Der zonebattler werkelt in seinem Schrebergarten. Gerade erst hat er am Fürther Stellwerk den diensttuenden Fahrdienstleiter darüber informiert, daß der seit mindestens einer Woche bei seiner Parzelle abgestellte Diesel-Triebzug schon von Idioten besprüht wurde, bevor er das erste mal Fahrgäste gesehen hat [1]. Soeben schafft er eine Ladung Grünschnitt in den Komposter, da ist aus Richtung Nürnberg her ein dünnes Pfeifen zu hören. Der etwas träge zonebattler schaltet nicht gleich, aber da ruft seine bessere Hälfte auch schon aus, was Sache ist: »Der ADLER!« Jetzt aber adrenalinstoßgetrieben hurtig zum Zaun gehechtet, blitzschnell die Pistole Kamera gezückt und abgedrückt:
Zu dumm, ein Oberleitungsmast verdeckt ausgerechnet die Lok. Was tun? Der putzige, im Vergleich zu modernen Fahrzeugen eingeschrumpft wirkende Zug scheint am Gleis 1 des Fürther Hauptbahnhofes länger zu halten. Vorüberdonnernde ICEs grüßen mit infernalischem Gehonke, vielleicht wollen sie auch bloß unvorsichtige Pufferküsser vor drohender Zerhackstückelung warnen. Also dann halt doch die paar hundert Meter vorgelaufen, um den schmucken Phönix aus der Asche aus der Nähe zu inspizieren:
Am Bahnsteig befindet sich nicht nur der mustergültig wiederaufgebaute erste deutsche Eisenbahnzug, sondern auch 1 bayerischer Ministerpräsident, (mindestens) 1 (CSU-)Bundestagsabgeordneter, 1 DB-Museumsdirektor, 1 Sortiment Ehrengäste, 1 Schwung Sicherheitskräfte, mehrere Dutzend ferrophiler Fotografen sowie diverse Statisten. Festhaltenswert erscheint dem zonebattler freilich primär die feine Handwerksarbeit der liebevoll lackierten Lokomotive:
In Ermangelung einer Drehscheibe muß zur Rückfahrt nach Nürnberg dann erstmal umgesetzt werden, sprich der Adler ohne seine Wägelchen bis über die nächste Weiche tuckern, danach durch Gleis 2 an den Waggons vorbei Richtung Nürnberg und schließlich nach Umstellung der dortigen Weiche wieder zurück ans andere Ende seines Wagenzuges. Dabei kann ich ihn ‑nun schon wieder vom Garten aus- nochmal in voller Fahrt ablichten:
Ein paar Minuten später schließlich dampft der historische Zug wieder vollständig ab und heim in die Noris, nunmehr ohne die vorher nach Fürth verbrachten Ehrengäste: Denen sind wohl die Sitze zu hart oder das Buffet als die attraktivere Alternative erschienen! Diesmal besser vorbereitet des Dampfrosses harrend, kann ich von der Vorüberfahrt ein kleines Video drehen:
Im Rückblick glaube ich nicht, daß es sich hier um die offizielle Jungfernfahrt des restaurierten ADLER-Zuges gehandelt hat: Da wäre der Menschenauftrieb doch ungleich größer gewesen. Und vor allem hätte unser ansonsten omnipräsenter Oberbürgermeister Thomas Jung nicht gefehlt!
[1] Den später deswegen anrückenden Bundespolizisten schlug der Verfasser dieser Zeilen vor, erfaßte Delinquenten von oben bis unten mit ihren eigenen Spraydosen einzunebeln und das Kinderzimmer am besten gleich noch mit dazu...
Gut getroffen ...
... und das Video zeigt, wie atemberaubend im wörtlichen Sinne des Wortes die Geschwindigkeit des Zuges auch heute noch erscheint, wenn das Betriebspersonal seinen Dienst auf offener Plattform zu verrichten hat !
#1
Eine Pracht!
Das schmucke kleine Züglein ist aber derart zierlich, dass es mich immer unweigerlich an mein mittlerweile auch schon historisches 1:87 Modell von Trix Express erinnert :-)
#2
Noch einer ...
... mit Trix Express, soso ... ;-)
#3
Er war dabei, nach seinem vormittäglichen Seiltrick wieder im Zwirn:
OB Jung/FÜrth (Bay) – und fuhr wie fast alle anderen Ehrengäste dieser offiziellen Premierenfahrt nicht mit dem Zügle retour nach Nürnberg, weil wegen eines technischen Stopps am Güterbahnhof die Brutto-Fahrzeit auf mehr als ein geschlagenes Stündchen veranschlagt war.
#4
Adlertag
»Der «Adler« hat wieder Dampf im Kessel« titeln die Nürnberger Nachrichten heute und können sich nicht entscheiden, ob sie die Guillemets um des Vogels Namen in romanischer oder in deutscher Ausrichtung setzen sollen. Na, so hat der penible zonebattler wenigstens wieder was zum Lästern...
Nämliches tut er auch über die TV-Berichterstattung in der »Frankenschau« des Bayerischen Rundfunks vom gestrigen Sonntag Abend: Zwar war der Beitrag an sich schon in Ordnung, aber bei der am Schluß der Sendung gezeigten Fahrt durch das Wiesenttal handelte es sich um älteres Archivmaterial, welches von der Moderateuse Evi Kurz nicht als solches angekündigt wurde: Schon an der Trompetenform des Schlotabschlusses war zu erkennen, daß hier der alte »Adler« lange vor seinem Ausbrennen in der Nürnberger Brandkatastrophe zu sehen war. Was Falsches haben sie nicht behauptet, aber eben auch die volle Wahrheit nicht erzählt: So beginnen Desinformation und Manipulation...
#5
Alter Stinker
Als ich gestern einkaufstaschenbeladen aus der Luisenunterführung steige und am eigenen Schrebergarten vorbei in Richtung Heimat tappe, sehe ich in der Ferne den Fürther Hauptbahnhof in dichte Rauschwaden gehüllt. Brennt das was, dräut gar eine Katastrophe?
Doch weder Martinshorn noch Feuerwehrsirene sind zu hören, ein dünner Pfiff läßt ahnen, wer hier mal wieder so schwärzlich herumkokelt: Der (oder die) »Adler« nämlich! Und schon ist sein (oder ihr) asthmatisches Schnaufen zu hören. Drum ohne Zögern Hackfleisch und Espresso abgestellt,
den Coltdie Kamera gezogen, den Video-Modus aktiviert und draufgehalten:Besonders nett ist der linkerhand ziemlich langsam überholende ICE T, der dem heftig keuchenden Urahn die eigene Überlegenheit offenbar nicht allzu deutlich demonstrieren will... Eine Minute später herrscht wieder Ruhe, dafür ist die ganze Karolinenstraße vollgequalmt. Vielleicht sollte ich dem Bezirksschornsteinfeger einen vertraulichen Tipp geben, wenn der demnächst bei uns seinen Emissionsmeßrüssel ins Abluftrohr der Gastherme hängt?!
#6
Pressespiegel: »Fahrt in die Vergangenheit« (FN)
#7
Zum Thema dieses Artikels gibt es eine eigene Bildergalerie auf »Licht-Bild-Schau«.
#8