Wie mir in einer internen Postille gestern mitgeteilt wurde, sind die Produktkataloge meiner Firma ab sofort in animierter Form für jedermann einsehbar. Der anfangs verblüffende »Umblätter-Effekt« ist nett anzuschauen und funktioniert offenbar in jedem gängigen Browser.
Nachdem ich neulich Gelegenheit hatte, den oder das neue iPad eines Freundes prüfend in die Hand zu nehmen, kam mir diese Art von Animation gleich bekannt vor. Ob sich derlei eye candy jetzt allerorten zügig durchsetzen wird? Ich frage mich freilich, ob ich das pseudoanaloge Geblättere nach dem Abklingen des ersten Aha-Effektes auf Dauer immer noch als witzig (oder nicht doch eher als nervend) empfinden werde...
Auweia. Ich hoffe mal, dass dies ganz schnell wieder im Kuriositätenkabinett des Internets verschwindet.
- Der ‘Anfassbereich’ zum Umblättern ist viel zu klein und damit nur schwer zu treffen, selbst für mich motorisch halbwegs normal Befähigten.
– Die Bewegung mit gedrückter Maustaste erzeugte bei mir nach kurzer Zeit unangenehme Erinnerungen an die letzte Sehnenscheidenentzündung.Eine alternative Tastatursteuerung ist nicht vorgesehen.
– Sobald ich in eine Seite reingezoomt habe (was auf einem handelsüblichen Notebookschirm prinzipiell notwendig ist, um die Inhalte auch lesen zu können) muss ich erst wieder herauszoomen, um umblättern zu können: Der Umblätter-Anfasser ist im Zoom deaktiviert und das hübsche Miniaturfenster legt sich exakt über den ‘zur nächsten Seite blättern’-Knopf in der Navigationsleiste.
– Am allergrauslichsten meiner bescheidenen Meinung nach: Es ist keine Tastatursteuerung vorgesehen. Dies sollte heutzutage ein KO-Kriterium bei Computeranwendungen sein: Es gibt nun einmal sehr viele motorisch eingeschränkte Menschen, die auf die Tastatur angewiesen sind.
Das ist einfach nur Eye-Candy, welches keinerlei Gewinn gegenüber dem guten, alten PDF-Format, in welchem derartige Kataloge seit langem präsentiert werden, bringt. Zwar gibt es eine PDF-Download-Funktion, die wäre aber besser auf einer gewöhnlichen Webseite untergebracht als in diesem merkwürdigen GUI.
Auf einem Gerät wie dem iPhone, welches schlichtweg keine Maus hat (und das schon vom ganzen Konzept her nur auf motorisch ’normale’ Benutzer abzielt; das kleine Geschwist des iPads nimmt ja schon keine Rücksicht auf Linkshänder) mag das vielleicht funktionieren, für eine ernsthafte Anwendung nervt es schlichtweg nur.
#1
Tja.
#2
Das ist eine Routine die es bei Flash schon seit ewig Zeiten gibt. Allerdings wieder ein verzweifelter Versuch gewohntes analoges auf digitale Medien umzumünzen, anstatt sich durch neue Ideen mit den neuen Möglichkeiten auszuzeichnen und diese ihren Fähigkeiten entsprechend zu nutzen.
So entsteht leider immer mehr Einheitsbrei im Netz, auch dank oberflächlich genutztem WordPress, Flash und ähnlichem.
#3
Das »Blättern« auf dem iPad macht wirklich Spaß, da dessen Touchscreen selbst nachlässig ausgeführte Wischgesten recht gut zu interpretieren weiß. Auch bereitet das Spielen mit einer Nintendo Wii-Konsole vor allem deshalb Freude, weil die Bedienung der Eingabegeräte (sprich Controller) so sehr an die analoge Welt (und damit an die von klein auf gewohnten Interaktions-Erfahrungen) angelehnt ist. Das erscheint mir eher als genial gelöst denn als verzweifelter Anbiederungsversuch.
Freilich sind derlei »Analogoien« in der Tat da fehl am Platze, wo man mit Maus- oder Tastatur-Steuerung schneller, zuverlässiger und intuitiver zum Ziele käme, also am PC oder Notebook. Ich fürchte freilich, daß auch bei solchen Ergonomie-Aspekten mittlerweile eher die beschlipsten Marketing-Fritzen die Entscheidungen treffen als die begraukittelten Entwicklungs-Ingenieure...
#4
... wobei die Entwicklungs-Ingenieure schon lange keine grauen Kittel mehr tragen ! Ich muss es ja schließlich wissen ... ;-)
#5
Was ich mich nur immer frage : Bildschirme haben doch seit Anno Dunnekirchen im Allgemeinen Querformat (wobei man tatsächlich manche auch drehen kann ...), warum aber werden Internetpublikationen wie der Produktkatalog des zonebattler’s Brötchen- bzw. Toastgebers noch im Hochformat publiziert, so dass nur ein Bruchteil der Information in sinnvoller Größe lesbar auf dem Bildschirm erscheint ?
»>seufz«<
#6
Ja, RJWeb, das ist etwas, das ich mich auch schon seit Ewigkeiten frage. Jedes anständige Redaktionssystem ist in der Lage, Dokumente in verschiedenen Formaten auszugeben, also HTML fürs Web, Postscript für den Druck und PDF für den, der es sich gerne am Stück abspeichern möchte. Auch nach bald 20 Jahren WWW hat sich die Bedeutung des richtigen Layouts für das richtige Medium anscheinend immer noch nicht herumgesprochen.
#7
Öha. Das ist wirklich ein »back to the roots«. Ich hatte gehofft das diesee Art der Darstellung im web schon wieder vergessen wäre oder nur noch in irgendwelchen Billigwebshops auftauchen möge.
Ich gebe meinem Vorschreiber absolut Recht es ist der Versuch analoges, haptisches Verhalten in digitale Formen zu pressen. Besonders amüsant das »Blätter»geräusch... Niedlich.
Wier es auch anders geht zeigt die gute iPad App »Flipboard«. Selbes Thema – gute Umsetzung.
#8
Ich selbst bevorzuge ‑allen Nachteilen zum Trotz- weiterhin die gedruckten Ausgaben von Katalogen. Denen kann ich im Bedarfsfall die Ecke eines Blattes entreißen, um darauf etwas zu notieren...
#9
Ich finde es amüsant. Warum bildet eine Technik, die über ungleich mehr Möglichkeiten zur Präsentation von Bild und Text verfügt als alle ihre Vorgänger zusammen, ausgerechnet das Interface des einige hundert Jahre alten Mediums nach, über dessen physische Eigenschaften sie nur gar nicht verfügt und das abzulösen sie angetreten ist? Man könnte beinahe meinen, sie wäre sich ihrer Sache nicht so ganz sicher …
#10