Zum ersten Mal seit Jahren heute abend RTL angeschaltet, um den »Hindenburg«-Zweiteiler anzuschauen. Der Zeppelin selbst ist spektakulär gut getroffen (nachgebaut im Inneren, computergeneriert außen). Die zweibeinigen Darsteller indes sind allesamt klischeehaft überzeichnet, die Zahl der konkurrierenden Verschwörungstheorien würde für ein halbes Dutzend Thriller reichen. Geschenkt, ist halt Kintopp. Was ich den Fernsehfritzen aber wirklich übelnehme, ist der Umstand, daß alle dramatis personae des Films (Hugo Eckener inklusive!) immer und immer wieder vom »Fliegen« sprechen, wo doch Luftschiffe stets und ausschließlich zu fahren pflegen. Hatte RTL bei so einer aufwendigen Produktion denn keine fachkundigen Berater mit an Bord genommen?
Ich mutmaße eher, dass man dem typischen RTL-Publikum das »Fahren« nicht näher bringen hätte können ;o)
#1
Gestern also nochmals RTL angeschaltet und den zweiten Teil angeschaut. Meiner Meinung nach fügt der Film – letztlich eine geschichtsklitternde Räuberpistole – der realen Hindenburg-Katastrophe ein weiteres Desaster hinzu!
Schon Lothar-Günther Buchheim (der sehr mit der Verfilmung seines Romans »Das Boot« haderte) sah voraus, daß der Film über seine Kriegserlebnisse an Bord der U‑Boote mehr (verfälschenden) Einfluß auf das Geschichtsempfinden des Publikums haben würde als er gutheißen konnte...
Und genau so ist das jetzt auch bei der »Hindenburg«: Beim gutgläubigen Betrachter entsteht der Eindruck, daß jenseits der genretypischen Übertreibungen die Story im Großen und Ganzen wahrheitsgemäß dargestellt worden ist, ein Eindruck, den die flankierenden Doku-Sendungen sicher noch verstärkt haben. Und eben das ist das Gefährliche: Hier kommen geschichtsverdrehende und ‑vernebelnde Klischees im Gewand der unterhaltsamen Aufklärung daher, ohne daß sich jeder über den Pocorn-Film-Charakter des Streifens vollständig im Klaren wäre.
#2
*Grins* Ich habe nur eher zufällig die Vorschau gesehen und da war mir schon alles klar. Ich dachte mir gleich das es eine »Titanic« in der Luft ist. Ich habe den Film ja nicht gesehen, aber bestimmt gab es wieder eine Liebesgeschichte? Aber wer RTL Produktionen kennt, weiß welche Qualität sie haben. Hier wird die Masse angesprochen und nicht der geschichtlich Interessierte.
#3
Q.E.D.
#4
Ich hoffe, dass du als Freund des gepflegten Besserwissens es mir nicht übel nimmst, wenn ich den Teilsatz ...wo doch Luftschiffe stets und ausschließlich zu fahren pflegen einer minimalen Korrektur unterziehe: Fahren tun lediglich alle Luftschiffe, die ‘leichter als Luft’ sind.
Der aktuelle Zeppelin NT hingegen ist marginal schwerer als die von ihm verdrängte Luft und ist demzufolge ein ‘flieger’, wie auch der Betreiber in seinen FAQs erklärt.
#5
Allerhand. Die Spezies der »schweren Luftschiffe« war mir bis dato tatsächlich nicht geläufig. Danke für die willkommene Aufschlauung! Das ändert aber nix daran, daß die »Hindenburg« als klassisches Starrluftschiff mit Gasfüllung gefahren und nimmermals geflogen ist...
#6
Da hast du zweifelsohne recht, es ging mir auch eher um das ’stets und ausschliesslich’.
#7
Schon gut, schon gut, hast ja recht... ;-)
#8
Versteh´ich nicht:
Wenn der Zeppelin noch etwas schwerer ist als die von ihm verdrängte Luft – warum hebt er dann überhaupt ab?
#9
Weil seine schwenkbaren Triebwerke Schub erzeugen, z.B. auch der Schwerkraft entgegen?
#10
Ach so. Wusste nicht, dass die auch nach unten wegschwenken können.
Merci!
(Dann gehört dieser Artikel ja eigentlich auch in die Rubrik »Tarnung und Täuschung«: Ein als Zeppelin getarnter Hubschrauber? :-)))
#11
Na ja, eigentlich ist es keine Rubrik (sondern eine Serie in der Rubrik »Kurioses«), außerdem heißt sie »Tarnen & Täuschen« und nicht »Tarnung und Täuschung«, aber ansonsten hast Du recht! ;-)
#12