Kaum ist man aus Aachen raus, ist man auch schon in Belgien drin: Man merkt es sofort an den die Autobahn des nachts beleuchtenden Straßenlampen, mit denen sie sich dort drüben vor lichtscheuem Gesindel zu schützen hoffen. Die ständige Illumination führt leider auch dazu, daß die Einheimischen und viele ihrer Besucher unterdessen eine gewisse Angst vor der Dunkelheit entwickelt haben und daher (vorzugsweise in dämmerigen Kirchen) mit allem unentwegt herumblitzen, was Handy, Taschenkamera oder Spiegelreflex aufzubieten haben. Da nützen auch große Knipsverbotsschilder in zwei Meter Abstand nix. Das freilich ist ein Thema für sich, welches der zonebattler noch einmal separat aufgreifen wird...
Doch wieder zurück zum Land der Flamen und Wallonen: Die können aus historischen Gründen nicht so recht miteinander und vernachlässigen darüber augenscheinlich die Infrastruktur. Selten haben wir so viele armdicke Bäume aus Kirchen- und Palastdächern wachsen sehen! Was sicher einst als schleichende Vernachlässigung begann, ist mittlerweile vielerorts zum galoppierenden Verfall angewachsen. Das kann zugegebenermaßen mitunter recht pittoresk wirken und an Veduten von Piranesi erinneren, rührt aber dem fassungslosen Betrachter angesichts der teils kolossalen Wasser- und Vandalenschäden das Herz. Vieles scheint hier also am Boden darniederzulegen, und wenn man sich mit der Kamera dazulegt ‑zum Beispiel vor dem Palais Royal in Brüssel- hat man meist sogleich etwas Merkwürdiges vor der Linse stehen...
Über den desolaten Zustand ihres Gemeinwesens zu Recht frustriert, greifen die Belgier gern und oft zu tröstenden Schokoladestückchen, weshalb die heimische Pralinenproduktion in hoher Blüte steht, ja nachgerade Weltmarktführerschaft beanspruchen kann. Daß der Protokollant während seines kurzen Aufenthaltes nicht gleich fünf Kilo zulegte, ist einzig den exorbitanten Preisen der süßen Delikatessen geschuldet. Weil die Belgier über der ganzen Nascherei nicht selten vergessen, während der Ladenöffnungszeiten auch für die Deckung des Grundbedarfes Sorge zu tragen, stehen in vielen Gemeinden Brotautomaten stets dienstbereit herum.
Auch ansonsten findet man im kleinen Nachbarland manche Eigenartigkeit in der Welt der Wirtschaft, zum Beispiel ehemalige Kirchen, in denen heutzutage nur noch dem Mammon gehuldigt wird:
Inwieweit sich in solchen Konsumtempeln [sic!] eine zunehmende Gottlosigkeit in der Gesellschaft widerspiegelt, soll an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Auch soll keineswegs der Eindruck entstehen, daß Belgien nicht auch schöne Seiten aufzuweisen hätte. Das Gegenteil ist der Fall! Im ostflandrischen Gent zum Exempel kommt man gar nicht umhin, in nahezu jeder Blickrichtung ansichtskartengerechte Stimmungsbilder vor sich zu sehen:
Auch Brügge in Westflandern ist berühmt für seine intakte mittelalterliche Altstadt. Während wir in Deutschland allenfalls Rothenburg ob der Tauber als vergleichbaren Trumpf ausspielen können, haben die Belgier dutzende putziger Städtchen in der Hinterhand und im Hinterland. Dennoch: Hinter mancher nett herausgeputzen Fassade können Abgründe lauern, Grauen und Entsetzen gar! Wehe dem, der dort den Schritt über die Schwelle wagt:
Der abgebildete stumme Schrei schien bis dato nicht erhört worden zu sein, obwohl man wohl davon ausgehen kann, daß die meisten Belgier nicht nur entweder des Niederländischen oder Französischen mächtig sind. Auch der zonebattler unternahm keine Anstalten, hier weiter nach dem Rechten zu sehen. Tags drauf war ihm dann freilich selbst nach einem Hilferuf zumute, als er und seine bessere Hälfte nämlich arglose Opfer leibhaftiger Verbrecher wurden. Mehr dazu in der nächsten Episode...
Oha!
Soeben schreibt mir ein in Belgien wohnender, holländischer Freund (ja, solche gibt’s), daß sich das niederländische Wort für »Hilfe« just so wie im Englischen schreibt, als »Help« eben. Womit der oben abgebildete Hilferuf also auch ein einheimischer solcher hätte gewesen sein können! Das nur zur Klarstellung...
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