Die Frau Kollegin Nachtschwester hat nach einer Exkursion über den Großen Teich zur BlogHer-Konferenz wieder den Kittel angezogen und berichtet hier, da und dort von ihren Erlebnissen in und Eindrücken aus Chicago, Illinois. Regelrecht elektrisiert hat mich gestern ihre Quintessenz, daß man mit der Bloggerei mehr anstellen muß, als nur nette Geschichten und bunte Fotos von sich zu geben. Aus dem schlichten Grund, weil man es kann (und andere vielleicht nicht so gut).
Das hat mir eine Weile zu denken gegeben. Im Ergebnis bin ich zu dem Schluß gekommen, daß ich hier etwas weniger subtil für eine bessere Welt kämpfen muß als bisher in meinen dezent sarkastischen Seitenhieben. Wenn ich es denn kann.
Mein »Lieblingsthema« ist ja nun der Kampf gegen dekadente und langfristig existenzgefährdende Ressourcenverschwendung (in Tateinheit mit sittlicher und körperlicher Verwahrlosung) in einer konsumfixierten Überflußgesellschaft, in der gemeinschaftskonforme und umwelterhaltende Orientierungsmaßstäbe offenbar selten geworden sind. Wo und wie ich da nun genau ansetze, weiß ich noch nicht. Aber ich will es probieren, alc ixh xan (so gut ich es kann).
Auch mich ...
... hat die Quintessenz der Nachtschwester angesprochen und zum Nachdenken angeregt. Ich weiß zwar noch nicht, welche Kursänderung ich als »Neu-« oder besser »Spaß-Blogger« vornehmen soll und kann, doch ich bin sicher, daß mich dieses Thema noch eine ganze Weile beschäftigen wird.
#1
Freut mich, dass es bei euch beiden genauso angekommen ist, wie es gemeint war. Ich weiß ja auch noch nicht genau, was ich mit der neuen Erkenntnis anfange. Misstände anzuprangern, reicht nicht aus, eine Richtung, ein Lösungsansatz muss noch reifen.
#2
Das ist der Punkt!
Sich (im Rahmen der Grenzen der Meinungsfreiheit) zu echauffieren ist zwar der Psychohygiene förderlich, aber wohl tatsächlich nicht wirklich ausreichend: Davon allein wendet sich ja noch nichts zum Besseren. Doch nicht jeder ist der geborene Aktionist!
Aktionisten wiederum sind nicht notwendigerweise weitsichtig: Im Fürther Sozialforum engagiert sich z.B. ein umtriebiger Bekannter, dem ich hier bei mir eine Plattform angeboten habe, eine virtuelle »Speaker’s Corner« in einer neu einzurichtenden Rubrik der Ernsthaftigkeit. Was ja bei mittlerweile ca. 450 BesucherInnen täglich selbst nach Abzug der »Eintagsfliegen« ein nennenswertes Publikum bedeuten würde. Gleichwohl beschränken sich die rührigen (und mitunter rührend anmutenden) Fürther Attac-Aktivisten hierorts lieber weiterhin auf ihre samstägliche Flugblätter-Verteilerei in der Fußgängerzone, als der in ihren Augen rein selbstreferentiellen Bloggerschaft ein Meinungsbildungspotential zuzugestehen. Gut, sollen sie. Ich bin es inzwischen leid, meine publizistische Hilfe wie sauer Bier anzupreisen...
#3
Genaugenommen ...
... ist es sehr schwierig, diesen Anspruch zu erfüllen. Zu der Fachkenntnis und der Fähigkeit, es auszudrücken, gehört auch noch eine Portion Selbstkritik und das Wissen um das rechte Maß. Ob sachliche Fehler, eine ungeeignete Präsentation, die allzu große Überzeugung oder der missionarische Eifer: Bereits einer dieser Aspekte kann unter ungünstigen Umständen ein gutgemeintes Anliegen scheitern lassen und auch zukünftige Bemühungen zunichte machen.
Ich spreche da aus eigener leidvoller Erfahrung. Ich hatte und habe mit Menschen zu tun, die wirklich gute Ideen haben und sich auch sehr einsetzen – aber eben zu sehr, als daß ich noch die Kraft und die Geduld hätte, mich wirklich auf sie und ihr Anliegen einzulassen. Doch auch ich habe es übertrieben: Mit meinen Bemühungen um die Wahrung der Privatsphäre bei der Kommunikation per E‑Mail mit Werkzeugen wie PGP habe ich einige meiner Mitmenschen überstrapaziert; daß sie nun für derartige Dinge aus meinem Munde nicht mehr empfänglich sind, kann ich ihnen nicht übel nehmen.
Aber trotz allem sollten einem derartige Bedenken nicht den Mut nehmen, aktiv zu sein!
#4
hey, ihc check halt gar nix hir...
...könts ihr netamal a geschaites doitsch????????? was getn ab????????? echt ey!!!!!!!!!!!!! euch nullcheckern is doch latte was abgeht, nur rumschwallen und schwachmaten zutexten is ales was ihr gollos könt!!!!!!!!!!!!!!
Entschuldigt, aber so (oder so ähnlich) werden wohl die meisten Beiträge in dem weltumspannenden Netz mehr oder weniger frei zugänglicher Informationen verfasst und auch aufgenommen.
Wer versucht, dieser »dekadenten, konsumfixierten Überflußgesellschaft« (zusammengefasstes Zitat) in ihrer »sittlichen und körperlichen Verwahrlosung« entgegenzutreten, wird sie wohl – meiner bescheidenen Meinung nach – mit solch geschliffenen Beiträgen in fein ausgerichteten Blogs, nicht erreichen...
Ich habe aufgrund meines Jobs mit beiden Seiten zu tun, da ich leider Nutznießer dieser Konsumkultur (s. Link – 3 Mäuler wollen gestopft werden), aber auch gegen die Ressourcenverschwendung durch unsinnigste Billig-Wegwerf-Produkte bin. In einer idealen Welt hätte ich diesen Zwiespalt wohl nicht...
Ich begrüße auch den »Kampf« gegen den sittlichen und geistigen Verfall, ich denke nur, dass diese hier angesprochenen Blogs (inkl. dem des zonebattler’s [Apostroph lt. eigenen Angaben!]) und deren Beiträge nur EINE Seite erreichen – und zwar die derer, die sich dem Verfall sowieso schon zu entziehen versuchen.
Aber wie erreicht man die andere, die »ey du schlumpf, des is mia latte, kannst net mal mit dem verkackten rummädeln stoppen« Seite? Ich habe tagtäglich damit zu tun – und merke, wie mich das auch schon plättet... will sagen: wie mich das auch geistig abstumpft. Leider ist es so, das alltägliche Dinge (Messer, Schere, Verstand) im alltäglichen Gebrauch zum Abstumpfen neigen und manuell sowie bewusst geschärft werden müssen. In der Konsumgesellschaft werden die stumpfen Messer und Scheren einfach durch neue ersetzt – wie könnte man das mit dem Verstand handhaben?
Für die meisten gilt wohl die »good enough« Regel: Es muss halt taugen – und dieser Regel kann sich auch der zonebattler in manchen Bereichen nicht entziehen, da ich sie von ihm gelernt habe ;) der eine wendet Sie bei seinen technischen Geräten an (zig Jahre alte Sony Monitor-Röhre statt Plasma TV), der andere bei seinem Sprachschatz (»und ich so: boa ey« statt »ich war über die Ausführung der Sache wirklich erstaunt«).
Aussageversuch des viel zu lange geratenen eigenen Sempft’s (allgemein gültige fränkische Schreibweise): Schön, dass dem oben genannten und mehrfach definierten Verfall entgegengetreten wird, aber es erreicht die Falschen – oder zumindest nicht die Richtigen.
»Stellt euch vor, es ist Schule, aber keiner geht hin.«
Schönen guten Abend und immer toggo bleiben...
#5
100% Zustimmung, ...
... besonders was den geistigen Verfall in diesem unserem Lande angeht.
100% Zustimmung auch dazu, dass nicht die Richtigen erreicht werden. Denn die, die erreicht werden sollten, verfügen m.E. nicht über die intellektuellen Fähigkeiten hier mitzuhalten.
Die Aussage ist sicher arrogant und nicht jeder wird und muss mir zustimmen, aber wenn man sich mal die Mühe macht, in verschiedenen Foren mitzulesen, was dort geschrieben wird, da kann man ZAPPOs Einleitung ja fast noch unter der Rubrik »Geschliffenes Deutsch« verbuchen.
Und mit dem geistigen Verfall nimmt auch der sittliche Verfall zu, d.h. es entsteht ein Teufelskreis. Dieser Kreislauf verstärkt sich noch von Generation zu Generation und führt in Konsequenz zur Gleichung
HERKUNFT = ZUKUNFT
Traurig, aber wahr!
#6
Bravo
Besser hätten es Zappo und JollyJudge kaum ausdrücken können !
#7
Es ist ja nun nix Neues...
...daß man mit jeglichem weltverbesserischen Treiben primär (und fast ausschließlich) die Zustimmung derer erntet, die ohnehin schon auf der eigenen Wellenlänge liegen. Gleichwohl muß man weiterhin probieren, auch die Tumben zu erreichen (und ggf. zu erweichen). Was bliebe einem sonst übrig außer der Resignation?
#8
Die Blogosphäre ist ein Abbild der Gesellschaft, sie besteht auch, aber nicht ausschließlich, aus Dumpfbacken. Hier pars pro toto zu nehmen und wegen ein paar Teenieblogs und illiteraten Forumsteilnehmern allgemeinen geistigen Verfall zu beklagen, ist, Verzeihung, nicht sauber gedacht. Wenn Sie so wollen, hätten auch alle anderen Medien, die der Information und Meinungsbildung dienen, keine Daseinsberechtigung, nur weil migrante oder einheimische Bewohner sozialer Brennpunkte mit Rechtschreibschwäche sie nicht nutzen.
Viele mir bekannten Blogs sind intelligent, aber unpolitisch. Das mag gewollt sein, vermutlich sind sich die Betreiber aber über das meinungsbildende Potential, wie es die Amerikaner zeigen, gar nicht im klaren. Nun kommen Sie mir nicht damit, das Bildungsniveau sei in den USA höher als bei uns und im englischsprachigen Web 2.0 gebe es keine Idioten!
Möglicherweise stellt sich irgendwann heraus, das Aktionspotential von Blogs ist hierzulande aus kulturellen Gründen tatsächlich geringer als anderswo auf der Welt, nur, wer weiß das schon, bevor man es ausgenutzt hat?
#9
Meine Mission habe ich mittlerweile gefunden.
#10