Meinen letzten Toaster kaufte ich mir im Oktober 1990, und schon damals fiel mir die Auswahl überaus schwer: Kaum ein Gerät vermochte alle meine Auswahlkriterien gleichzeitig zu erfüllen! Dabei erschienen mir die als durchaus nicht überzogen:
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Langschlitz-Gerät (zwecks gelegentlichen Röstens regulärer Brotscheiben)
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integrierter Brötchenaufsatz zum Ausklappen (kein lästiges Extra-Teil)
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Krümelschublade (der leichteren Reinigung halber)
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neutrale Farbgebung, kein kitschiges Zwiebelmuster o.ä.
Nach ziemlich langem Suchen wurde ich dann fündig bei und glücklich mit einem »Form+Funktion Electronic Toaster Typ 1316« für stolze DM 99,95. Das feine HighTech-Gerät in edlem Schwarz verfügt sogar über eine Reihe Leuchtdioden, die den Bruzelfortschritt anzeigen: Wenn die letzte erlischt, pfeift ein nerviger Piezo-Lautsprecher den Bediener (oder dessen Butler) herbei, der dann gerade rechtzeitig zum Toastauswurf die Küche betritt.
Das Gerät verrichtete sang- (wenn auch nicht klang-)los über viele Jahre hinweg seinen Dienst. Vor etlichen Monaten funktionierte mit einem Mal die eine Heizspirale nicht mehr: Sie blieb einfach dunkel, während ihre Zwillingsschwester gegenüber fröhlich weiterglühte. Nach dem Öffnen des Gehäuses (eine Wissenschaft für sich bei diesen elenden Widerhaken-Schnappverbindungen) wußte ich mir auf recht rustikale Art zu helfen: Ich dehnte den an einem Isolatorende gerissenen Widerstandsdraht ein wenig, zog ihn durch die genietete Kontaktöse und klemmte ihn dort mit drei kleinen Schusternägeln ordentlich fest. Eine Lötverbindung hätte sich doch angesichts der gewollten Hitzeentwicklung sofort wieder verflüssigt! Immerhin, der Klemmkontakt hat dauerhaft geholfen (und gehalten), die paar Ohm Widerstandsveränderung durch den minimal verkürzten Heizdraht sind ja unkritisch.
Zufällig kam uns vorgestern abend in einem Wertstoffhof in der Nähe ein bis auf die fehlende Krümelschublade (grummel) und die nicht vorhandene LED-Visualisierung (wurscht) weitgehend baugleicher Toaster von Krups unter die Augen und in die Finger, der einen unwiderstehlichen Vorzug aufwies: Er war so rot wie unsere Retro-Küche... Obendrein kostete er nur 1 EUR, mithin 1/50 seines noblen Bruders bei mir daheim. Also subito eingesackt und mitgenommen!
Inzwischen habe ich den roten Röster zerlegt und in- wie auswendig gründlich gereinigt: Die vorhandenen Gebrauchsspuren waren nur oberflächlicher Siff, der sich leicht abpinseln (innen) oder abspülen (außen) ließ. Unterm Strich bescherte mir der Schnäppchenkauf eine halbe Stunde fröhlichen Bastelspaßes und einen neuwertigen Toaster, der zudem wunderbar in die Küche paßt. Der vorhandene Edel-Erhitzer wird nicht etwa auf’s Altenteil geschickt, sondern im Eßzimmer auf einem Servierwagen dauerhaft plaziert. Ein unverhoffter Komfortgewinn, da ich dann nicht mehr mit dem Brotkörbchen hin- und herpendeln muß! Einen zeitgleich (für läppische 20 Cent) erstandenen, ebenso formschönen wie edel versilberten Toastscheibenhalter kann ich bei Gelegenheit weiterverschenken, denn jetzt kann ja an sämtlichen Eßplätzen frisch getoastet werden!
Einmal mehr freilich muß ich mich über unsere Konsumgesellschaft wundern: Einer wie ich, der sich den fettesten Designer-Toaster aus limitierter Künstler-Edition leisten könnte, wird glücklich mit einem selbst aufpolierten Gebrauchtgerät aus anderer Leute Spendenkiste. Viele aber, die Sparsamkeit nötiger hätten, kaufen alle Jahre wieder ein neues Trum, welches sie in kurzer Zeit herunterwirtschaften und dann entsorgen, nicht selten auf kriminelle Weise. Doch die wenigsten scheint es zu jucken, daß alle industrielle Produktion zu Lasten unserer Lebensgrundlagen geht, also schon von daher ein pfleglicher Umgang mit den eigenen Habseligkeiten angezeigt wäre. Aber was reg’ ich mich auf, jetzt gönne ich mir erstmal einen anständigen Toast mit Ingwer-Marmelade. Aber welchen Toaster nehme ich nur?
Ingwer-Marmelade ??? Lecker !!!
Ansonsten finde ich amüsant, dass sich dieselbe Toaster-Kriterienliste auch auf unserer Hochzeits-Wunschliste vor fast 15 Jahren vorfand, allerdings durch ein nicht beleuchtdiodetes und nicht piependes beiges Exemplar von Rowenta erfüllt wurde.
Dieses Exemplar tut seitdem seinen Dienst fast ohne Mullen und Knullen, wenn man es alle paar Jahre einmal zerlegt und die vorwitzig bis zum Elektromagneten vorgedrungenen Krümelchen entfernt.
Und das dazu erforderliche Basteln macht halt einfach Spaß :-)
#1
Der Trick mit dem Elektromagneten...
...der im Störungsfall stromlos wird, den gefederten Brotschlitten hochsausen läßt und damit auch den Heizstromkreis unterbricht, erinnert an die Stellwerkstechnik bei der Eisenbahn, wo ja im Zweifel auch immer alles zur sicheren Seite hin kippen muß. Nur daß man da noch die Schwerkraft zur Hilfe nimmt, denn Federn können (zumindest theoretisch) versagen...
#2
Ich denke ...
... dass hier eine FMEA durchgeführt wurde, denn es sind der Federn zwei, die hier in redundant ausfallssicherer Form ihren Dienst verrichten ;-)
#3
Wenn Du hier schon...
...mit neumodischen Abkürzungen jonglierst, dann wollen wir die erklären. So erweitert sich ein Kabinettstückchen über einen betagten Brotröster zu einer lehrreichen Unterichtseinheit: Vielen Dank dafür!
#4
warum, warum, warum...
fällt mir dazu nur ein...
i am a litte red rooster (rolling stones)
oder war es doch...
i am a little red toaster...
mer sacht ja nix, mer red ja blous
#5
form+funktion electronic toaster
mein weißer form+funktion electronic toaster typ 1316 ist kaputt! er ist der allerschönste, es gibt keinen ersatz.
wo hast du deinen gefunden/gekauft? ich kann die hersteller nicht finden.
ich bin natürlich untröstlich bitte hilf mir.
vielen Dank
#6
Die Antwort...
...muß ich leider schuldig bleiben: Nach so langer Zeit weiß ich schlichtweg nicht mehr, wo ich meinen Toaster damals gekauft habe! Die Information würde Dir aber auch kaum etwas nutzen, es wird nach mehr als 16 Jahren auch dort kein baugleiches Gerät mehr zu haben sein.
Ich vermute mal, daß Krups damals der eigentliche Hersteller war, und daß die etwas besser ausgestatteten Geräte unter dem hauseigenen »Edel-Label« zu höheren Preisen vermarktet wurden. So werden ja typischerweise in allen Branchen verschiedene Marktsegmente bedient: Produziert wird für alle in kostensparender Großserie im gleichen Werk, doch der feinsinnig design-orientierte Kunde soll nicht tagtäglich das läppische Logo einer plebejischen »Volksmarke« auf seinem Gerät ertragen müssen...
Na jedenfalls sehe ich als einzigen Ausweg, das vorhandene Gerät zu reparieren [1], was eigentlich kein Problem darstellen sollte, wenn es nicht gerade explodiert oder unter eine Dampfwalze geraten ist: Viel Technik ist in einem Toaster nicht drin, und das meiste davon ist (durch einen Fachmann oder eine Fachfrau!) leicht zu er- bzw. instandzusetzen! [2]
[1] Wer keine Ahnung hat von Strom und Elektromechanik: Finger weg!
[2] Wenn Du in London und Venedig niemanden findest, der sich die Operation zutraut, dann schick’ die Kiste halt in Gottes Namen zu mir...
#7