Als neulich jemand im von mir fast täglich bespielten Old-Fidelity-Forum in der An- und Verkauf-Rubrik ein olles iPad der ersten Generation in neuwertigem Erhaltungszustand anbot, schlug ich ohne langes Überlegen zu und erstand das originäre und damit technik-historisch bedeutsame Tatsch-Tablett für einen schlanken Hunderter. Im Laufe der Abwicklung stellte sich heraus, daß der Verkäufer nicht nur ein Vornamensvetter von mir ist, sondern auch noch am gleichen Tag Geburtstag hat, was den doppelsteinböckischen Deal schon mal unter einem guten Sternbild ablaufen ließ.
Wenige Tage später kam per Post ein wohlriechender Schuhkarton an, der ursprünglich lederne Damenstiefel beherbergt hatte von der gleichen Größe, wie sie auch des zonebattler’s besserer Hälfte passen würden. Was mich aber nicht zum Spinnen von abstrusen Verschwörungs-Theorien veranlaßte: Das dem Karton entnommene iPad entpuppte sich in der Tag als makellos und im Vollbesitze seines ursprünglich mitgelieferten Original-Zubehörs. Für kleines Geld (sprich mit Porto immer noch für einen einstelligen Betrag) ließ ich mir noch aus England eine hauteng geschnittene Hülle aus einem silikonartigen Weichmaterial kommen, welche die Rückseite des Pads und dessen Kanten vor Beschädigungen schützt und den ganzen Apparillo überdies griffiger in der Hand liegen läßt. Perfekte Paßform, perfekter Start!
Der Auslöser für den Spontankauf war die vage Idee, das bescheiden bestückte Brettchen (WLAN-Version, 16 GB Massenpeicher) als drahtlos angekoppeltes Internetradio zur Musikbeschallung über die große HiFi-Anlage einzusetzen. Später kam die Überlegung hinzu, das iPad auch für jene Aufgaben heranzuziehen, die der Autor dieser Zeilen gemeinhin auf dem vom Arbeitgeber gesponsorten iPad neuerer Bauart seiner Lebensgefährtin ausführt, wenn diese abends noch am Hauptcomputer im großen Salon zugange ist und weder das gemeinsame Sofa noch ihr eigenes iPad in Beschlag nimmt. Verführerisch nahm also der Gedanke Konturen an, das neue/alte Pad zur Emanzipation vom gerne gegriffenen Tablett der Freundin zu benutzen und sich dann in den letzten Stunden des ausklingenden Tages nur noch um den besten Platz auf der Couch balgen zu müssen...
Das Ertüchtigen eines alten Gerätes für aktuelle Zwecke aber ist in der Tat nicht ganz so einfach, denn die Hardware der 1. iPad-Generation ist nach heutigen Maßstäben uralt bis prähistorisch, auch wenn die Markteinführung gerade mal vier Jahre her ist. Folgendes muß man wissen (und damit leben können), wenn man es mir nachtun und ein billig erschnapptes iPad mit Gewinn und Spaß betreiben will:
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Das Ur-iPad hat keine Kameras eingebaut, Knipsen, Skypen und dergleichen fällt also schon mal flach. Braucht aber längst nicht jede(r), und auch aktuelle Pads saugen weder Staub noch waschen sie das Geschirr ab.
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Die Auflösung des Bildschirms ist mit 1024 x 768 Pixeln sichtbar gröber als die heutigen »Retina«-Displays mit der vierfachen Pixelzahl (2048 × 1536) auf gleicher Fläche. Dazu sage ich gleich noch was...
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Der nicht erweiterbare Arbeitsspeicher zur Programm-Ausführung (RAM, nicht zu verwechseln mit dem Massenspeicher zur Datei-Ablage) ist mit 256 MB grenzwertig knapp bemessen, was man sehr bald bemerkt, wenn man mit dem Safari-Webbrowser komplexe Seiten ansurft, die den Browser dann urplötzlich abstürzen lassen. Ganz klar ein Fall von failure by design!
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Im gegenwärtig tobenden Wettbewerb zu kleinerer, leichterer, schickerer, tollerer Bauform kann man mit dem bauchigen Boliden keinen Blumentopf mehr gewinnen. Andererseits: Ein paar Zentimeter am eigenen Bauchumfang abgespeckt (und ein paar Kilo Gewicht gleich mit abgeworfen) sowie im Gegenzug die Armmuskulatur gestärkt wäre das erstrebenswertere und die eigene Befindlichkeit deutlich mehr befördernde Ziel...
Also gut, ich hatte also ein schwachbrüstiges Ur-iPad in Händen und schickte mich an, es im Rahmen des Möglichen zu optimeren. Als sehr erfreulich erwies sich schon mal die immer noch sehr respektable Akku-Laufzeit, bei täglicher Benutzung für 1–2 Stunden muß das Pad allenfalls zweimal pro Woche an die elektronenspeisende Nabelschnur gehängt werden. Gemessen hab ich’s nicht, aber die Durchhaltezeit ist wirklich noch beeindruckend und mehr als nur OK. Wollen wir hoffen, daß das so bleibt.
Die Sache mit der Auflösung des Displays ist auch weit weniger dramatisch als anfangs befürchtet: Natürlich sieht schon das unbewaffnete Auge – das kritisch-geschulte des zonebattler’s zumal – den Unterschied zur vierfachen Pixelzahl und entsprechend höheren ‑dichte sofort, wenn altes und neues Pad nebeneinanderliegen und zum Vergleich das gleiche Bild anzeigen. Nur: Wenn die Schrift so winzig wird, daß man sie auch mit Brille kaum noch lesen kann, dann zoomt man sie halt mit einer Zweifinger-Geste auf, und dann ist sie auf dem alten Display so gut zu lesen wie auf dem neueren. Bei Fotos und Videos bemerkt man sowieso kaum einen Unterschied, das liegt in der (physikalischen) Natur der Sache.
Als schwieriger erwies sich der Umgang mit der Software, sprich das Bestücken mit Anwendungen (neudeutsch »Apps« geheißen): Da das iPad 1 als letzte betriebssystemseitige Ausbaustufe unter iOS 5.11 läuft (die derzeit aktuelle Version für jüngere Geräte ist iOS 8.1), kann man sich nur solche Apps herunterladen und installieren, die auch unter dieser alten Betriebssystemvariante lauffähig sind. Das sind bei weitem nicht alle, im Gegenteil: Viele Apps erfordern heutzutage mindestens iOS 6 oder gar iOS 7, um sich überhaupt auswählen und ausprobieren zu lassen...
Aber da sich ja unsereins ausweislich des eigenen Impressums als Tüftler sieht und betrachtet, war das eher eine Herausforderung als ein Ärgernis. Nach einigen Stunden erwartungsfrohen Experimentierens kann ich in der Tat sagen, daß man mit einem alten iPad immer noch einigermaßen vorne mitspielen kann, wenn man hervorragende Verarbeitung und solide Handhabungs-Qualitäten ebenso schätzt wie intuitiv bedienbare Software. Nachfolgend empfehle ich ein paar ressourcensparende Werkzeuge für die mir persönlich wichtigen Einsatz-Szenarien:
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Internettiges Radiohören funktioniert hervorragend mit der App radio.de. In der nach Genre sortierbaren Senderliste findet jede(r) die eigenen Lieblingssender! Meiner einer läßt sich gerne von barocken Trompetenkonzerten, gelegentlich aber auch von loungigem Smoothgejazze hintergrundbeschallen: Was drahtlos per WLAN vom Router reinkommt, wird vom iPad via Bluetooth ebenso schnurlos an ein an die große HiFi-Anlage angestöpseltes Empfängerlein weitergereicht. Kommode Bedienung und eine mehr als nur befriedigende Klangqualität: Das war’s, was ich suchte und wollte. Allein dafür hat sich die Anschaffung (aus meiner höchst subjektiven Sicht) schon rentiert!
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Videos gucken will man auch hin und wieder, sei es, um sich an tolpatschigen Katzenbabies zu ergötzen, sei es, um sich mit anderen infantilen Bewegtbildern den Feierabend zu versüßen: Dafür taugt die mitgelieferte YouTube-App allemal! [1]
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Um von Kanapee oder Fauteuil aus mal eben elektrische Post zu empfangen und zu versenden ist die gleichfalls zur Grundausstattung gehörende Mail-App bestens geeignet.
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Zum Surfen in den Weiten und Tiefen erweist sich der Grazing Web Browser als zuverlässiger Partner, der aufgrund seines cleveren Speicher-Managements deutlich seltener abstürzt als der reguläre Standard-Browser Safari. Klasse!
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Zum Bilder herumzeigen hat man mit der Standard-App Fotos schon das nötige Tool an Bord. Wie aber die vorzuführenden Schnappschüsse auf das Pad bringen, ohne sich und seinen Rechner mit dem unsäglichen iTunes-Programm kontaminieren zu müssen? Dafür gibt es allerlei Transfer-Apps, die alle ähnlich funktionieren: Man startet die App auf dem Pad, ruft auf dem PC (der dabei im gleichen Netzwerk angemeldet sein muß) eine bestimmte Adresse im Webbrowser auf und kann dann über ein Webinterface die zu übertragenden Bilddateien auswählen und einem Album zuordnen. Aus der Fülle ähnlicher Apps habe ich mit WiFi Album Free eine noch unter iOS 5.11 ihren Dienst tuende Variante gefunden. Deren Bedienoberfläche schaut zwar nicht so schick aus wie die anderer Produkte, funzt dafür aber tadellos, und das ist ja schließlich das einzig relevante Kriterium...
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Für den seltenen Fall, daß dem zonebattler zum Ferngucken zumute ist (etwa 1x alle 14 Tage), ist es schön zu wissen, was gerade läuft, denn der zeitraubenden Zapperei will unsereiner nicht mehr erliegen. Daher lautet meine Empfehlung für ein visuell schick aufbereitetes TV-Programm: Klack für Tablet. Mit wenigen Hand- bzw. Fingergriffen wählt man seine Sender aus und sortiert sie in die gewohnte Reihenfolge, und schon kann man in einer Zeitschiene mit allen Sendern untereinander sehen, was gerade wo ausgestrahlt wird.
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Benötigt man zwecks Vor- oder Nachbereitung einer Wanderung oder Radtour geographische Orientierung, so ist das vorinstallierte Google Earth die ebenso naheliegende wie optimale Wahl.
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Last but not least will man sich vielleicht mal Notizen machen, wenn einen der Geistesblitz trifft und Papier und Bleistift gerade nicht in Griffweite sind. In diesem Fall kriegt man UPAD Lite umstandslos was später noch Lesbares auf’s Glas gekrakelt...
Mehr brauche ich nicht, mehr nutze ich nicht, nach mehr verlangt es mich nicht, und das gilt im Großen und Ganzen auch für das neuere und softwaremäßig auf dem aktuellen Stand der Technik befindliche Pad der besseren Hälfte. [2] Insofern hat sich der Apfel-Kauf für mich gelohnt, wobei ich aber auch weiterhin Birnen und andere Früchte zu goutieren gedenke.
zonebattler’s Fazit: Ein aktuelles iPad ist schön und teuer, ein älteres erheblich billiger, aber immer noch fesch und nicht nur als Briefbeschwerer nützlich!
[1] Bei der Gelegenheit sei erwähnt, daß mir die App-Icons des alten iOS 5.11 in ihrem nach offizieller Apple-Doktrin inzwischen geächteten Skeuomorphismus erheblich besser gefallen als die neuen Symbolbildchen. Namentlich ist mir beispielsweise das frühere YouTube-Icon – ein knuffig-stilisertes Abbild eines Röhrenfernsehers aus den 1940er Jahren – erheblich sympathischer als das rote »Play«-Dreieck auf weißer Tastenfläche im roten Kästchen beim aktuellen iOS. Apple fiele kein Zacken aus der Krone, wenn sie dem Benutzer die Wahl ließen zwischem einem »modernen« und einem »klassischen« Symbolsatz...
[2] Über die Tauglichkeit der hauseigenen Orga-Anwendungen (Erinnerungen, Kalender, Kontakte, Nachrichten, Notizen) kann ich nicht urteilen, da mir sowohl die Apple-Cloud als auch andere wolkige und nebulöse Dienste zutiefst suspekt bis zuwider sind: Ich mag meine vertraulichen bis geheimen Daten nicht plappertaschigen Apps anvertrauen, sondern speichere sie seit vielen Jahren in meinem ollen Palm-Organizer ab, den ich an und mit allen von mir benutzten PCs offline via Kabel oder Infrarot-Auge synchronisiere. Man mag mich dafür belächeln, aber es funktioniert bestens: Ich habe noch nie irgendwelche für mich relevanten Daten verloren, nicht bei Bedarf zur Hand gehabt oder fahrlässig wildfremden Leuten zugänglich gemacht. Das soll auch weiterhin so bleiben.
Die im ersten Foto auf dem Homescreen zu sehende App der »Nürnberger Nachrichten« ist keine Empfehlung wert?
#1
Alle Wetter! Fünf Aufmerksamkeits-Punkte für den Blick für’s Detail und fünf weitere für’s frühmorgendliche Ausgeschlafensein! Zwei Miese gibt es freilich für den leider nicht korrekt berücksichtigten Genitiv am Ende der Frage... ;-)
In der Tat hatte ich mir gestern mal eben die NN-App installiert: Eine aus Wiesenthau einpendelnde Kollegin hatte mir von einem Artikel in der Print-Ausgabe der Nordbayerischen Nachrichten (Geschmacksrichtung Forchheim und Ebermannstadt) erzählt, der mich aus privaten und persönlichen Gründen (ich wohnte sieben Jahre lang in FO) interessierte. Die Idee war, eine kostenlose E‑Paper Demo-Ausgabe zu erhaschen mit dem gesuchten Beitrag drin. Hat nicht wirklich hingehauen, aber da die Kollegin ihre Zeitung bislang vermutlich weder verschürt noch zum Salateinwickeln benutzt haben wird, besteht Hoffnung, den ersehnten Artikel demnächst in analoger Fassung auf den Schreibtisch gelegt zu bekommen...
Die NN-App hat des zonebattler’s iPad inzwischen wieder verlassen müssen. Immerhin war sie nicht wählerisch und lief unter iOS 5.11 ohne zu zicken!
#2
Interessant, dass selbst digitale Dinos aus Monokultur heutzutage noch benutzbar sind! Ich hätte eher erwartet, dass der Hersteller sie nicht mehr mit Software unterstützt und so zu Elektroschrott macht. – »Nach einigen Stunden erwartungsfrohen Experimentierens« hält mich allerdings wirksam von ähnlichen Abenteuern ab ;-)
#3
Na ja, Du hast ja auch schon Stunden, Tage, Wochen (!) Deines Lebens investiert in die Aneignung und Beherrschung diverser Gadgets: EIn bißchen was bleibt immer hängen, was einem anderswo und anderswann wieder von Nutzen sein kann!
Inzwischen habe ich übrigens noch herausgefunden, wie man sogar Apps installieren kann, deren aktuelle Fassungen nach einer neueren iOS-Variante schreien: Durch temporäres Ummelden meines alten Brettchens auf die Apple-ID meiner besseren Hälfte konnte ich bewirken, daß mir der App-Store die von ihr bereits früher auf ihr moderneres Dingens heruntergeladenen Apps zur Installation in älteren, noch unter iOS 5 funzenden Versionen anbot. Auf die Art konnte ich mir die WordPress-App ebenso nachrüsten wie die Dropbox, die ich zum schnellen Austausch von Handy-Fotos oder von Arbeitsunterlagen und ‑materialien innerhalb meiner Vereine nutze.
Einige weitere Apps (ARTE und DB Navigator) ließen sich auf die schlaue Tour zwar auch installieren, aber später nicht wirlich benutzen aufgrund von Server Errors: Das hat aber sicherlich eher mit Umstellungen auf Seiten der Dienstanbieter zu tun als mit Apple’scher Diabolitizität...
#4
Stimmt, ich habe schon sehr viel Zeit in die Beschäftigung mit zum Teil fragwürdiger Technik gesteckt, und mich würde es nicht wundern, wenn dabei sogar Monate zusammengekommen wären. Ich will nicht sagen, dass es zuviel Zeit war, doch ich möchte es nicht noch mehr werden lassen – mir reicht’s, auch schon allein deshalb, weil der Aufwand irgendwann in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zum Ertrag stand. Hinzu kommen die über die Jahre geänderten Interessen, Werte und Aufgaben, die mich meine Zeit anders verteilen lassen (aber das ist ja eine ganz natürliche Entwicklung). – Im Übrigen bin ich mir ziemlich sicher, dass ich in zehn Jahren ähnliches zumindest über einen Teil meiner aktuellen Freizeitgestaltung denke ;-)
#5
Klaro, alles ist im Fluß, und es wäre ja schlimm, wenn sich nichts ändern würde im Leben. Von daher gibt es letztlich auch keine vergeudete Lebenszeit zu beklagen, zum Zeitpunkt des Tuns & Tüftelns waren Motivation und Spaß an der Sache schließlich durchaus vorhanden!
#6
So sieht’s aus!
#7
Nach der Lektüre von Richard Gutjahrs Krautreporter-Artikel »Der Apfel fällt nicht weit vom Bann« sehe ich mich in meiner Meinung bestätigt, daß (m)ein iPad 1 zwar ein feines Gerät, die Firma Apple selbst aber ein äußerst dubioser Laden ist...
#8