Beim gestrigen Kontrollgang durch die Fürther Innenstadt hatten der zonebattler und seine bessere Hälfte Gelegenheit, schon eine Woche vor der Vernissage eine überaus originelle Kunstausstellung vorzubesichtigen: Die Präsentation »PutzMunter« des Ingenieurs und Künstlers Peter Schmidt wird am kommenden Samstag (12. Apr.) um 19:00 Uhr wird im »Kleinen Atelier Hirschenstraße« eröffnet [1] und hiermit meinen kulturbeflissenen LeserInnen wärmstens ans Herz gelegt!
Zu sehen gibt es zunächst einmal ein skurriles Modellgebäude im Modellbahnmaßstab 1:87, in dem vom tristen S‑Bahn-Tiefgeschoß im Untergrund über schnuckelig-kitschige Siedlungshäuschen bis hin zur mondänen Direktorenvilla (nebst Golfplatz) auf dem Dach eine (nur scheinbar) heile Welt in kindlich-phantasievoll anmutender Manier nachgestellt worden ist. Auf allen Ebenen tummeln sich Preiser-Putzfrauen und Plastik-Gebäudreiniger in einem im Wortsinne bunten Querschnitt durch das Alltagsleben der Saubermacherzunft:
Während das Guckkasten-Modell zu neugierig-vojeuristischen Einblicken animiert, laden die großformatigen Detailfotos an den Wänden zur Reflexion ein über die Motive und Intentionen des Künstlers. Und die liegen fraglos nicht in einer perfektionistischen Nachbildung beliebiger Szenen en miniature. Nein, auf nur vordergündig amüsante Weise lenkt Peter Schmidt hier unseren Blick auf die Welt der dienstbaren Geister, die in der Realität weder pittoresk noch lustig, sondern meist knallhart und oftmals würdelos ist.
Im quadratisch-kompakten Begleitheftlein findet der Betrachter zwischen bunten Bildern plötzlich verblüffende und regelrecht erschütternde Fakten über die prekäre Existenz von Reinigungskräften, die nicht selten zu schier unglaublich schlechten Konditionen arbeiten (und gleichwohl nicht aufbegehren). Spätestens dann wird einem die fortschreitende Spaltung der Gesellschaft in »die da oben« und »die da unten« in unangenehmer Präsenz gegenwärtig...
Ob ein Künstler mit so schlau und spielerisch verpackter Sozialkritik etwas bewirken kann? Gemeinhin gehören feinsinnige Kunstkenner und Ausstellungsbesucher latent ja eher zu den Arbeitgebern von moderat bezahlten (und sich flexibel verfügbar zu haltenden) Servicekräften: Eine(r) muß ja schließlich den Haushalt in Ordnung halten, derweilen die Herrschaft das große Geld verdient (und für sich behalten will). Freilich: Wenn dieser oder jener Bewußtseinswandel klammheimlich angestoßen wird und das eine oder andere Gewissen zu nagen beginnt, dann haben Kunst und Künstler mehr erreicht als man heutzutage noch zu hoffen wagt.
[1] Das (zu) »Kleine Atelier Hirschenstraße« hat ab Ausstellungsbeginn donnerstags und freitags von 14 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet (Tel. 0171–7140986). Die Ausstellung läuft bis zum 31. Mai. Zur Eröffnung am 12. Apr. erscheinen neben dem Künstler als weitere professionelle Dienstleister 1 begrüßender städtischer Kulturreferent, 1 einführender Journalist aus dem fernen Nürnberg sowie 1 Performance-Duo für die allfällige Überraschungs-Einlage. Echt putzig. Putzt Euch also alle raus und kommt mit hin!
Kontrollgang durch Innenstadt ? Was wird denn da so kontrolliert und evtl. gar noch protokolliert ?
#1
Ich lege selbstredend dedizierte und detaillierte Dossiers über alles und jedes (sowie jeden!) an und archiviere die (mittlerweile beachtlichen) Datenmengen in schlau querverlinkten Datenbanken. Über effiziente Data-Mining-Methoden filtere ich dann zunächst chronolgisch sortiert heraus, wer wann was feiert und wo folglich mit einer freien Vesper zu rechnen ist. Während ich dann vor Ort noch an den sponsor-spendierten Vernissagen-Brezeln kaue, raune ich anderen prominenten Gästen aus der gehobenen Gesellschaft unauffällig ins Ohr, daß sie mir doch gegen Nicht-Bloggung der einen oder anderen mir gewahr gewordenen Begebenheit den einen oder anderen Gefallen tun könnten...
Merke: Buchhalterische Sorgfalt ist der Schlüssel zum Erfolg!
P.S.: Nebenbei kann ich so abwiegelnden Behörden knallhart nachweisen, daß letztes Jahr noch grauslich auspufftöpfische Mülleimer wie dieser hier für teuer Geld die Fürther Fußgängerzone bevölkerten und wilde Wandsprayereien wie jene da in der vorgeblich letzte Woche frisch gereinigten Unterführung nicht von gestern sein können, wenn ich sie schon vor zwei Jahren abgelichtet habe.
Nachtrag vom 20. Apr. 2008:
Die Sache mit den städtischen Mülleimern wird hier (ganz unten) aufgeklärt!
#2
dann werde ich jetzt wohl...
vorsichtshalber die »geschenkte« DVD auf Mikrochips, Wanzen und dergleichen überprüfen. Was der Zonebattler für technisches Teufelswerk hat sieht man ja an seinem GPS-Logger...
*afraid*
#3
Chips und Wanzen...
...hat der zonebattler nicht im Mindesten nötig, der sieht auch so alles im Überflug von seiner Kanonenkugel aus!
#4
Nach allen Regeln der Kunst?
Wie es der Zufall will, läuft gerade drüben bei der geschätzten Kollegin Etosha eine von ihr angestoßene Diskussion über Regelbrüche in der Kunst, auf die an dieser Stelle zu verweisen mir nicht unpassend erscheint...
#5
Kehraus
Mit einiger Verzögerung haben nun auch die Fürther Nachrichten das »Parallel-Universum der Putzfrauen« entdeckt. Deren Redakteuse kann zwar Längen- und Flächenangaben nicht auseinanderhalten (»Die Fotos sind einen Meter groß«), aber so sind sie halt heutzutage...
#6
[...] ingeniösen Künstler Peter Schmidt durften wir bereits anläßlich seiner ersten Ausstellung in Fürth kennenlernen. Im Rahmen des Fürther Eisenbahn-Jubiläumsjahres und des Kunst-Events [...]
#7