Nachts um eins scheucht mich meine bessere Hälfte auf, kaum daß ich bei offenem Fenster sanft entschlummert bin: Ein schwarzer Schatten huscht durch das Schlafzimmer und zieht dort lautlos seine Kreise. Der Eindringling entpuppt sich erwartungsgemäß als verirrte Fledermaus, die zwar den Weg durch das Fenster reinwärts gefunden hat, aus unerklärlicher Ursache den gleichen Weg hinaus aber weder sehen noch ultraschallig orten kann. Also aufgesprungen, das zweite Fenster auch noch aufgerissen und fuchtelnd und gestikulierend versucht, das flatternde Pelztier wieder aus dem zonebattler’schen Luftraum nach Draußen zu lotsen.
Der Flattermann indes ist weder zu fassen noch in seinem Rundkurs zu beirren, er wechselt zwar gelegentlich mal die Richtung, hält aber weiterhin Abstand zu den Fensteröffnungen und damit zur Schwärze der Nacht. Wie ein batteriegetriebenes Spielzeug dreht er Kreis um Kreis um den zentralen Kronleuchter. Nach endlos erscheinenden Minuten wird das hilflose Tierchen langsamer, zur Angst kommt langsam die Erschöpfung hinzu.
Die bessere Hälfte entschwindet nach nebenan, sie will eine leichte Gardine holen, um diese als Fangnetz zu benutzen. Sie kommt allerdings nicht nur mit dem behelfsmäßigen Kescher wieder, sondern auch mit der Kunde, daß im Eßzimmer gleich drei Artgenossen unseres flatterhaften Gesellen ihre Runden ziehen. Das hatten wir – im Gegensatz zu einem versprengten Einzelkämpfer im Schlafzimmer – noch nicht, das hat neue Qualitäten! Aber eins nach dem anderen, erstmal das eine Tierchen hier wieder an die frische Luft gesetzt. Das zusehends langsamer werdende und an Höhe verlierende Geschöpf sollte uns doch jetzt bald ins Netz gehen...
Soweit aber kommt es nicht, nach ein paar weiteren Runden in unserem eher großzügigen Altbau-Dormitorium findet das wackere Flattervieh dann doch noch das sperrangelweit offenstehende Loch nach Draußen und entschwindet lautlos in die Nacht. Fenster zu, Lichter aus. Ahnungsvolles Abrücken nach nebenan in den Speisesalon.
Dort aber haben die drei fledernden Mäuse, die meine Holde gesehen haben will hat, offenbar selbst den Weg hinaus gefunden: Die in offener Stellung arretierte Balkontür zur Straße hin hat den Kunstfliegern den Abflug in eigener Regie offenbar erleichtert. Erleichtert ist auch der Berichterstatter, der sein Bett nun genau einmal umkreist, sich in dasselbe plumpsen läßt und den Dienst seufzend quittiert. Da sage noch einer, in der Stadt sei man der Natur entfremdet!
Süßer und scharfer Senf: