Schon vor dreieinhalb Jahren hatte ich den Versuch unternommen, mit einer neuen digitalen Kamera meinen alten Bestand an Objektiven einer zeitgemäßen Nutzung zuzuführen. Letztlich habe ich das vollformatige Prunkstück damals aus guten Gründen nicht behalten und zurückgeschickt...
Als ich neulich aber meine zehn im Regal stehenden, analogen Spiegelreflex-Kameras der Marke Minolta entstaubte, erwachte die Lust neu in mir und ich überlegte, meinem statischen Museum zumindest teilweise wieder einen praktischen Nutzen abzugewinnen. Nach stundenlanger Recherche im Minolta-Forum, vor allem aber im SonyUserforum bestellte ich mir dann die ziemlich neue SONY SLT-A58:
Im Gegensatz zur bulligen und schweren Alpha 850 ist die kompakte und leichte Alpha 58 natürlich keine »Vollformat«-Kamera, d.h. ihr APS-C-Bildsensor ist erheblich kleiner als der Sensor im Kleinbildformat 36 x 24 mm der älteren Schwester, was gravierende Auswirkungen auf die Bildwirkung hat: Während sich der kleinbildformatige Sensor der A850 aus meinen vollformattauglichen Objektiven das maximal mögliche Rechteck herausschnippelte, kriegt der kleinere Sensor der A58 natürlich nur einen mittigen Ausschnitt davon zu sehen. Dieser sogenannte »Crop-Faktor« bewirkt im Endeffekt, daß der Blickwinkel der vorhandenen Objektive in den Tele-Bereich verschoben wird (wobei sich deren bauartbedingte Brennweite selbstverständlich nicht ändert). Kurz gesagt: Ein Weitwinkel wirkt weniger weitwinklig, ein Teleobjektiv dafür noch »teliger« als an der alten analogen oder der modernen Vollformatkamera.
Die teilweise durchaus bedauerliche Verschiebung (mit meinem Fisheye und meinem extremen 20 mm-Weitwinkel konnte ich früher auch kleine Innenräume komplett erfassen) hat natürlich auch ihre Vorteile, die freilich nicht gestalterischer Natur sind: Zum einen fällt das Gehäuse der A58 dank des kleineren Sensors erheblich kompakter und leichter aus als das der Vollformat-Vorgängerin, zum anderen kostet es nur ein Viertel bis ein Fünftel davon, mit einem zusätzlichen »Kit«-Zoomobjektiv in Leichtbauweise als nicht zu verachtende Zugabe.
Ernsthaft vergleichen kann man die preiswerte Einsteigerklasse mit der soliden Profikamera natürlich nicht. Die Unterschiede in der Materialanmutung und der Solidität sind augenfällig. Dennoch spürt man den klassenübergreifenden Fortschritt, insbesondere in Sachen Software sind dreieinhalb Jahre ja eine halbe Ewigkeit. Vor allem aber hat es mir das rückwärtige Klapp-Display angetan, da ich doch immer wieder gerne unauffällig »aus der Hüfte schieße« oder ungewohnte Perspektiven ausprobiere...
Alle aktuellen SONY-Kameras mit Wechselobjektiven sind heute keine »klassischen« Spiegelreflex-Apparate mehr mit optischem Sucher und Schwingspiegel: Statt des tatsächlichen Blicks auf das Motiv via Objektiv, Spiegel, Pentaprisma und Okular schaut man heutzutage durch den Sucher auf einen Miniatur-Monitor, dessen abstrahierende Anmutung zunächst ungewohnt ist, wenn man die althergebrachte Bauform gewohnt ist. Das Thema spaltet die Gemeinde und erhitzt die Gemüter. Meiner einer sieht den konzeptuellen Wechsel eher positiv: Der Verzicht auf die komplexe Spiegelmechanik zugunsten einer festehenden, teildurchlässigen Reflektorfolie senkt den Aufwand, erhöht die Robustheit und eliminiert den Spiegelschlag. Das elektronische Suchersystem bietet bis dato unbekannten Komfort wie Restlichtverstärkung oder Schärfentiefe-Beurteilung durch Abblendung ohne Helligkeitsverlust. Alle möglichen Informationen sind einblendbar, und um zu hilfreichen Rasterlinien zu gelangen muß man nicht nach alter Väter Sitte eine andere Mattscheibe einbauen, sondern nur den entsprechenden Menüpunkt anwählen. In ein paar Geräte-Generationen wird man den simulierten Sucherblick nicht mehr vom realen unterscheiden können, dessen bin ich mir sicher.
Daß der Umgang mit einer Systemkamera trotz allen gebotenen Komforts anders ist als der mit einer Kompaktknipse und ggf. neu erlernt werden will, habe ich auf meiner ersten Foto-Pirsch mit der neuen Kamera bereits feststellen müssen. Dennoch wird das Experiment diesmal nicht abgebrochen und die neue Ausrüstung behalten: Die erweiterten Möglichkeiten hängen nicht allzuschwer an meiner Schulter und selbst ein Totalverlust wäre finanziell kein Beinbruch. Angesichts der aktuellen Wetterlage werde ich heute aber wohl nicht das Haus verlassen, um frohen Herzens zu fotografieren, sondern nur, um sorgenvollen Gemüts einen neuen Bundestag zu wählen. Als Souverän hat man es nicht leicht, denn wenn man seine Auswahl hinterher bereut, kann man Regierung und Kanzler(in) nicht einfach umtauschen...
Ich wage es kaum auszusprechen, aber dennoch ist es wahr: Einmal mehr hat eine neue Digital-Kamera meine spätjugendliche Zuneigung nicht erwidert.
Die anfangs erstaunt registrierten Unschärfen waren keineswegs auf versehentliche Fehlfokussierung bei offener Blende zurückzuführen: Als mir die Qualitätsmängel nämlich auch bei Verwendung meiner hochwertigen Alt-Optiken merkwürdig und nachgerade unerklärlich vorkamen, habe ich die Kamera auf ein Stativ geschraubt und bei exakt lotrechter Ausrichtung dazu mein üppig bestücktes CD-Regal abgelichtet. Die Aufnahmen der rückseitigen Beschriftungen meiner Silberling-Sammlung zeigten unsymmetrisch einseitige Randunschärfen von indiskutabler Größenordnung! Hier lag eindeutig keine Unfähigkeit eines in Hirn und Sehorgan rapide alternden Bedieners vor, sondern werksseitige Fehljustage (oder vorhergegangene Mißhandlung) des hochytechnisierten Aufnahme-Apparates!
Also ging auch diese Kamera wieder zurück und ich bleibe bis auf weiteres seufzend bei meiner kompromißlos scharf zeichnenden Kompakt-Knipse vom Erzkonkurrenten Canon. Wobei ich auch hier Merkwürdiges erlebe: Außer dem mittlerweile deutliche Einsatzspuren tragenden Immer-dabei-Exemplar einer PowerShot A650i habe ich noch zwei günstig ergatterte Reservestücke gleichen Typs eingelagert, von denen ich dummerweise derzeit aber nur eines finden kann. Alle möglichen (und unmöglichen) Verstecke habe ich in meinem geräumigen Reich schon nach der dritten Kamera (und der Schachtel der aktuell genutzten ersten) durchsucht, bislang freilich vergeblich. Na ja, solange der zonebattler noch leidlich vorzeigbare Bilder machen kann, hält sich sein Leidensdruck darob in erträglichen Grenzen...
#1
Da haben wir beide ja (wieder mal) recht ähnliche Entscheidungen getroffen! Hast du meine Alpha77-Review gesehen?
Die Zuneigung ist sicher auch auf das Klappdisplay zurückzuführen, die Canon A... hat uns geprägt!
Schade, dass es mit der Schärfe nicht klappte. Bei der A77 gibts eine Schärfeadaptierung je Objektiv im Menü – bei der A58 vielleicht auch? Sicher, dass das gute Stück nicht schonmal kurz jemandem gehört hat?
#2
Hier der Link, sorry, am Handy geht das alles nicht so gut:
etosha.weblog.co.at/?p=3073
Habe auch neues Design zu bieten, schau doch mal! :)
Süße Grüße!
#3
Hallo süße Susy,
freilich habe ich Deine Alpha 77-Review gesehen und auch intensiv studiert, und ich bin mittlerweile ziemlich sicher, daß meine Alpha 58 einen Hau weg hatte. Beweisfotos schenke ich mir, ich hab’s ja mit Stativ ausprobiert und klar gesehen, daß da was nicht in Ordnung ist. Das SONY-Siegel auf dem Karton war unbeschädigt, aber das muß nix heißen, denn Rückläufer werden oft ohne gründliche Inspektion nach einer oberflächlichen Sichtprüfung »einmal durch die Küche getragen« und in neu versiegelter Verpackung wieder zum Verzehr, äh, in Verkehr gebracht.
So, und heute Abend fräse ich mich wieder ein bißchen durch Dein Blog und bewundere Dein Durchhaltevermögen, welches mir langsam abhanden zu kommen scheint...
Küß’ die Hand nach Wien!
#4
So, jetzt habe ich es nochmal riskiert und erneut eine Alpha 58 im Komplett-Kit mit dem »Plastik-Zoom« SAL 18–55 mm erworben: Ein Knipser-Kollege bot sein kaum gebrauchtes Set im SonyUserforum für faire 235 EUR an (Versand inklusive), da konnte ich nicht widerstehen.
Das Komplett-Set sieht aus wie aus dem Ei gepellt, den Gebrauchtwaren-Status kann ich einzig mit der Nase feststellen, weil der nette Vorbesitzer offenbar dem Laster des Tabakkonsums obliegt. Ist aber nicht schlimm und dürfte sich bald vollends verzogen haben. Die abgelieferte Bildqualität ist diesmal aber tadellos, sogar mit dem mitgelieferten Billigobjektiv sind mir schon erste inhäusige Testaufnahmen von sehr annehmbarer Güte gelungen. Klasse!
Auf zukünftige Reisen werde ich Neuerwerb und Altglasbestand dennoch nicht mitschleppen, dafür muß weiterhin die alte Compact-Canone herhalten. Aber für die inhäusige Tabletop-Fotografie und den sonntäglichen Stadtspaziergang wird mir die A58 fraglos gute Dienste leisten und endlich, endlich werde ich auch wieder Motive freistellen können mit offenblendbedingter Unschärfe rund um das Hauptmotiv herum. Große (Vor-)Freude!
#5
In den letzten Tagen habe ich Stunden mit dem Bildermachen für meine schon im letzten Herbst konzipierte Website »LGB Feldbahnen« verbracht. Und was soll ich sagen? Was die SONY-Knipse und insbesondere meine alten Minolta-Optiken zustande gebracht haben, ist doch sehr erfreulich!
#6