Das Liegerad (von Unkundigen oft zu Unrecht belächelt) ist für Kenner der einzig ergonomische Drahtesel: Dank des bequemen Sessels und der hervorragenden Rahmenfederung gehört ein schmerzender Hintern endgültig der Vergangenheit an. Die entspannte Sitzhaltung (der Lenker liegt griffgerecht unter dem Sitz) ermöglicht Landschaftsbetrachtung ohne jedes Halsverrenken, 21 Gänge und äußerst effektive Hydraulik-Bremsen machen das Fahren zum Vergnügen. Nur strampeln muß man freilich immer noch selbst...
Wer einmal die Vorzüge eines Liegerades am eigenen Leib »er-fahren« hat, mag fürderhin kein anderes Zweirad mehr benutzen. So wurden bei mir aus einem Rad erst zwei, dann vier, damit auch Freunde und Bekannte bei gemeinsamen Radtouren den Spaß teilen können. Das Modell »Peer Gynt« der nicht mehr existenten Firma Radius wird schon seit einigen Jahren nicht mehr gebaut, ist aber als Gebrauchtrad ohne größere Schwierigkeiten zu erwerben.
Gut ein Dutzend Jahre nach Vorstellung des Peer Gynt-Langliegers gilt diese Bauform als überholt, zu schwer und veraltet: Tatsächlich bietet der Markt heute überwiegend Kurz- und Tieflieger an. Obzwar der technische Fortschritt natürlich unbestritten weitergegangen ist und auch weitergehen wird, so bleibt das solide und gutmütige Peer Gynt als kommodes Reiserad meiner Meinung nach weiterhin mit die erste Wahl! Für dieses Jahr ist die Saison natürlich vorbei, aber nächsten Frühling möchte ich am alten Ludwig-Donau-Main-Kanal gen Neumarkt (Opf.) pedalieren. Mag sich jemand anschließen?
Hallo Ralph,
gehört etwa die ganze Flotte an Liegeräder Dir und ist etwa Frau ?????? damals auch mit so einem Rad verunglückt? Hier in Heilbronn gibt es einen Lehrer und Stadtrad der Grünen, der schon vor Jahren so ein Liegerad gefahren und seine Verbreitung propagiert hat. Ich hab es mal versucht, noch dazu in der Fußgängerzone und hatte Mühe einen Sturz zu verhindern.
Ich bin nicht sicher, dass diese Art Rad zu fahren für die Wirbelsäule besser ist als auf herkömmlichen Drahteseln. Der Federungseffekt der Doppel-S-Wirbelsäule wird dabei doch weitgehend aufgehoben. Die bereits vor kurzem erwähnte Vorsteherdrüse wird allerdings geschont. Wegen der Radtour am alten Kanal werde ich den Kalender beobachten. Ich bin in jungen Jahren die Strecke bis Kehlheim einmal an einem Pfingstsamstag gefahren, mit Freundin. War damals so um 1954/55 noch eine geruhsame und einsame Sache.
Herzlichst Hermann
#1
Ja und nein...
Wie aus dem Text eigentlich schon hervorgeht, ist die Liegerad-Flotte in der Tat die meine. Tatsächlich besitze ich gar keine anderen Drahtesel mehr! Der angesprochene Unfall passierte mit einem herkömmlichen Rad, wäre aber vermutlich mit einem solchen Langlieger erheblich glimpflicher ausgegangen.
Im Allgemeinen sind probehalber pedalierende Anfänger in Minutenschnelle »angefixt« und wollen dann gar nix anderes mehr fahren als (m)ein Liegerad. Die Federkraft der Wirbelsäule bleibt erhalten und wird durch die zusätzliche Rahmenfederung (dicker Gummipuffer) am Hinterbau sogar noch unterstützt...
#2
Liegeräder super
Hallo Ralph,
bin per Zufall auf deine Seite gekommen und sah plötzlich einen Eintrag über Liegevelos. Da ich seit 3 Wochen selber stolzer Besitzer einer HP Streetmachine bin (www.hpvelotechnik.com/), las ich deinen Artikel interessiert durch. Liegevelo fahren ist einfach unvergleichlich... genuss pur! Erstaunlich eigentlich, dass immer noch so viele mit »normalen« Diamantrahmen Räder fahren. Mit Liegeräder gehören Nackenschmerzen, taube Handballen, schwere Kopfverletzungen bei Sturz der Vergangenheit an. Mit meiner vollgefederten Maschine können mir nicht mal Schlaglöcher etwas antun! Hoffen wir, dass in Zukunft mehr Personen den Spass von Liegeräder entdecken werden.
Grüsse
#3
Hallo zonebattler, www.hpv-ev.de/scene/map/ kennst Du schon?
#4
Nein, ich kannte jene Seite noch nicht. Was es nicht alles gibt!
#5
Fahrtenschreiber
Für Radtouren übrigens sehr zu empfehlen: der Vorratsdatenspeicher !
#6
Wenn es nicht jetzt schon Millimeterarbeit wäre, die einspurigen Peer Gynts in den bzw. aus dem Keller und durch das Treppenhaus ins Freie zu tragen, dann würde ich nach Lektüre dieses Artikels aus der F.A.Z. mir am liebsten sofort ein Scorpion fs bestellen und ein zweites für die bessere Hälfte gleich mit dazu...
#7
Diese Diskussion hier ist ja schon ein paar Jahre alt, aber vielleicht interessiert sich doch noch jemand für den Senf, den ich dazugebe: In der Schweiz, in der ich seit 16 Jahren wohne, gibt es immer noch eine kleine, wunderbare Firma, die Langlieger herstellt und inzwischen auch mit unterstützendem Motor ausrüstet (für nicht so sportliche Menschen wie mich, die sonst am Fusse der allgegenwärtigen Berge zurückbleiben): Fateba in Winterthur. Ein neues Liegerad ist nicht billig, aber es werden immer wieder gebrauchte Stücke angeboten (ricardo.ch oder tutti.ch). Der Vorteil ist, dass die Leute von Fateba geschickte Bastler sind und bei fehlenden Ersatzteilen oder Sonderwünschen immer eine Lösung haben. Das ist zumindest meine Erfahrung aus 12 Jahren, die ich nun schon mit meinem Liegevelo durch Stadt und Land radle. Unfallfrei übrigens, was in der fahrradfeindlichen Stadt Zürich (viele Tramschienen, fast keine Fahrradwege) schon ein kleines Wunder ist.
#8
Danke für die interessanten Infos! Bei der Gelegenheit möchte ich meinerseits verkünden, daß ich meine Liegerad-Flotte verkleinern und zwei der vier oben im Bild gezeigten »Peer Gynt«-Langlieger in wertschätzende Hände abgeben möchte. Interessenten mögen sich unverbindlich per Mail bei mir melden...
#9
Das Angebot hat sich erledigt, soeben wurden zwei Räder in neue Hände abgegeben!
#10
Vielleicht könnt Ihr mir helfen: Ich restauriere gerade ein altes Peer Gynt, dessen Federelement schon Risse hat. Kennt Ihr noch die Bezeichnung dieses Elements? Irgendwas habe ich vor ‑x Jahren mal gehört es sei ein Dämpfungselement der Motoraufhängung bei einem Kfz. Möglicherweise Mercedes, kann das sein?
#11
Keine Ahnung, die Gummidämpfer an meinen beiden noch vorhandenen Peer Gynts haben auch längst altersbedingte Risse, aber das tut ihrer Funktion keinen Abbruch. Einmal im Jahr gehe ich der Optik halber mit Gummipflegemittel (Autozubehör) drüber, und das war’s. Sicherlich werden das keine eigens konstruierten, sondern zweckentfremdete Standardteile gewesen sein, aber warum austauschen, wenn die Alterung nur kosmetischer Art ist?
#12
Hallo @zonebattler, ich sehe erst jetzt gerade, dass Du vor 2,5 Jahren auf meine Frage geantwortet hast.
Ich sehe das genau wie Du.
Ich habe den Dämpfer immer noch nicht ausgetauscht (baue gerade ein altes Leitra Velomobil wieder auf) und habe gestern auf einer entspannten Sonntagstour wieder einmal erfahren, dass auch ein gealterter Dämpfungsblock immer noch gute Dienste tut. Ersatz liegt bereit, kommt wohl im Sommer rein..
#13
Tja, und ich muß zugeben, daß ich meine verbleibenden beiden Peer Gynts schon länger nimmer aus dem Keller geholt, sondern mir neulich sogar ein stinknormales City-Rad (gebraucht) gekauft habe: In der Stadt mit ihren Gassen und Winkeln – meinem primären Aktionsgebiet – ist der Langlieger halt doch unpraktischer als ein klassisches Rad mit kurzem Radstand. Außerdem ist hierorts noch öfters Kopfsteinpflaster anzutreffen, da macht eine Federgabel mehr Spaß als anfangs gedacht und last but not least ist eine moderne LED-Lichtanlage mit Nabendynamo auch so ein Fortschritt, auf den ich nimmer verzichten mag...
Halt, noch was, wenn nicht sogar das Wichtigste: Wir haben uns vorgenommen, ein paar Radwanderungen nicht von daheim aus zu beginnen, sondern in landschaftlich besonders reizvollen Ecken des hiesigen Verkehrsverbundraumes zu starten. Das attraktive »TagesTicket Plus« erlaubt die Mitnahme von Fahrrädern anstelle von Kindern, aber zwei Langlieger in den Zug zu wuchten, damit den halben Waggon zu beanspruchen und sich den Zorn anderer Ausflügler zuzuziehen ist definitiv kein Abenteuer, auf das ich mich einlassen möchte.
Wenn ich das zu Ende denke, sollte ich mich mittelfristig wohl doch von meinen beiden Liegerädern trennen und die an Leut*innen weitergeben, die sie entsprechend ihrer Stärken auch einsetzen können. Das wird freilich nicht ganz einfach werden, denn von den ursprünglich für beide Räder zusammen ausgegebenen 5.550 DM möchte ich dann schon etwas mehr wiedersehen als nur ein Handgeld...
#14
Die beiden bis dato noch vorhandenen Räder stehen nunmehr definitiv zum Verkauf und sollen baldmöglichst unter neuer Leitung endlich wieder was von der Welt erleben!
#15