im Rea­len ge­gen­über, an dem man sich nicht satt­se­hen kann. Zum Ab­schluß der heu­ti­gen Epi­so­de sei­en die­se drei Ele­men­te in ei­nem Bild ver­eint ge­zeigt, so­gar noch er­gänzt um ein vier­tes »W« wie »Wol­ken«:

Bucht am Campingplatz Fiskeboda

Wie ge­stran­de­te Del­phi­ne lie­gen sie da, die um­ge­kipp­ten Boo­te, und wir­ken an­ge­sichts ih­rer ele­gant-schnit­ti­gen Form kei­nes­wegs wie Fremd­kör­per in der an­son­sten un­be­rührt er­schei­nen­den Land­schaft. Sze­nen wie die­se fin­den sich an je­dem grö­ße­ren Ge­wäs­ser, und da die all­ge­gen­wär­ti­gen Ka­jaks und Käh­ne ge­dul­di­ge Mo­del­le dar­stel­len und durch­aus län­ger als nur 1/125 Se­kun­de still­hal­ten, kann man sie auch gut in Ru­he ma­len statt sie nur en pas­sant abzulichten...[2]

Das war es dann auch schon wie­der für heu­te. Dem­nächst mehr!

 
[1] Mit dem Be­trei­ben ei­nes Boo­tes, ei­nes Ra­sen­mä­hers von Hus­q­var­na, dem His­sen schwe­di­scher Fähn­chen am Haus so­wie dem zü­gi­gen Er­ler­nen der Spra­che muß un­ser frän­ki­scher Freund in Öster­göt­land als mu­ster­gül­tig in­te­gra­ti­ons­wil­lig, ja ge­ra­de­zu als As­si­mi­lant gel­ten. Lei­der trifft das nur auf ei­ne Min­der­heit von Ex­pats zu: Die mei­sten von ih­ren Fir­men ins Aus­land ent­sand­ten Fach­kräf­te las­sen sich von den Sit­ten und Ge­bräu­chen ih­res Gast­lan­des nur we­nig be­net­zen und blei­ben über­wie­gend un­ter sich. Selbst schuld!

[2} Was ich bei­spiel­haft auch ge­tan ha­be bzw. ha­be tun las­sen, sie­he da­zu den er­sten Kom­men­tar un­ter die­sem Bei­trag.

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Sonntag, 31. Juli 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (2)

Schon am zwei­ten Ta­ge un­se­res Auf­ent­hal­tes mach­ten wir uns selb­dritt auf zu ei­ner klei­nen Städ­te­tour in das knapp 50 km süd­öst­lich ge­le­ge­ne Norr­kö­ping.[1] Bis in die 1960er Jah­re hin­ein war die Stadt ein Zen­trum der Tex­til­in­du­strie, da­nach ging es wirt­schaft­lich steil berg­ab auf­grund sich wan­deln­der Kon­sum­ge­wohn­hei­ten und vor al­lem we­gen der star­ken Kon­kur­renz aus fern­öst­li­chen Bil­lig­lohn­län­dern. Das En­de der Ge­schich­te ken­nen wir aus ei­ge­ner An­schau­ung, die Baum­woll­in­du­strie Er­lan­gen-Bam­berg Ak­ti­en­ge­sell­schaft (ERBA) läßt grü­ßen...

Im­mer­hin ha­ben sich in Norr­kö­ping trotz auch dort vor­ge­kom­me­ner Ab­riß­or­gi­en et­li­che an­sehn­li­che In­du­strie­bau­ten er­hal­ten, die heut­zu­ta­ge ver­schie­den­ste Nach­nut­zung durch Be­hör­den, Start­ups, In­sti­tu­te und kuk­tu­rel­le Ein­rich­tun­gen er­fah­ren:

saniertes Industriegebäude in Norrköping

Um dem Ver­lust von Ar­beits­plät­zen in der Tex­til­in­du­strie et­was ent­ge­gen­zu­set­zen, wur­den An­fang der 1970er Jah­re ei­ni­ge staat­li­che Be­hör­den aus der Haupt­stadt Stock­holm nach Norr­kö­ping ver­la­gert. Der Ver­gleich mit Fürth, Grun­dig, Quel­le und dem Baye­ri­schen Lan­des­amt für Sta­ti­stik drängt sich da ge­ra­de­zu auf: Ähn­li­che Pro­ble­me wer­den halt al­ler­orts mit ähn­li­chen Me­tho­den be­kämpft...

Wo der Ab­riß­bag­ger in Norr­kö­ping Al­tes ver­nich­tet hat, um Neu­em Platz zu schaf­fen, ist oft­mals ar­chi­tek­to­nisch durch­aus Vor­zeig­ba­res ent­stan­den. Der Kon­trast hat sei­ne äs­the­ti­schen Rei­ze, wenn­gleich sich frag­los nur ei­ne dün­ne Schicht Gut­ver­die­ner das Le­ben im üp­pig ver­gla­sten Stadt­l­oft lei­sten kann:

Neubau im Herzen Norrköpings, am Motala ström

Wir schlen­der­ten noch ein Weil­chen am Mo­ta­la ström ent­lang und durch die sonn­täg­lich ru­hi­ge In­nen­stadt und be­fan­den schluß­end­lich: Ja, hier lie­ße es sich wohl le­ben. Ins­be­son­de­re dann, wenn ei­nem das plat­te Land als zu ein­sam vor­kommt und die Me­tro­po­le Stock­holm als zu groß...

Aber mit der In­spi­zie­rung Norr­kö­pings war der Tag ja noch nicht an­nä­hernd ge­füllt: Hei­ter wei­ter ging es da­her in Rich­tung Ost­see­kü­ste, al­so er­neut nach Süd­osten. Da­bei ka­men wir durch ei­nen Ort mit dem denk­bar kür­ze­sten Na­men, der es al­lein des­halb schon ver­dient, hier fest­ge­hal­ten zu wer­den (Ku­rio­si­tä­ten sind ja ein gern ge­rit­te­nes Stecken­pferd des Be­richt­erstat­ters):

Ortschild von Å

Ja, der Ort heißt wirk­lich »Å«...[2] Ziel und Wen­de­punkt un­se­res Ta­ges­aus­flugs war in­des Tyr­is­löt, von wo aus man – am Ufer der Schä­ren­mee­res ste­hend – di­ver­se Schä­ren se­hen kann. Hun­der­te, nein Tau­sen­de In­seln säu­men die Kü­sten, bis zum of­fe­nen Meer wä­re man stun­den­lang un­ter­wegs. In­ter­es­sant ist die Er­kennt­nis, daß sich die nach Ab­schmel­zen der eis­zeit­li­chen Glet­scher im Wort­sin­ne »er­leich­ter­ten« Land­mas­sen auch heu­te noch – wenn auch lang­sam – he­ben (Stich­wort: post­gla­zia­le Land­hebung), was da­zu führt, daß neue In­sel­chen en­ste­hen, be­reits vor­han­de­ne grö­ßer wer­den und frü­he­re Hä­fen ver­lan­den.

Lei­der war we­der Zeit noch Ge­le­gen­heit, mit ei­nem Post­boot durch das stei­ner­ne La­by­rinth zu schip­pern, aber das Ge­se­he­ne war schon ein­drucks­voll ge­nug. So mach­ten wir uns al­so auf den Rück­weg und steu­er­ten da­bei noch das pit­to­res­ke Städt­chen Söder­kö­ping an. An des­sen Nord­rand liegt der Göta-Ka­nal, und in dem wie­der­um fah­ren nost­al­gisch-schö­ne Pas­sa­gier­schif­fe wie die hier ex­em­pla­risch fest­ge­hal­te­ne »Lin­dön« her­um:

Dampfer »Lindön« im Göta-Kanal bei Söderköping

Söder­kö­ping gilt als ei­ne der best­erhal­te­nen mit­tel­al­ter­li­chen Städ­te Schwe­dens. Mei­ner ei­ner hät­te die vie­len Holz­häu­ser auf­grund ih­res ma­kel­lo­sen Er­hal­tungs­zu­stan­des nicht un­be­dingt bis zu­rück ins Mit­tel­al­ter da­tiert, aber ja, das Städt­chen hat Charme!

Über­haupt kam sich der Chro­nist stän­dig wie in ei­ner der aus Kin­der­ta­gen er­in­ner­li­chen Fern­seh­se­rie schwe­di­scher Pro­ve­ni­enz vor. Al­les so­zu­sa­gen ziem­lich put­zig-pip­pi­lang­strump­fig in die­sem in mul­ti­pler Hin­sicht mu­ster­gül­ti­gem Land...[3]

Holzhäuser in Söderköping

Als wir nach aus­gie­bi­ger Be­sich­ti­gung Söder­kö­pings den Ort ver­lie­ßen und die Heim­fahrt an­tra­ten, war es schon halb sie­ben Uhr abends. Ziem­lich ge­nau um 19 Uhr mach­ten wir dann noch bei Finspång in ei­nem Su­per­markt Sta­ti­on, um uns für die fol­gen­den Ta­ge zu ver­pro­vi­an­tie­ren und des Freun­des Spei­se­kam­mer zu fül­len.

Das sonn­täg­li­che (!) Ein­kaufs­er­leb­nis ver­dient ei­ne aus­führ­li­che Wür­di­gung. Zu­nächst ein­mal ist be­mer­kens- und fest­hal­tens­wert, daß auch an Sonn­ta­gen und bis in den spä­ten Abend ge­öff­ne­te Lä­den in Schwe­den nichts Be­son­de­res sind, son­dern ge­leb­te Nor­ma­li­tät. Kein Mensch kä­me hier auf die Idee, im an­geb­li­chen In­ter­es­se der Be­schäf­tig­ten ei­ne all­ge­mei­ne Sonn­tags­ru­he ein­zu­for­dern. Uns war es recht, wir schau­en uns in frem­den Lan­den im­mer ger­ne Su­per­märk­te von in­nen an, schon we­gen der un­ge­wohn­ten Pro­dukt­viel­falt und ‑ver­packun­gen. Die er­ste Über­ra­schung er­war­te­te uns aber be­reits im Ein­gangs­be­reich des Ein­kauf­zen­trums:

Batterie von Scannerpistolen

Tja, was sind das wohl für ei­gen­ar­ti­ge Ge­rät­schaf­ten, die da ih­rer Ent­nah­me durch den Kun­den har­ren? Ge­nau, Scan­ner­pi­sto­len! Mit die­sen Din­gern kann der Kun­de wäh­rend sei­nes Ein­kaufs­bum­mels selbst die ge­wähl­ten Pro­duk­te re­gi­strie­ren und ih­re Prei­se auf­ad­die­ren las­sen, bei au­to­ma­ti­scher Be­rück­sich­ti­gung al­ler ak­tu­el­len Ak­ti­ons­prei­se und Ra­bat­te, ver­steht sich. Aber hal­lo!

Un­ser Freund de­lek­tier­te sich an un­se­rer Ver­blüf­fung, zück­te läs­sig sei­ne Kun­den­kar­te, check­te da­mit am Au­to­ma­ten-Ter­mi­nal ein und be­kam ei­ne die­ser Scan­ner-Pi­sto­len zu­ge­wie­sen. Für die griff­be­rei­te Auf­wah­rung der per­sön­li­chen Re­gi­strier­kas­se ver­fügt je­der Ein­kaufs­wa­gen über ein ent­spre­chen­des Draht­körb­chen:

Scannerpistole in ihrer Halterung

Mit die­ser La­ser­ka­no­ne be­waff­net, macht sich der Kun­de no­lens vo­lens zum Kom­pli­zen der Be­triebs­wir­te, die ihm ei­nen Teil der per­so­nal­in­ten­si­ven Ar­beit zur Ei­gen­erle­di­gung über­tra­gen. Die da­für ge­währ­ten Preis­nach­läs­se und son­sti­gen Vor­tei­le ma­chen si­cher­lich nur ei­nen Bruch­teil der Per­so­nal­ko­sten aus, die man mit der flä­chen­decken­den Ein­füh­rung sol­cher Ge­rät­schaf­ten ein­spa­ren kann. Von den Mög­lich­kei­ten der Aus- und Ver­wer­tung der von den Kun­den frei­wil­lig, ne­ben­bei und mas­sen­haft ge­lie­fer­ten Da­ten zum in­di­vi­du­el­len Kon­sum­ver­hal­ten gar nicht zu re­den!

Dis­kus­sio­nen über das Pro und Con­tra sind in­des mü­ßig, was wir in Schwe­den pro­to­ty­pisch be­ob­ach­ten konn­ten, wird bei uns auch so kom­men, und zwar eher über kurz als über lang. Funk­tio­niert hat das Ein­le­sen der Pro­dukt­da­ten selbst­ver­ständ­lich pro­blem­los, und auch das Stor­nie­ren be­reits re­gi­strier­ter Pro­duk­te bei spon­ta­ner Um­ent­schei­dung war kein The­ma. Ein wei­te­res Fas­zi­no­sum schwe­di­scher Su­per­märk­te und Dis­coun­ter (deutsch­stäm­mi­ger in­klu­si­ve) sind üb­ri­gens die aus­la­den­den An­ge­bots­wän­de für sü­ße und sal­zi­ge Schütt­gü­ter:

Lakritz undd Gummibären galore!

Im Nach­hin­ein war es wo­mög­lich ein Feh­ler, di­ver­se la­krit­zo­ide Lecker­lis zwar in gro­ßer Viel­falt pro­bier­halb­er ein­zu­kau­fen, aber über­wie­gend erst nach der Heim­kehr nach Deutsch­land zu ver­ko­sten: Da wa­ren der­ma­ßen süch­tig ma­chen­de Ex­em­pla­re da­bei, die wir bei recht­zei­ti­gem Aus­pro­bie­ren vor Ort ki­lo­wei­se ge­bun­kert und bis zur Gren­ze des zu­läs­si­gen Ge­päck­ge­wich­tes in die Kof­fer ge­stopft hätten.[4]

Mit vol­lem Ein­kaufs­wa­gen ge­lang­ten wir schließ­lich im Kas­sen­be­reich an, den wir oh­ne zwi­schen­mensch­li­chen Kon­takt ver­lie­ßen, denn selbst­edend braucht es we­der für (bar­geld­lo­se) Zah­lung, Pi­sto­len­ab­ga­be und Kas­sen­bon-Kon­trol­le das Zu­tun ir­gend­wel­cher Mitarbeiter(innen). Üb­ri­gens auch nicht zur Al­ters­kon­trol­le, denn Spi­ri­tuo­sen mit mehr als 3,5 % Al­ko­hol­ge­halt be­kommt man oh­ne­hin nur in staat­li­chen Lä­den (zu deut­lich re­strik­ti­ve­ren Öff­nungs­zei­ten) zu kau­fen. Im schwe­di­schen Su­per­markt gibt’s we­der rich­ti­ges Bier noch Wein noch Ei­er­li­kör (letz­te­res zum ar­gen Ver­druß des En­des­un­ter­fer­tig­ten). So, aber nun Kof­fe­raum­klap­pe zu und ge­nug für heu­te. Bis bald!

 
[1] Die End­sil­be -kö­ping fin­det man bei schwe­di­schen Orts­na­men re­la­tiv oft. Die Aus­spra­che »-schöp­ping« deu­tet schon dar­auf hin, was da­mit be­zeich­net wird, näm­lich ei­ne Markt­ge­mein­de. So­was gib’s ja bei uns auch, sie­he Neu­markt.

[2] ...und ist da­mit so­zu­sa­gen das Ge­gen­teil der wa­li­si­schen Zun­gen­bre­cher-Ge­mein­de Ll­an­fairpwllgwyn­gyll­go­gerychwyrnd­robwlll­lan­ty­si­li­o­go­go­goch.

[3] Am Ran­de sei ver­merkt, daß ich aus­ge­rech­net die Kin­der­se­rie »Pip­pi Lang­strumpf« als grau­en­voll und zum Fremd­schä­men pein­lich in Er­in­ne­rung be­hal­ten ha­be. Mei­ne nun­mehr durch­aus vor­han­de­ne Af­fi­ni­ät zu Schwe­den exi­stiert al­so nicht we­gen, son­dern trotz die­ser me­dia­len Kind­heits-Re­mi­nes­zen­zen...

[4] Schon das al­lein ist ein hin­rei­chen­der Grund, spä­te­stens im näch­sten Jahr wie­der Schwe­den an­zu­steu­ern. Die in den dort er­hält­li­chen La­kritz-De­li­ka­tes­sen er­laub­ter­wei­se vor­han­de­nen Kon­zen­tra­tio­nen von Süß­holz und Am­mo­ni­um­chlo­rid (aka Sal­mi­ak) gibt’s bei uns in Deutsch­land al­len­falls in als »Er­wach­se­nen-La­kritz« de­kla­rier­ter Im­port­wa­re.

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Sonntag, 24. Juli 2016

Land der Lu­pi­nen und La­krit­zen (1)

Der Ein­la­dung ei­nes der­zeit dort le­ben­den und ar­bei­ten­den Freun­des aus hei­mi­schen Ge­fil­den fol­gend, mach­ten sich der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te An­fang Ju­ni nach (Süd-)Schweden auf. Knapp drei Wo­chen lang woll­ten wir im Hau­se un­se­res Gast­ge­bers le­ben, uns dort nütz­lich ma­chen und die Aben­de und Wo­chen­en­den zu ge­mein­sa­men Un­ter­neh­mun­gen nut­zen.

Die U‑Bahn brach­te uns von Fürth zum Nürn­ber­ger Flug­ha­fen, mit KLM Ci­ty­hop­per hupf­ten wir dann von dort erst nach Am­ster­dam und von da aus nach Lin­kö­ping. Schon im Lan­de­an­flug auf den be­schau­li­chen Lin­kö­ping Ci­ty Air­port (mit im­mer­hin je zwei plan­mä­ßi­gen Starts und Lan­dun­gen pro Tag) war of­fen­sicht­lich, daß Wald und Was­ser be­stim­men­de Ele­men­te ei­nes na­tur­na­hen Ur­laubs wer­den wür­den:

im Anflug auf Linköping

Un­ser Freund emp­fing uns am Gate mit gro­ßem Hal­lo und dem Schlüs­sel des für uns be­reits an­ge­mie­te­ten Leih­wa­gens. Der renn­gur­ken­ge­wohn­te zone­batt­ler hat­te sei­ne lie­be Not, sich in dem ver­gleichs­wei­se lu­xu­riö­sen Ge­fährt zu­recht­zu­fin­den und des­sen Mo­tor über­haupt erst ein­mal an­zu­las­sen (nicht per Schlüs­sel­dre­hung, son­dern per Knopf­druck). Im­mer­hin hat­te er dann auf der gut ein­stün­di­gen Fahrt nach Grytgöl in der öster­göt­län­di­schen Flä­chen­ge­mein­de Finspång ge­nug Ge­le­gen­heit, sich mit den Ei­gen­schaf­ten des un­ge­wohn­ten Ve­hi­kels ei­ni­ger­ma­ßen ver­traut zu ma­chen. [1]

Schon bald nach der An­kunft in des Freun­des herr­li­chen Häus­chen wa­ren die Kof­fer ge­leert, die Kla­mot­ten ver­staut, die Neu­gier auf Land und Leu­te groß. Auf er­sten Spa­zier­gän­gen und ‑fahr­ten er­leb­ten wir qua­si die Es­senz des schwe­di­schen Land­le­bens. Der mit­un­ter zu pla­ka­ti­ven Ge­ne­ra­li­sie­run­gen nei­gen­de Au­tor ge­wann da­bei den Ein­druck, daß – von re­gel­be­stä­ti­gen­den Aus­nah­men ab­ge­se­hen – die schwe­di­schen Häu­ser grund­sätz­lich rot ge­stri­chen und die Au­tos sämt­lich von Vol­vo fa­bri­ziert sind:

typisches Schwedenhaus mit untypischem Volvo-Pickup

Die von Fran­ken aus ge­se­hen gut 1.500 km wei­ter nörd­li­che­re La­ge merkt man un­ter an­de­rem am Licht: Es wirkt auch im Hoch­som­mer ir­gend­wie herbst­lich, da die Son­ne fla­cher über dem Ho­ri­zont steht und die Schat­ten da­her selbst zur Mit­tags­stun­de deut­lich schrä­ger fal­len als da­heim. Und na­tür­lich ist es län­ger hell als ge­wohnt: Erst nach 23 Uhr wird es ei­ni­ger­ma­ßen dun­kel, und schon um vier Uhr in der Früh’ kann man oh­ne Lam­pe dem be­gin­nen­den Tag ins freund­li­che Ant­litz se­hen. Im Win­ter kehrt sich das Gan­ze dum­mer­wei­se um, wes­halb man hin­ter je­dem Fen­ster min­de­stens ei­ne stu­ben- und stim­mungs­auf­hel­len­de Leuch­te ste­hen sieht...

Die lan­gen Aben­de bo­ten sich na­tür­lich an zu aus­ge­dehn­ten Spa­zier­gän­gen ums Haus her­um. Kein Ver­kehr, kaum Men­schen, fri­sche Luft und so gut wie kei­ne zi­vi­li­sa­ti­ons­ty­pi­schen Ge­räu­sche: Da staunt der Städ­ter, der da­heim zwar kur­ze We­ge und kul­tu­rel­le Viel­falt ge­nießt, aber eben auch die Schat­ten­sei­ten des Le­bens im Bal­lungs­raum im­mer vor Au­gen (so­wie in Na­se und Oh­ren) ge­führt be­kommt. Der zone­batt­ler freu­te sich fer­ner über die zahl­lo­sen Mo­ti­ve am We­ges­rand und wuß­te an­fangs kaum, wo­hin er sei­ne Ka­me­ra­lin­se zu­erst rich­ten soll­te.

verlassenes Gebäude bei Grytgöl

In die­ser Ge­gend des Lan­des nahm die In­du­stria­li­sie­rung Schwe­dens einst ih­ren An­fang: Nach Ei­sen­erz ge­gra­ben (und Ka­no­nen ge­gos­sen) wur­de hier schon vor Jahr­hun­der­ten. Al­les da­zu Nö­ti­ge (ei­sen­hal­ti­ges Ge­stein, Holz und Was­ser­kraft) war ja reich­lich vor­han­den. Heu­te sind zahl­rei­che Über­bleib­sel von al­ten In­du­strie­an­la­gen in pit­to­res­ker Um­ge­bung zu be­wun­dern, mit­un­ter wer­den sie in eh­ren­amt­li­cher Ar­beit er­hal­ten und zu­min­dest ta­ge­wei­se zu neu­em Le­ben er­weckt.

Apro­pos Le­ben: Nein, El­che ha­ben wir (je­den­falls in frei­er Wild­bahn) kei­ne ge­se­hen, die tap­pen ja ger­ne in der Dun­kel­heit her­um und die nutz­ten wir zum Schla­fen. We­ni­ger be­dau­er­lich fan­den wir den Um­stand, daß wir we­nig bis gar nicht von ste­chen­den In­sek­ten heim­ge­sucht wur­den. Flo­ra­sei­tig über­rasch­te uns die Ent­deckung, daß so gut wie über­all an den Stra­ßen- und Wal­des­rän­dern (so­wie in zahl­lo­sen Vor­gär­ten) bun­te Lu­pi­nen fröh­lich vor sich hin blüh­ten:

Lupinen im Wald

Die­se Pflan­zen ge­dei­hen in Schwe­den der­ma­ßen reich­lich und üp­pig, daß der Be­richt­erstat­ter sie hier­mit für sich zum in­of­fi­zi­el­len Wap­pen­tier er­klärt, ver­gleich­bar et­wa der Di­stel Schott­lands. Üb­ri­gens war es gar nicht so ein­fach, ein paar präch­ti­ge Ex­em­pla­re ir­gend­wo aus­zu­bud­deln und in des Freun­des Gar­ten zwecks lan­des­ty­pi­scher Ver­zie­rung des­sel­ben wie­der ein­zu­gra­ben: Die elend lan­gen Pfahl­wur­zeln sind der­ma­ßen mit­ein­an­der ver­wach­sen, daß selbst gu­te 80 kg Kör­per­ge­wicht auf dem Spa­ten nicht aus­rei­chen, das Ge­krö­se um­stands­los zu durch­ste­chen...

Ver­wei­len wir noch et­was im 250-See­len-Dorf Grytgöl (das zwei­te »g« im Na­men wird üb­ri­gens wie ein »j« aus­ge­spro­chen), des­sen Ein­woh­ner­schaft sich in groß­zü­gi­ger Ver­dün­nung über et­li­che Hekt­ar Flä­che ver­teilt. Mas­sen­mensch­hal­tung ist hier un­be­kannt, viel­mehr lebt man luf­tig und un­ein­ge­engt, z.B. in al­ten Fa­bri­kan­ten­vil­len:

ehem. Fabrikantenvilla

Man muß na­tür­lich da­zu­sa­gen, daß Schwe­den im Ver­gleich zu Deutsch­land 90.000 Qua­drat­ki­lo­me­ter mehr Flä­che, aber nur 1/8 der Ein­woh­ner hat. Wäh­rend sich al­so in der Bun­des­re­pu­blik durch­schnitt­lich et­wa 230 Leu­te ei­nen Qua­drat­ki­lo­me­ter tei­len, le­ben in Schwe­den nur 22 Men­schen auf der glei­chen Flä­che. Aber auch dort wol­len die mei­sten jun­gen und agi­len Zwei­bei­ner eher in den Städ­ten woh­nen, was sich auf die Im­mo­bi­li­en­prei­se wei­ter drau­ßen im Land merk­lich aus­wirkt: Für um­ge­rech­net 100.000 EUR kann man ein schö­nes Häus­chen mit mehr Gar­ten drum­her­um be­kom­men, als ei­nem wo­mög­lich lieb ist, aber da­für muß man halt zum näch­sten Su­per­markt un­ter Um­stän­den mehr als 30 km weit fah­ren. Von der Pen­de­lei zum Ar­beits­platz nicht zu re­den.

Da­für fin­det man auf der an­de­ren Sei­te der Me­dail­le Ru­he und Frie­den, und das ist na­tür­lich auch was wert. Wald und Was­ser sind qua­si im­mer in fuß­läu­fi­ger Nä­he, und ein Spa­zier­gang ent­lang der Tram­pel­pfa­de hat stets auch et­was Me­di­ta­ti­ves...

alter Industriebau an künstlich aufgestautem Gewässer

Denkt man an öf­fent­li­che Frei­bä­der, hat man als Ger­ma­ne so­fort ei­ne ka­ko­pho­ni­sche Ge­räusch­ku­lis­se aus Kin­der­ge­schrei, Was­ser­plat­schern, Ru­fen und Flu­chen im Ohr. Nicht so im schwe­di­schen Hin­ter­land: Je­des Kaff ver­fügt über Ge­wäs­ser, die sich oh­ne gro­ßes Drum­her­um zum Ba­den und Schwim­men eig­nen (und zum An­geln so­wie­so).

Ei­ne »Ba­de­an­stalt« be­steht da­her im We­sent­li­chen aus ei­nem Stück ge­mäh­ter Wie­se, ei­nem Um­klei­de­schup­pen, ei­nem Steg, ei­nem Ret­tungs­boot nebst Ret­tungs­ring und viel, viel wald­um­stan­de­nen Was­ser. Hö­ren tut man dort meist gar nix, denn mehr als ei­ne Hand­voll Dorf­nixen ist in der Idyl­le ge­mein­hin nicht an­zu­tref­fen:

Badesee von Grytgöl

Ach ja... Beim Be­bil­dern die­ser höchst sub­jek­ti­ven Rei­se-Re­por­ta­ge be­fällt den Be­richt­erstat­ter ein star­kes Ver­lan­gen, so­gleich wie­der gen Schwe­den auf­zu­bre­chen. Er wä­re auch je­der­zeit will­kom­men im Haus­halt sei­nes wei­land Forch­hei­mer (und spä­ter nach Fürth mi­grier­ten) Freun­des, al­lein der Jah­res­ur­laub ist voll­stän­dig auf­ge­braucht und die näch­ste Ge­le­gen­heit zum Flug in die Fer­ne bö­te sich da­mit al­len­falls in der Be­triebs­ru­he zwi­schen Weih­nach­ten und Sil­ve­ster. Aber dann sind die Ta­ge dort dro­ben im Nor­den kurz und du­ster und statt ei­nes Miet­wa­gens bräuch­te man min­de­stens ei­nen Schnee­pflug, wenn nicht gar ei­nen Ber­ge­pan­zer...

Zum The­ma Spe­zi­al­fahr­zeu­ge sei hier noch er­wähnt, daß die Schwe­den ger­ne al­te Au­to­mo­bi­le sam­meln: Na­ment­lich klas­si­sche US-Stra­ßen­kreu­zer ste­hen hoch im Kurs, und das, ob­wohl es hier in der Nach­kriegs­zeit kei­ne Be­sat­zer gab, die mit der­lei mon­dän ge­stal­te­ten Sprit­schluckern pu­bli­kums­wirk­sam her­um­fuh­ren. Egal, der Ben­zin-Vi­rus hat auch die Mo­tor­freaks im neu­tra­len Schwe­den be­fal­len, und so sieht (und hört) man auch im ent­le­gen­sten Hin­ter­land im­mer wie­der mal ei­nen Ami­schlit­ten mit so­nor blub­bern­dem V8-Mo­tor vor­bei­crui­sen. Was nicht mehr fährt, wird auf dem ei­ge­nen Grund ab­ge­stellt, auch die­se (Un-)Sitte scheint man von den Ame­ri­ka­nern über­nom­men zu ha­ben:

abgestellter Traktor

Ob chrom­blit­zen­des Schlacht­schiff, 90er-Jah­re-Kom­bi oder al­te Trak­to­ren wie der oben ge­zeig­te: Was im­mer aus­ge­dient hat oder un­fall­be­dingt nicht mehr aus ei­ge­ner Kraft fah­ren kann, wird nicht et­wa ver­schrot­tet, son­dern an mehr oder we­ni­ger pro­mi­nent sicht­ba­rer Stel­le vor oder hin­ter dem Haus dau­er­de­po­niert. Der Be­su­cher wun­dert sich dar­über bis heu­te, denn er kann sich schwer­lich vor­stel­len, daß ein oh­ne wei­te­re Kon­ser­vie­rungs­maß­nah­men of­fen un­ter frei­em Him­mel end­ge­la­ger­tes Kraft­fahr­zeug je­mals wie­der er­folg­reich in­stand­ge­setzt wer­den könn­te: Son­ne, Re­gen, Schnee und kras­se Tem­pe­ra­tur­un­ter­schie­de dürf­ten der­lei Ab­sich­ten von Jahr zu Jahr wei­ter un­ter­mi­nie­ren. Aber viel­leicht ist das »Gras dar­über wach­sen las­sen« in Schwe­den ja die deut­lich bil­li­ge­re Al­ter­na­ti­ve zur ord­nungs­ge­mä­ßen Ent­sor­gung?

Mit die­sem er­sten Blick in die rät­sel­haf­te Men­ta­li­tät der Schwe­den las­sen wir es für heu­te be­wen­den. In der näch­sten Fol­ge ma­chen wir uns in ein paar Ta­gen auf den Weg in ei­ne grö­ße­re Stadt und be­ge­ben uns an­schlie­ßend auf ei­ne Land­par­tie mit al­ler­lei wei­te­ren un­ge­wöhn­li­chen Ein- und Aus­blicken. Hej så län­ge!

 
[1] Wie so oft hat­te ich nach der Heim­kehr spä­ter das Ge­fühl, der ei­ge­ne Wa­gen wä­re durch Stand­schä­den qua­si un­be­nutz­bar ge­wor­den: Len­kung und Pe­da­le über­aus schwer­gän­gig, die Brem­se zwar ver­zö­gernd, aber doch deut­lich trä­ger. War na­tür­lich wie­der ein­mal nur ei­ne Fra­ge der (Um-)Gewöhnung...

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Dienstag, 28. Juni 2016

Som­mer­li­ches Stock­holm

Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Impressionen aus Stockholm
 
Sonntag, 8. Mai 2016

Bon­jour tri­stesse (58)

Zugangstor eines Sportgeländes (Almada ggü. Lissabon)
 
Zu­gangs­tor ei­nes Sport­ge­län­des (Al­ma­da ggü. Lis­sa­bon)
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Freitag, 17. Juli 2015

La Bi­en­na­le (2)

Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
Impressionen aus Venedig und von der Kunst-Biennale 2015
 
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Freitag, 26. Juni 2015

Die Lär­min­sel (7)

Nach ei­nes lan­gen Wan­der­ta­ges An­stren­gung ma­chen sich der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te ger­ne lang, rä­keln sich auf ih­rem Ho­tel­bett und gucken durch das Tatsch-Fen­ster ih­rer Brett­chen-Com­pu­ter in die wei­te Welt, ger­ne auch in Rich­tung Hei­mat, um die dor­ti­gen Af­fai­ren und Be­geb­nis­se mit­zu­krie­gen, so un­wich­tig und pro­vin­zi­ell die ei­nem aus der Di­stanz mit­un­ter auch er­schei­nen mö­gen. Vor­aus­set­zung da­für ist das Vor­han­den­sein ei­nes (idea­ler­wei­se ko­sten­lo­sen) WLANs, doch just in die­ser Hin­sicht hat die Be­trei­ber­fa­mi­lie des »Mo­no­pol« die Zei­chen der Zeit noch nicht er­kannt: Wi-Fi gibt es nur ge­gen Auf­preis, für lau kommt man dort pro Tag nur für 30 schnell ver­ron­ne­ne Mi­nu­ten ins Netz. [1]

Nun mei­nen ja vie­le, daß im Ur­laub be­trie­be­nes In­ter­net-Sur­fen, Mai­len und son­sti­ge vir­tu­el­le Ak­ti­vi­tä­ten schäd­lich und dem an­ge­streb­ten Er­ho­lungs­er­folg un­be­ding­te ab­träg­lich wä­ren. Ich kann die­se un­re­flek­tier­te Mei­nung in kei­ner Wei­se tei­len: Er­stens emp­fän­de ich es als er­heb­lich stres­si­ger, nach der Heim­kehr aus der Som­mer- resp. Früh­lings­fri­sche 150 un­ge­le­se­ne pri­va­te Mails im Post­fach zu fin­den (zu­sätz­lich zu den 300 dienst­li­chen am er­sten Ar­beits­tag nach dem Ur­laub), zwei­tens se­he ich im elek­trisch ge­hal­te­nen Kon­takt zu den Freun­den und Be­kann­ten da­heim ein Stück Le­bens­qua­li­tät, drit­tens mei­ne ich, daß die di­gi­ta­len Win­dows zur Welt per se wert­neu­tra­le Werk­zeu­ge sind. Oder, um es pla­ka­tiv aus­zu­drücken: Das In­ter­net macht die Schlau­en schlau­er und die Dum­men düm­mer! Wie üb­ri­gens auch der Fern­se­her, den wir im Ur­laub ge­mein­hin gar nicht [2] und da­heim nur sehr sel­ten an­schal­ten.

Na je­den­falls wä­re es für un­ser­eins kei­ne Op­ti­on, die di­gi­ta­le Tech­nik da­heim zu las­sen und in der Fer­ne den hal­ben Tag ins ana­lo­ge Meer zu star­ren in der Hoff­nung, daß ei­ner an­beißt:

Fischerin bei Garachico

Wo­mit ich nix ge­gen die ab­ge­bil­de­te Ang­le­rin ge­sagt ha­ben möch­te, viel­leicht wohnt dem (in letz­ter Kon­se­quenz grau­sa­men) Tun ja ei­ne me­di­ta­ti­ve Kom­po­nen­te in­ne, zu die mei­ner ei­ner kei­nen Zu­gang fin­det. Egal: Die ei­nen fi­schen halt in den Tie­fen des vir­tu­el­len Oze­ans nach Er­kennt­nis­sen, die an­de­ren hän­gen ih­ren Ha­ken ins rich­ti­ge Meer in der Hoff­nung auf ein Abend­essen. Su­um cui­que.

Un­se­re von abend­li­cher Pas­si­vi­tät ge­präg­ten Ak­tiv­ur­lau­be ha­ben un­ter dem Strich re­gel­mä­ßig ei­ne Ver­bes­se­rung der ei­ge­nen Fit­ness zur Fol­ge, die ich durch kon­se­quen­te Auf­zugs- und Roll­trep­pen­ver­wei­ge­rung noch ei­ne Wei­le ins All­tags­le­ben hin­über­zu­ret­ten ver­mag. Was ich frei­lich nim­mer­mehr er­ei­chen wer­de und nur nei­disch be­stau­nen kann, ist die Ge­len­kig­keit man­cher rund ums Jahr dienst­be­frei­ten Vier­bei­ner:

reinliche Katze

Wo­bei das Le­ben auf den In­seln des ewi­gen Früh­lings selbst für Kat­zen we­der Zucker­hof noch Po­ny­schlecken ist: Die hier bei der Kör­per­pfle­ge ab­ge­lich­te­te Mie­ze war von ei­ni­gen Ver­wun­dun­gen und Biß­spu­ren ge­zeich­net und wohl eher zu be­dau­ern als zu be­nei­den.

Be­dau­er­lich ist auch der Spa­ni­er un­be­küm­mer­ter Um­gang mit den ir­di­schen Res­sour­cen, wie ich schon mehr­mals an­ge­merkt ha­be. Ein wei­te­res Ex­em­pel bau­li­cher Fehl­pla­nung ist der von uns am letz­ten Wan­der­tag ver­ram­melt und ver­las­sen vor­ge­fun­de­ne Mi­ra­dor El Ma­za­pé:

im Mirador El Mazapé

Das ober­halb des Bar­ran­co de Ruiz auf ein Berg­pla­teau ge­stell­te, auf­wen­dig aus­ge­stat­te­te Re­stau­rant mit Aus­sicht ist sei­nes tech­ni­schen In­nen­le­bens weit­ge­hend be­raubt, die noch vor­han­de­nen Ein­bau­ten und das Mo­bi­li­ar ein­ge­staubt, die Luft im In­ne­ren muf­fig und ab­ge­stan­den. Ei­ner be­bil­der­ten Ta­fel mit der Hi­sto­rie des Eta­blis­se­ments konn­te man ent­neh­men, daß der frag­los teu­re Bau nur we­ni­ge Jah­re in Be­nut­zung ge­we­sen war (und da­bei mei­ner Mei­nung nach nie und nim­mer sei­ne Bau­ko­sten ein­ge­spielt hat). In­zwi­schen ist die Zu­fahrt ver­schlos­sen, der gro­ße Park­platz ver­waist, die Ve­ge­ta­ti­on rund­um ins Kraut schie­ßend, ei­ne Wie­der­auf­nah­me des Be­trie­bes mehr als nur frag­lich er­schei­nend.

Was un­ser­ei­nen nicht im Ge­ring­sten ver­wun­dert: Der spek­ta­ku­lär ge­le­ge­ne Aus­sichts­punkt ist von mo­to­ri­si­s­ier­ten Be­su­chern nicht so leicht zu er­rei­chen, Bus­se müß­ten sich müh­sam über land­wirt­schaft­li­che Stra­ßen klei­ne­ren Ka­li­bers hoch­quä­len, Wan­de­rer sich Aus­sicht und Ein­kehr ent­we­der durch das Er­klim­men des stei­len Bar­ran­cos oder durch ei­nen lan­gen Auf­stieg von San Ju­an de la Ram­bla her ver­die­nen. Kurz­um: Ein Lo­kal an die­ser Stel­le – un­zu­rei­chend er­schlos­sen und ab­seits leid­lich fre­quen­tier­ter Ver­kehrs­adern – kann gar nicht funk­tio­nie­ren, schon sei­ne Er­rich­tung muß mehr von Wunsch­den­ken als von nüch­ter­ner Kal­ku­la­ti­on ge­prägt ge­we­sen sein. Aber wer weiß, wer im Hin­ter­grund den­noch or­dent­lich an dem zum Schei­tern ver­ur­teil­ten Pro­jekt ver­dient hat...

Mei­ne bis hier­her durch­ge­hal­ten ha­ben­den Le­se­rin­nen und Le­ser frei­lich ha­ben was Bes­se­res ver­dient als des zonebattler’s trüb­sin­ni­ge Ge­dan­ken, da­her sei­en sie nun mit üp­pi­gem Wachs­tum am We­ges­rand be­glückt. Die Flo­ra der Ka­na­ren bringt im­mer wie­der Er­staun­li­ches her­vor und da­von reich­lich:

Riesenhauswurz galore!

Ähn­li­ches sieht man zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen hin und wie­der auch auf frän­ki­schen Gar­ten­mäu­er­chen, aber die in­su­la­ren Rie­sen­h­aus­wur­ze spren­gen in An­zahl und Grö­ße un­ser zen­tral­eu­ro­pä­isch ge­präg­tes Vor­stel­lungs­ver­mö­gen. Scha­de, daß ein klamm­heim­li­ches Mit- und Ein­schlep­pen ins frän­ki­sche Fürth kei­ne Aus­sich­ten auf dau­er­haft neu­es Wur­zel­schla­gen im kli­ma­tisch wech­sel­haf­te­ren Exil er­öff­nen kann...

Im­mer wie­der nett an­zu­schau­en – da nost­al­gisch an Italo-We­stern der 1960er Jah­re er­in­nernd – sind klei­ne Kir­chen mit ver­gleichs­wei­se win­zi­gen Glocken in ru­di­men­tä­ren Türm­chen, die eher schüch­tern »Bim Bim« ma­chen als mit mäch­ti­gem »Dong Dong« ei­nen drei­ki­lo­met­ri­gen Ra­di­us zu be­schal­len:

Kirchlein mit Glöcklein

Wir hör­ten zu un­se­rem Er­stau­nen von di­ver­sen Gä­sten des Ho­tels »Mo­no­pol«, die sich über das Läu­ten der Glocken der un­mit­tel­bar be­nach­bar­ten Kir­che Nue­stra Se­ño­ra de la Pe­ña de Fran­cia be­schwert hat­ten, ein Got­tes­haus, wel­ches erst ab sie­ben Uhr mor­gens die Zeit aku­stisch zu ver­kün­den be­ginnt und das durch­aus de­zent. Der­lei un­gläu­bi­ge und/oder dep­per­te Be­schwer­de­füh­rer soll­ten mal nach Fürth kom­men, in mei­nem Bett­chen schla­fen und des Mor­gens die Glocken von St. Paul dröh­nen hö­ren. Das hat Schmackes, aber hal­lo! Da­ge­gen ist das Bim­melb­am­mel in Pu­er­to de la Cruz ein nach­ge­ra­de lä­cher­li­ches Läu­te­werk!

Wo­bei die Spa­ni­er es sehr wohl auch kra­chen las­sen kön­nen, daß ei­nem Hö­ren und Se­hen ver­geht. Ge­gen En­de un­se­rer Rei­se hat­ten wir bei­spiels­wei­se in San Ju­an de la Ram­bla noch ei­ne ein­ger­ma­ßen bi­zar­re Be­geg­nung mit ei­nem mut­maß­lich kom­mu­ni­sti­schen kom­mu­na­len Ver­kün­di­gungs-Mo­bil, wel­ches – so­zu­sa­gen als aku­sti­sches Amts­blatt – die Gas­sen auf und nie­der fuhr und aus zwei rie­si­gen Horn­laut­spre­chern merk­wür­di­ge Re­den und ei­gen­ar­ti­ge Mu­sik ab­son­der­te. Al­les nicht im Min­de­sten high-fi­del, son­dern ble­chern schep­pernd und von ei­ner Laut­stär­ke, die zum Er­wecken von To­ten ge­eig­net er­schien (was ja viel­leicht auch die Ab­sicht war). Wer be­tagt ge­nug ist, um sich an die al­ten Don-Ca­mil­lo-Fil­me zu er­in­nern, wird sich wie ich an die Pro­pa­gan­da-Laut­spre­cher­wa­gen der Ro­ten er­in­nert füh­len. Lei­der kam hier auf Te­ne­rif­fa kein er­bo­ster Got­tes­mann her­bei­ge­lau­fen, umd dem gott­lo­sen Ge­plär­re Ein­halt zu ge­bie­ten. Fal­scher Film, so­zu­sa­gen...

Megaphon-Mobil in San Juan de la Rambla

Glocken hier, über­steu­er­te Flü­ster­tü­ten da: Die »Lär­min­sel« bie­tet in aku­sti­scher Hin­sicht das vol­le Pro­gramm! Vor den Re­stau­rants und den Ho­tels (na­tür­lich auch dem vor un­se­rem) ste­hen ab dem Nach­mit­tag bis in den spä­ten Abend al­ler­lei Mu­si­kan­ten di­ver­ser Gü­te­klas­sen und be­schal­len die Ge­mein­de mit weh­mü­ti­gen Wei­sen, die Pas­san­ten und sit­zen­de Gä­ste zum ge­ne­rö­sen Zücken der Geld­bör­se ani­mie­ren sol­len. Der per­ma­nent aus­ge­leg­te Mu­sik­tep­pich ist nicht wirk­lich ner­vig (wenn man sich nicht ge­ra­de in der Mit­te zwi­schen zwei se­mi­folk­lo­ri­sti­schen Schmacht­fet­zen-Bar­den auf­hält und bei­de gleich­zei­tig er­dul­den muß), aber hin und wie­der wä­re ei­ne no­ten­lo­se Ge­ne­ral­pau­se auch nicht ver­kehrt. Im­mer­hin: Noch deut­lich vor Mit­ter­nacht kehrt ge­mein­hin Ru­he ein in Pu­er­to de la Cruz.

An ei­nem un­se­rer letz­ten Aben­de als tem­po­rä­re In­su­la­ner ging es so­gar im In­ne­ren un­se­res Ho­tels so laut zu, daß wir neu­gie­rig vor die Zim­mer­tür tra­ten, um nach­zu­se­hen, was da wohl ab­geht. Und was wir sa­hen und hör­ten, war mit­rei­ßend und al­le Auf­merk­sam­keit wert: Vier feu­e­ri­ge Spa­nie­rin­nen prä­sen­tier­ten un­ten in der zen­tra­len Pal­men­hal­le ein Pot­pour­ri aus tra­di­tio­nell an­ge­hauch­ter, wie­wohl mo­dern ar­ran­gier­ter Mu­sik und klap­per­ten da­bei an­mu­tig mit den Ab­sät­zen un­ten und ih­ren Ka­sta­gnet­ten oben. Hui, war das ein Stamp­fen, ein Wir­beln, ein Flie­ßen und ei­ne Or­gie von Far­ben, die von un­se­rer Ga­le­rie aus nä­he­rungs­wei­se ein­zu­fan­gen der zap­pe­li­ge zone­batt­ler al­le Mü­he hat­te:

bunt gewandete Tänzerinnen

So ein haus­in­ter­nes Un­ter­hal­tungs­pro­gramm hat­ten wir auf frü­he­ren Rei­sen auch noch nicht ge­bo­ten be­kom­men. Cha­peau! Ein­mal mehr wa­ren wir sehr po­si­tiv an­ge­tan von un­se­rer Blei­be: Was dort auch dem bud­get­be­wuß­ten Spar­fuchs ge­bo­ten wird, ist schon sehr be­mer­kens­wert. Auch die Fern­sicht von der Dach­ter­ras­se in den letz­ten Son­nen­un­ter­gang vor dem Heim­flug kann selbst im teu­er­sten Lu­xus-Res­sort kaum schö­ner sein:

Sonnenuntergang am letzzten Abend auf Teneriffa

Wür­den wir al­so wie­der hin­fah­ren, am En­de so­gar mehr als ein Dut­zend mal wie un­se­rer Buf­fet-Be­kann­ter aus Wales? Ich den­ke nicht. Eher rei­sen wir ihm hin­ter­her nach Wales, wo wir ja über­haupt noch nicht und nie­mals weil­ten. Denn so ein­la­dend un­ser Ho­tel dies­mal auch war (und ist), so sehr reizt uns na­tür­lich auch das Neue und das An­de­re. Es wä­re ver­mes­sen zu be­haup­ten, in zwei Wo­chen (mi­nus vier Krank­heits­ta­gen) Te­ne­rif­fa auch nur an­nä­hernd er­forscht zu ha­ben. Gleich­wohl hat man dann das We­sent­li­che ge­se­hen und ein Ge­fühl für den Cha­rak­ter des Ei­lands be­kom­men.

Viel­leicht fah­ren wir näch­stes Jahr der Ab­wechs­lung hal­ber an ein Bin­nen­ge­wäs­ser? Ei­ne Freun­din hat un­längst ei­ne Wo­che am Gar­da­see ver­bracht und den als »um­ge­kehr­te In­sel« be­zeich­net, al­so mit dem Was­ser in­nen und der Kü­ste au­ßen her­um. Das wä­re doch auch mal was, zu­mal mir da­für schon ein grif­fi­ger Re­por­ta­ge-Ti­tel ein­ge­fal­len ist: »Die Wen­d­e­insel«. Na dann, schau­en wir mal, ob und was aus aus die­ser Idee noch wird...

 
[1] Das an sich wä­re ja noch ei­ni­ger­ma­ßen zu hand­ha­ben, aber dum­mer­wei­se ist der näch­ste freie Log­in erst ex­akt 24 Stun­den nach dem Auf­brau­chen der Frei­mi­nu­ten des Vor­tags mög­lich, wo­mit sich das näch­ste freie »Start­fen­ster« Tag für Tag um min­de­stens ei­ne hal­be Stun­de nach hin­ten ver­schiebt. Mit mei­nen ei­ge­nen drei Ge­rät­schaf­ten (Ur­alt-iPad, Kind­le-Ve­te­ran und Smart­phone) konn­te ich mir zwar 3x 30 Mi­nu­ten Netz­zeit hin­ter­ein­an­der­weg er­schnor­ren, muß­te mir aber sehr bald Auf­schrei­bun­gen ma­chen und mir die je­wei­li­gen On­line-Zei­ten no­tie­ren, weil ich die tags drauf ga­ran­tiert schon wie­der ver­ges­sen ge­habt hät­te...

[2] Dies­mal gab es die Aus­nah­me von der Re­gel, denn für die strecken­wei­se bett­lä­ge­ri­ge bes­se­re Hälf­te galt es, durch mul­ti­me­dia­le Be­blub­be­rung die lang­wei­li­ge Re­kon­va­les­zenz­zeit et­was zu ver­kür­zen. Ver­ständ­lich (was die Spra­che an­geht) war für uns nur der (recht ver­rausch­te) Emp­fang der ARD, un­ver­ständ­lich da­ge­gen, für wel­chen Krampf man sei­ne öf­fent­lich-recht­li­che Zwangs­ab­ga­be zu be­zah­len hat. Wür­de man für in­tel­li­gent ge­mach­te Bil­dungs­pro­gram­me so­gar ger­ne tun, aber nicht für den Bo­den­satz der sich am Pri­vat­sen­der-Ni­veau ori­en­tie­ren­den Se­ri­en und Shows. So ha­ben wir in der Frem­de un­se­re An­sicht be­stä­tigt ge­fun­den, daß sich auch da­heim das Ein­schal­ten der Glot­ze nur sel­ten lohnt.

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Freitag, 5. Juni 2015

Die Lär­min­sel (4)

Nach­dem wir von Freun­den schon im Vor­feld un­se­rer Rei­se über das gut funk­tio­nie­ren­de Bus­netz auf Te­ne­rif­fa in­for­miert wor­den wa­ren, hat­ten wir uns vor­ge­nom­men, den über­wie­gen­den Teil des Ur­laubs oh­ne ei­ge­nen Miet­wa­gen zu ver­brin­gen und uns von öf­fent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln her­um­kut­schie­ren zu las­sen. Das klapp­te auch ganz gut, und un­se­re er­ste Fahrt im dröh­nen­den und vi­brie­ren­den Die­sel-Bus brach­te uns zum Nord­ost­zip­fel der In­sel, in de­ren Haupt­stadt San­ta Cruz de Te­ne­ri­fe.

Un­weit des dor­ti­gen Bus­bahn­ho­fes gibt es ein spek­ta­ku­lä­res Stück mo­der­ner Ar­chi­tek­tur zu be­sich­ti­gen, die Kon­zert­hal­le Au­di­to­rio de Te­ne­ri­fe:

Das Auditorio de Tenerife

Das ver­we­gen ge­stal­te­te Ge­bäu­de ist ge­ra­de mal ein Dut­zend Jah­re in Be­trieb, da zei­gen sich schon die er­sten Schä­den in der Au­ßen­hül­le: Fei­ne Mo­sa­ik­stein­chen fal­len ab, Was­ser sucht sich sei­nen Weg, Stahl­ar­mie­run­gen be­gin­nen zu ro­sten. Wie schein­bar über­all in spa­ni­schen Ge­fil­den schei­nen In­stand­hal­tung und prä­ven­ti­ve Pfle­ge un­be­kann­te Fremd­wör­ter zu sein, man klotzt was hin und ranzt es run­ter, schließ­lich reißt man es ab und baut was Neu­es hin (oder auch nicht). Al­les nicht sehr nach­hal­tig und res­sour­cen­scho­nend, aber kon­se­quent nach dem (vor­mals ost­zo­na­len) Mot­to: »Wir bau­en auf und rei­ßen nie­der, so ha­ben wir Ar­beit, im­mer wie­der«. An­de­re machen’s frei­lich auch nicht bes­ser, den glei­chen Spruch ha­be ich ja schon über Mal­ta vom Sta­pel ge­las­sen... In­nen im Foy­er des ver­we­gen ge­schwun­ge­nen Mu­sen­tem­pels ist es un­glaub­lich laut, das Ge­plap­per und Gek­lacker der Be­su­cher po­ten­ziert sich in dem Schall­trich­ter aus Be­ton zu ei­ner lär­men­den Sym­pho­nie. Aber we­nig­stens konn­te ich dort drin­nen di­ver­se net­te Da­men­bei­ne ein­fan­gen... [1]

Laut und quir­lig ging es auch in der be­leb­ten In­nen­stadt von San­ta Cruz zu, wie­wohl es ein »ru­hi­ger« Sonn­tag war und die mei­sten Ge­schäf­te ge­schlos­sen hat­ten. Aber die Spa­ni­er fei­ern ja recht ger­ne und An­läs­se da­zu fin­den sich rund ums Jahr und im­mer wie­der. Uns steht ja auch hin und wie­der der Sinn nach Ge­sel­lig­keit, aber im Ur­laub su­chen wir doch eher das Ru­hi­ge und Er­ha­be­ne. [2] Dar­um sind wir tags drauf ins na­he­ge­le­ge­ne Oro­ta­va-Tal ge­tuckert und ha­ben dort ei­ne Hö­hen­wan­de­rung un­ter­nom­men, die uns tat­säch­lich in ganz un­er­war­te­te Hö­hen führ­te:

Blick auf den Teide

Wir ver­paß­ten auf­grund un­ge­nü­gen­der Weg­be­schrei­bung im Rei­se­füh­rer den vor­ge­se­he­nen (aber we­gen fri­schen Erd­rut­sches ge­sperr­ten Ab­zweig) und stie­gen hö­her und hö­her, oh­ne zu be­mer­ken, daß wir schon längst über den an­ge­peil­ten »Hö­hen­weg« auf­ge­stie­gen wa­ren. Tat­säch­lich »mach­ten« wir knapp 1000 Me­ter in der Ver­ti­ka­len und ka­men letzt­lich bei der Stra­ße durch den Tei­de-Na­tio­nal­park her­aus, wo­durch wir un­se­res schweiß­trei­ben­den Irr­tums end­lich ge­wahr wur­den. Im­mer­hin konn­ten wir beim Ab­stieg drei wei­te­ren deut­schen Paa­ren, die mit dem glei­chen Wan­der­füh­rer ei­nes re­nom­mier­ten Er­lan­ger Ver­la­ges be­waff­net wa­ren, ein ähn­li­ches Schick­sal er­spa­ren...

Im­mer­hin war die An­stren­gung nicht ver­ge­bens, wir wur­den mit Son­nen­schein und wun­der­ba­rer Fern­sicht be­lohnt. An den Fol­ge­ta­gen wa­ren Wäl­der und Wip­fel wol­ken- und ne­bel­ver­han­gen, und auch der Tei­de war nicht aus­zu­ma­chen. Schon am näch­sten Mor­gen – wir wa­ren bei war­mer Wit­te­rung kurz­be­host und ‑be­är­melt mit dem Bus nach La Lagu­na auf­ge­bro­chen – tapp­ten wir stun­den­lang leicht bib­bernd durch die hi­sto­ri­sche (und re­gen­nas­se) In­nen­stadt und be­nei­de­ten je­ne, die mit pas­sen­de­rer Klei­dung und Aus­rü­stung un­ter­wegs wa­ren:

Drei gut beschirmte Damen in La Laguna

Na ja, wir han­gel­ten uns im Nie­sel­re­gen von Dach zu Dach, Un­ter­stand zu Un­ter­stand, Se­hens­wür­dig­keit zu Se­hens­wür­dig­keit und be­schlos­sen den Halb­tag mit Kaf­fee, Ku­chen und Kn­ser­vie­rungs­stof­fen. Kann man mal ma­chen. So rich­tig gran­di­os fan­den wir es dort nicht, aber das war viel­leicht der Er­war­tungs­hal­tung ei­ner­seits und dem un­ver­hofft naß­küh­len Wet­ter an­de­rer­seits ge­schul­det...

Tags drauf kam die un­ver­hoff­te, gro­ße Zä­sur: Wäh­rend der zone­batt­ler die Rei­se zwar an­ge­krän­kelt, aber im­mer­hin schon auf dem We­ge der Bes­se­rung an­ge­tre­ten hat­te, war sei­ne bes­se­re Hälf­te ge­sund in den Flie­ger ge­stie­gen, hat­te sich aber von ba­zil­len-be­fal­le­nen Mit­rei­sen­den die Krät­ze ein­ge­fan­gen und muß­te des Abends mit im be­droh­li­chem Tem­po an­stei­gen­den Fie­ber zu ei­nem »Cen­tro Med­ico« ver­bracht wer­den. Ist auch ei­ne in­ter­es­san­te Ur­laubs­er­fah­rung, wenn ei­ne re­so­lu­te Doc­to­ra, die des Deut­schen nicht mäch­tig ist, nur ih­re dol­met­schen­de Sprech­stun­den­hil­fe an­schaut und nicht die vor ihr ste­hen­de Pa­ti­en­tin. Im­mer­hin wa­ren die War­te­zei­ten kurz und die An­ti­bio­ti­ka bil­lig zu ha­ben. Muß sich trotz­dem nicht so bald wie­der­ho­len...

Vier Ta­ge Bett­ru­he für die Ge­fähr­tin be­deu­te­ten vier Ta­ge frei­en Her­um­lun­gerns für den Be­richt­erstat­ter, der sich nur zu ger­ne nun selbst et­was schon­te und mit der Ka­me­ra be­waff­net in der nä­he­ren Um­ge­bung des Ho­tels her­um­strich.

Fassadenkunst in Puerto de la Cruz

Die In­nen­stadt von Pu­er­to de la Cruz ist zwar in we­ni­gen Geh­mi­nu­ten durch­mes­sen, aber man fin­det doch recht in­ter­es­san­te und auch ab­wechs­lungs­rei­che Ecken und An­sich­ten, die auf­z­neh­men sich lohnt. Lei­der war ich aber doch recht trä­ge und nicht so recht mo­ti­viert, mich auf fo­to­gra­fi­sche Pirsch zu be­ge­ben. Dar­um ha­be ich nur den ei­nen oder an­de­ren Schnapp­schuß ge­macht und mich nicht wei­ter an­ge­strengt.

Man­che Mo­ti­ve in­des sind so au­gen­fäl­lig, daß man sie auch re­flex­haft und oh­ne gro­ße Mü­hen ein­fan­gen kann. Wie z.B. die­ses Ex­em­pel von gen­re­haf­ter Street Pho­to­gra­phy:

Straßenszene am Vormittag

Zu­ge­ge­ben, der al­te Herr mit Rol­la­tor war recht lang­sam un­ter­wegs, da konn­te ich mir mit dem Kom­po­nie­ren des Bil­des Zeit las­sen. Über­haupt schien die ge­mäch­li­che Un­auf­ge­regt­heit un­se­res Ur­laubs­or­tes auf mich ab­zu­fär­ben, und ich weiß bis heu­te nicht, ob es wirk­lich an der At­mo­sphä­re lag oder an mei­nem nur lang­sam ab­flau­en­den grip­pa­len In­fekt, an dem ich ja schon seit län­ge­rem la­bo­rier­te.

Egal, war­um auch im­mer ich et­was lang­sa­mer re­agier­te als sonst, so­lan­ge die Mo­ti­ve vor mir sich noch we­ni­ger be­we­gen und mir nicht da­von­lau­fen, krie­ge ich sich im­mer noch pro­blem­los ein­ge­fan­gen, wie zum Ex­em­pel die­sen Ang­ler, der auf der Kai­mau­er sit­zend sein Glück ver­such­te:

Mann mit Hut, sitzend und angelnd

Die Pas­si­on des An­gelns ge­hört zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen zu je­nen fin­ste­ren Lei­den­schaf­ten, de­ren Reiz und Mi­ra­kel sich mir zeit­le­bens nicht er­schlie­ßen wer­den, und das hat nicht nur da­mit zu tun, daß un­ser­ei­ner kein gro­ßer Fisch­esser ist. Na ja, je­dem das Sei­ne, und so­lan­ge der schweig­sa­me Ru­ten­schwin­ger sei­nem Hob­by nach­geht, ist er we­nig­stens weg von der Stra­ße und kommt nicht auf noch düm­me­re Ge­dan­ken...

Jetzt aber hur­tig et­li­che Stun­den vor­ge­spult und die weit­ge­hend er­eig­nis­frei­en Re­kon­va­les­zenz-Ta­ge der bes­se­ren Hälf­te über­sprun­gen. Nach leid­li­cher Ge­ne­sung (mei­ner ei­ner war dann selbst al­ler im­por­tier­ten Schnup­fen-Re­ste le­dig) fin­gen wir wie­der an mit der Er­for­schung un­se­rer Um­welt. Ein Bus brach­te uns in kü­sten­nah mä­an­drie­ren­der Fahrt ins west­lich ge­le­ge­ne Ga­ra­chi­co.

eingerahmter Meeresblick in Garachico

Ein be­freun­de­tes Ga­le­ri­sten-Ehe­paar hat­te dort we­ni­ge Wo­chen zu­vor den ei­ge­nen Ur­laub ver­bracht und war des Lo­bes voll über die­sen be­schau­li­chen Ort. Wir selbst glau­ben, sei­ne (durch­aus vor­han­de­nen) Rei­ze in den paar Stun­den un­se­res Auf­ent­hal­tes weit­ge­hend voll­stän­dig wahr­ge­nom­men und ge­wür­digt zu ha­ben. Ja, es ist nett dort, aber nein, wenn man nicht ge­ra­de Kunst­ma­ler ist oder in Ru­he sei­nen neu­en Ro­man fer­tig­stel­len möch­te, ist man dort nicht un­be­dingt am rech­ten Plat­ze.

Sehr leb­haft vom Tag in Ga­ra­chi­co in Er­in­ne­rung ge­blie­ben ist mir aber er­stens die Be­geg­nung mit ei­nem jun­gen Hundchen (wel­ches sich nur zu ger­ne krau­len und necken ließ und da­von schier au­ßer sich ge­riet vor pu­rer Le­bens­freu­de), so­wie die mit ei­ner Stre­litzie, wel­che sich na­tur­ge­mäß we­ni­ger spiel­freu­dig und be­gei­ste­rungs­fä­hig zeig­te, sich da­für aber in wun­der­bar leuch­ten­den Far­ben prä­sen­tier­te:

prächtige Strelitzie

Tat­säch­lich sind dem zone­batt­ler auf Te­ne­rif­fa der­ma­ßen vie­le die­ser Pa­ra­dies­vo­gel­blu­men un­ter die Au­gen ge­kom­men, daß er ei­nen va­ge er­wo­ge­nen Ur­laub auf der »Blu­men­in­sel« Ma­dei­ra nun­mehr zu ver­wer­fen be­reit ist und da­mit auch um et­li­che nur äu­ßerst schweiß­trei­bend zu be­wäl­ti­gen­de Hö­hen­me­ter ele­gant her­um­kä­me...

So­viel für heu­te. In ei­ner Wo­che geht es wei­ter.

 
[1] Ge­gen En­de des Ur­laubs sind ganz in der Nä­he zwei Gra­zi­en vor der Na­se mei­nes Miet­wa­gens über die Kreu­zung ge­stakst, bei­de mit knall­engen Jeans und leuch­tend ro­ten Pumps von schwin­del­erre­gen­der Ab­satz­hö­he an­ge­tan. Das wä­re ein Fo­to ge­we­sen! Aber was will man ma­chen, wenn die Am­pel kurz vor dem Um­sprin­gen ist, bei­de Hän­de am Lenk­rad lie­gen und die Ka­me­ra ir­gend­wo auf dem Rück­sitz liegt? Die fahr­läs­si­ge Un­vor­be­rei­tet­sei­ung ver­flu­chen!

[2] Wir hal­ten es da eher mit Jo­hann Ne­stroy (oder war es doch Karl Va­len­tin?), der die Men­schen lieb­te, aber die Leu­te nicht moch­te und da­her mied...

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Freitag, 22. Mai 2015

Die Lär­min­sel (2)

Auch wenn Pu­er­to de la Cruz ei­ne »ech­te« Stadt mit »ech­ten« Be­woh­nern ist – ei­ne vom Tou­ris­mus ge­präg­te Ge­mein­de ist sie na­tür­lich den­noch. Das merkt man an den un­zäh­li­gen Bars und Re­stau­rants, das sieht man auch an den (Lebens-)Künstlern al­ler Art, die an der Ufer­pro­me­na­de ih­re mehr oder we­ni­ger ori­gi­nel­len Dien­ste und Din­ge an­bie­ten.

Wie neu­lich in Pa­ris fie­len dem rap­por­tie­ren­den Be­ob­ach­ter die Heer­scha­ren flie­gen­der Ma­ler und Zeich­ner auf, die nicht nur Politiker(innen) und dem gla­mour­lo­sen zone­batt­ler ge­mein­hin völ­lig un­be­kann­te »Ce­le­bri­ties« auf poin­tiert über­zeich­ne­te Wei­se auf’s Blatt brin­gen, son­dern auch die vor­bei­fla­nie­ren­de Kund­schaft. Letz­te­re ge­gen Ent­gelt, wie sich von selbst ver­steht...

ambulanter Portrait-Maler an der Uferpromenade von Puerto de la Cruz

Der Be­richt­erstat­ter, der um die Durch­schnitt­lich­keit sei­ner Er­schei­nung weiß, macht um Of­fer­ten die­ser Art re­gel­mä­ßig ei­nen wei­ten Bo­gen. Und was soll­te er mit der fer­ti­gen Ka­ri­ka­tur sei­ner selbst dann an­fan­gen? Über sich la­chen kann er schließ­lich auch oh­ne der­lei Hilfs­mit­tel!

Schluß­end­lich fer­tigt er sel­ber Bil­der an, frei­lich nicht mit Stift oder Pin­sel, son­dern mit sei­ner mitt­ler­wei­le von vie­len Ur­laubs­rei­sen pa­ti­nier­ten Kom­pakt-Ka­me­ra. [1] Meist geht es ihm da­bei be­kann­ter­ma­ßen nicht um ge­treu­li­che Do­ku­men­ta­ti­on, son­dern eher um gra­phi­sche Ab­strak­ti­on:

o.T.

Zu­ge­ge­ben, man muß nicht un­be­dingt nach Te­ne­rif­fa fah­ren, um mi­ni­ma­li­sti­sche Fo­tos zu ma­chen, aber hier wie fast über­all gilt, daß die vom Men­schen ge­form­te Welt de­sto ba­na­ler und häß­li­cher aus­schaut, je mehr man von ihr mit auf’s Bild bannt...

Aber da man ei­ne Rei­se-Re­pri­se ja schwer­lich nur mit künst­le­risch am­bi­tio­nier­ten De­tail-Her­aus­lö­sun­gen be­strei­ten kann, soll der Blick jetzt erst­mal wie­der wei­ter schwei­fen. Hier freu­en sich ein paar Jungs auf strand­na­her Sitz­ge­le­gen­heit ih­res Le­bens und be­trach­ten da­bei die sich aus­brei­ten­de Be­bau­ung west­lich von Pu­er­to:

Drei Jünglinge

Die gut ge­bräun­ten Kerls wa­ren ver­mut­lich Ein­hei­mi­sche, je­den­falls kei­ne Bri­ten: Die von der gro­ßen In­sel sind ge­mein­hin zwei­fels­frei zu be­stim­men, da sie ty­pi­scher­wei­se kä­se­weiß auf die spa­ni­schen Ei­lan­de kom­men und spä­te­stens am drit­ten Tag ih­res Auf­ent­hal­tes krebs­rot ge­son­nen­bran­det um­her­lau­fen...

Freu­di­ge Zer­streu­ung sucht der Mensch in­des nicht nur zu Lan­de und am (bzw. im) Was­ser, so­gar der Luft­raum ist längst von ad­re­na­lin­süch­ti­gen Rei­sen­den auf der Su­che nach dem be­son­de­ren Kick be­völ­kert: Oben bei der Hoch­stra­ße zum Tei­de sprin­gen bei schö­nem Wet­ter Gleit­schirm­flie­ger im Dop­pel­pack ab, wir hat­ten Ge­le­gen­heit, so­wohl ei­ni­ge Starts in ca. 1000 m Hö­he als auch meh­re­re Lan­dun­gen un­ten auf Mee­res-Ni­veau zu be­ob­ach­ten:

Gleitschirm-Tandemspringer beim Landeanflug

Der laut­lo­se Se­gel­flug kann bis zur ei­ner hal­ben Stun­de dau­ern, wir ha­ben nach müh­sa­mer Hoch­krab­be­lung auf den Berg­rücken den schö­nen Schir­men bei ih­rer laut­lo­sen Rei­se nach drun­ten lan­ge nach­ge­schaut. Merk­wür­di­ger­wei­se ha­ben wir aber nir­gends ein­schlä­gi­ge Of­fer­ten ge­se­hen, ob­wohl man sonst al­ler­or­ten auf aus­ge­leg­te Fly­er von Wan­der-Ver­an­stal­tern und an­de­ren Frei­zeit-Ver­brin­gungs-Hel­fern stößt. Of­fen­bar ist die Hang­glei­te­rei un­ter dem Sei­den­dach doch (noch) et­was eher Eli­tä­res...

Sprin­gen wir wie­der zu­rück auf den Bo­den der Tat­sa­chen. Wäh­rend man im Sü­den der In­sel tat­säch­lich frach­ter­wei­se Sa­ha­ra-Sand über den Strand ge­kippt hat, um den be­we­gungs­scheu­en Fau­len­zer-Tou­ri­sten Süd­see-Fee­ling zu be­sche­ren, sind die Strand­ab­schnit­te im Nor­den Te­ne­rif­fas noch so, wie sie seit je­her wa­ren und recht ei­gent­lich auch sein müs­sen, näm­lich schwarz. Klar, daß sich der dunk­le vul­ka­ni­sche Aus­wurf im pral­len Son­nen­licht weit stär­ker auf­heizt als hel­les Schütt­gut aus Afri­ka, aber wenn man nicht un­be­dingt bar­fuß un­ter­wegs sein muß, hält man das gut aus, wie die­ser mu­sik­kon­ser­ven­be­auf­schlag­te Strand­läu­fer hier sou­ve­rän de­mon­striert:

musikalischer Strandläufer

Wo­hin der Herr mit zeit­geist­ge­mä­ßer Ide­al-Fi­gur so be­schwingt eil­te, ist nicht über­lie­fert. Wir folg­ten ihm ein Stück We­ges, denn wir woll­ten an die­sem un­se­ren zwei­ten Ur­laubs­tag an der Kü­ste ent­lang nach We­sten wan­dern bis zum Mi­ra­dor de San Pe­dro.

Nur ein paar Mi­nu­ten nach der Be­geg­nung mit je­nem hur­tig aus­schrei­ten­den Mann am schwar­zen Stran­de kam mir die­ser Ho­tel­klotz vor die Lin­se, der uns bei spä­te­ren Aus­flü­gen ins Ge­bir­ge als im Wort­sin­ne her­vor­ste­chen­de Land­mar­ke die Iden­ti­fi­zie­rung der auf die Ent­fer­nung doch recht ähn­li­chen aus­se­hen­den An­sied­lun­gen er­leich­ter­te:

Hotel Maritim bei Punta Brava

Zwei­fels­frei kriegt man in so ei­ner him­mel­stür­men­den Ori­ga­mi-Falt­schach­tel aus Be­ton wie die­sem »Ma­ri­tim« mehr Leu­te un­ter als in so ei­nem an­ti­quier­tem Ho­tel wie dem »Me­tro­pol«, aber für uns per­sön­lich wä­re so­was kei­ne ernst­zu­neh­men­de Be­her­ber­gungs-Al­ter­na­ti­ve. Ger­ne hät­ten wir im Rah­men ei­ner am­bu­lan­ten so­zio­lo­gi­schen Stu­die her­aus­ge­fun­den, was für Leu­te wohl in sol­chen Be­wahr­an­stal­ten ab­stei­gen, al­lein, wir ha­ben kei­ne ge­se­hen. Of­fen­bar wer­den die In­sas­sen nur zu be­stimm­ten Zei­ten eben­so bus­la­dungs­wei­se her­an­ge­karrt wie ab­ge­fah­ren, wir sa­hen im wei­ten Um­kreis um den Klotz je­den­falls kaum ei­ne le­be­ne See­le...

Wei­ter im Text, wei­ter auf un­se­rem Weg gen We­sten. Was zu ge­fal­len weiß, sind ein­zel­ne Häu­ser in der nach un­se­rem Maß­stä­ben ei­ni­ger­ma­ßen »zer­sie­delt« zu nen­nen­den Land­schaft, in der of­fen­bar je­der sei­ne Fin­ca da­hin stel­len kann, wo es ihm ge­ra­de paßt. Manch­mal geht das so­gar mit äs­the­ti­schem Fein­ge­fühl von­stat­ten, und das Er­geb­nis sind groß­ar­ti­ge Kon­tra­ste von blau­em Meer (und Him­mel), ro­ten Dä­chern und schnee­wei­ßen Wän­den:

mein Himmel, mein Haus, meine Mauer...

Man be­ach­te die Ober­kan­ten der hübsch ver­zier­ten Zier­stein­mau­er: Ja, das sind ein­ze­men­tier­te Glas­split­ter, die we­ni­ger der De­ko­ra­ti­on als viel­mehr der Ab­wehr un­er­wünsch­ter Über­stei­ger die­nen sol­len (und das frag­los auch er­folg­reich tun). Nicht ein­mal Te­ne­rif­fa scheint ein Pa­ra­dies der Ehr­li­chen und Neid­lo­sen zu sein...

Wan­dern wir noch ein Stück wei­ter, so er­spä­hen wir bald ei­ne pit­to­res­ke Rui­ne, de­ren Ab­bild in kei­nem Rei­se­füh­rer fehlt und die wirk­lich ganz au­ßer­or­dent­lich an­zie­hend wirkt, trotz (oder we­gen) ih­res ziem­lich be­kla­gens­wer­ten Zu­stan­des:

Casa Hamilton bei Los Realejos

Bei der »Ca­sa Ha­mil­ton« han­delt es sich nicht um ein al­tes Klo­ster, wie uns man­che Hob­by-Knip­ser auf Goog­le Earth weis­ma­chen wol­len, son­dern um ei­ne ehe­ma­li­ge Quell­was­ser-Pump­sta­ti­on, mit de­ren Hil­fe die um­lie­gen­den Fel­der und Plan­ta­gen be­wäs­sert wur­den. Die im­mer noch wür­de­vol­le Rui­ne ist an sich nicht zu­gäng­lich, übt aber na­tür­lich auch des­halb ei­nen gro­ßen Reiz auf ka­me­ra­be­wehr­te ur­ban ex­plo­rer aus. Hier zeigt ein sol­cher ein­drucks­vol­le Fo­tos des grün­der­zeit­li­chen In­du­strie-Re­lik­tes; lei­der hat der Kol­le­ge es sich al­ler­dings nicht ver­knei­fen kön­nen, bei der Be­ar­bei­tung sei­ner HDR-Bil­der die Stell­schrau­ben sämt­li­cher Pa­ra­me­ter viel zu weit auf­zu­dre­hen. Die re­sul­tie­ren­de Künst­lich­keit am Ran­de des Er­träg­li­chen hät­te nicht sein müs­sen, die ge­wähl­ten Aus­schnit­te und Per­spek­ti­ven loh­nen aber den­noch die nä­he­re Be­gut­ach­tung.

Und da­mit ge­nug für heu­te, wir le­gen jetzt ei­ne (et­was aus­ge­dehn­te) Pick­nick-Pau­se ein und wan­dern in ei­ner Wo­che frisch ge­stärkt wei­ter...

 
[1] Lei­der al­tern mo­der­ne Di­gi­tal-Din­ger aus sprüh­lackier­tem Pla­stik ty­pi­scher­wei­se nicht an­nä­hernd so wür­de­voll und au­ra­tisch wie al­te Ap­pa­ra­te aus der Ana­log-Ära. Da wa­ren bzw. sind mei­ne zehn al­ten Mi­nol­tas doch von ganz an­de­rem Schrot und Korn. Im­mer­hin muß man sich heut­zu­ta­ge mit Leicht­bau-Knip­sen we­ni­ger ab­schlep­pen, und das hat ja auch sein Gu­tes...

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Freitag, 15. Mai 2015

Die Lär­min­sel (1)

Ein neu­er Früh­ling, ei­ne neue In­sel: Nach­dem der zone­batt­ler und sei­ne bes­se­re Hälf­te in den letz­ten Jah­ren schon al­ler­lei Ei­lan­de be­reist ha­ben (na­ment­lich La Pal­ma, Mal­ta samt Go­zo so­wie Mal­lor­ca), ward heu­er wie­der ein­mal ei­ne Ka­na­ren­in­sel zum Ziel aus­er­ko­ren: Te­ne­rif­fa soll­te es sein und da­mit ei­ne De­sti­na­ti­on, wel­che man von der wei­land Frei­en und Reichs­stadt Nürn­berg aus noch oh­ne lä­sti­ges und zeit­rau­ben­des Um­stei­gen er­flie­gen kann. Man wird ja be­quem im Al­ter...

Der Fe­rien­bom­ber star­te­te nicht wie ge­plant und ge­bucht um 6:00 Uhr in der Früh’, son­dern hob schon des Nachts um 3:40 Uhr in Fran­kens Me­tro­po­le ab. Im­mer­hin konn­ten wir dank die­ser Ter­min­ver­schie­bung die letz­te U‑Bahn des Vor­ta­ges neh­men und muß­ten für den Trans­fer zum Flug­ha­fen we­der auf Nach­bar­schafts­hil­fe noch auf ein Ta­xi zu­rück­grei­fen. Von da­her hat­te die kur­ze (und weit­ge­hend schlaf­lo­se Nacht) auch ihr Gu­tes.

Nach knapp fünf­stün­di­gem Flug (mit ko­sten­pflich­ti­ger Ver­pfle­gung, da­für aber mit Gra­tis-Ba­zil­len-Be­auf­schla­gung durch Hun­dert­schaf­ten hu­sten­der Mit­rei­sen­der) lan­de­ten wir auf dem in­ter­na­tio­na­len Flug­ha­fen im hei­ßen Sü­den Te­ne­rif­fas. Ein Groß­teil der ein­schwär­men­den Tou­ri­sten bleibt dann auch dort in der Ge­gend, wird für die Dau­er des Ur­lau­bes in zu die­sem Zwecke ge­bau­ten Groß­an­la­gen ver­staut, mit Son­ne und Mahl­zei­ten all in­clu­si­ve ver­sorgt und ver­stellt den an Land und Leu­ten in­ter­es­sier­ten Rei­sen­den nicht den Aus­blick auf das We­sent­li­che. Wir in­des wur­den mit ei­ner Hand­voll an­de­rer Neu­an­kömm­lin­ge per Klein­bus in den Nor­den ge­fah­ren, zu un­se­rer tem­po­rä­ren Heim­statt in Pu­er­to de la Cruz. Be­vor wir aber in die De­tails ein­stei­gen, sei zu­nächst – wie im­mer bei des zonebattler’s Rei­se­be­rich­ten – ei­ne Land­kar­te mit den ein­ge­ar­bei­te­ten GPS-Tracks der wäh­rend des Auf­ent­hal­tes zu­rück­ge­leg­ten We­ge ein­ge­baut und vor­ge­zeigt (Pu­er­to de la Cruz liegt ober­halb von La Oro­ta­va di­rekt an der Kü­ste):

Karte von Teneriffa mit den eingearbeiteten GPS-Tracks der zurückgelegten Wege
Map da­ta: © Open­Street­Map con­tri­bu­tors, powered by Open­Rou­te­Ser­vice
 
Groß­fas­sung 900 x 750 Pi­xel

Zu­ge­ge­ben, aus gro­ßer Hö­he be­trach­tet schaut das nach nicht son­der­lich viel aus für zwei Wo­chen des Wan­delns und Wan­derns. Es geht aber er­stens recht ge­bir­gig zu auf Vul­kan­in­seln und zwei­tens sieht man die gan­zen klein­räu­mi­gen Mä­an­drie­run­gen der schweiß­trei­bend zu­rück­ge­leg­ten (Höhen-)Meter erst beim Hin­ein­zoo­men. Drit­tens muß­ten wir lei­der auch ein paar Ta­ge krank­heits­hal­ber pau­sie­ren. Da­zu spä­ter mehr.

Nach ei­ner gu­ten Stun­de Klein­bus­fahrt ka­men wir – im­mer noch recht früh am Ta­ge – in Pu­er­to an und be­zo­gen Quar­tier im Ho­tel »Mo­no­pol«, über das ich mich hier und heu­te lo­bend aus­las­sen möch­te. [1] Da das uns zu­ge­dach­te Zim­mer zur vor­mit­täg­li­chen Stun­de noch nicht wie­der be­zugs­fer­tig ge­macht wor­den war, lud uns der am Emp­fangs­tre­sen per­sön­lich prä­sen­te Chef um­stands­los zum Früh­stück ein (»Sie ha­ben doch heu­te be­stimmt noch nichts ge­ges­sen?)« und schick­te uns nach dem Ab­stel­len des Rei­se­ge­päcks zur Stär­kung hin­un­ter ins haus­ei­ge­ne Re­stau­rant. Aber hal­lo! Der un­ver­hoff­te Ser­vice setz­te naht­los fort, wor­auf uns die blu­mi­ge De­ko­ra­ti­on an der Schwel­le des alt­ehr­wür­di­gen Hau­ses (ge­baut im 18. Jahr­hun­dert, seit mehr als 75 Jah­ren im Fa­mi­li­en­be­sitz des heu­ti­gen, deutsch­stäm­mi­gen Be­trei­bers) schon sehr ver­hei­ßungs­voll ein­ge­stimmt hat­te...

Blütendekoration am Eingang des Hotel Monopol

We­der als erst­klas­si­ger Dienst­rei­sen­der noch als bud­get­zim­mer­be­zie­hen­der Pri­vat­mann ist der zone­batt­ler der­lei Um­sicht und Ge­ne­ro­si­tät ge­wöhnt, es macht halt of­fen­bar doch ei­nen Un­ter­schied, wenn sich in in­ha­ber­ge­führ­ten Eta­blis­se­ments die Be­sit­zer und Be­trei­ber höchst­selbst um den Gast be­mü­hen. Cha­peau!

Der größ­te Ak­tiv­po­sten des Ho­tels aber – und des­we­gen brei­te ich mich auch so opu­lent dar­über aus – ist die wun­der­ba­re Pal­men­hal­le, ein über­dach­ter Inn­nen­hof, über des­sen holz­ge­faß­te Ga­le­rien auf drei Eta­gen die um­lie­gen­den Zim­mer er­schlos­sen wer­den. So sieht es aus, wenn man sich un­ten in der Hal­le auf ei­ner Sitz­gar­ni­tur nie­der­läßt und den Blick gen Him­mel rich­tet:

Die Palmenhalle des Hotel Monopol

Welch ei­ne Pracht, was ein Raum­er­leb­nis, was für ei­ne »Auf­ent­halts­qua­li­tät«, um ei­nen neu­mo­di­schen Be­griff aus dem Blub­ber­bot­tich des In­ve­sto­ren­vo­ka­bu­lars zu ge­brau­chen! Jede(r) mei­ner Für­ther Leser(innen) wird nach­voll­zie­hen kön­nen, daß wir uns da so­fort an den Fest­saal des ehem. Park­ho­tels da­heim er­in­nert fühl­ten, ei­nen noch viel grö­ße­ren bau­li­chen Schatz, den nach lan­gem Dorn­rös­chen­schlaf leicht­hin dem Kom­merz ge­op­fert zu ha­ben ich un­se­rem *piep* Ober­bür­ger­mei­ster und sei­nem *pieeeeeeeeeep* Stadt­bau­rat bis an mein ei­ge­nes En­de nim­mer­mehr ver­zei­hen wer­de. Ja, hier im fer­nen Pu­er­to de la Cruz wur­de uns un­ver­se­hens im klei­nen Maß­stab vor Au­gen ge­führt, was für ein ar­chi­tek­to­ni­sches Klein­od wir da hat­ten, ver­kannt von den Po­li­ti­kern, ver­leum­det ge­gen­über der Öf­fent­lich­keit, ver­ra­ten von der Gier der In­ve­sto­ren. Aus, vor­bei, auf im­mer da­hin...

Be­zau­bert vom groß­zü­gi­gen Raum­ein­druck ei­ner­seits, be­trübt durch den sich auf­drän­gen­den Ver­gleich mit für­the­ri­scher Igno­ranz an­de­rer­seits, stell­ten wir die Kof­fer in un­se­rer nun­mehr frei­ge­ge­be­nen Stu­be ab und schau­ten uns zu­nächt ein­mal die Dach­ter­ras­se an, von der aus man wun­der­ba­re Pan­ora­ma­blicke auf das na­he Meer und auf das ein­drucks­vol­le vul­ka­ni­sche Ge­bir­ge im Hin­ter­land wer­fen kann. Da der Au­tor frei­lich nur un­gern ab­lich­tet, was in je­dem An­sichts­kar­ten­stän­der dut­zend­fach wohl­feil ist, muß sich die ge­schätz­te Le­ser­schaft ein­mal mehr mit ei­nem nach as­so­zia­tiv-äs­the­ti­schen Kri­te­ri­en aus­ge­wähl­ten Rea­li­täts-Aus­schnitt be­gnü­gen:

Plastiksessel auf einer der Dachterrassen des Hotel Monopol

Mit der ei­ge­nen Ke­me­na­te konn­ten wir mehr als nur zu­frie­den sein: So­li­des Bett, ge­schmack­vol­les Mo­bi­li­ar, ein frisch re­no­vier­tes Bad. Das Feh­len ei­nes Bal­kons – das of­fen­bar ein­zi­ge »Man­ko« ge­gen­über den hö­her­prei­si­gen Zim­mern – wird von uns Frisch­luft-Fa­na­ti­kern re­gel­mä­ßig nicht als Nach­teil emp­fun­den, wir pfle­gen ja un­se­ren Ur­laub pri­mär in der Land­schaft zu ver­brin­gen und nicht in der Her­ber­ge. Da­mit vor­erst ge­nug des Lo­bes über un­ser tra­di­ti­ons­rei­ches Ho­tel; ein paar wei­te­re Be­mer­kens­wer­tig­kei­ten ge­den­ke ich bei pas­sen­der Ge­le­gen­heit in spä­te­ren Fol­gen mei­ner Be­richt­erstat­tung ein­zu­streu­en...

Jetzt aber erst­mal ein klei­nes Nicker­chen ge­macht (im Flie­ger war man nicht so recht zum Dö­sen ge­kom­men we­gen ste­ten Her­um­hu­stens er­käl­te­ter Pas­sa­gie­re ei­ner­seits und am­bu­lan­ter Ver­kaufs­ver­an­stal­tun­gen des Bord­per­so­nals an­de­rer­seits) und dann das Ho­tel erst­mals zur Er­kun­dung der nä­he­ren Um­ge­bung ver­las­sen. In Er­man­ge­lung fein­san­di­ger Strän­de gibt es in Pu­er­to kei­nen über­bor­den­den Ba­de­be­trieb zu be­ob­ach­ten, aber wer die Son­ne sucht, die See­luft schätzt und das Rau­schen der Wel­len liebt, der fin­det schon ein ge­nuß­rei­ches Plätz­chen zum Ent­span­nen, bei­spiels­wei­se auf ei­ner ge­die­ge­nen Be­fe­sti­gungs­mau­er un­weit des klei­nen Ha­fens:

Sonnenanbeter in mediativer Pose

Un­ter »Ha­fen« darf man sich üb­ri­gens auf den Ka­na­ren nicht das Glei­che vor­stel­len wie auf me­di­ter­ra­nen In­seln: Hier lie­gen kei­ne Hun­dert­schaf­ten klei­ner Se­gel­boo­te und Fi­scher­käh­ne Sei­te an Sei­te, hier hat nicht jede(r) ein ei­ge­nes Schiff­lein an der Lei­ne bau­meln: Hier ist man im At­lan­tik und nicht im ma­re nostrum, der »rich­ti­ge« Oze­an ist kein Tum­mel­platz für Frei­zeit-Ka­pi­tä­ne. Der zone­batt­ler durf­te am ei­ge­nen Lei­be er­fah­ren, daß des At­lan­tiks Wel­len ei­ni­ges Über­ra­schungs­po­ten­ti­al bie­ten und den arg­lo­sen Kü­sten­wan­de­rer sehr plötz­lich und so­zu­sa­gen aus dem Steg­reif durch­näs­sen kön­nen, und das mit ei­ni­ger Ver­ve: Zosch!

Un­ter die­sen Um­stän­den mag es ver­ständ­lich er­schei­nen, daß man­che Ur­lau­ber dem un­be­re­chen­ba­ren Oze­an den Rücken keh­ren und im lie­ber Schut­ze der aus schwar­zem Tuff­stein ge­bau­ten Trutz­mau­ern im Trocke­nen sit­zen und land­ein­wärts sin­nie­ren:

Urlauberpaar am Hafenbecken von Puerto de la Cruz

Wor­über die Herr­schaf­ten wohl nach­ge­dacht ha­ben mö­gen? Viel­leicht über et­was Ab­wechs­lung in der Ta­ges­ge­stal­tung, die für Fuß­fau­le oder al­ters­be­dingt nur­mehr ein­ge­schränkt mo­bi­le Leu­te ty­pi­scher­wei­se aus Es­sen, Ein­kau­fen, Bum­meln, Zei­tungs­le­sen und Dö­sen be­steht (in leicht va­rie­ren­den Ab­fol­gen und Sze­nen­bil­dern). In der Tat ver­mag die pit­to­res­ke Alt­stadt von Pu­er­to de la Cruz nur für ein paar Ta­ge Neu­es zu bie­ten, dann dürf­te man – so­fern man plan­los in den Tag hin­ein­lebt – der Mi­schung aus Lä­den, Re­stau­rants und am­bu­lan­ten Ge­wer­ben über­drüs­sig wer­den. Wo­bei zur Eh­ren­ret­tung der Stadt doch be­tont wer­den muß, daß sie im In­ne­ren noch au­then­tisch und mehr von Ein­hei­mi­schen als von Tou­ri­sten be­völ­kert ist. In den rie­si­gen Ho­tel­bur­gen drum­her­um sieht das na­tür­lich an­ders aus...

Aber die las­sen wir zu­nächst ein­mal bei­sei­te und schlen­dern statt­des­sen in der Alt­stadt her­um. Schnell wird deut­lich, daß die Spa­ni­er es bunt und far­ben­froh mö­gen. Ger­ne wird die ei­ge­ne Fin­ca stark kon­tra­stie­rend von der be­nach­bar­ten Be­hau­sung ab­ge­setzt:

bunte Häuserzeile in der Altstadt von Puerto de la Cruz

Mit­un­ter fal­len die flä­chig-pla­ka­ti­ven Farb­kon­tra­ste der­ma­ßen schrill-schrei­end aus, daß man die vi­su­el­le Plär­re­rei kaum aus­zu­hal­ten ver­mag. Wer bis hier­her ge­dul­dig mit­ge­le­sen und sich da­bei längst ge­fragt hat, war­um ich denn den Mi­nia­tur-Kon­ti­nent Te­ne­rif­fa aus­ge­rech­net als »Lär­min­sel« zu ti­tu­lie­ren mir her­aus­neh­me, fin­det in die­ser Be­ob­ach­tung ei­nen er­sten Hin­weis auf das na­mens­ge­bend Krei­schen­de, wel­ches sich bei­lei­be nicht nur aku­stisch äu­ßert, son­dern eben auch op­tisch und olfak­to­risch und da nicht we­ni­ger nerv­tö­tend pe­ne­trant. Im wei­te­ren Ver­lauf mei­ner auf sie­ben Tei­le an­ge­leg­ten Se­rie wird es da­zu noch ei­ni­ges zu sa­gen bzw. zu schrei­ben ge­ben...

Blei­ben wir noch et­was in Pu­er­to de la Cruz, schau­en wir uns ein we­nig am Ran­de der Alt­stadt um, wo das wohl­pro­por­tio­nier­te Er­schei­nungs­bild der er­kenn­bar von städ­te­pla­ne­ri­scher Weit­sicht ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te ge­präg­ten Stra­ßen, Gas­sen und Plät­ze aus­zu­fran­sen be­ginnt, wo ren­di­te­op­ti­mier­te Wol­ken­krat­zer in die Hö­he sprie­ßen, die ei­nen als Ho­tel kon­zi­piert, die an­de­ren als Kon­glo­me­rat von Ei­gen­tums­woh­nun­gen resp. ‑Apart­ments wie bei­spiels­wei­se die­ser Klotz hier in der Nä­he der (seit Jah­ren we­gen Bau­fäl­lig­keit ge­schlos­se­nen und rui­nös da­hin­bröckeln­den) Bus­sta­ti­on [2]:

gesichtlos-grusige Balkonfront eines überdimensionalen Apartment-Hochbunkers

Nee, so­was woll­te sich der Ver­fas­ser die­ser Zei­len nicht als »Wert­an­la­ge« an die Backe bin­den. Wo­zu auch für al­len­falls drei Wo­chen im Jahr in ei­ge­nen vier Wän­den hau­sen (bei ganz­jäh­rig lau­fen­den Ko­sten), wo es doch so ein­la­den­de Gast-Stät­ten wie das »Mo­no­pol« gibt?

So­viel für heu­te, so­viel zu un­se­ren er­sten Ein­drücken von der größ­ten In­sel des ka­na­ri­schen Ar­chi­pels. In der näch­sten Fol­ge gucken wir uns dann noch­mals in der nä­he­ren Um­ge­bung un­se­res mit Be­dacht ge­wähl­ten Ur­laubs-Haupt­quar­tie­res um, be­vor wir uns dann zu er­sten Wan­de­run­gen ins Um­land auf­ma­chen...

 
[1] Der En­des­un­ter­fer­tig­te legt Wert auf die Fest­stel­lung, daß er we­der ak­tiv be­sto­chen wor­den ist noch sei­ner­seits pro­ak­tiv um Ver­gün­sti­gun­gen nach­ge­sucht hat mit Hin­weis auf die pu­bli­zi­sti­sche Her­aus­he­bung des spen­da­blen Un­ter­neh­mers. Wenn un­ser­ei­ner Emp­feh­lun­gen ab­gibt, dann aus­schließ­lich auf­grund po­si­ti­ver Er­leb­nis­se als re­gu­lä­rer Rei­sen­der. Zu­dem wä­re es die schie­re Hy­bris, sei­nem ei­ge­nen, letzt­lich ba­na­len Be­find­lich­keits-Blog ir­gend­ei­ne wer­be­wirk­sa­me Re­le­vanz zu­schrei­ben zu wol­len!

[2] Das mit der om­ni­prä­sen­ten Rui­nen-Ro­man­tik ist auch so ei­ne ei­gen­ar­ti­ge Sa­che: Im­mer wie­der stößt man auf re­la­tiv jun­ge Ge­bäu­de, An­la­gen und Ein­rich­tun­gen, die nach ih­rer (teil­wei­se mit EU-Gel­dern ge­för­der­ten) Er­rich­tung und In­be­trieb­nah­me of­fen­kun­dig nicht wei­ter in­stand­ge­hal­ten und ge­pflegt wer­den: Aus klei­nen Schä­den wer­den dann schnell gro­ße, und ir­gend­wann wird das ma­ro­de Ob­jekt dann auf­ge­ge­ben, gün­stig­sten­falls ab­ge­ris­sen und durch et­was Neu­es er­setzt. Die öko­no­misch wie öko­lo­gisch ha­ne­bü­che­ne Men­ta­li­tät da­hin­ter wird sich un­ser­ei­nem nie er­schlie­ßen...

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