Ich muß es einfach weitersagen: »Tanz deinen Heiratsantrag« (Süddeutsche.de)
Ich muß es einfach weitersagen: »Tanz deinen Heiratsantrag« (Süddeutsche.de)
Abgelegt in: Vermischtes • 31. Mai. 2012, 6:45 Uhr • 2 Kommentare lesen
Der Nürnberger Klarissenplatz ist um eine temporäre Attraktion reicher: Der dänische Künstler Jeppe Hein, über dessen weiland famose Ausstellung im benachbarten Neuen Museum ich bereits berichtete, hat ein traumhaft schönes Stück kinetischer Kunst errichtet, dem die Bezeichnung »begehbarer Brunnen« nicht annähernd gerecht wird:
Der »Hexagonal Water Pavilion« besteht aus insgesamt 16 Reihen von eng benachbarten Spritzdüsen, die – angeblich zufallsgesteuert – für kurze Zeit »Wände« aus Wasser entstehen lassen. So richtig willkürlich scheint mir die Ansteuerung indes nicht zu sein, es sieht mir eher nach einem – wenngleich komplexen – sich wiederholenden Ablaufmuster aus.
Was freilich der kreatürlichen Freude am feuchten Element keinen Abbruch tut: Alte, Junge, Große und Kleine bestaunen und bespielen die im Wortsinne »unfaßbare« Installation mit großer Anteilnahme. Und auf einmal hat der ansonsten recht ruhige, ja mitunter abweisend wirkende Platz die von Stadtplanern gern herbeizitierte »hohe Aufenthaltsqualität«!
Wer sich am fröhlichen Treiben delektieren oder gar selbst zwischen den Tropfen-Vorhängen lustwandeln möchte, muß sich nicht sputen: Bis zum 28. Oktober 2012 bleibt der Kunst-Brunnen vor Ort und spendet Spaß und ein angenehmes Mikroklima. Ich hätte ihn da gerne für immer...
Abgelegt in: Ansichtssachen • 29. Mai. 2012, 19:00 Uhr • 3 Kommentare lesen
So, heute nun nimmt sich der Chronist endlich den ÖPNV auf Malta vor, der nicht ohne Grund zum Namensstifter seiner diesjährigen Reiseberichterstattung wurde.
Früher – also ich meine ganz früher – mußte ja jeder selbst schauen, wo er bleibt (und wie er bei Bedarf woanders hinkommt). Erst in der (relativen) Neuzeit kam die Idee des öffentlichen Personentransports auf. Angefangen hat die Lohnkutscherei dermaleinst wohl mit 1 PS, und noch heute kann man sich von einem gleichmütig kauendem Gaul beispielsweise durch Valletta ziehen lassen:
Die liebevoll restaurierten und bestens gepflegten Einspänner dienen heutzutage natürlich primär der ambulanten Touristen-Verschaukelung, doch auch diese scheinen nicht mehr so stark darauf anzusprechen wie ehedem: Unsereins hat jedenfalls auf Malta mehr wartende als trabende Pferdefüße gesehen.
Zeitgleich zur aufkommenden Motorisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Omnibus (lat.: »für alle«) erfunden, und auf dem kleinen Inselstaat vermehrten sich die praktischen Großraumfahrzeuge ganz außerodentlich schnell, womöglich infolge des milden Meeresklimas. Bis vor knapp einem Jahr tuckerten leuchtend gelb-orange-weiß bemalte Busse älterer Jahrgänge und Baujahre in großer Zahl quer durch Malta, und wenn man den Erzählungen der Einheimischen Glauben schenkt, dann hat das bestens funktioniert: Die Busse gehörten nämlich Kleinunternehmern, die selbst am Steuer saßen und für die stete Instandhaltung ihres rollenden Kapitals aus vitalem Eigeninteresse Sorge trugen. Den Fahrplan konnten sie wohl schon damals nicht wirklich einhalten, aber immerhin, eine gewisse Verlässlichkeit und Regelmäßigkeit schien allemal gewährleistet. Das freilich ist nun endgültig Vergangenheit, die stil- und charaktervollen Fahrzeuge sind heute ein seltener Anblick geworden, es kurven nur noch wenige dieser Oldtimer als bestens aufpolierte Blick- und Kundenfänger privater Tourenanbieter herum:
Die Gegenwart ist ungleich nüchterner, die Globalisierung hielt vor Jahresfrist Einzug in Form der großen Firma Arriva aus dem fernen England. Diese ist heute ihrerseits eine Tochter der Deutschen Bahn, von germanischen Standards in Sachen Organisation und Pünktlichkeit (jawohl!) ist man hier jedoch noch Lichtjahre entfernt.
Die Ursachen dafür sind sicherlich vielfältiger Natur, nicht wenige davon liegen freilich offensichtlich zutage und bedürfen keiner für teuer Geld eingekauften Unternehmensberater, um identifiziert und an der Wurzel gepackt zu werden. Es geht im Grunde schon mit den Fahrzeugen los, die man genausogut in London hätte ablichten können:
Neben diesen enorm großen Gelenk-Bussen vom Typ Mercedes-Benz Citaro kommen auf Malta vor allem Fahrzeuge des chinesischen Herstellers King Long zum Einsatz. Die modernen Niederflurbusse passen mit ihrer türkisenen Lackierung und den sehr dunkel getönten Seitenscheiben nicht nur auratisch schlecht zum südländisch-folkloristischen Flair der Insel, sondern vor allem kaum bis allerknäppstens durch die engen Straßen! Zeitraubendes Rangieren im Zentimeterbereich, Hupkonzerte und temporäre Verkehrsinfarkte in den Stadtzentren sind damit vorprogrammiert und unausweichlich. Nicht immer gehen die Manöver glimpflich aus, nach gerade einmal zehn Monaten Betriebszeit zeigt mancher Bus schon mehr Schrammen als andere anderswo nach Jahren. Auch außerhalb der Ortschaften werden die Fahrzeuge hart rangenommen, wir haben es immer wieder erlebt, daß die Fahrwerke von unten ans Chassis krachten, weil die Federn und die Stoßdämpfer über Gebühr (und über den Anschlag hinaus) beansprucht wurden. Fesch und ohne Fehl und Tadel ist hingegen die schmucke Uniformierung der beschlipsten Fahrer, auch wenn das kaum darüber hinwegtrösten kann, daß die teilweise aus England importierten Männer hinterm Steuer zuweilen weder die Sprache der Einheimischen verstehen noch die lokale Topographie verinnerlicht haben...
Doch es sind nicht nur die Busse selbst und die Straßen, die schlecht miteinander zu harmonieren scheinen: Auch das organisatorische Drumherum folgt höchst rätselhaften Prinzipien, um es mal freundlich auszudrücken. Dabei sieht zunächst alles ganz übersichtlich aus, wenn man sich einer Bushaltestelle nähert:
Alle Wege führen von hier aus nach Valletta, soviel ist klar. Auch die Nummern der Buslinien sind deutlich zu erkennen, nur korrelieren die dummerweise nicht immer mit jenen im Faltblatt mit der Routenübersicht. Hier eine kleine Zusammenstellung unserer im Wortsinne gemachten Erfahrungen während des Beobachtungszeitraums von immerhin 16 Tagen:
Die Routendarstellung im offiziellen und allerorten verteilten Flyer ist stark verbesserungsbedürftig: Endhaltestellen und Umsteigemöglichkeiten sind nicht eindeutig zu erkennen, die real erlebte Streckenführung weicht teils gravierend von der Darstellung auf dem Papier ab.
Man besteigt frohgemut und zielgerichtet den Bus der Linie x, kommt aber ganz woanders hin, als man geplant hatte, weil der Bus während der Fahrt (und vom Fahrgast unbemerkt) zu einem der Linie y konvertiert ist.
Busse halten trotz Winkens der Wartenden nicht an ihren Soll-Haltestellen und fahren schneidig durch, dafür halten gelegentlich andere mit eigentlich nicht vorgesehener Linien-Nummer.
Es verkehren sogar Busse, deren außen angezeigte Linie weder im Übersichtsplan enthalten noch an der Haltestelle angeschrieben ist. Diese »Geisterbusse« sind ziemlich leer, wohl weil sich niemand so recht traut, sie zu besteigen...
Bei nominellem 15-Minuten-Takt steht man sich an einer öden und staubigen Kreuzung eine knappe Stunde lang die Beine in den Bauch, dann kommen drei leere Busse unmittelbar hintereinander angefahren. Für eine vorhergehende Gemeinschaftspause des beteiligten Fahrpersonals gibt es indes keine belastbaren Belege.
Sogar auf Strecken mit geringer Frequenz (1 Bus/Stunde) fallen Busse ohne jede Vorwarnung aus, sie kommen einfach nicht (und bescheren den Wartenden mindestens eine weitere Stunde gemeinschaftlich bangen Hoffens).
Aushänge zur Bekanntmachung bevorstehender Planumstellungen werden an den Haltestellen dergestalt in die Rahmen mit den gültigen Abfahrtstafeln gesteckt, daß diese komplett verdeckt werden.
Es darf grundsätzlich und auch bei großem Reisendenandrang nur vorn beim Fahrer eingestiegen werden. Wenn eine Reisegruppe zusteigt (was an den hotelgespickten Uferpromenaden nicht eben selten vorkommt) und jede(r) erst sein/ihr Ticket lösen muß, sind fünf Minuten weg wie nix...
Möglicherweise zum Ausgleich wird dafür an regulären Stopps mitunter vorbeigefahren, selbst wenn Reisende per Knopfdruck ihren Aussteigewunsch eindeutig signalisiert haben.
Die Info-Displays im Inneren zeigen gelegentlich an was sie sollen (die Route und die nächste Haltestelle nämlich), gerne aber auch fernöstliche Haltepunkte (Demo-Modus in den King Long-Bussen), kryptische Fehlermeldungen aus den Tiefen der Firmware (»Text(0x32 to 0xFF) Where TTTT is ANSI Latin‑1«) oder sonstige Statusmeldungen von geringem Nutzen für die Passagiere.
Die geschilderten (und keineswegs übertrieben dargestellten) »Eigenheiten« führen dazu, daß die Busse fast nur von Touristen und heimischen Ruheständlern, kaum jedoch von der berufstätigen Bevölkerung frequentiert werden. Kein Wunder, denn wer zu bestimmten Zeiten irgendwo sein will oder muß, hat schlechte Karten, wenn er sich der Arriva anvertraut. Die scheint indes auch ohne Berufspendler auskommen zu können, die Busse sind auch so regelmäßig proppenvoll bis heillos überfüllt...
Für die Überwindung der doch eher überschaubaren Distanzen haben wir leider regelmäßig sehr viel länger gebraucht als erwartet und konnten daher unsere geplanten Wanderungen im Land meist erst am späten Vormittag an der dafür auserwählten Stelle antreten. Doch allen Widrigkeiten und an Haltestellen wartend verpulverten Stunden zum Trotz war der Bus unter dem Strich wohl die bessere Wahl: Ein Mietauto mit ungewohnter Rechtslenkung hätte dem Berichterstatter im Verein mit dem regen Verkehr und der rudimentären Straßenbeschilderung deutlich mehr Streß bereitet!
Zu loben sind zu guter Letzt die sehr übersichtlichen Tarife: Es gibt Tages- und Wochenkarten, mit einem 7‑Tages-Ticket für EUR 12,00 wird man als Erwachsene(r) durchaus preiswert durch das Land chauffiert (Gozo kostet extra). Wenden wir uns jetzt aber von der Straße ab und dem Verkehr auf dem Wasser zu. So einen dicken Pott wie diesen hier hatte der zonebattler noch nie zuvor gesehen:
Ein Kreuzfahrtschiff ist seinem Wesen nach eine schwimmende Reisendenbespaßungsanlage: Der Passagier soll unablässig unterhalten sein und dabei stilvoll von seinem Taschengelde getrennt werden. Dennoch droht sich zwischen Schlafen, Essen, Shoppen, wieder Essen, Spielen, Konsumieren, nochmal Essen und dem Bewundern des Sonnenuntergangs doch irgendwann die Langeweile einzuschleichen.
Damit es dazu nicht kommt, werden regelmäßig die Häfen pittoresker Städte angefahren und straff organisierte Landgänge vorgesehen. Das weiße Traumschiff legt also an, öffnet seine Luken und spuckt in Rekordzeit mehrere Tausend Transit-Touristen aus, die nach Art eines Heuschrecken-Schwarmes sogleich summend in Richtung Innenstadt davonschwirren.
Zackige Führer(innen) tragen Feldzeichen in Form überdimensionaler Tischtennisschläger vor sich her, auf denen die Nummer ihres jeweiligen Truppenteils weithin sichtbar aufgemalt ist. In dichter Taktung fluten die Divisionen durch die kurz vorher noch gemütlich dahindämmernden Park- und Festungsanlagen. Des Beobachters Ohr wird mit einer babylonischen Sprachenvielfalt beaufschlagt, in der die einstudierten Erläuterungen vom Führungspersonal routiniert abgespult werden. Parallel dazu wird von den Ein- und Durchgeschleusten fotografisch abgelichtet, was immer vor die Linse kommt und sich nicht rasch genug in Sicherheit bringen kann.
So schnell wie die Plage eingefallen ist, so schnell zieht sie anschließend auch weiter zum nächsten Point of Interest. Ist ja kein Wunder, die Zeit ist knapp und die Logistik anspruchsvoll. Punkt 17:00 Uhr tutet der schwimmende Freizeitpark aus allen Hörnern und mahnt zum Aufbruch: Der Scharm macht kehrt und sucht seinen Weg zurück, es wuselt die Gangways hinauf und hinein an Bord, exakt eine Stunde später legt der Dampfer ab und nimmt Kurs zum nächsten Invasionsabschnitt...
Weniger effizient und durchgetaktet geht es in den Yachthäfen und an den zahlreichen Marinas zu, die an den Grand Harbour von Valletta anschließen. Je weiter man sich immer an der Wasserkante lang von Valletta entfernt, desto beschaulicher und weniger pompös wird die Szenerie. Wer durch die Three Cities Cospicua, Vittoriosa und Senglea geschlendert und endlich in Kalkara angekommen ist, findet dort kaum noch Touristen, wohl aber unprätentiöse Lokale vor, in bzw. vor denen man es sich – im Kreise von Einheimischen – gutgehen lassen kann. Über die erfolgreiche Verkostung der äußerst preiswerten und schmackhaften Leckereien werde ich dann in der nächsten Folge ein paar Worte verlieren...
Abgelegt in: Expeditionen • 28. Mai. 2012, 23:59 Uhr • 3 Kommentare lesen
Freund Armin machte mich auf auf die Radiosendung »Sozusagen!« aufmerksam: Die »Bemerkungen zur deutschen Sprache« sind nicht nur wöchentlich auf Bayern 2 zu hören, sondern auch als Podcasts erhältlich und von hohem Lern- und Unterhaltungswert. Reinhören lohnt!
Abgelegt in: Spitzfindigkeiten • 27. Mai. 2012, 15:02 Uhr • Diskussion eröffnen
Kaum mehr als zwei Stunden nach dem Start im vernieselregneten Nürnberg setzten wir zur (dann windböenbedingt etwas rumpelig geratenden) Landung auf dem Flughafen von Malta an. Zwar waren wir mental längst darauf eingestellt, in ein ziemlich dicht besiedeltes Land einzuschweben, dennoch waren wir vom ungewohnten Anblick der monochromen Häusermassen einigermaßen überrascht und fasziniert:
Während des Bustransfers zu unserem an der nördlichen Strandpromenade von Sliema gelegenen Hotel kamen wir aus dem Staunen nicht heraus: Überall brummte und wuselte es, so daß man gar nicht wußte, wo man nun zuerst hingucken sollte. Emsiges Treiben allerorten, wie in einem Bienenstock!
Gleich nach der Inbesitznahme der temporären Bleibe und dem Verstauen der mitgebrachten Habseligkeiten und Ausrüstungsgegenstände erkundeten wir die nähere Umgebung unseres Stützpunktes und fanden jenseits der belebten Uferpromenade recht schnell in entspannungsreiche Gefilde...
Man sieht: Es muß nicht immer Sandstrand sein! Auch auf nacktem Fels ist gut ruhn, zumal wenn der sonnenbeschienen und infolgedessen angenehm aufgewärmt ist...
Der Spaziergang an der steinigen Kante zum gelegentlich dezent herüberschwappenden Mittelmeer war äußerst spannend: natürliche und von Menschenhand erzeugte Becken bargen allerlei Geheimnisse, Fischlein hier, Krabben dort, unsereins kann sich ja in Kleinigkeiten endlos verlieren. Aber natürlich auch in »Großigkeiten«: Als wir am Abend endlich an Sliemas südlicher Hafenpromenade angelangt waren, zeigte sich uns die gegenüberliegende Hauptstadt Valletta im Licht der tiefstehenden Sonne von ihrer vorteilhaftesten Seite:
Der imposante Anblich blieb nicht der einzige: Kirchen größeren Kalibers findet man auf Malta faktisch allerorten, also wirklich in jedem Kaff. Mehr als 98% der Einwohner sind katholisch, mithin ist barocker Prunk und Pracht im Inneren von Sakralbauten die Regel, selbst wenn sich manches Gotteshaus nach außen eher unspektakulär gibt.
Ansonsten erschien uns das Häusermeer zuweilen rätselhaft inhomogen: Zahlreiche Bauten (neuere ebenso wie betagte) stehen leer, man fragt sich mitunter, wo wohl die Einheimischen wohnen. Nie vollendete Hochhäuser und zum Verkauf stehende Appartement-Blöcke scheinen die Anzeichen eines Baubooms (wenn nicht gar einer großen Spekulationsblase) am tatsächlichen Bedarf vorbei zu sein. An etlichen Stellen mußten ganz offensichtlich historische Altbauhäuser einem »Fortschritt« weichen, der letztlich Illusion geblieben ist. Des zonebattler’s konservatorisch pochendes Herz blutet bei solchen Anblicken, sein auf Ästhetik und Schönheit sinnendes Auge hält sich dann zum Ausgleich an den Resten und Details vergangener Grandezza fest:
Tröstlich immerhin, daß aufgrund der flächendeckenden Verwendung des heimischen Kalksandsteins und dessen relativ rasch fortschreitender Erosion durch salzhaltige Meeresluft alte und neue Bausubstanz sich in der Anmutung rasch annähern: Bei mancher »alten Villa« ist man verblüfft, eine eingehauene Jahreszahl zu erspähen, die gerade mal drei Dekaden zurückliegt...
Nach einigen Tagen indes verschwimmen solche vom eigenen Erfahrungshorizont geprägten Gedanken und Urteile, und man beginnt, sich der unbekümmert lässigen Lebensart der Malteken anzunähern. Die Hektik des Verkehrs und der Trubel in den Städten trügen: Die Menschen sind entspannt und gelassen (und müssen das wohl auch sein, um die das ganze Jahr über ihr Land flutenden Touristenmassen mit Fassung zu ertragen). Was soll man sich um Denkmalschutz Gedanken machen, wo doch seit der Jungsteinzeit hier ein Kommen und Gehen herrscht und aus allen Epochen immer noch weit mehr übriggeblieben ist als irgendwo sonst? Eben.
Übrigens nagen nicht nur neuzeitliche Bagger an den überlieferten Bauten: In den frühen 1940er Jahren bemühte sich neben der italienischen insbesondere die deutsche Luftwaffe höchst effizient um die Nivellierung der vorhandenen Architektur. Die Achsenmächte vermochten Englands »unversenkbaren Flugzeugträger« freilich nicht unterzukriegen, der seinserseits den italienischen Expeditionstruppen und Rommels Afrika-Korps in Nordafrika das Leben schwer machte. Die Narben des Krieges scheinen heute oberflächlich verheilt, die Erinnerung an die schwere Zeit wird aber durch das Georgs-Kreuz in der Nationalflagge wachgehalten.
Überhaupt sind die Spuren der Geschichte überall präsent: Neben riesigen Festungen und Bastionen aus der großen Zeit des Malteser-Ordens vor rund 500 Jahren prägen die Hinterlassenschaften der gut 150-jährigen englische Kolonialzeit (ab 1800) das Erscheinungsbild Maltas: Uniforme Reihenhäuser im georgianischen Stil säumen die Straßen vieler Viertel, Englisch ist eine von zwei offiziellen Amtssprachen, es wird links gefahren und gelaufen, und immer noch stehen reichlich rote Briefkästen und Telefonzellen Ihrer Majestät in Stadt und Land herum...
Telefonieren tut in und aus den roten Zellen heutzutage freilich kaum noch jemand: Auch auf Malta hat längst jedermann (und jede Frau) ein Handy einstecken.
Die Überbleibsel konfliktreicherer Zeiten dienen heute vor allem der Erbauung der Touristen: Zur Mittagsstunde wird Salut geschossen, allerlei historischer Mummenschanz getrieben und auch sonst einiges getan, was die Kameras klicken läßt und die Geldbörsen Ihrer Besitzer öffnet. So bleiben alle unversehrt und sind zufrieden.
Am Umgang mit obsoletem Kriegsgerät wird das pragmatische Naturell der Malteken deutlich: Ein paar Kanonen werden zur Dekoration aufbewahrt, gepflegt und vorgezeigt, der Rest wurde mit der Mündung nach unten an den Piers der Häfen eingebuddelt und dient dort als Poller zum Festmachen von Tauen oder zum Fernhalten unerwünschter Automobile. Leider funktionert das mit dem Recycling beim modernen Wohlstandsmüll noch nicht so gut, wir werden darauf später noch zurückkommen...
Bei der großen Menge der gebotenen Sehenswürdigkeiten und Sinneseindrücke ist man irgendwann geistig gesättigt und kommt nicht umhin, sich irgendwo ein schönes Plätzchen zu suchen, um sich dort niederzulassen und das Erlebte nochmals vor dem geistigen Auge Revue passieren zu lassen:
Auch der Berichterstatter macht jetzt Pause und denkt derweil schon mal über die nächste Folge nach. Die wird sich wie schon angekündigt mit dem öffentlichen Nahverkehr auf Malta beschäftigen und die an zentraleuropäische Zustände gewöhnte (und damit verwöhnte) Leserschaft einigermaßen verblüffen...
Abgelegt in: Expeditionen • 26. Mai. 2012, 23:10 Uhr • Diskussion eröffnen
Über den letzten Newsletter auf perun.net bin ich auf einen Artikel gestoßen, dessen Lektüre mir die Vorfreude auf die in Kürze erscheinende WordPress-Version 3.4 doch etwas getrübt hat: Falls nach dem Einspielen des Updates hier und im visuell weitgehend baugleichen Medien PRAXIS-Blog nix mehr zu sehen sein sollte, habe ich die Wahl zwischen dem Einfrieren des Softwarestandes (nicht wirklich gut) und dem Anpassen der für das Aussehen zuständigen Theme-Dateien (nicht wirklich einfach für einen multipel Halbgebildeten wie mich).
Das Nachziehen und Aktuellhalten der Blogsoftware bedeutet einen Pflegeaufwand, der bei mittlerweile zehn von mir betriebenen oder betreuten Baustellen längst nicht mehr im allgemeinen Grundrauschen untergeht. Bei gegen Bezahlung gewarteten Websites ist es zudem nicht immer ganz einfach, der geschätzten Kundschaft die Notwendigkeit dieses geheimnisvollen Tuns zu erklären, denn rein äußerlich ist ja nix zu bemerken von dem kontinuierlichen Geschraube, Geöle und Geputze im Maschinenraum!
Also dann: Abwarten, Milch trinken und hoffen, daß eigene Anpassungen vielleicht am Ende gar nicht nötig sein werden...
Abgelegt in: Interna • 24. Mai. 2012, 12:52 Uhr • 3 Kommentare lesen
Abgelegt in: Kurioses • 22. Mai. 2012, 17:23 Uhr • 6 Kommentare lesen
Zwei Jahre nach seinem Urlaub auf der »Schatzinsel« zog es den zonebattler und seine bessere Hälfte heuer erneut auf ein sagenumwobenes Eiland: Malta war diesmal unser meeresumspültes Expeditionsziel. Zweieinhalb Wochen lang erforschten wir den mediterranen Inselstaat zwischen Sizilien und Afrika, und wie die übereinandergelegten GPS-Tracker-Daten zeigen, machten wir dabei auch einen kleinen Abstecher nach Gozo, der zweiten, deutlich kleineren (und ruhigeren) Hauptinsel des Archipels. Warum ich die mehrteilige Berichterstattung mit »Die Verkehrsinsel« überschreibe, wird später deutlich werden, wenn ich unsere schier unglaublichen Erfahrungen mit dem öffentlichen Nahverkehr dort in epischer Breite auswalze...
Nach knapp drei Wochen Urlaub da drunten gibt es ziemlich viel zu erzählen und auch manches im Bilde vorzuzeigen, allein wie Struktur hineinbringen und am besten anfangen? Starten wir doch einfach mal mit ein paar Spezialitäten und Wunderlichkeiten, die uns mehrfach und immer wieder, ja nachgerade ständig unter die Augen und vor die Füße gekommen sind. Zuvörderst ist das das bauliche Erbe der über 150-jährigen britischen Kolonialherrschaft: Die maltesiche Stadtarchitektur im georgianischen Stil ist trotz aller neuzeitlichen Kahlschläge zugunsten dubioser Appartement-Häuser oder gesichtsloser Hotel-Türme immer noch flächig präsent, und mit ihr die aus England bekannte Vielfalt an bunten Türen mit (mehr oder weniger) noblen Knäufen und Klopfern dran:
Nicht immer halten übrigens die um den polierten Türknauf herum gebauten Häuser, was die gepflegten Beschläge versprechen: So manches der nicht immer in Würde gealterten Gebäude wäre mit dem englischen Euphemismus »has seen better days« nur unzureichend beschrieben. Drum eben nicht die ganze Hütte gezeigt, sondern voll fett auf die Mitte der Haustür gezoomt, und schon ist die Welt – zumindest bildlich gesprochen – wieder in Ordnung...
Ohnehin unsichtbar ist dagegen die moderne Kommunikations-Infrastruktur in Form kostenloser und frei zugänglicher WLAN-Hotspots, im englischen Sprachraum Wi-Fi geheißen. In den touristisch geprägten Gegenden Maltas findet man alle paar Meter ein Lokal, eine Bar oder einen der global omnipräsenten Buletten-Brater, bei dem man sich zur gleichzeitigen Stillung von Kalorien- und Nachrichtenhunger temporär niederlassen kann. Die hierzulande gefürchtete und stets als Damoklesschwert über dem leichtsinnigen Routerbesitzer schwebende Betreiberhaftung ist im EU-Mitgliedsstaat Malta offenbar (noch?) kein Thema:
Wir machten von dem virtuellen Komfort reichlich Gebrauch, indem wir mit dem Smartphone fast täglich die eingegangenen Mails checkten, vor allem aber, um uns für den Leseabend im Hotelbett mit aktuellem Material zu versorgen: Daheim in der Heimat warf Freund Lexikaliker täglich »calibre« an, um uns die aktuellen Newsfeeds von FAZ.NET, Süddeutsche.de, ZEIT ONLINE und noch ein paar anderen gern aufgesaugten Quellen fein formatiert über den Äther auf mein stets mitgeführtes Lesebrettchen zu beamen. Tagsüber auf den Beinen und in der Fremde Neues zu entdecken, abends aktuellen Input aus der Heimat zu studieren, diese Mischung aus Fuß- und Kopfarbeit lernten wir zu schätzen...
Schätzen tut der zonebattler bekanntlich auch seine motorisierte Renngurke, und so war er hocherfreut, vierrädrige Cousins seines eigenen Vehikels (außerhalb des deutschen Marktes »Subaru Sambar« genannt) an allen Ecken und Enden der Insel herumflitzen (oder herumstehen) zu sehen:
Überhaupt finden sich auf Malta viele japanische Autos, die ausweislich diverser Aufkleber mit fernöstlichen Schriftzeichen offenkundig als Gebrauchtfahrzeuge nach Europa importiert worden sind. Da eine heimische Nachfrage nach bereits benutzten Fahrzeugen in Japan aus kulturellen Gründen kaum existiert, floriert der Verkauf nach Übersee in Regionen mit Linksverkehr und Rechtslenkung (wozu aus Gründen des britischen Erbes eben auch Malta gehört). Der Libero/Sambar ist jedenfalls der ideale Kleintransporter für die zuweilen engen Gassen und holperigen Straßen Maltas!
Weniger nachvollziehbar als die Liebe zu knuffigen Töff-Töffs ist der Hang maltesischer Baller-Männer zum Schießen auf alles, was Flügel hat und flattert. Jenseits der menschlichen Siedlungen stehen in der idyllischen Landschaft alle paar Meter provisorische und ziemlich schäbige Unterstände herum, und auch außerhalb der offiziellen Jagdsaison kann man dort die Spuren des für Vögel jeder Art und Größe tödlichen Getues schwerlich übersehen:
Für den gemeinen Malteken scheint das Pulverisieren von beweglichen Luftzielen nicht minder erregend zu sein als für die Spanier der Stierkampf. Ganze Populationen zwitschernder Luftikusse werden da weitgehend ausgerottet, für Zugvögel ist das Eiland mitten im Mittelmeer ja ein kaum zu vermeidender Zwischenstopp. Verwegene Tiefflieger könnten mit schneidigem Kurven in Bodennähe sicherlich dazu beitragen, daß sich die wilde Jägerschar durch friendly fire selbst dezimiert, so viele von denen sind da zugange mit dem Finger am Abzug ihrer Flinte...
So wie der Angler seine Lieblingsgewässer hat (und dort seiner Leidenschaft zumindest lautlos, wenngleich für seine Opfer nicht minder tödlich nachgeht), so scheint auch der Schrotschütze seine bevorzugten Reviere zu haben. Die Reiseführer behaupten jedenfalls frohgemut, daß die in der freien Wildbahn allerorten anzutreffenden Warn- und Verbotsschilder nicht auf den arglosen Wanderer gemünzt seien, sondern eher auf die (mehr oder weniger waidmännisch agierende) Konkurrenz mit Schießgewehr:
Wir haben das freilich nicht verifiziert und blieben stets diesseits der typographisch kruden Drohgebärden, es gab ja schließlich auch so genügend ungefährliche Möglichkeiten, das Land per pedes zu bestreifen.
Nun gut, nach diesen etwas befremdlich anmutenden Aspekten lokaler Sitten, Riten und Gebräuche wollen wir uns dann aber doch endlich und intensiv den Schönheiten der Inselgruppe zuwenden, und derer gibt es wirklich viele: Die Landschaft ist grandios, die kulturellen Zeugnisse vergangener Epochen sind es nicht minder, die Einheimischen freundlich, nahbar und umgänglich (jedenfalls die ohne Feuerbüchse im Anschlag). In der nächsten Folge spulen wir in Kürze noch einmal zurück und setzen mit der Air Berlin zum Landeanflug an auf den Staat mit der nominell größten Bevölkerungsdichte unseres Planeten!
Abgelegt in: Expeditionen • 21. Mai. 2012, 20:00 Uhr • Diskussion eröffnen
Was macht man, wenn man unterwegs zwar ein Netbook mit Surfstick dabei hat, aber mit Smartphone und Kindle auch gerne und ohne zusätzliche Kosten online gehen möchte? Ganz einfach, man macht mittels Connectify das Netbook zum Hotspot und bindet über eine mobile WLAN-Blase seine sonstigen Gerätschaften drahtlos an (und die der mitreisenden Kumpels und Kollegen gleich mit dazu). Die solcherart geteilte Mobilfunkverbindung funktioniert absolut zuverlässig und ist für Leute wie mich, die zwar über einen Surfstick mit Tages-Pauschaltarif, nicht aber über eine Handy-Flatrate verfügen, nachgerade ideal!
Abgelegt in: Empfehlungen • 19. Mai. 2012, 7:31 Uhr • 1 Kommentar lesen
Abgelegt in: Kurioses • 18. Mai. 2012, 23:40 Uhr • Diskussion eröffnen
Freund Lexikalikers chronische Bleistiftomanie hat einen neuen Höhepunkt erreicht!
Abgelegt in: Vermischtes • 17. Mai. 2012, 16:36 Uhr • Diskussion eröffnen
Der momentan in Richtung realer homezone rasant rauschende zonebattler bringt heute das Kunststück fertig, wegen seiner galanten Hilfsbereitschaft eine halbe Stunde verspätet, letztlich aber doch drei Stunden vor der kalkulierten Ankunft quasi »in Fürth zu sitzen«... Das muß ihm erst mal einer nachmachen! Hier die Story:
Eine dienstliche Großveranstaltung in Troisdorf (bei Köln) fand tatsächlich schon vor dem Mittagsläuten ihr Ende, so daß ich wider Erwarten – versehen mit einem sehr leckeren Lunchpaket – schon eine Stunde früher als gedacht in die S‑Bahn in Richtung Bonn/Siegburg hoppsen und von da aus planmäßig einen ICE zum Frankfurter Flughafenbahnhof nehmen konnte. Dort bewahrte ich eine beim finalen Bremsen fast zum Geschoß werdende alte Dame vor dem unkontrollierten Herumkugeln und wuchtete anschließend ihren verflucht schweren (da offenbar mit einem Muster-Amboß beladenen) Rollator aus dem Zug auf den Bahnsteig.
Die 15 Sekunden Service am Kunden kosteten mich den Übergang in einen gegenüberstehenden ICE nach Nürnberg, der gute 20 Minuten streckenstörungsbedingte Verspätung auf dem weißen Buckel hatte und mir bei rascher Orientierung und beherztem Hinüberhechten eine unverhofft frühe Heimkehr beschert hätte...
Knapp daneben indes ist auch vorbei, und so hockte ich mich notgedrungen auf eine zugige Bank, um darauf haltungbewahrend die halbe Stunde bis zum regulär vorgesehenen Anschlußzug abzusitzen. Der freilich wurde dann auch als verspätet angekündigt, ich hatte es wegen der streckenbezogenen Probleme ja schon fast befürchtet. Letztlich wartete ich somit also doch fast eine Stunde in diesem windigen Schlauch von Bahnhof. Dann endlich rauschte die blecherne Weißwurst freundlich summend hinein, und alles ward gut:
Nun hocke ich also in dem weiland von unserer Oberbürgermeistersgattin auf den Namen »Fürth« getauften ICE 3 und donnere auf Aschaffenburg zu. Dann noch einen Katzensprung nach Würzburg absolviert und von da das knappe Stündchen nach Fürth abgesessen und schon ... werde ich durch die weißgrüne Wahlheimatstadt hindurchpreschen, um erst einige Kilometer später in Nürnberg ins Freie entlassen zu werden. Na ja, der Abstecher dorthin und retour ist mir dann auch egal. Was zählt, ist das Erlebnis, mal im »stadteigenen« Schnellstzug gesessen zu sein!
Abgelegt in: Kurioses • 16. Mai. 2012, 14:11 Uhr • Diskussion eröffnen
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Süßer und scharfer Senf: