Als das Gespräch neulich auf die Gestaltung von Websites im Allgemeinen, Blogs im Besonderen und der »Fürther Freiheit« im Speziellen kam, meinte Klaus H. aus F. (Name der Redaktion bekannt), daß »alle Welt nur noch WordPress verwendet«, weswegen »auch alle Seiten gleich aussehen« würden. Er schien mir das durchaus verächtlich zu meinen...
Wenn man seine Einschätzung als etwas überspitzte Hypothese gelten läßt (man kann freilich über die Wahl des überzustülpenden Themes und ggf. dessen individuelle Modifikation sehr wohl optische Differenzierungen erzielen), dann frage ich mich gleichwohl, ob die Kritik nicht am Wesentlichen vorbeigeht: Meiner Meinung nach ist es nachgerade sinnvoll und wünschenswert, einen visuellen Gestaltungsstandard zu etablieren!
Wenn es nämlich nicht explizit um künstlerische Projekte von hoher Originalität und deren genußvolle Rezeption geht, dann ist es doch der primäre Zweck eines jeden Internet-Auftrittes, den Besuchern die sie interessierenden Informationen schnell und umstandslos zu präsentieren. Deswegen schaut der geneigte Gast ja schließlich vorbei: Entweder hat ihn eine Suchmaschine hergeleitet, oder er hat die Homepage gezielt angesteuert, um seinen Wissensdurst zu stillen. Da wäre es absolut kontraproduktiv (weil zeitraubend und nervig), sich jedesmal grundlegend neu orientieren zu müssen, weil die Anordnung und Gestaltung der Navigationselemente immer wieder um des schieren Anderssein willens vom etablierten de-facto-Standard abweicht...
Jeder kennt zum Exempel das Symbol des Warenkorbs in Form eines stylisierten Einkaufswagens, seinerzeit von amazon.com eingeführt und längst in unzähligen Webshops in ähnlicher Form zu finden: Es wäre doch hanebüchener Unfug, auf ein so eingängiges Symbol zu verzichten, nur weil man im virtuellen Raume partout anders auftreten will als andere. »Der Köder muß dem Fisch schmecken und nicht dem Angler«, wie der zonebattler zuweilen zu sagen pflegt.
Meine eigenen (sicher nicht repräsentativen, geschweige denn methodisch korrekt erhobenen) Untersuchungen zeigen mir, daß die wenigsten Besucher meiner Websites meine meist mit exorbitantem Aufwand pixelgenau ausgetüftelten Layouts überhaupt bewußt zur Kenntnis nehmen oder gar kennerhaft goutieren: Frage ich nach der Wirkung einer geänderten Schriftart oder eines ausgetauschten Fotos, dann ist das in der Regel (fast) niemandem aufgefallen. Weil es den Leuten nämlich nicht um die Form geht, sondern um den Inhalt (den sie wie oben ausgeführt ohne Umwege zu finden hoffen). Womit bewiesen wäre, daß Anlehnung an sich herauskristallisiert habende Gestaltungsstandards sehr sinnvoll ist, auch wenn es vielleicht bei Auftragsarbeiten zunächst schwerfallen mag, dem Kunden das scheinbare Mainstream-Design als optimal zu verkaufen.
Mein persönliches Fazit: Aus narzisstischer Selbstüberhöhung werde ich weiterhin tüfteln und selbstverliebt an Details meiner virtuellen Bauten feilen, die die meisten BetrachterInnen nicht bemerken werden; eingedenk der LeserInnen und deren Erwartungshaltung werde ich jedoch ebenfalls weiterhin von allzu unkonventionellen Website-»Aufhübschungen« absehen!
Ein interessantes Thema!
Für ebenso wichtig wie die mundgerechte halte ich die zielgruppengerechte Aufbereitung und Präsentation. Wer die Aufmerksamkeit eines an sehr häufige Abwechslung gewöhnten und dauerbespaßten Publikums gewinnen will, hat eigentlich fast keine andere Wahl, als etwas Ungewöhnliches anzubieten und es krachen zu lassen – mit Layouts wie dem klassischen »Kubrick«, leisen Tönen und Standards liegt man so weit unterhalb der Reizschwelle, dass man noch nicht einmal registriert wird.
Zudem müssen Form und Inhalt zueinander passen. Wer ausgefeilte Texte verfasst und erwartet, dass sich die Leser darauf konzentrieren, tut weder diesen noch sich einen Gefallen, die nötige Ruhe durch Flash-Animationen, Zappel-GIFs und ständige Umbauten zu stören.
Für mich sollte die Gestaltung – nicht nur von Weblogs – funktionell sein und sich zurückhalten. Wenn ich ständig genötigt werde, eine Auswahl treffen, Dinge ausblenden oder nach der geeigneten Navigation suchen zu müssen, bin ich schnell wieder weg (aber ich bin auch alles andere als repräsentativ).
#1
Vor allem bist Du wie ich: alt (bzw. älter) und noch zu vollständig analogen Zeiten medial sozialisiert (und geprägt) worden...
#2
Daher fühle ich mich auch manchmal so inkompatibel ... ;-)
Aber zurück zum Thema. Ich schätze diesen Feinschliff, der als solcher vielleicht nicht immer erkennbar ist, sich aber in einem runden Gesamtbild ausdrückt, ähnlich der gelungenen Typografie, die das Gedruckte ansprechend und gut lesbar macht, ohne dass diese Arbeit auf unterster Ebene auffällt.
#3
Da sind wir ganz auf einer Linie! Ich habe in den letzten Jahren freilich auch einiges dazugelernt und würde mein Blog heute zumindest in Teilen doch anders gestalten als früher. Das neue WordPress-Standard-Theme »Twenty Ten« gefällt mir z.B. ganz gut (und ich setze es in farblich modifizierter Form in einer Auftragsarbeit bereits ein). Nur würde mir die nachträgliche Änderung des Themes schon wegen der radikal unterschiedlichen Spaltenbreiten und Schriftlaufweiten hier das Layout so ziemlich aller Beiträge dermaßen durcheinanderwürfeln, daß es nicht mehr feierlich wäre. Man kann (und sollte vielleicht) neue Projekte von Grund auf neu beginnen, aber wenn man sich mal festgelegt und schon eine Menge Inhalte eingestellt hat, dann muß man wohl im Interesse des eigenen Seelenfriedens dabei bleiben (von trivialen Farbänderungen mal abgesehen)...
#4
Ich kann dem Zonebattler nur zustimmen.
Ich lese ihn (den Blog) – unregelmässig – seit ich begonnen habe mich für Blogs zu interessieren und war vom klaren Layout stets angetan (vom Inhalt meist auch)
Am Layout meines Blogs habe ich im Lauf der Jahre nicht viel verändert, es musste funktional sein für meine Zwecke und optisch ansprechend. Ein gewisser Wiedererkennungseffekt ist auch beabsichtigt wennschon ich das Headerbild gerne monatlich anpasse.
Garnicht geht für mich wenn sich die BloggerInnen mit einem vorgegebenen Design/Layout/Thema zufriedengeben. Ein bisschen Design muss schon sein.
#5
Danke Waltraut, sowas geht immer runter wie Öl... ;-)
Der Wiedererkennungswert ist ein wichtiger Punkt, gerade seine Stammleserschaft sollte man/frau nicht mit ständigen Änderungen des Layouts verwirren.
Ich gebe Dir auch dahingehend recht, daß »ein bisschen Design schon sein muss«. Freilich kann ich mir vorstellen, daß es doch etliche BloggerInnen gibt, die zwar von Mitteilungsdrang beseelt sind, aber mit der Technik nicht viel am Hut haben und froh sind, sich bei einem der gängigen Provider ohne fremde Hilfe überhaupt ein virtuelles Poesiealbum anlegen zu können: Der Inhalt ist letztlich doch wichtiger als die Form! Einmal habe ich allerdings der Chefin eines von mir gern gelesenen Blogs (welches leider durch das unausgegorene Default-Theme optisch etwas verunstaltet war) diesbezügliche Schützenhilfe angeboten. Die sie dankend angenommen hat: So konnte ich meine Bastelwut und mein Perfektionsstreben ausleben und sie hat seither eine stimmig gestylte Plattform...
P.S.: Dein Blog ist auch sehr übersichtlich gestaltet, mich irritiert nur (aus schierer Gewohnheit) die Positionierung der Seitenleiste am linken statt am rechten Rand. Einerseits ist das sicher vor allem Geschmackssache, anderseits schreiben wir Abendländer ja von links nach rechts, was bedeutet, daß unsere Augen links oben zu suchen und zu lesen beginnen. Da finde ich persönlich, daß das Auge schnell den Anfang des neuesten Artikels finden soll und nicht die nachrangigen Navigationselemente (weswegen ich die rechterhand unterbringe). Übrigens habe ich das mal spaßeshalber umgedreht, kannst es ja auch mal ausprobieren und Deine LeserInnen um Feedback bitten!
#6
Nicht nur in diesem Zusammenhang denke ich gerne an einen Ausspruch von Antoine de Saint-Exupéry: »Perfektion ist erreicht, nicht, wenn sich nichts mehr hinzufügen lässt, sondern, wenn man nichts mehr wegnehmen kann.«
Und was die mediale Prägung zu analogen Zeiten angeht: Wir hatten weniger, aber davon hatten wir mehr.
#7
Zonebattler – Ich gestehe, mit ein Grund für meine Beharrlichkeit im Design ist meine relative Unfähigkeit, mir die Geheimnnisse des Layout-Designs nachhaltig anzueignen. Im Klartext, ich weiss nicht (mehr) wie man die Seitenleiste nach links manipuliert.
#8
@Lexikaliker:
Und mit dem, was wir hatten, waren wir zufrieden!
@Waltraut:
Mein eigenes Blog bei twoday.net (zonebattler’s homezone 1.0) habe ich längst beerdigt, aber ich erinnere mich deutlich, daß man im dortigen Maschinenraum sehr einfach und grafikunterstützt zwischen diversen ein- bis dreispaltigen Layouts und deren Spaltenanordnungen auswählen konnte. Ich bin mir sicher, daß auch Du diese keineswegs tief versteckten Einstellungen in wenigen Sekunden finden würdest... ;-)
#9
Ich wollte Dir, zonebattler, nicht auf den Schlips treten. Ich kenne Deine Beweggründe so zu arbeiten und die habe ich auch nicht in Frage gestellt, ebenso gibt es keine Kritik an deinen Blogs.
Es ist aber so, wie auch die Diskussion zeigt, das sich Themes wiederholen und einfachst gestrickt sind. Das zeigt oft wenig von des Schreibers Persönlichkeit.
Aus mangelnden Programmierkenntnissen wird eben nur an den Farben gespielt. Nach wie vor ist eine WordPress Seite immer noch eine über html bzw. php beschriebene Seite.
Meine Kritik zielt auch nicht auf den privaten Bloger ab, der sich natürlich den einfachsten Weg suchen darf. Es geht vielmehr um die vielen »professionell« erstellten Seiten. Früher wurde auf einen Wiedererkennungswert gesetzt und versucht des Lesers Aufmerksamkeit zu erhalten. Beispielsweise könnte nordbayern.de auch im CMS jeder Region ein eigenes, aber der Hauptseite ähnliches Layout geben. Es ist aber billiger ein fertiges Theme zu nehmen, umzufärben und dafür das gleiche Geld wie für einen ausgiebigen Entwurf zu verlangen.
Natürlich sollte es einen Gestaltungsstandard geben gab es früher aber auch schon. Trotzdem wurde über die Gestaltung einer Page konzentrierter nachgedacht, schon allein wegen der nötigen handwerklichen Ausführung. Übrigens das Menü links hat den Vorteil, das es nicht durch ein zu kleines Fenster verdeckt ist. Es kommt eben auf die Wichtigkeit an, und hier liegt der zonebattler absolut richtig.
Ohne WordPress und ähnliches wurde noch experimentiert. Dabei kamen auch seltsame Menüs raus (als Beispiel siehe die Wortkugel rechts), mit CMS verliert sich aber langsam die Kreativität.
z.B. nutzt kaum jemand das inzwischen gängige Bildschirmformat 16:9, stattdessen gibt es Seiten bei dem der Artikel links schon endet, das Menüframe rechts aber noch unendlich nach unten weiter führt.
Das erschreckendste was ich neulich gesehen habe ist diese Seite: erfolg-als-webmaster.de ( ! nicht sehenswert). Die bieten einen Crashkurse für CMS-Systeme an und propagieren das auch noch als qualitätsvoll.
Fazit: Jede Internetseite ist in WordPress machbar, auch bestehende Blogs lassen sich anstandslos in ein neues Design einbinden. Also seit kreativ, nicht nur in Schrift und Farbe.
#10
Da gehe ich d’accord mit Dir: Höhere Einstiegshürden (= mindestens rudimentäre HTML-Kenntnisse) erforderten früher eine intensivere Auseinandersetzung mit der Materie und führten zu ausgeprägter Experimentierfreude bei denen, die sich auf das Abenteuer einließen. Heutzutage sind wir insofern »weiter«, als jeder Hinz und Kunz sich mit wenigen Mausklicks ein Blog zusammenzimmern kann, was zu der von Dir konstatierten Flut von ähnlich bis identisch aussehenden Websites geführt hat. Im professionellen Bereich mit vielen Benutzern eines zentral administrierten Content Management Systems ist die kreative Vielfalt auch nicht wirklich zu Hause, wie man an den Websites der überregionalen Zeitungen und Magazine tatsächlich beobachten kann. Die promovierten Kommuikationstheoretikerschlipse und die rotstiftspitzenden Controller mögen dafür zu gleichen Teilen verantwortlich sein. Und im Zweifel wird aus Erfolgsdruck auf »Nummer sicher« gegangen und der Einheitsbrei dem kreativen Wagnis vorgezogen...
Freilich: Nicht jeder und jede muß auf Teufel kaum raus kreativ sein, wenn die persönlichen Prioritäten auf den zu kommuniziernden Inhalten liegen. Da sind wir wieder beim privaten Blogger, der sich schlicht mitteilen will und keinen mit Zugriffs- und Abonennten-Statistiken wedelnden Chef im Rücken hat.
Daß man heute 16:9er-Bildschirmformate sinnvoll bedienen sollte, mag so sein. Ich persönlich finde die Dinger nur furchtbar, da ich auf meinem Monitor in der Regel nur eine Anwendung zur Zeit sehen will, und die im Vollbild-Modus. Ich habe den Desktop auf dem Schirm gern so aufgeräumt und übersichtlich wie meinen realen Schreibtisch, daher bleibe ich bis ans Ende meiner Tage bei 5:4‑Sichtgeräten, die es ja glücklicherweise immer noch gibt, wenn auch nicht im Consumer-Elektromarkt am Stadtrand...
#11
Dein realer Schreibtisch hat aber auch eher das Format 16:9 und doch auch mehr anstehende Arbeiten als nur eine aufliegen? :-)
#12
@Klaus H.: Danke für die Anregung zu dieser Diskussion!
Ein einfachst gestricktes Theme kann durchaus von der Persönlichkeit des Schreibers zeugen. Manche entscheiden sich ganz bewusst für eine Minimalpräsentation, und ich wünschte, es gäbe mehr von diesen.
Dass nur an den Farben gespielt wird, liegt nicht immer an der mangelnden Bereitschaft, sich Programmierkenntnisse zuzulegen. Manche wären vielleicht bereit (und fähig), sich diese anzueignen, wollen oder müssen jedoch andere Prioritäten setzen. Wer einmal in diese Tiefen hinabgestiegen ist, weiß vom unglaublichen Zeitbedarf eines derartigen Unterfangens und den dafür notwendigen Abstrichen an anderen Stellen.
Was den heute üblichen Begriff der Professionalität angeht, so habe ich zumindest ich den Eindruck, als herrsche das Motto »all style, no content« vor. Da werden ein paar Buzzwords wie »full service«, »Innovation«, »Solution Provider«, »Workflow« und ähnliches zusammen mit Gimmicks in ein Gerippe genagelt und fertig ist die Web-Präsenz. Schopenhauer sagte mal: »Man benutze gewöhnliche Wörter und sage ungewöhnliche Dinge«, und wenn man »Wörter« um »Methoden« ergänzt, so hat dieser Ausspruch sicher auch heute noch seine Berechtigung, ja sogar seine Notwendigkeit.
Dass man früher über eine Website mehr nachgedacht hat, lag an der Zeit, die man sich und dem Endprodukt gegönnt hat, und das galt nicht nur für Websites. Ob Lebensmittel, Zeitungsartikel oder technische Produkte: Dass in immer mehr Fällen die Qualität den Bach runtergeht, liegt auch daran, dass man den Prozessen nicht mehr die notwendige Zeit zugesteht. Manche Vorgänge benötigen einfach eine bestimmte Zeit, und diese lässt sich nicht ohne Verluste verkürzen.
Die frühere Experimentierfreude war wohl weniger Kür als Pflicht, denn es gab vieles noch nicht in fertiger Form. Hatte man also bestimmte Vorstellungen, musste man selber ran; heute reicht in vielen Fällen eine rasche Suche z. B. in einem Plugin-Verzeichnis.
Das Bildschirmformat 16:9 mag gängig sein, doch über die Fenstergrößen, mit der die Besucher die Inhalte anschauen, sagt das nichts aus. Meine Statistik ist sicher alles andere als repräsentativ, doch die Dimensionen, die da erfasst werden, sind verblüffend: Knapp die Hälfte nutzt etwa 1000 × 700 Pixel, und wenn ich alle perfekt bedienen, also den gemeinsamen Nenner wählen wollte, müsste ich mein Layout für 580 × 410 optimieren. – Und: Zeilen selbst in der halben Breite eines aktuellen 16:9‑Monitors wären wohl kaum zumutbar.
Zu Schreibtisch vs. Monitor: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich ;-) Mein Schreibtisch hat z. B. zurzeit eine im doppelten Sinne nicht zu übersehende dritte Dimension, die meinem Monitor völlig abgeht (und von letzterem ist mir bis jetzt auch noch nichts heruntergefallen).
#13