Kurz vor Weihnachten starb mein 19-zölliger Büro-Monitor im siebten Jahr (!) seiner irdischen Existenz eines unspektakulären Todes: Eines Montagmorgens ließ er sich nicht mehr einschalten, er blieb einfach dunkel und verweigerte fortan stumm schmollend den Dienst. Eine Zeitlang guckte ich dann zwar nicht in die Röhre, sondern in einen alten 15-Zoll-LCD aus der eingelagerten Keller-Reserve, bis ich dann vor einigen Wochen einen modernen 24-Zoll-Panorama-Bildschirm der Luxus-Klasse hingestellt bekommen habe. Der taugt mir auf Arbeit zwar vortrefflich, da ich dort mit ausladenden Planungstabellen hantieren muß, daheim aber ziehe ich das klassische, wenngleich selten gewordene 5:4‑Panel (mit einer Auflösung von 1280 x 1024 Pixeln) dem neumodischen Handtuch-Format allemal vor. Weshalb ich die Monitorleiche vor der Beerdigung resp. fachgerechten Entsorgung als Elektroschrott bewahrte und als offiziell ausgemusterten Sondermüll wehmütig mit nach Hause nahm...
Im Netz konnte ich später eruieren, daß die Schaltnetzteile von Flachbildschirmen zum spontanen Exitus neigen, hervorgerufen durch defekte Elektrolytkondensatoren im Primärkreis. Die Übeltäter zu entlarven erfordert noch nicht einmal Messungen, man erkennt kaputte Elkos auf einen Blick an ihren gewölbten Kappen oder gar an ausgetretener Elektrolyt-Flüssigkeit an deren Sollbruchstelle. Das Ausbauen alter und das Einsetzen neuer Elkos ist für einen zonebattler mit der Lizenz zum Löten eine seiner leichteren Übungen (der freundliche Russe im YouTube-Video braucht erheblich länger dazu). Das Schwierigste freilich war das Öffnen des Gehäuses, denn wie bei den meisten anderen Fabrikaten auch ist das meines neuen/alten LG Flatron L1953TR nicht etwa verschraubt, sondern allseitig verschnappt! Der zerstörungsfreie Ausbau des latent bruchempfindlichen Displays aus seinem Kunststoffrahmen hat mich denn auch unter Flüchen viel Schweiß gekostet und mir als Kollateralschaden einige temporär schmerzhafte Fingerquetschungen eingetragen. Aber egal, schlußendlich kriegte ich das fragile Ding doch weitgehend mackenfrei auseinander, konnte nach dem Abziehen aller Steckverbinder zielsicher in das abgeschirmte Innere vordringen und auf Anhieb zwei defekte Kondensatoren im Netzteil erspähen. Ich ging indes auf Nummer sicher, lötete drei möglicherweise noch intakte Kameraden in unmittelbarer Nachbarschaft mit aus und vermerkte mir Lage und Polung der fünf kapazitiven Freunde auf einem Notizzettel:
Heute nun tappte ich nach der Arbeit zu unserem kleinen Fürther Elektronik-Laden, erstand eine Handvoll neuer Low-ESR-Elkos mit höherer Spannungsfestigkeit als die originalen und trug sie frohgemut nach Hause. Glücklicherweise paßten die Teile trotz etwas größerer Durchmesser noch nebeneinander auf die Platine, und auch die paar zusätzlichen Höhen-Millimeter waren im blechernen Abschirmkäfig noch ohne weiteres unterzubringen. Die Stunde der Wahrheit nahte nach dem provisorischen Zusammenbau und dem Zusammenstecken aller Kabelverbindungen: Strom dran, Power On und auf die schwarze Glasfläche gestarrt.
Und was sehe ich darin?
»SIGNALKABEL PRÜFEN«
Bingo! Wer sich leuchtstark über ein mangelndes Eingangssignal beschweren kann, kann unverzüglich als geheilt entlassen und in die Gesellschaft resozialisiert werden. Nach fünfminütigem »Burn in«-Test habe ich das Gehäuse wieder kühn zusammengeschnappt und den Bildschirm auf den Schreibtisch gestellt. Wo er jetzt, fünf Stunden später, immer noch klaglos arbeitet. Und das mutmaßlich noch weitere fünf Jahre tun wird, wenn nicht gar viel länger...
Jedenfalls ist es eine Schande, wenn an der Dimensionierung kritischer Bauteile so offenkundig gespart wird. Es liegt auf der Hand, daß weltweit ‑zigtausende von Monitoren (und anderen Gerätschaften) ausgemustert und weggeworfen werden, obwohl in den meisten Fällen ein banaler Fehler vorliegt, der mit geringem Aufwand zu lokalisieren und nachhaltig zu beheben wäre.
Mich selbst hat der Kundensatorentausch nur ein wenig Zeit und ein paar Cent an Material gekostet. Der schnelle Reparaturerfolg schmeichelt dem Ego und ist mit Geld nicht aufzuwiegen. Der Gewinn für unseren Planeten wäre gleichfalls kaum zu beziffern, wenn unser technischer Fortschritt nicht darin bestünde, mit konstruktiven Schwachstellen den vorzeitigen Ausfall (und die darauf folgende Ersatzbeschaffung) bewußt zu planen. Auf Kosten unserer Umwelt und ihrer endlichen Ressourcen. So kann das nicht weitergehen: Reparateure aller Länder, vereinigt Euch! Wobei: In der virtuellen Welt tun sie das ja schon...
Pressespiegel: »Aufstand gegen geplante Obsoleszenz« (Technology Review)
#1
Sehr schön, herzlichen Glückwunsch zur geglückten Operation und dem polierten Ego :)
#2
Ich unterstelle den Herstellern Absicht und Methode und der dumme Konsument tut seinen Teil dazu indem er über den Defekt nicht traurig ist, sondern sich das nächste Stück mit hübschem Lifestyle-Design kauft.
Oft braucht es ja auch gar keinen Defekt wie ein Blick auf die Recyclinghöfe bestätigt.
Ein Bekannter von mir, welcher eine Reparaturwerkstatt für professionelles Equipment betreibt, erzählte einmal von Lieferanten die alle möglichen Bauteile mit verschiedenen Haltbarkeiten anbieten. Äußerlich nicht zu unterscheiden.
#3
Also bei der Elektronik würde ich mich wohl nicht so recht trauen, deshalb meine tief empfundene Bewunderung für diese Selbstreparatur. Mir ist vor 5 Jahren ähnliches passiert, das Scharnier zwischen Monitor und Tastatur in meinem Laptop wurde defekt (ich weiss nicht warum – Sollbruchstelle?) Ich konnte das Scharnier herausoperieren und habe bei Dell angefragt ob sie mir ein Ersatzteil schicken könnten. Ich bekam darauf keine Antwort sondern nur die Aufforderung den Laptop einzuschicken, das wollte ich nicht – zu teuer, zu langwierig. Ich habe dann längere Zeit ohne Scharnier weitergearbeitet bis das Gerät dann doch gestorben ist.
siebensachen.twoday.net/stories/4402245/
#4
Ich repariere gerne elektrische und elektronische Gerätschaften: Meistens ist das viel weniger kompliziert, als man meinen sollte! Unzählige CD-Player werden beispielsweise entsorgt, weil die Schublade nicht mehr richtig auf- oder zufährt. Die (banale) Ursache ist in der Regel ein ausgeleierter oder versprödeter Treibriemen aus Gummi. Mechanische Probleme an Plattenspielern oder Tonbandgeräte resultieren gleichfalls oft aus überalterten Gummiriemen. Sowas sieht auch der interessierte Laie! Auch das Austauschen »schwangerer«, sprich aufgeblähter und damit kaputter Elektrolyt-Kondensatoren ist keine Kunst, und ruinieren kann man ein ohnehin als defekt aufgegebenes Gerät ja ohnehin nicht mehr. Ein Gewinnspiel ohne Risiko also (sofern man vor den Reparaturversuchen den Stecker aus der Steckdose gezogen hat)... ;-)
#5
Bei Monitoren mit Röhre sollte man aber schon auch Vorsicht walten lassen.
Ein Kollege von mir hat vor Jahren mal das Entladen der Bildröhre quasi
selbst in die Hand genommen. Der Betriebsarzt hat aber keine gröberen
Schäden am Kollegen feststellen können, von der Frisur mal abgesehen.
Ansonsten geb’ ich Ihnen in allen Punkten recht.
#6
Ich paß’ schon auf, und bei latenter Hochspannungsgefahr erst recht. Überdies habe ich den Vorteil, daß mir der Kopf zusehends durch die Haare wächst: Schäden an der Frisur kann es somit bei mir kaum mehr geben...
#7
Einfach Klasse, den Dingen fachgerecht auf den Grund zu gehen, anstatt am Wegwerf und Neukaufen Wahnsinn teilzunehmen. Wer koo, der koo...
#8
Vor allem aber: Wer mooch, der koo! Also meistens jedenfalls... ;-)
#9
Basteln lohnt. Mein Fall: MP3-Player Sansa Clip+, Totalausfall nach knapp zweieinhalb Jahren trotz pfleglichster Behandlung. Gehäuse mit Schraubendreher aus Neugier und ohne Hoffnung auf Reparaturmöglichkeit geöffnet, und siehe da – während des Öffnens hat er sich angeschaltet und kurz ein komisches Akkusymbol angezeigt; seitdem läuft er wieder und zeigt keine Auffälligkeiten. Wie sagt der Hesse? Da könnt mer naggisch in die Hos scheiße!
#10
Die Hersteller von Elektrogeräten sind mittlerweile so gefunkelt, dass sie den »Das-Ding-mach-ich-wieder-fit«-Trend erkannt haben und Gegenstrategien zur Anwendung kommen lassen. Mein Heißlufthaartrockner hat ebenfalls eine Sollbruchstelle – das Kabel. Dort, wo sich das Kabel aus dem Gehäuse räkelt ist dieses größter Dreh- und Biegebelastung ausgesetzt. Die Schutzummantelung schwächelt und ermöglicht dem Nasshaarigen den Anblick der die farbigen Einzelleitungen. Nichts leichter als das: Aufschrauben, Kabel kürzen, zuschrauben und schon kann das Haupthaar wieder mit Strom getrocknet werden.
Tja. So leicht ist die Sache nicht. Denn wenn man den Spezial-Schraubendreher mit dem Pfeilprofil nicht in der heimischen Werkzeugkiste vorfindet, dann muss man das Projekt ad acta legen und etwas vorsichtiger den verbleibenden Rest an Frisur entfeuchten...
#11
Überall und allenthalben der gleiche Murks! Gestern habe ich versucht, meine Teva™-Tappen™ zu pappen: Bei der einen Sandale ist nämlich die Laufsohle auf Ballenhöhe durchgebrochen. Das typgleiche Vorgänger-Paar hatte ich weiland gebraucht aus der elektrischen Bucht gefischt und selbst noch viele Jahre getragen, bis sie rechtschaffen verschlissen und abgewirtschaftet waren. Und dann hat der eine Schlappen aus der Reserve kaum ein Jahr (auf zivilisierten Wegen) durchgehalten! Und wenn man sich so umschaut, dann findet man viele gleichlautende Klagen über die nachlassende Produktqualität beim einstigen Premium-Hersteller...
@boomerang: Haartrockner sind wohl aus Sicherheitsgründen bei allen Herstellern mit speziellen Schrauben verschlossen. Immerhin sind die Schraubenköpfe meist oberflächennah und nicht allzutief versenkt vorzufinden, weshalb man mit einem preiswerten Bit-Sortiment vom Discounter gemeinhin rasch ins Innere vordringen kann. Meiner einer hat da Erfahrung: Was die eigene Frisur nicht mehr hergibt (lange Haare nämlich), saugt und bläst die bessere Hälfte dafür reichlich in die Luft (und in die Rotorblätter).
#12
Nun, mit der Oberflächennähe der Verschraubung sind sie aber ganz schön im Irrtum. Dem Heißluftmacher, der in den heimischen Feuchträumen seiner Arbeit nachgeht, an die Innereien zu wollen, ist mit oben genannten Spezialschrauben nahezu verunmöglicht, zudem stecken die Schraubenköpfe sehr weit im Sand bzw. im Korpus des Geräts, welche nur durch einen sehr engen Kanal zugänglich wären. Der passende Bitsatzbit scheitert schon an seinen Abmessungen. Ich geb’s aber nicht auf, wäre ja gelacht...
#13
Das war es, was ich meinte: Die passenden Bits nützen nix, wenn die zu erreichenden Schrauben tief versenkt in Spritzgußkanälen sitzen. Dann hilft nur ein dezidierter Schraubendreher aus dem Elektronikladen. Aber der kostet mehr als ein 100-Bit-Satz und fast soviel wie der zu reparierende Fön... Gleichwohl: Glück auf!
#14
Kleiner Tipp zu den Spezialschrauben: die meisten (z. B. Dreieck, oder Torx mit Stehbolzen) lassen sich mit einem Schlitzschraubendreher öffnen. Ich habe hier einige Langhälse mit einigermaßen feiner Abstufung – eine Breite davon verkeilt sich meist energisch genug, um die Schrauben einmalig herauszudrehen. Sollte die Reparatur geklappt haben, werden die Störschrauben durch ganz normale Kreuzschlitzpendants ersetzt, die ich in allen Größen und Formen (oftmals durch das Ausschlachten alter Geräte) horte.
Einzig die keilförmig in Aufschraubrichtung abgeschrägten Schlitzschrauben sind echte Erdlöcher... bislang habe ich hier nur eine Lösung gefunden, die aber auch nur funktioniert, wenn die Schrauben nicht bombenfest sitzen: ein kleines Kupferröhrchen in den Akkuschrauber gespannt und fest auf den Schraubenkopf gedrückt (wirklich FEST!) bringt manchmal genug Reibung auf, die Schraube mit gefühlvollem Gasgeben zu lösen.
#15
Ja, diese »einmal zu, nie mehr auf«-Schrauben sind die übelsten von allen. Danke für den Tipp mit dem Kupferrohr, den kannte ich noch nicht!
#16
Pressespiegel: »‘Reparieren macht glücklich’« (Süddeutsche.de)
#17
Pressespiegel: »Plötzlicher Tod der Glühbirne« (Süddeutsche.de)
#18
Pressespiegel: »Kaufen für die Müllhalde« (TELEPOLIS)
#19
Pressespiegel: »Umweltbundesamt gibt Obsoleszenz-Studie in Auftrag« (heise)
#20
Pressespiegel: »Der Überfluss an Unnötigem und Schädlichem« (TELEPOLIS)
#21
Pressespiegel: »Geplante Obsoleszenz als Betrugsdelikt« (TELEPOLIS)
#22
Pressespiegel: »Stirb, Toaster!« (FAZ.NET)
#23
Pressespiegel: »Obsoleszenz-Studie: Smartphones und TVs als Modeartikel« (heise)
#24
Einmal mehr konnte ich heute der Obsoleszenz durch Elko-Tausch Paroli bieten !
#25