Freitag, 6. April 2007
Zum und am Karfreitag fällt dem zonebattler immer wieder nur das hier ein. Macht aber nix, ist ja von zeitloser Schönheit! Wobei man den Menschen Richard Wagner und dessen dubiose Ansichten keineswegs schätzen muß, wenn man den großen Komponisten verehrt...
Sonntag, 25. Februar 2007
Im Rahmen eines naturwissenschaftlichen Vortrags- und Debattiernachmittages gefiel mir gestern die Erkenntnis, daß das Verlassen der Ozeane als Lebensraum den auf dem Trockenen lebenden Wesen abverlangte, sozusagen ihr individuelles Meer fürderhin in sich zu tragen, um den eigenen Metabolismus am Laufen zu halten: Was als elektrolytischer Flüssigkeit nicht mehr um uns herum schwappt, schleppen wir in unseren Körperzellen mit uns herum. Eine geradezu göttlich geniale Evolution!
Montag, 12. Februar 2007
Zweimal werktäglich komme ich an der Ecke Karlstraße / Karolinenstraße vorbei, welchselbe dank einer kleinen Grünfläche mit Baum in der Mitte etwas farbige Abwechslung in die südstädtische Stein- und Asphaltwüste bringt. Seit seine marode Einzäunung amtlicherseits zurückgebaut wurde, hat sich sehr bald ein abkürzender Trampelpfad diagonal durch das Plätzchen gebildet. Menschen- und Wasserströme sind hinsichtlich ihres Fließverhaltens und intellektuellen Niveaus bekanntlich ohne weiteres vergleichbar...
Tagtäglich werde ich also auf meinem Hin- und Rückweg mit der Entscheidung konfrontiert, entweder den anderen tumb nach- und damit die traurigen Mini-Wiese niederzutrampeln, oder aber weiterhin den bisherigen Haken zu schlagen, was meinen Weg etwas verlängern würde, dem geschundenen Rasenrest freilich auch nichts hülfe: Der ist schließlich schon durch ungezählte andere Füße geplättet!
Wer nun meint, der zonebattler hätte keine wirklichen Sorgen, der irrt: Was hier im Kleinen zu beobachten ist, passiert genauso im globalen Maßstab: Wie im Heise Newsticker zu lesen war, könnte Vista eine Flut an Computerschrott erzeugen. Das neue Computer-Betriebssystems des Marktführers Microsoft ist ja bekanntlich wieder einmal erheblich ressourcenhungriger als sein Vorgänger und kurbelt somit auch den Verkauf neuer Hardware kräftig an.
Während unsereins also nach wie vor mit Windows 98 und 500 MHzen unter der Blechhaube durch die virtuellen Welten eiert, wird andernorts weit Moderneres auf den Müll gekippt, was mir noch viele Jahre taugen täte! Und auch hier bekommt einer wie ich, der aus Gründen der Nachhaltigkeit und Rohstoffschonung nicht ständig aufrüsten mag, letztlich nur die Nachteile zu spüren, ohne auch nur das Geringste an den Folgen der umweltbelastenden Verschwendung ändern zu können. Trotzdem: Ein jeder kehre vor seiner eigenen Türe und fange bei sich selber an! Noch besteht nicht nur Meinungs‑, sondern auch Konsumfreiheit...
Samstag, 10. Februar 2007
Die Fürther Nachrichten stehen heute ganz im Zeichen des frisch eröffneten »Stadtmuseums Ludwig Erhard«. In sage und schreibe drei Artikeln wird das Thema aus- und breitgewalzt:
»Kultur-Sauerstoffzufuhr für die Innenstadt«
»Geschichte mitten in der Stadt«
»Mosaiksteine aus dem farbigen Vorort Italiens«
In letztgenannten Beitrag glaubt dessen Autor darauf hinweisen zu müssen, daß es in Fürth dem Vernehmen nach reichlich »Neunmalkluge« gäbe [1]. Da fühlt sich der zonebattler natürlich sofort angesprochen und zögert nicht, seine Meinung kundzutun. Allerdings vorerst nicht zum neuen Stadtmuseum, zu welchem er sich eine solche bislang noch nicht bilden konnte, sondern zum Überraschungs-Coup des Eröffnungs-Ehrengastes Staatsminister Thomas Goppel, der unser Gemeinwesen zur »Wissenschaftsstadt Fürth« befördern möchte. Das, wertes Publikum, erscheint mir angesichts der Nachbarschaft zu Erlangen und Nürnberg als reichlich übertrieben, wenn nicht nachgerade lächerlich. Bad Fürth wäre allemal die stilvollere Alternative!
[1] desgl. siebengescheite Schreiberlinge (Anm. des Verf.)
Mittwoch, 31. Januar 2007
Beim allmorgendlichen Duschen ist mir vorhin in den Sinn gekommen, daß es einen geradezu ungeheuren Luxus darstellt, sich nach Herzenslust gezielt und unabhängig vom Wetter mit wohltemperierten Wasser von oben begießen lassen zu können. Man hat durchaus Grund zur Dankbarkeit, wenn man derlei »Selbstverständlichkeiten« tagtäglich genießen darf...
Montag, 29. Januar 2007
Wie fast jedem Samstag habe ich mir auch vorgestern abend eine rituelle TV-Viertelstunde mit Franz Xaver Gernstl gegönnt. [1]
Diesmal kam er in der Nähe von Leipzig an einem Kettensägen-Wettbewerb vorbei. Nein, keine Horror-Geschichten dort, es waren vielmehr Künstler am Werk, die mit ihren knatternden Geräten höchst feinfühlig bemerkenswerte Skulpturen aus rohen Baumstücken oder ‑stümpfen herausschälten. Der Sieger des Wettsägens war auch als Mensch sehr bemerkenswert, und seine Aussagen über die menschliche Kreativität haben mich nachhaltig beeindruckt.
Nach seiner Ansicht braucht es drei Dinge:
Insbesondere am letzten Punkt würden die meisten Menschen unverständlicherweise scheitern: Sie wollen gerne, sie könnten vielleicht auch, aber sie wagen es nicht.
Hiermit ergeht dringender Aufruf an alle irgendwo irgendwie Zaudernden, es beherzt zu probieren, was immer es auch sei. Mehr als schiefgehen kann es ja nicht, und das muß ja kein Beinbruch sein. Sondern eine Erfahrung. Und ein Ansporn zum Weitermachen.
Ein weiser Rat. Hoffentlich denke ich gelegentlich auch selber dran... ;-)
[1] Samstags auf BR alpha, 20:00 – 20:15 Uhr
Dienstag, 23. Januar 2007
Ein gewisser Gerd Gaiser war in der noch jungen Bundesrepublik ein vielgelesener und vieldiskutierter Autor, heute ist er so gut wie vergessen. Von seinen zahlreichen Romanen, Erzählungen und anderen Werken ist derzeit nichts mehr im regulären Buchhandel erhältlich, in mancher Bibliothek läßt sich jedoch zumindest der weiland gefeierte Nachkriegszeit-Roman »Schlußball« entleihen.
Daß der Ruhm des Autors heute erloschen ist, liegt sicher auch (und vor allem) an seiner persönlichen Haltung und politischen Einstellung: Als fanatischer Anhänger der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Ideologie hat er während des Zweiten Weltkrieges schlimme Haßtiraden zu Papier gebracht. Der Untergang des Dritten Reiches, von ihm daher auch als persönliche Katastrophe erlebt, prägte Gaisers unverwechselbaren Stil: In elegisch larmoyanter Weise schildert er ‑nicht ohne immer wieder durchschimmerndes Selbstmitleid- eigene Erlebnisse oder fiktive Begebenheiten aus jenen bewegten Zeiten.
Was also macht diesen Schriftsteller überhaupt erwähnenswert, wieso konnte er seinerzeit gesteigerte Beachtung finden? Nun, es ist die fesselnde Suggestivkraft seiner plastischen und bildreichen Sprache. Gaisers Stärke lag, so würdigte in einem zu seinem Tode im Juni 1976 verfaßten Nachruf sogar Marcel Reich-Ranicki, »in der Wiedergabe sinnlicher Wahrnehmungen, in der Schilderung des Kolorits, im Atmosphärischen«. Die von Reich-Ranicki konstatierte »außerordentliche Intensität der Darstellung« macht in der Tat das Faszinierende der Gaiserschen Prosa aus, es bleibt bemerkenswerte, zuweilen im Wortsinne ergreifende Sprachkunst.
Das im Folgenden exemplarisch angesprochene Buch »Die sterbende Jagd« ist weniger ein Roman im klassischen Sinne als vielmehr eine Aneinanderreihung intensiver Eindrücke und Szenen, quasi ein verbales Mosaik, aus dem ein gefühlsbetontes Gesamtbild erwächst. Es geht um den verzweifelten Kampf der deutschen Jagdflieger gegen die erdrückende Übermacht der alliierten Bomberströme in der Spätphase des 2. Weltkrieges. Man mag Gaiser zu Recht die Fähigkeit absprechen, einen großen erzählerischen Bogen spannen zu können, sein expressiver Patchwork-Stil fesselt den Leser gleichwohl auf höchst ungewöhnliche Art.
Ob es andererseits adäquat ist, ein derartiges Thema in solch ästhetisierender Weise abzuhandeln, erscheint natürlich zweifelhaft: Nachhaltig beeindruckend ist es aber allemal. Da das Buch heute nur noch antiquarisch gefunden werden kann, möchte ich hier mit einer kleinen Leseprobe die Gaisersche Wortvirtuosität demonstrieren. Als nötiges »Gegengift« zur trunkenen Sprach-Ästhetik sollte man sich freilich gleich anschließend den kritischen Aufsatz »Gerd Gaisers Reiter am Himmel« von Reinhold Grimm zu Gemüte führen...
Gerd Gaiser: Die sterbende Jagd (Kapitel 23)
Hinab! Sie suchten einander. Sie suchten einer den andern auf und zerstörten sich. Sie luden sich auf mit Tonnen von Treibstoff und mit Tonnen von Sprengstoffen, um einander in Stücke zu blasen. Lauter teure Tote, der Tod kostete viel. Niemand kann für Lebendige so viel ausgeben. So hohe Kosten rechtfertigt allein der Krieg. Hinab! Wer stark ist, zerfetzt den andern. Hinab. Immer mehr hinab und herunter. Wer hinab ist, kommt nicht wieder herauf.
Der Unteroffizier Mahn kam auf Position, drückte an und schoß, er legte vor sich eine Feuerstraße, die sein Gegner, ein Jäger, schneiden mußte. Davorhalten, dachte er und hörte den alten Gritzner, der sagte mit seiner grunzenden Stimme: »Halt ihm vor die Schnauze, das ist meine Tour, laß ihn hineinfliegen.« Im spitzen Winkel wuchsen sie aufeinander zu, drüben ein Fleck auf den Blechen, ein Fleck auf die saubergefegte Flanke hingerotzt und vorher nicht dagewesen; er spürte den Schweiß ausbrechen in Lenden und Achseln und setzte zum Schrei an, da hörte er plötzlich, was in der Kopfmuschel plärrte und schon vorhin dagewesen war, oder was heißt vorhin, einen Bruchteil von eines Atemzugs Länge: der andere Schrei, der ihn warnte; aber schon war der Segen über ihm. Es schmetterte von schräg hinten in seine Kabine, beutelte ihm den Kopf und bog ihn. Oh Leben, all das Dröhnen und Bellen ging in ein hohes Sirren über wie von Zikaden, betäubend, den Atem zerstörend, in der Mittagstille, auf dem Monte Pincio über Rom, betäubend wie Äther, die Mittagszikade, jetzt sah man das Sirren farbig, Ringe von irisierendem Licht, elastische, bis zum Springen beanspruchte Ringe aus feinem metallischem Stoff, Ringe, ins Milchweiße mündend, und dann träger rotierende Scheiben, und dann das Sirren wie unter seidenen Kissen erstickt.
Ein Feldwebel namens Lutz, siebente Staffel, taktische Nummer Elf, sah den Vorgang mit an. Merkwürdig, jetzt fingen die beiden Flugzeuge zu klettern an, dann schlug zuerst aus dem fremden Flugzeug die Flamme, es schmierte seitwärts über eine Fläche hinab. Die eigene Maschine flog noch einen Augenblick länger, dann schien sie überzogen zu stehen, und dann tauchte sie mit der Spitze vornüber und fiel eine Strecke weit durch wie ein Stein. Jetzt fing sie sich, schwang pendelnd um eine senkrechte Achse, trudelte und ließ ihre Flächen blitzen. Jetzt war sie schon sehr klein, ein Spielding, tot, zerbrechlich und zart, sie schob wie ein Falter vorm Wind schräg über eine samtgrüne Fläche, ein Feld von Luzernen, ein Kiefernwäldchen, vielfingerig wie ein Handschuh, das in grauen Sand auslief, und dort war jetzt der Schatten aufgetaucht und rann dem stürzenden Flugzeug sehr rasch entgegen. Das währte noch einen Augenblick, dann die Stichflamme, eine Brunnensäule von Dreck, die einen Augenblick stand und sich fein zerteilte und kreisförmig auseinandersank.
Lutz drehte den Kopf fleißig, denn er hatte niemand mehr hinter sich. Einen Augenblick war der Raum leer, die Leere der Schlacht, die Stille zwischen zwei Atemzügen, er hatte die Schlacht aus dem Gesicht verloren, die Schlacht hatte ihn ausgespuckt. Bläue oben und unten, ein paar Wölkchen tief drunten kraß und flott über ihren Schatten. Die Zeiger am Instrumentenbrett, leicht wie Geisterzungen. Sacra conversazione. Das tiefe Gedröhn, das Dröhnen der blauen Muschel; die Muschel dröhnte um ihn, süßer Gesang, Welt süß und dröhnend, das Muschel-Lied. Dann kehrte er jäh zu sich selbst und sah alle drei Pulks fast auf einen Schlag.
Er sah eigene Jäger, anscheinend eine Staffel, alle mit gelben Nummern, also die Neunte, aber nur sieben Flugzeuge, ein Schwarmkeil voraus und dann abgesetzt drei Maschinen in Reihe fliegend. Dann sah er zweitens einen anderen Jagdverband, und das waren keine eigenen Jäger, viele Punkte, giftig und mückenklein und so hängend, daß sie sogleich auf diese Staffel zu stoßen vermochten. Sprechverkehr hörte er nicht, aber er sah, daß die gelben Nummern geradeaus weiterzogen. Offenbar kümmerten sie sich nicht um den Pulk, der sich über ihnen befand. Und deshalb, ohne eine genaue Verknüpfung seiner Gedanken, so wie der Anblick der Todesverachtung einen Sog ausübt, hielt der Feldwebel Lutz Kurs auf diese Staffel. Und jetzt sah er drittens, daß diese Maschinen ihrerseits schon im Angriff lagen. Sie flogen geradeaus gegen einen schweren Pulk. Das ging alles sehr schnell, die Geschwindigkeiten fraßen einander weg, Feuerschläge, aufreißende Lichter vorne und rechts und links, Lichtgestöber, Lichtstöße oben und unten; wie in der Schmiede, in der brüllenden Schmiede mitten darin, sie fielen und ließen sich fallen, zerstoben wie Funken im Sturm, keiner sah mehr den andern, zwei schleiften weiße Fahnen, Lutz selber brannte, eine Flamme leckte ihn an und war weg wie eingehaucht, dann spie es wieder, spie wie Flammengebläse und rußte ihn an. Sofort schoß er die Kabinenhaube ab, riß Haube und Gurte auf und wand sich halb erstickt auf den Bordrand.
Der Fahrtwind umschlang ihn brüllend, fegte ihn ab, nahm den Atem, es gurgelte in seiner Kehle und schnitt ins Gedärm, seine Hände wehrten sich, sie kamen nicht nach, dumme Hände, die sich wehrten und nicht losließen, wo es darauf ankam loszulassen; dann war der Druck mächtiger und legte ihn um. Eine Schwinge schoß an ihm vorbei, ein furchtbarer Streich, der ihn fehlte. Dann er selbst ein Bündel in der Luft, schlenkernd, den Mund voll Druck, und dann krampfhaft die Beine angekrümmt wie ein Kind in der Mutter, ein Kind in der großen Muschel, koppheister und noch einmal hei, noch einmal himmelan und auf und hinan zu der lustigen Erde, mit dem dicken Kopf schwappend voll Blut und den fließenden Augen, mit dem Salzwasser die Wangen herab, himmelan und die himmlischen Heerscharen auch dabei, Friede auf Erden und allen die guten Willens sind. Den Menschen ein Wohlgefallen, die Erde so weit und so lustig grün. Eine Fabrik so spaßig wie aus der Spanschachtel, eine Fabrik, kenternd und noch einmal ganz herum, und dann in der Luft Blasen, Blasen wie Glaskugeln, anmutige Verneigung der Kugeln, und noch einmal ganz herum. Er wußte bis dahin von seiner Hand nichts. Seine Hand arbeitete, er und seine Hand, das waren wieder zwei Dinge, und die Hand war besonnener als der Feldwebel Lutz. Sie hatte den Griff gerissen. Sein Körper empfand den Ruck, als das Öffnen des Fallschirms einsetzte, einen Ruck und noch einen. Es zerrte und stieß, aber jetzt war der Sturz gebändigt. Die Kraft nahm zu, die über dem Sturz sich ausgefaltet hatte. Wohlgefällig, halb betäubt sah Lutz das weiße Segel über sich aufgebläht, das flüsternde Seidenzelt. Es war eine Kuppel, und die Kuppel hütete ihn. Sie gab ihm nach und ließ ihn spielen. Er schwang wie ein Kind in den Turnringen. Es war ihm, als schwebe er aufwärts, obwohl er noch immer mit sieben Sekundenmetern stürzte. Und jetzt auch verspürte er eine Zugluft an seinem linken Bein. Er sah an sich hinunter und sah seinen Fuß in der grauen Wollsocke, den Fuß über der Erde. Er hatte im Aussteigen den einen Pelzstiefel eingebüßt. |
Rein handwerklich könnte sich da so mancher eine Scheibe von der Schreibe abschneiden, denke ich mir. Inhaltlich gilt es zuweilen, kritische Distanz zu wahren!
Lohnenswert ist es übrigens auch, nach der Gaiser’schen Erzählungssammlung »Gib’ acht in Damokosch« Ausschau zu halten. Wer mit dem mal pastosen, mal leichtfüßig skizzierten Wortgemälden Gaisers etwas anfangen kann, wird sich dann vermutlich auch nach den weiteren Werken des ehemaligen Jagdfliegers und Kunsterziehers umsehen wollen: Heutzutage sind seine Bücher in alten Ausgaben über amazon.de problemlos zu bekommen.
Samstag, 13. Januar 2007
Heute zum ersten Mal in 7,5 Jahren ein alteingesessenes Fachgeschäft für edle und teure Nutzloserabilien spontan betreten und gründlich inspiziert. Nichts gesehen, was Besitzwunsch oder gar Kaufreflex ausgelöst hätte. Den Eindruck gewonnen, daß es sich ohnehin um keinen Laden für etwaige Eigenbedarfe, sondern eher für repräsentative Opfergaben zu mittel- bis großbürgerlichen Familienfesten handelt (»viel Geld, viel Ehr’«). Festgestellt, daß ich die nächsten 7,5 Jahre wieder an der Tür vorbeieilen kann, ohne etwas für mich Relevantes zu verpassen...
Rein zufällig und höchst passenderweise kam mir zudem in der Kunstzeitung die bemerkenswerte Luxus-Definiton des niederländischen Architekten Rem Koolhaas unter die Augen:
In einer Welt, da sich alles ums Einkaufen dreht und Einkaufen alles ist – was bedeutet da schon Luxus? Wahrer Luxus ist, NICHT einzukaufen. |
Das trifft es ganz gut, denke ich.
Sonntag, 31. Dezember 2006
Ich hatte ja schon einmal an anderer Stelle von meinen rotweißen und weißroten AEG-Handstaubsaugern berichtet. Im Laufe der Zeit gesellten sich noch zwei weitere baugleiche Apparate dazu, kurioserweise auch in zwei ungewöhnlichen und seltenen »Fehlfarben-Kombinationen« (orangeblau und blauorange):
Bei fast allen der für nur einen oder zwei EUR auf Fürther Flohmärkten erschnappten Helferlein entpuppten sich die Akkus als tiefentladen und nicht mehr regenerierbar. Da erweisen sich die späteren Sauger-Serien mit beidseitig rastenden Kippschaltern als problematischer als jene mit selbsttätig rückfedernden Tastern, die man nicht in »An«-Stellung weglegen (und vergessen) kann...
Na jedenfalls habe ich jetzt eine weitere Baustelle erfolgreich abschließen können, indem ich mir bei der Firma Elektro-Butsch drei NiMH-Akkupacks mit immerhin 2400 mAh Kapazität (statt der originalverbauten NiCd-Variante mit gerade einmal 1300 mAh) bestellte. Der Preis von EUR 9,90 pro Akkupack erscheint fair, der Service erstklassig: Kaum bestellt, war die Lieferung auch schon unterwegs!
Über Nacht geladen, heißt es jetzt: Alle Maschinen volle Kraft voraus (bzw. hinein)!
Warum ich die ganze Geschichte hier in epischer Breite erzähle: Nicht wenige würden jetzt sicher einwenden, daß es wirtschaftlicher Unfug ist, alte Klapperteile instandzusetzen zu Preisen, für die man beim Discounter um die Ecke schon ein aktuelles Neugerät nachgeschmissen kriegt. Das mag rein zahlenmäßig zutreffen, berücksichtigt aber nicht die Umweltbelastungen, die durch das (oft unnötige) Produzieren neuer Billiggeräte entstehen (die möglicherweise ihrerseits sehr bald zu Elektroschrott mutieren). Viel sinnvoller erscheint es mir, die schon früher mit einigem Aufwand hergestellten Gerätschaften am Laufen zu halten, indem man bei Bedarf die jeweils fälligen Verschleißteile austauscht. Was übrigens nur wenig Bastelaufwand bereitet, obendrein Spaß macht und ein motivierendes Erfolgserlebnis beschert...
Mir ist selbstredend klar, daß ich mit meinem Verhalten nichts daran ändere, daß billiger Elektromüll in aberwitzigen Stückzahlen in China vom Band in die Container plumpst und dann hierher geschippert wird. Aber wenn alle etwas achtsamer mit ihren Habseligkeiten umgingen, würde sich vielleicht doch etwas bewirken lassen. Und wo anfangen, wenn nicht bei sich selbst?
P.S.: Ja, ja, ich weiß: Konsumkritische Häretiker wie unsereins gefährden das Innovationstempo, den Fortschritt und obendrein zahllose Arbeitsplätze von der Werkbank bis zur Verkaufstheke. Aber all’ das und den ganzen Rest gibt’s definitiv nur solange unsere fragile Welt bewohnbar ist und bleibt...
Mittwoch, 27. Dezember 2006
So kolportieren sie es in Erlangen, so lästern sie auch in Nürnberg mit Blick auf den Fürther Einzelhandel. Recht haben die Nachbarn freilich in ganz anderer Hinsicht als sie vordergründig denken: Soeben komme ich von einem Stadtgang zurück, in dessen Verlauf ich einerseits wie geplant so an die 30 EUR problemlos gegen Ware eintauschen konnte, mir andererseits die unterwegs am Garten, auf dem Bürgersteig, vom Straßenrand eingesammelten Pfandflaschen zusammengerechnet 46,75 EUR Geld gegen (Leer-)ware einbrachten... So bekam der zonebattler seine arbeitsplatzserhaltende Konsumentenpflicht auch noch ordentlich vergütet!
Als wackerer Lokalpatriot fördert (und fordert) er den örtlichen Fachhandel, als solcher fühlt er sich auch zuständig für das Erscheinungsbild der Stadt und ist sich nicht zu schade zum Niederbeugen, zumal wenn der Bückling mit 50 Pfennigen 25 Cent honoriert wird. Was daran freilich verwunderlich ist: Die Art der achtlos in die Landschaft geworfenen Getränkeflaschen und ‑dosen (Süßpapp und Billig-Bier) legt die Vermutung nahe, daß an der vielbeklagten Umverteilung des Reichtums von unten nach oben die da unten nach Kräften mitarbeiten. Na denn: Prosit!
Sonntag, 24. Dezember 2006
...als Weihnachten ohne Familie?
Sonntag, 10. Dezember 2006
Bevor er vor sieben Jahren nach Fürth zog, lebte der zonebattler gleichfalls sieben Jahre in Forchheim (Oberfr.), woselbst fachwerkliche Beschaulichkeit dominierte und eine ganz eigene Mentalität von Menschen und Kommunalpolitikern. Daran wird sich wohl wenig geändert haben...
Auch in anderer Hinsicht ist nichts passiert: Schon vor mehr als zehn Jahren erschien es dem Autor dieser Zeilen als skandlös und himmelschreiend, wie die leerstehende Forchheimer Hornschuchvilla Wind, Wetter und Vandalen offenstand und nicht in Würde alterte, sondern vielmehr würdelos vor aller Augen verfiel.
Selbst für Fürther Verhältnisse ist dieser Gründerzeit-Solitär ein bemerkenswertes Gebäude, dessen alte Grandezza als unbedingt erhaltenswürdig gelten muß. In Forchheim freilich braucht es eine Dekade, bis man städtischerseits notdürftig zu retten versucht, was einem Eigentümer ohne Sinn und Verstand für Historie anheimgefallen ist: Die Nordbayerischen Nachrichten greifen das aktuell unter der Überschrift »Stadt repariert Villabesitzer Dachschaden« auf. Ein Schelm, wer diesem Titel Doppelbödigkeit unterstellte!
Süßer und scharfer Senf: