Lange bevor der gigantomanische Rhein-Main-Donau-Kanal mit einiger Brutalität durch die fränkisch-bayerische Landschaft gegraben wurde, gab es einen Vorläufer, der die natürliche Umgebung vergleichsweise unangetastet ließ: den Ludwig-Donau-Main-Kanal, oft mit Ludwigkanal abgekürzt. Diese Wasserstraße verband schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Donau und Main und damit letztlich Nordsee und Schwarzes Meer.
Mit exakt 100 Schleusen (allesamt mit menschlicher Muskelkraft bedient) wurden die nicht unbeträchtlichen Höhenunterschiede zwischen Kelheim an der Donau herauf zur Scheitelhaltung bei Neumarkt (Oberpfalz) und von dort wieder hinunter nach Bamberg am Main überwunden. Die alten Schleusenwärterhäuser sind wie die Schleusen selbst in Teilabschnitten südlich von Nürnberg noch erhalten.
Zwischen Nürnberg und Erlangen (und damit auch in Fürth) gibt es so gut wie keine Relikte mehr zu sehen, denn auf der Streckenführung des Kanals liegt heute der »Frankenschnellweg« (A73). In Erlangen erinnert noch das Kanaldenkmal unmittelbar neben der Autobahn am Burgberg an jenes Meisterstück der Ingenieurskunst, in Nürnberg kann man tatsächlich noch erahnen, daß in der Senke am Ende des Frankenschnellweges (an der Kreuzung zur Rothenburger Straße) dermaleinst das Hafenbecken lag. In Fürth freilich gibt es nurmehr einen höchst unauffälligen »Zeitzeugen«, nämlich den oben abgebildeten Kilometerstein: Der steht ‑um einige Meter angehoben- unmittelbar an der Poppenreuther Brücke über die A73. Dort gibt es kaum Fußgänger, und die wenigsten Autofahrer werden den verwitterten Säulenstumpf überhaupt als etwas Besonderes wahrnehmen...
Viele weitere Informationen und vor allem sehr stimmungsvolle Bilder finden sich in
Am alten Kanal läßt es sich vortrefflich wandern, radeln oder joggen, und die intereressanten technischen Artefakte sind im Wortsinne leicht zu begreifen. Ein Besuch lohnt also in jedem Fall (und zu jeder Jahreszeit)!
Das Eis ist heiß...
...jedenfalls sieht es bemerkenswert aus, wenn im Winter am alten Kanal das Wasser über die Kante eines zugemauerten Schleusenbeckens plätschert und friert:
Das leicht bewegte Wasser verhindert nämlich zunächst einmal die Bildung einer geschlossenen Eisdecke, und es ergibt sich ein grafisch reizvoller »Flickenteppich« aus unregelmäßig geformten Eisplättchen...
#1
Dieser Tage ist mir aufgefallen, daß der im zweiten Foto meines Artikels gezeigte Kilometerstein verschwunden ist. Angesichts seines Gewichtes ist von einer illegalen Translozierung im Rahmen eines Bubenstücks nicht unbedingt auszugehen, doch wer sollte den Monolithen offiziellerseits versetzt haben und warum? Der rätselhafe Akt kann ohne weiteres schon Monate, wenn nicht Jahre zurückliegen, denn an dieser Ecke Fürths komme ich nur sehr selten vorbei. Vielleicht wird uns letztlich Aufklärung aus der Leserschaft zuteil?
#2
Des Rätsels traurige Lösung kam per Mail vom Stadtheimatpfleger, der da schrieb: »Der Stein wurde umgefahren, von städtischen Arbeitern auf der Böschung zum Kavierlein abgelegt und von dort ist der dann verschwunden, einfach weg, wie es halt so geht in Fürth.« Tja. Möge der Monolith dem unrechtmäßigen Besitzer Unglück bringen!
#3
Die Sache hat mir keine Ruhe gelassen, daher bin ich heute nachmittag quer durch die Färdder Kärwa zum »Tatort« getappt, nicht ohne unterwegs einen ordentlich geknoblauchten, gekästen, gesauerrahmten und gesalzenen Lángos ambulant zu vertilgen. Motiviert war meine Ortsbegehung durch die Überlegung, daß der umgelegte Kilometerstein damals vielleicht nur durch Bubenhand die Böschung heruntergeschubst worden sein, immer noch irgendwo im Dickicht des Kavierleins liegen und seiner Wiederentdeckung durch mich harren könnte...
Hier zur Verdeutlichung der räumlichen Situation ein vogelperspektivisches Luftbild mit dem von mir markierten Standort des zum Aufnahmezeitpunkt noch aufrecht stehend anwesenden Steines:
Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konnten nicht alle eventuell tangierten Lizenz- und/oder Urheberrechtsfragen mit letzter Gewißheit geklärt werden, weshalb auf eine kenntliche Darstellung leider verzichtet werden muß.
Bei meinem intensiv-investigativen Kontrollgang fand ich vor Ort links und rechts der Straße zwei leere Fanta-Dosen (mit je 0,25 EUR Pflichtpfand belegt) sowie einen toten Hund im Zustand fortgeschrittener Verwesung. Vom Kilometerstein indes keine Spur. Was im Nachhinein nicht verwundert, denn meine Ermittlungen kommen um Jahre zu spät. Hier sieht man den Stein und seinen langen Schatten im Luftbild vom 19.03.2006:
Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konnten nicht alle eventuell tangierten Lizenz- und/oder Urheberrechtsfragen mit letzter Gewißheit geklärt werden, weshalb auf eine kenntliche Darstellung leider verzichtet werden muß.
Und hier ist er dann schon weg, das Foto ist datiert auf den 01.01.2009, was ich aufgrund der üppig grünen Vegetation aber nicht wirklich glaube, so weit sind wir mit dem Klimawandel nun doch noch nicht:
Für die hier vorgesehene(n) Abbildung(en) konnten nicht alle eventuell tangierten Lizenz- und/oder Urheberrechtsfragen mit letzter Gewißheit geklärt werden, weshalb auf eine kenntliche Darstellung leider verzichtet werden muß.
Fehldatierung hin, Wuseln durchs Gebüsch her: Der dicke Brummer ist weg und bleibt das wohl auch, bis den diabolischen Dieb die Reue packt und er den Stein des Nachts vor dem Stadtmuseum aussetzt. Was mit Hilfe eines Lasters und vier bis sechs durchtrainierter Kraftmeier problemlos zu schaffen sein sollte...
#4
Der Stein hat sich wieder gefunden,wird renoviert und an einer weniger exponierten Stelle aufgestellt, sogar eine kleine Gedenk-oder Erklärungstafel soll dazu kommen. Eventuell gibt es demnächst einen Artikel in den FN. Ergo: Endlich mal ´ne gute Nachricht...
#5
Wie ich gestern erfahren habe, hatte der »Dorfverschönerungsverein Poppenreuth« den verunfallten Stein zur Restaurierung geborgen. Was offiziellerseits freilich niemand gewußt zu haben scheint. Aber egal, der Stein ist nicht verschollen und soll dem Vernehmen nach auf der anderen Seite des Frankenschnellwegs bald wieder aufgestellt werden. Den man im gleichen Aufwasch stilllegen, rückbauen und durch eine Rekonstruktion des alten Kanals ersetzen sollte. Dann könnte man auch wieder am Wochenende mit einem »Schlagrahmdampfer« zum Gasthaus Weigel fahren...
#6
Pressespiegel: »Ramponierte Erinnerung an Ludwigskanal« (FN)
#7
Pressespiegel: »Zeuge der alten Wasserstraße« (FN)
#8