Nun schon im dritten Jahr in Folge besuchten wir gestern ein großes Orchester-Konzert des Collegium Musicum im Pommersfeldener Schloß Weißenstein, diesmal in Begleitung des Burgblickfräuleins und von Herrn Tobi B.. Um für den zu erwartenden Kulturgenuß eine solide Grundlage zu schaffen, schlichteten wir uns zunächst auf der Terrasse des nur einen Katzenwurf vom Schloß entfernten Allee-Cafés die Wänste mit Kuchen, Torte und Kaffeevariationen voll und ließen uns den faulen Pelz von der Sonne bescheinen. Letzeres ist ja doch beileibe keine Selbstverständlichkeit in diesem recht wechselwarmen Sommer.
Anschließend stimmten wir uns vermittels eines Rundgangs durch den großen englischen Landschaftsgarten hinter dem Schloß auf das Leben in der weiland Fürstbischoflich Schönborn’schen Sommerresidenz ein und rundeten die Lektion mit einer Schloßführung ab. Dann aber war es endlich soweit, wir nahmen im großen Prunksaal unsere Plätze ein und warteten gespannt auf das, was uns die vielen jungen Musikerinnen und Musiker zu bieten hatten...
Und das war eine ganze Menge: Schon das erste Stück, das Konzert für Kontrabaß und Orchester Nr. 2 E‑Dur von Carl Ditters von Dittersdorf wußte in mehrfacher Hinsicht zu gefallen. Der (den Damen besonders gefallende) Solist vermochte seinem wuchtigen Instrument schier unglaubliche Töne zu entlocken, stellenweise schien in den furiosen Solopartien die Komposition ihrer Zeit weit voraus zu sein. Ein feiner Auftakt, vom Publikum zu Recht gefeiert!
Nach kurzer Umbaupause, in der die bis dato kammerkonzertliche Streicher-Instrumentierung mit Bläser-Formationen zu symphoniegerechter Größe aufgestockt wurde, ging es weiter mit Vorspiel und Liebestod aus Richard Wagners »Tristan und Isolde«. Im direkten Vergleich zum vorher gespielten Werk wurde offenbar, was für ein Magier der Orchestrierung der olle Richard doch war. Auch wenn unsereiner mehr den romantischen Frühwerken des Meisters zuneigt, hier riß es mich schier vom Hocker: Angesichts der wunderbaren Interpretation mochte man kaum glauben, daß es sich hier um ein Ensemble aus jungen Musikern (überwiegend Musikerinnen übrigens) am Anfang ihrer Laufbahn handelte!
Nach der Pause schließlich folgte das vom Chronisten sehnsüchtig erwartete Hauptwerk des Nachmittags, die Symphonie Nr. 4 Es-Dur seines Leib- und Magen-Komponisten Anton Bruckner in der gern gespielten Fassung von 1878/80. Und was wir da zu hören bekamen, war absolut begeisternd! Zwar hätte ich mir den »erlösenden« Paukenschlag gegen Ende des zweiten Satzes hörbar lauter und die Einsätze mancher Blechbläser etwas präziser gewünscht, aber wer wollte darüber richten bei einer insgesamt hervorragenden Interpretation vom außerordentlich transparenter Durchhörbarkeit? Nein, das Publikum war zu Recht begeistert und der zonebattler schier aus dem Häuschen. Bravo!
Leider gab es keine Zugaben, aber was hätte nach dieser Steigerung von Stück zu Stück ernsthaft noch kommen können? Außerdem begannen unsere Mägen bereits ihre eigenen Melodien zu knurren, die mittägliche Tortenschlacht lag ja nun schon etliche Stunden zurück. Drum also flugs in die Renngurke gesprungen und ins nahe Höchstadt getuckert, um dort im nächstmöglichen Restaurant den Abend zu beschließen. Wir landeten letztlich bei freundlichen Asiaten. Und nachdem sich auch dies als glückliche Wahl entpuppte, wird uns dieser Samstag als ein besonders und rundum gelungener solcher in Erinnerung bleiben...
Meinen Dank an den Hausherrn, der seine Mehrfach-Rolle als Organisator, Reiseleiter, Busfahrer und zuletzt Chronist perfekt erfüllt hat. Die Chronistenpflicht hätte ich Dir zwar gerne abgenommen, allerdings war das Wochenende auch nach unserer gemeinsamen Tour so angefüllt mit allerlei Tun und Treiben, dass ich erst jetzt Muße und Ruhe habe, mich an den PC zu setzen.
Der Bruckner war für mich trotz der geschilderten kleinen Makel das Highlight des Abends. Das sinfonische Schaffen dieses Komponisten habe ich bislang sträflich vernachlässigt; damit sich das ändert, bin ich gestern abend gleich mal auf Einkaufstour gegangen ;-)
Fazit: Ein schöner Tag in guter Gesellschaft, gekrönt von gutem Essen und ausgezeichneter Musik. Was will man mehr?
#1
Freut mich, wenn’s gefallen hat! Herbert von Karajans allerletzte Studioproduktion war eine sehr ätherische Einspielung von Bruckners Siebter, die als ein würdiges Vermächtnis seines Könnens gilt. Du solltest Dir aber dennoch eine zweite Meinung einholen, die von Eugen Jochum nämlich, ebenfalls äußerst preiswert zu haben. Ansonsten gelten Bernard Haitink und insbesondere Günter Wand als Bruckner-Spezialisten, und ich gebe gerne zu, daß die von mir favorisierten Interpretation von den beiden letztgenannten Dirigenten stammen...
#2
Oh... da sehe ich mich natürlich jetzt auch verpflichtet, dem Reiseveranstalter hier nochmals mein größtes Lob auszusprechen für diesen rundum gelungenen Tag... ;-)
Ansonsten schließe ich mich meinen Vor-Schreibern an und hoffe, dass sich weitere Gelegenheiten für derart grandiose Kulturtrips mit Zonbattler Tours ergeben werden!
#3
Dank auch Dir, verehrtes Burgblickfräulein! Ich denke, wir sollten uns den inspirierenden Ausflug fürderhin jedes Jahr gönnen, programmseitig werden wir uns sicher auch zu viert einig werden. Übrigens hat der Tobi alias UpperPalatine bei sich daheim ein eigenes Fazit gezogen. Sein einleitendes Foto vom Schloß gefällt mir ausnehmend gut ob der leicht unterkühlten Farben und ich möchte fast wetten, daß er auch die Perspektive der wuchtigen Architektur zuliebe ins Lot gezupft hat: Chapeau!
#4
Danke für das Kompliment. Das Foto habe ich bewusst entsättigt, um das Augenmerk des Betrachters auf die Architektur zu lenken. Auch die Perspektive wurde händisch korrigiert. Ich bin ja seinerzeit über die Wikipedia zur Fotografie gekommen und habe dort gelernt, dass stürzende Linien ein no-go sind und der zonebattler ist ja bekanntlich ebenfalls kein Fan derselben.
#5
Ja, so ist das: Mitunter muß man bei der Knipserei einige Mühe und Arbeit darauf verwenden, um das Ergebnis »natürlich« aussehen zu lassen. Und das »entsättigen« gefällt mir gut, ist ja auch ein passender Ausgleich zu unserer eigenen, gegenteiligen Tätigkeit... ;-)
#6
Danke noch einmal für den Tipp bzgl. der verschiedenen Bruckner-Einspielungen. Die Jochum’sche Version habe ich heute beim zweitausendeins-Laden zu einem geringfügigst höheren Preis als bei Amazon gesehen und Deiner Empfehlung folgend sofort zugeschlagen ;-)
Nun hoffe ich auf die eine oder andere ruhige Stunde (dürfte wohl erst am Sonntag soweit sein), in der ich mich den Aufnahmen widmen kann.
#7
Meine Jochum-Box mit dem Bruckner-Zyklus stammt gleichfalls von zweitausendeins, und ich hätte Dir den Laden glatt als im Wortsinne naheliegende Quelle empfohlen, wenn nicht bei denen isolierte Produktlinks erheblich diffiziler zu basteln wären als bei amazon.de... ;-)
#8