In des zonebattler’s längst vergangenen Jugendjahren empfahl der Mineralölkonzern ESSO seinen Kunden, nach Möglichkeit »den Tiger in den Tank« zu packen und unterstrich diese kühne Aufforderung durch das Verteilen allerlei gestreifter Gebhinforts. [1] Vermutlich sollte die edle Großkatze Kraft und Geschmeidigkeit symbolisieren und insinuieren, ihre comic-haft stilisierte Maskottchen-Inkarnation darüberhinaus wohl auch Pfiffigkeit und Schläue, Eigenschaften also, mit der sich der zapfhahnsuchende Automobilist im Interesse der Markenbindung identifizieren sollte (und nicht selten von sich aus wollte). [2]
Nun ist der Mensch als solcher schon mangels natürlich gewachsener Räder kein Fahrzeug im engeren Sinne, ein Automobil im Sinne von »selbstbeweglich« ist er freilich allemal. Gelegentlich betankt werden muß der homo sapiens ebenfalls, gerne mit raffinierten Betriebsstoffen, wenn auch nicht unbedingt mit Mineralölen. Aber immerhin scheint es für die Lebensmittelindustrie genug Gemeinsamkeiten zwischen Maschine und Mensch zu geben, um auch letzterem den Tiger in den Tank (sprich Magen) einflößen zu wollen, und zwar in Form sehr energiehaltiger Kakao-Getränke.
Womit wir endlich beim heutigen Thema wären: Ist ‑außer mir- schon mal jemandem aufgefallen, daß auf den (meist herstellerübergreifend knallgelb gefärbten) Kakao-Milchmixgetränkepulververkaufsverpackungen bei zahlreichen Fabrikaten ein cartoonisierter Tiger den Werbe- und Sympathieträger der Marke gibt? Hier eine kleine Auswahl an aktuellen Beispielen:
Spötter mögen einwenden, daß man bei exzessivem Genuß von mit derartigem Pulver versüßter Milch (Vollmilch zumal) bald weniger wie ein drahtiger Tiger aussieht denn wie eine pralle Gelbbauchunke, und dem ist in Kenntnis der in derlei Trunken enthaltenen Nährwerte wenig entgegenzuhalten. Indes scheint es eine Überlegung wert, woher wohl die starke Affinität der milchversüßenden Kakaopulverabfüller zu gestreiften Raubkatzen kommt. Kann eines der hier lesenden Leckermäuler vielleicht mit einer plausiblen Theorie dazu aufwarten? [3]
[1] Heute sagen die unentwegt in Fremdsprachen dummlallenden Marketingfritzen natürlich Giveaways zu so etwas...
[2] Kaum hatte ich diesen Satz geschrieben, rief ich testhalber die ESSO-Homepage auf und fand den Tiger immer noch als offizielles Wappentier in Amt und Würden. Man glaube mir bitte, daß ich die oben beschriebene Assoziation von »Kraft und Geschmeidigkeit« eigenständig niederschrieb, bevor ich diese Passage wortgleich auf der ESSO-Website wiederfand!
[3] Man beachte die eher geringen Überlappungen der Verbreitungsgebiete von Kakao-Bohnen und Tigern. Letztere ernähren sich zudem gern von deftiger Kost und weniger von Milchmixgetränken...
Ich vermute stark, dass die Kakaoproduzenten hier die zweite starke Tigermarke nutzen wollen- nämlich die von Kellogs. Insbesondere im angloamerikanischen Raum ist »Tony the Tiger« von Kellogs für Frühstückszutaten (z.B. Frosties) ein Werbeträger seit 1954.
#1
Witzig, der Cerealien-Tony ist mir gestern im Supermarkt auch unter die Augen gekommen, an den hatte ich bei meinen Kakao-Betrachtungen gar nicht gedacht...
#2
Ich denke, an die Tigerrollen, jene Bisquitrollen mit überzuckerter Schokomilchcrememasse die von den braunen Streifen des Tigers inspiriert wurden. Und woher sonst sollten die inspirierenden Streifen des Tigers stammen, wenn nicht vom gelegentlichen Genuss von gezuckertem kakaohaltigem Plantagentrunk? Unwahrscheinlich ist das nicht, wenn man bedenkt, dass die Rosafärbung des Flamingogefieders auf die Aufnahme von Carotinoiden mit der Nahrung zurückzuführen ist, aber auch die herrlich gesunde Farbe von Supermarkt-Räucherlachs.
Und falls jetzt wer fragt, wie die Tiger trotz der »eher geringen Überlappungen der Verbreitungsgebiete« an Kaba kommt, dann lautet die Antwort ganz einfach: Supermarkt!
#3
Ausgerechnet Kaba taugt hier nicht zum Exempel, denn diese Marke wird ‑neben dem obligaten Palmwedel- heutzutage durch einen Bären mit Knollennase vertreten!
#4
Klar ist mir Barry der Plantagenbär ein Begriff, diesterwegen war Kaba bestenfalls als Gattungsname für pulvriges Pulver aus Bicalciumoxid und einer großen Menge Zucker gedacht.
#5
Ach so? Na dann!
#6
Ich vermute, es handelt sich um eine Assoziation über zwei Ecken, dass nämlich das süße Pulver Kinder zum Milchtrinken animieren soll, und die wiederum macht ja bekanntlich stark (Kalzium und so). Früher machte ja auch Spinat stark, bis man feststellte, dass diese imfame Unterstellung auf einen Kommafehler beim Eisengehalt zurückzuführen war. Seither macht Spinat nicht mehr stark, und es gibt keinen vernünftigen Grund mehr, das Zeug zu sich zu nehmen.
Vielleicht hat der Tiger auch einen rein optischen Grund. So würde der schon weiter oben als Beispiel herangezogene Flamingo sich rein farblich auf den knallgelben Packungen schon weit weniger ansehnlich einfügen. Ein Kanari wiederum wäre eine Spur zu unauffällig, wenn du weißt, was ich meine. Ein Tiger dagegen bleibt streifenweise sichtbar, was per se sehr cool ist.
Man vergesse nicht, dass angeblich auch Snickers den Tiger in dir weckt! Woran das wieder liegen mag?
#7
Au weia, damit wird der Fall ja noch viel komplexer als ich dachte. Was für Folgen hätte es wohl für Aufzucht und Pflege des menschlichen Nachwuchses, wenn ruchbar würde, daß Tiger Spinat fräßen, Eisenmangel hin oder her?
Aber was Snickers mit Tigern zu tun haben soll, ist mir schleierhaft, schließlich ist dieser Riegel nach einem Pferd benannt ! OK, vier Beine und ein Fell haben beide, und wenn man sie mischt kommt ein Zebra raus...
#8
Gerade weil Kakaobohnen und Tiger sich in freier Natur so selten begegnen freuen sich die genannten Großkatzen vielleicht um so mehr auf ein Glas Kakaotrunk ?
#9