Schon letztes Jahr staunten wir ja über die zahlreichen Kirchen, die über den erzkatholischen Inselstaat verstreut sein Landschaftsbild nachhaltig prägen. Eines der eindrucksvollsten Exemplare ist die Johannes dem Täufer geweihte Kuppelkirche von Xewkija, die wir hier aus einiger Entfernung alles andere überragen sehen:
Leider eignen sich diese weithin sichtbaren Landmarken nur bedingt zur Orientierung: Es gibt ihrer so viele, daß man seinen gottgefälligen Weg vor lauter Kirchen kaum sieht, ähnlich wie es sich im Sprichwort mit dem Wald und den Bäumen verhält. Wälder freilich gibt es auf Gozo nicht und in Malta nur einen dreiviertelten, insofern ist die enorme Packungsdichte von Gotteshäusern wohl durchaus als Ausgleichsmaßnahme zu werten...
Tags drauf haben wir uns dann die Church Of St John The Baptist nicht nur aus der Nähe, sondern auch von innen angesehen. Aus dem heimischen Sandstein gebaut, ist sie natürlich von entsprechender Farbgebung:
Neobarocke Architektur und quietschbunt manieristische Innenausstattung gehen Hand in Hand, was allerdings selten zu sehen ist, sind angemessen dimensionierte Orgeln. Tatsächlich findet man sogar in den größeren Kirchen oft gar keine »richtige« Orgel auf der Empore, sondern nur ambulant aufgeständerte Yamaha-Keyboards mit angeschlossenen Party-Beschallungs-Boxen. Verwunderlich, aber vermutlich auf eine nicht vorhandene heimische Orgelbau-Tradition zurückzuführen. Schade, Resonanzraum und Volumen für die größten Baßpfeifen wäre vorhanden!
Jetzt aber wieder hinaus aus der weihrauchschwangeren Sakralatmosphäre an die frische (Meeres-)Luft, wo der Geruch des Meeres und der Blick in die Ferne zum Absprung in die Tiefe locken:
Na ja, letztlich entsann ich mich dann doch des Umstandes, keine Flügel zu haben. Aber auch mit solchen hätte ich mich fürchten müssen: Hier am südlichsten Zipfel Gozos kam uns nämlich einer jener Ballermänner kurz ins Blickfeld, von deren (Un-)Taten wir ansonsten den ganzen Tag über ständig was zu hören bekamen:
Einerseits katholisch sein und sonntags die Schöpfung lobpreisen, anderseits aber Teile derselben nach Kräften auszurotten, derlei Bigotterie ist nach wie vor bizarrer Alltag auf Gozo und Malta. Und dann laufen die Pistoleros resp. Flintoleros auch noch martialisch getarnt im Gelände herum, als ginge es darum, sich im Guerilla-Kampf einer Invasion übermächtiger Feinde zu erwehren. Man sollte die Piff-Paff-Puffis in einem abgegrenzten Gelände (gerne mit Tribünen drumherum) zusammenpferchen und sich gegenseitig abschießen lassen, daß hätte zumindest noch einen gewissen sportlichen Charakter...
Es braucht vermutlich noch Jahrzehnte, bis der kollektive Inselkoller soweit abgeflaut ist, daß Zugvögel auf der Route zwischen Europa und Afrika nicht mehr bei der Zwischenlandung um ihr Leben fürchten müssen. Womöglich liegt die Schießfreude der Gozitaner und Maltesen ja im militärischen Erbe begründet, dessen steinerne Zeugnisse (ähnlich wie die Kirchen) noch überall herumstehen und weithin zu erspähen sind:
Themenwechsel: Wenn man den ganzen Tag auf den Beinen gewesen und eine zweistellige Anzahl von Kilometern durch die Landschaft getrottet ist, dann freut man sich in den Abendstunden auf einen barrierefreien Spaziergang durch die Dörfer und Städtchen und hofft auf eine zum Naturerlebnis kontrastierende Auswahl an pittoresken Fotomotiven. Meiner einer ist ja nicht schnell genug (weder von der inneren Einstellung noch von mitgeführten Ausrüstung her) zum Einfangen bewegter Objekte oder Lebewesen, auch neigt der zonebattler in seiner wehmütig-elegischen Grunddisposition ohnehin den melancholischen Motiven zu. Da kommt ein kamerabewehrter Tagesausklang im Hauptstädtchen Victoria (alias Rabat) gerade recht:
Eigentlich müßte man bei sowas eine dicke Spiegelreflex auf das schwere Stativ schrauben, die Komposition skrupulös perfektionieren und erst dann genau einmal auf den Auslöser drücken. Meiner einer stellt sich breitbeinig selbst als Stativ vor das Motiv, drückt sich die schwenkdisplaytragende Knipse auf den Gürtel, zieht die Wampe ein und hält die Luft an, bevor er dann ein halbes Dutzend mal abdrückt (und später daheim das am wenigsten verwackelte Foto heraussiebt). Nein, für werbeplakatgroße Abzüge taugt die Vorgehensweise eher nicht, aber ja, ich will im Urlaub möglichst unbeschwert herumkrabbeln und nicht mehr kilogrammweise Fotoapparate mit mir herumschleppen...
So, nachdem wir gerade ein so schönes Rot als Blickfänger benutzt hatten, muß jetzt zur Abwechslung mal was blaues her. Und siehe, nur vier Minuten und wenige Dutzend Schritte später kam mir schon was Schönes vor die Linse:
An diesem – vermutlich gar nicht so alten – Moped läßt sich einmal mehr das pragmatische Verhältnis der Bevölkerung zu Ihren Werkzeugen und Vehikeln illustrieren: Gepflegt wird nix (allenfalls notdürftig repariert, was sonst gar nicht mehr ginge), was abgewirtschaftet ist, wird ersetzt. Die für präventive Instandhaltung nicht investierte Zeit kann anderswie sinnvoll genutzt werden (z.B. zum Schrotschießen).
Aber jetzt will ich nicht länger nölen, ich bin ja schließlich selbst nicht konsequent und lichte einerseits knatternde Stinker ästhetisierend ab, die ich dann andererseits (mitsamt ihren Fahrern) verwünsche, sobald sie bestimmungsgemäßem Gebrauch unterzogen werden. Nochmal acht Minuten und ein paar Meter weiter fand ich zum guten Schluß dieses werbende Paddel eines Reiseveranstalters vor:
Von der mittleren Trendsportart hatte ich bis dato noch nie etwas gehört, wiewohl ich im Zivil- wie im Berufsleben schon manche Gelegenheit zum unauffälligen Abseilen ergriffen habe. Da mußte ich mich tatsächlich in der Wikipedia rückversichern, daß es das »Abseiling« tatsächlich als etablierte Bezeichnung gibt. Ein deutsch-englisches Lehnwort-Konstrukt, welches ich natürlich unverzüglich meinem Wortschatz einverleibt habe. Solch ein schönes Souvenir lobe ich mir: kostet nix, macht nicht dick und fängt keinen Staub.
Aus demselben mache ich mich aber jetzt und vertröste die geneigte Leserschaft auf den nächsten Teil, der etwa im Wochenabstand folgen wird...
Süßer und scharfer Senf: