Als die vom braunen Hirnschwamm befallenen Deutschen im großen Stil zu zündeln begannen, erst im eigenen Land die Gotteshäuser (Synagogen) und dann anderswo die Städte (Guernica, Coventry) ansteckten, da ahnten wohl nur wenige, mit welcher Vehemenz das selbst entfachte Feuer Jahre später in das Land der Brandstifter zurückkehren sollte. Es fiel hernach bekanntlich in apokalyptischen Ausmaßen in Form ungezählter Brand- und Sprengbomben vom Himmel...
Die alte Reichsstadt Nürnberg, weiland des Deutschen Reiches Schatzkästlein, versank nebenan unwiederbringlich im Flammensturm. Auch Fürth blieb nicht ganz verschont, kam aber vergleichsweise glimpflich davon: Umso besser lassen sich hier noch heute, gut sechs Jahrzehnte nach dem Inferno des Luftkrieges, die Relikte deutscher Gründlichkeit begutachten, mit der ein straff organisierter »Luftschutz« die Folgen des alliierten Bombenhagels als beherrschbar erscheinen lassen wollte:
»LSR« beispielsweise steht für »Luftschutzraum«, häufig steht noch »i.H.« (= »im Haus«) dahinter. Nicht minder oft sieht man »NA« als Abkürzung für »Notausstieg«. Breite Pfeile verweisen auf die entsprechenden Zu- und Ausgänge des Gebäudes, oft über Meter hinweg, damit sie im Ernstfalle auch dann noch zu sehen waren, wenn sich getroffene und kollabierte obere Stockwerke auf Straßenniveau zu Schuttbergen aufhäuften. Geholfen wird die Pinselei den in den Kellern darunter eingeschlossenen Menschen nur selten haben: Bis Rettung kam, waren sie meistens schon erstickt, verbrannt, erdrückt, von Trümmern erschlagen...
Verblüffend ist die scheinbare Frische mancher Markierungen: Zuweilen leuchtet die weiße Farbe so hell, als wäre sie kürzlich erst aufgetragen worden. Ob da wohl eine ängstlich-ältliche Hausbesitzerin zum fassadenrenovierenden Malermeister meinte: »Machens’ des fei genau so wie’s wohr, und jo nix verännern«? Oder denken die spätgeborenen und historisch unbeleckten Erben, es handele sich um rätselhafte Markierungen der Stadtwerke infra, die nicht ungestraft getilgt werden dürften?
Ich persönlich meine, man sollte in diesen Relikten aus dunkler Zeit höchst aktuelle Mahnmale wider die menschliche Hybris sehen. Sie mögen daher ruhig noch lange bestehen bleiben, als Flammenschrift an der Wand, in Fürth wie andernorts...
der keller als schutzraum......ich kann mich noch an die gänsehaut erinnern, die mir diese vorstellung – natürlich hatten mir meine grosseltern erklärt, was es damit auf sich hatte – noch dazu in zusammenhang mit krieg, verursachte und stimme in deinen wunsch ein....mögen diese ‘mahnmale’ noch lange sicht- und spürbar erhalten bleiben.....
#1
dem kann ich mich nur anschließen.
#2
NA – NA – wie oft habe ich schon über dieses »NA« gerätselt
höchstwahrscheinlich bin ich schon so ge-denglischt und iconfiziert.
zonebattler, herzlichen Dank für ein Brett weniger vorm Hirn!
- und überhaupt für Deine liebevollen und gepflegten Seiten, dem unverzagten Eintreten für Liegerad und vieles mehr.
brody_x
#3
Aufgewachsen in einem Neubaublock während des Kalten Krieges – bei jedem Hauseingang gab es einen Keller, der mit einem gelben Punkt gekennzeichnet war. Dieser Keller sollte im Fall der Fäller als Luftschutzraum genutzt werden. Diese Punkte sind inzwischen allerdings verschwunden.
#4
Kriegsbemalung (3)
Gesehen an der Karolinenstraße:
#5
Kriegsbemalung (4)
Gesehen in der Schwabacher Straße, unweit der Kreuzung mit der Amalienstraße:
#6
Literaturhinweis
Heute habe ich die Website www.bauzeugen.de gefunden, auf der die baulichen Hinterlassenschaften des »III. Reiches« in Nürnberg vortrefflich dokumentiert sind. Eine eigene Abteilung ist dort den Luftschutz-Bauten gewidmet.
#7
Kriegsbemalung (5)
Kitsch am Keller: Diese Markierung eines ehemaligen Notausstieges findet sich an der Karolinenstraße unweit des Fürther Hauptbahnhofes...
Der kleine Vorgarten mit der Figur (und allerlei anderen merkwürdigen Artefakten) lag bis vor kurzen verwildert, aber mit morbidem Charme versehen an meinem täglichen Weg zum Bahnhof. Jetzt hat ihn jemand aufgeräumt und den pflanzlichen Wildwuchs radikal entfernt, was ihn leider kahl und künstlich erscheinen läßt. Aber vielleicht wächst ja wieder Gras drüber...
#8
Kriegsbemalung (6)
Nürnberg, Humboldstraße:
#9
Der scheint jetzt aber ...
... irgendwie zugemauert worden zu sein ?
Merkwürdig, dass sich solche Spuren solange halten, obwohl der Hinweis, den sie einstmalst geben sollten, nicht mehr zutrifft.
#10
Noch ein Tip...
Falls der Herr Zonebattler noch ein siebtes Motiv sucht, in der Theresienstraße genau vis-á-vis wo die Pfisterstaße einmündet, steht ein Haus auf dem auch noch eine Kriegbemalung an der Fassade prangt. Ist nicht zu übersehen....
#11
Das mit dem riesigen Hinweis...
...auf den »Aufnahmeraum Fronmüllersteg«? Danke, schon bekannt!
#12
Kriegsbemalung (7)
Gestern beim Abendspaziergang zwei besonders »schöne« Exemplare in der Turnstraße (Nähe Logenhaus) bemerkt:
#13
Kriegsbemalung (8)
Auch in der Blumenstraße finden sich noch reichlich Zeugnisse aus dunkler Zeit:
#14
frage(n)...
Endlich weiß ich jetzt was diese Buchstaben bedeuten. Mit dem Wissen läßt sich leicht das Umfeld beeindrucken ;-)
Was macht denn eine Mauer zu einem NA?
Oder bezeichnet das nur eine nicht-tragende Mauer?
GIbt doch keine doofen Fragen, oder?
#15
Doofe Fragen...
...gibt es in der Tat nicht, denn jede Frage zeugt von Wißbegier! ;-)
»NA« bedeutet Notausstieg (für die im Keller Schutz Suchenden) und weist auf einen solchen hin. Weil die rettende Öffnung beim Eintreffen von Helfern aber bereits unter meterhohen Trümmerhaufen verschüttet sein konnte, war die dazugehörige Beschriftung gut sichtbar oben drüber an der Mauer angebracht. Da wußten die Retter dann gleich, wo sie budeln mußten. Logisch, nicht wahr?
#16
soweit klar :) ich war nur verwirrt, weil die pfeile nie auf die fenster deuten, sondern immer auf die mauer/bestimmte steine. aber wozu steine aus einer mauer entfernen, wenn da doch ein fenster ist?
#17
gibt’s andere hinweise zb für brunnen, zisternen, hydranten, usw??
#18
Gerade in Franken erhalten sich diese interessanten Hinweise aus dunkler Zeit gut, da dort viele Häuser mit Sandsteinfassaden versehen sind. In anderen gibt es kaum mehr diese stummen Zeitzeugen, da nach fast 70 Jahren sehr viele Häuser neu angestrichen wurden.
Weiters gibt es noch die Abkürzungen »LR«-> Luftschutzraum und »MD«-> Mauerdurchbruch. Dies waren Öffnungen zwischen den Kellern der einzelnen Häuser, die locker mit einer dünnen Ziegelwand vermauert waren. Im Falle einer Verschüttung konnte man die dünne Mauer durchbrechen und über das Nachbarhaus ins Freie gelangen.
Hier in Wien findet man an Hauswänden auch vereinzelt groß angebrachte Schriftzüge mit Pfeilen die den Weg zu Markanten Plätzen oder Straßen wiesen. Sie sollten als Orientierung bei Verdunklung und/oder nach einem sehr zerstörerischen Angriff dienen. So z.b »RING« oder »DONAU«.
#19
In der Tat ist der hierorts übliche Sandstein mit seiner grobporigen Oberfläche ein Grund dafür, daß sich alte Anstriche aller Art über viele Jahrzehnte erhalten haben!
Interessant ist auch der Hinweis auf markante Plätze, die im Ernstfall als Sammelplätze fungieren sollten. Hier in Fürth gibt es derlei Wegweisungen durchaus auch noch zu sehen. »Zum Aufnahmeraum Fronmüllersteg« steht z.B. in der Badstraße an einem Haus, in einem einschlägigen FürthWiki-Artikel findet sich sogar ein Foto davon. Weitere Erklärungen zu den seinerzeit verwendeten Abkürzungen siehe hier.
Ist schon ein ebenso makabres wie spannendes Thema...
#20