Samstag, 31. Dezember 2005
Ich hatte vor ein paar Wochen schon über eine gewisse berufliche Neuorientierung geschrieben, mit der es ab übermorgen dann so richtig losgeht. Macht mich schon etwas nervös, zumal mit dem Jahressprung sehr umfangreiche Organisations- und Prozeßänderungen greifen werden...
Eine wesentliche Änderung für mich persönlich betrifft (durchaus gewollt) den weitgehenden Wegfall häufiger (und meist mehrtägiger) Dienstreisen. Obwohl auf Dauer lästig, boten die Auswärts-Engagements natürlich auch viel Gelegenheit zur Selbstreflexion und zum Artikelschreiben (diesen Beitrag hier habe ich z.B. während einer Zugfahrt von Regensburg nach Hause durch die winterlich zugeschneite Oberpfalz in meinen Palm-Organizer gestiftelt).
Zukünftig sitze ich werktags nurmehr 2x6 Minuten im Zug, was gerade mal ausreicht, auf meinem kleinen Handflächen-Computer die frühmorgens überspielten Online-Ausgaben von Nordbayerische Nachrichten, Erlanger Nachrichten, Fürther Nachrichten, Nürnberger Nachrichten, Spiegel, Süddeutsche Zeitung, FAZ, Die Zeit, TELEPOLIS und heise online news querzulesen.
Die aktive Schreiberei wird also neu zu organisieren und vollständig an den heimischen Schreibtisch zu verlagern sein. Daher werde ich im neuen Jahr aus Zeitmangel (und keineswegs aus Themenknappheit) meinen Output wie angekündigt etwas drosseln, doch ich hoffe, daß meine Stamm-LeserInnen mir trotzdem treu bleiben!
Allen Leserinnen und Lesern danke ich für ihre Aufmerksamkeit, vor allem jenen, die sich mit Kommentaren selbst aktiv einbrachten und hervortaten. Vielleicht wäre es für manch’ eine(n) eine erwägenswerte Idee, ab dem morgigen 1. Januar selbst mit dem Bloggen zu beginnen? Es macht Spaß (aber keinen Dreck) und verhilft zu vielerlei neuen Impulsen und Bekanntschaften...
Jetzt aber erstmal einen »Guten Rutsch« und auf ein fröhliches Wiederlesen in 2006!
Freitag, 30. Dezember 2005
Kurz vor dem Jahreswechsel habe ich (mal wieder) versucht, die selbstauferlegte Komplexität des eigenen Lebens etwas zu reduzieren. Insbesondere habe ich mir lange brachliegende virtuelle Baustellen angesehen, um Entscheidungen hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise zu treffen...
Als ich im Jahre 1998 mit der eigenen Homepage www.klein-aber-fein.de online ging, schuf ich in meiner ersten (und schier grenzenlosen) Begeisterung sogleich zahlreiche Unter-Abteilungen, in welchen ich meine Sammlungen für mich und die interessierte Fachwelt dokumentierte: Videospiele, Brettspiele, Minolta-Kameras, Modellbahnen und manches mehr. Vieles von dem war damals noch nicht anderweitig im Web zu finden, und so hatten meine Seiten bald regen Zulauf. Dies umso mehr, als ich fast alles von vorneherein zweisprachig in deutsch und englisch anlegte (was nicht nur die Leserzahlen, sondern natürlich auch den Aufwand in die Höhe trieb).
Der erhoffte Effekt, nämlich das vermehrte Kontakteknüpfen mit Gleichgesinnten zwecks Erfahrungsaustausch und Fachsimpelei, stellte sich leider nicht im erwarteten Umfang ein. Weit zahlreicher waren (oftmals in barsch-forderndem Tonfall vorgetragene) Hilfe-Ersuchen von Leuten, die in den jeweiligen Gebieten weniger wußten als ich: So sollte ich Stücke identifizieren, den mutmaßlichen Verkaufserlös abschätzen, Prospekte versenden, Bedienungsanleitungen kopieren und, und, und... Meine selbstverfaßten Texte zu Kameras und Spielen erfuhren dahingehend Wertschätzung, daß sie von faulen Schmarotzern gerne als Beschreibungen in die eigenen eBay-Auktionstexte hinüberkopiert wurden: Auch dies ein höchst ärgerlicher Nebeneffekt, mit dem ich anfangs in meiner Naivität nicht gerechnet hatte.
Weil mir das strukturierte Homepage-Basteln großen Spaß bereitete, wuchs das Skelett schneller als das Fleisch: Viele Einzel-Seiten waren zwar rasch angelegt, aber vorerst noch ohne die dafür vorgesehenen Rezensionen, Fotos und sonstigen Inhalte, von der englischen Fassung gar nicht zu reden. Als der Spaß des »Claim-Absteckens« vorüber war, fing die eigentliche Arbeit an...
Irgendwann saß ich dann in der spent investment trap, der Falle der bereits getätigten Investitionen: Wenn man viel Aufwand (sei es an Zeit, sei es an Geld, sei es an »Herzblut«) in ein Projekt gesteckt hat, mag man es nicht einfach abbrechen, weil man ja schon so viel investiert hat. Und so läuft man schnell Gefahr, trotz Interessenwandels, Lustlosigkeit, Unmotiviertheit etc. den ohnehin schon unwiederbringlich verlorenen Ressourcen u.U. noch mehr gutes Geld und wertvolle Zeit hinterherzuwerfen...
Ich habe jetzt sozusagen die Notbremse gezogen und all’ die unfertigen Websites geschlossen (sprich vom Netz genommen), zu denen ich heute nimmer stehe oder die mich schlicht nicht mehr interessieren. Natürlich hebe ich sie mir lokal und offline auf, im Material-Fundus leisten sie vielleicht irgendwann mal gute Dienste. Aber ich habe mich der selbstauferlegten Verpflichtung entledigt, da irgendwann mal (ohne rechte Begeisterung) weitermachen zu müssen. Hat mir gutgetan, sich aus dem eigenen Gestrüpp zu befreien! Was übrig bleibt an fertigzustellenden Projekten (z.B. meine Sorgenfrei! Ratgeber-Seite) ist gut überschaubar und durchaus noch im aktuellen Interessenfokus.
Neben der Pflege bezahlter Auftragswerke werde ich mich primär diesem Weblog, zonebattler’s homezone also, widmen. Das ist Arbeit genug, und es scheint mir nach langem Experimentieren die perfekte Form zu sein, auch thematisch unzusammenhängende Geistesblitze unter einen Hut zu bringen.
Nach diesem immateriellen »Ausmisten« will ich mich im neuen Lebens- und Kalenderjahr auch vermehrt meinen »handgreiflicheren« Habseligkeiten zuwenden und alles abstoßen, was keine Freude mehr bringt, sondern nur noch mentale Energie bindet (und hin und wieder abgestaubt sein will): Bücher, Platten und andere langlebige Dinge, die nicht zum Verbrauch gedacht und daher irgendwann womöglich zum Ballast geworden sind, ohne daß mir das so recht bewußt geworden ist. Als Trainer und Feng-Shui-Buch-Leser kann man da übrigens anderen vortreffliche Ratschläge zur Lebens-Entrümpelung geben, ohne sie immer auf das eigene Leben konsequent anzuwenden... ;-)
Genug gelabert philosophiert, es mahnt ein weiser Spruch von Eckart Böhmer:
Im Sagen ist es nicht getan – Im Tun ist es gesagt! |
In diesem Sinne: Ans Werk!
Donnerstag, 29. Dezember 2005
In seiner Retro-Küche verspeist der zonebattler sein Frühstück von fröhlich-frech-floral verzierten Tellern, die ihm ein glücklicher Zufall letztes Jahr auf einem großen Flohmarkt unter die Augen spielte:
Danach ist ihm immer recht blümerant zumute und der Arbeitstag läßt sich dadurch erheblich leichter ertragen...
Das »für ’nen Appel und ’n Ei« erworbene Kaffee-Service war leider schon beim Kauf nicht mehr ganz komplett (auch ging mir beim dekorschonenden Waschen von Hand unlängst eine Tasse zu Bruch), so daß ich jetzt hier eine Suchanzeige lanciere:
Wer Einzelteile (insbesondere Tassen und Teller) dieses vermutlich aus den 1970er Jahren stammenden Geschirrs der Traditionsmarke Winterling (Marktleuthen) hat bzw. findet und an mich weitervermitteln kann, kriegt mein halbes Königreich und meine Tochter zur Frau neben der Erstattung von Kaufpreis nebst Portokosten noch einen schönen Überraschungs-Bonus aus meinem gepflegten DVD-Fundus. Details vereinbaren AnbieterInnen bitte per Mail mit mir!
Nachtrag vom 21. Feb. 2006:
Dieser Tage sorgte ein Schutzengel dafür, daß unser schönes Blümchen-Geschirr haarscharf eine kleine Katastrophe überlebte...
Mittwoch, 28. Dezember 2005
Wer den Artikel über die Herkunft meines Pseudonyms aufmerksam gelesen hat, weiß, daß heute für mich ein besonderer Tag ist. An dem ich mir zur Feier desselben kurzerhand und ohne jeden Skrupel freinehme: Bis morgen dann!
P.S.: Gäste sind ab 18:00 Uhr willkommen, das Kondolenzbuch liegt hier auf.
Dienstag, 27. Dezember 2005
Oder wer oder was ist oder war hier tranig?
Montag, 26. Dezember 2005
Der zonebattler ist nach eigenem Urteil ein geselliger Mensch, doch seine engen Freunde sind ‑von wertvollen Ausnahmen abgesehen- mittlerweile über die ganze Welt verstreut. Dank der modernen Kommunikations-Technologien ist das Kontakthalten heutzutage zwar über alle Grenzen und Zeitzonen hinweg problemlos möglich, doch fehlt es den Fern-Freundschaften naturgemäß an einer gewissen Nähe zum kleinräumigen Alltagsgeschehen... Daher schreibe ich hiermit die vakante Position eines
zusätzlichen guten Freundes vor Ort
(ohne jeden Exklusivitätsanspruch) aus. Der (männliche) Bewerber sollte folgende Eigenschaften aufweisen bzw. Qualifikationen erfüllen:
-
wohnhaft in Fürth (Bay)
-
Nichtraucher
-
breite Allgemeinbildung
-
Interesse am lokalen Geschehen
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Alter zwischen 35 und 50 Jahren
-
weltoffen und sprachgewandt
-
Nichtraucher
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hohes Maß an Kindsköpfigkeit
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Schnelldenker (multitasking-fähig)
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sozialverträgliche Umgangsformen
-
frei von Zwangsneurosen und Pedanterie
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Nichtraucher
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Frühaufsteher / Tagmensch
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keinerlei ideologische Verblendung
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Neigung zur klassischen Musik
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Nichtraucher
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Liest sowohl Feuilleton als auch Wissenschafts-Beilage
-
(weitgehende) Gleichgültigkeit gegenüber Fußball und Automobilsport
Ethnische Herkunft, Hautfarbe, Religion und sexuelle Vorlieben sind unerheblich. Bei nachweisbar pragmatischer Lebenseinstellung in Verbindung mit einem gesundem Menschenverstand sowie handwerklicher Minimal-Begabung wird ein abgeschlossenes Hochschulstudium nicht als Nachteil gewertet.
Geboten werden aktive Zuhör-Bereitschaft und guter Wille, Diskussionsfreudigkeit sowie die Integration in das vorhandene soziale Netzwerk. Keine sexuellen oder finanziellen Interessen.
Bewerbungen senden Sie bitte (mit Lichtbild, jedoch ohne Gehaltsvorstellungen) an zonebattler@zonebattler.net. Sperrvermerke werden geflissentlich beachtet. Vielen Dank.
P.S.: Fast hätte ich es vergessen: Nichtraucher bevorzugt!
Sonntag, 25. Dezember 2005
...hat das Zeug zum Sensationsdarsteller. Zumindest scheint er absolut schwindelfrei und bar jeder Höhenangst zu sein:
Nicht gefunden? Hier ist eine Ausschnittsvergrößerung der oberen Stockwerke:
Ich konnte mit unbewaffnetem Auge nicht feststellen, ob Santa hier gerade aufentert oder sich im Gegenteil momentan abseilt. In jedem Fall sieht man, daß manches moderne Hochhaus nicht nur eingermaßen häßlich ist, sondern mangels geeigneter Infrastruktur (kein Schlot in jede Wohnung) dem weihnachtlichen Dienstleistungs-Personal die Arbeit signifikant erschwert!
Samstag, 24. Dezember 2005
Zum Fest der Liebe möchte ich an die gute Seele und das warme Herz meiner LeserInnen appellieren, hatte ich doch vor wenigen Tagen eine Begegnung der besonderen Art. Namentlich habe ich diesen traurig-tappsigen Gesellen in einer ALDI-Filiale nahe Idar-Oberstein einsitzen sehen:
Auch wenn die naturgegebene Drolligkeit der Pandas von Haus aus einen melancholischen Einschlag hat, jener hier guckte wirklich besonders deprimiert in die triste Leuchtstoffröhren-Welt, obwohl es ihm an kollegialer Gesellschaft rundherum keineswegs mangelte. Als einsam ins Leben Geworfener hockte er da, doch es fand sich niemand, der ihn knuddelte! Das stimmte ihn tieftraurig: Es fehlte dem Bären schlicht an... Liebe.
Welche weihnachtliche Lehre sollten wir aus so einem rührenden Anblick ziehen? Ein(e) jede(r) möge heute mindestens einer Kreatur seine/ihre Zuneigung besonders intensiv zeigen. Am besten einem lebenden Menschen!
Freitag, 23. Dezember 2005
Beim Herumhoppsen im Web bin ich auf der Homepage einer Unternehmensgruppe gelandet, die EDV‑, Consulting- und Projektleistungen anbietet, den üblichen New-Economy-Schmonzes halt, unter dem sich der ahnungslose Leser alles und nix vorstellen kann. Aber gut, so sind halt die Zeiten und Gebräuche, und Nebelkerzen mit mehr Dampf als Licht werden allerorten gerne gezündet. Mir geht es hier wieder mal um die Usability (sprich Benutzerfreundlichkeit) von Websites. Gucken wir uns also die Eingangsseite jener Firmengruppe näher an (den Namen und das markige Motto habe ich unkenntlich gemacht, es geht ja um’s Prinzip und nicht um Häme):
Was sagt mir das als potentiellen Kunden dieses Ladens?
Erstens, daß dort kein Grafiker am Werk war, der diesen Namen auch verdient: Der Firmenname und das dazugehörige Statement mit dem vielsagenden Wort »Competence« darin sind von grauen Müllpixeln umgeben: Da hat einer vermutlich eine Papiervorlage eingescannt und hernach nicht den unvermeidlichen Schrott wegretouchiert. Oder beim Skalieren geschlampt, der Möglichkeiten gibt es viele. In jedem Fall ist das nicht unbedingt gleich der schlagende Beweis für Kompetenz...
Zweitens lese ich dort:
Bitte aktivieren Sie JavaScript, um die Seiten korrekt betrachten zu können. |
Was sich für mich anhört wie:
Wenn Du paranoider Depp meinst, aus Sicherheitsgründen JavaScript in Deinem Browser unbedingt deaktivieren zu müssen, dann wollen wir nix mit Dir zu tun haben. Schau’ doch zu, ob Du anderswo ohne reingelassen wirst! |
Drittens setzen sie sogar noch eins drauf:
Der Internet-Auftritt wurde für den InternetExplorer ab Version 5.x oder Netscape ab Version 6.x unter Windows optimiert. |
Meint im Klartext:
Du mit Deinem alternativen Opera-Browser, so einen wie Dich wollen wir doch ohnehin nicht als Kunden haben! Wir haben es nicht nötig, eine mit allen gängigen Browsern funktionierende Website zu programmieren, dafür sind wir hochnäsig selbstbewußt genug, Leuten gleich die Tür zu weisen, die sich nicht an unsere Benutzungs-Vorschriften halten! |
Im »richtigen« Leben entspräche dies z.B. einem Autohändler, der Interessenten mit Sonnenbrillen sogleich des Hauses verweist, erst recht, wenn diese dreisterweise mit einem Wagen von der Konkurrenz vorgefahren sind...
So ein Beispiel wie das obige ist beileibe kein Einzelfall, und es helfen hinterher weder Rechtfertigungen noch Erklärungen, denn
für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance! |
Schöne Bescherung, nicht war? Doch weil morgen Weihnachten ist, schenke ich diese Optimierungsvorschläge der betreffenden Firmengruppe, ohne meinerseits ein angemessenes Beraterhonorar zu verlangen. Da könnt Ihr nicht maulen, Jungs: Macht was draus!
Donnerstag, 22. Dezember 2005
Die vorweihnachtliche Verwandtschafts-Besuchstour führte ja wie berichtet hinwärts über Wertheim und Frankfurt, rückwärts flitzten wir der Abwechslung halber über Kaiserslautern, Ludwigshafen und an Speyer vorbei Richtung Heimat. Da bietet sich stets ein Zwischenstopp im Technikmuseum Sinsheim an: Zwar hat man als heimwollender »Transit-Reisender« oft nicht genug Zeit und Nerven für einen ausgiebigen Museumsbesuch, aber auch das angeschlossene IMAX-Kino oder der Museumsshop bieten hinreichend Abwechslung für ein gepflegtes Pausenstündchen...
Nach dem Parken auf dem einzig freien Stellplatz vor dem Hauptgebäude schaute ich unwillkürlich nach oben durch das Glasdach meines Minibusses und zuckte vor Schreck erstmal ordentlich zusammen:
So dicht ist ein Feuerlösch-Flugboot noch nie über mich hinweggebraust! Allerdings flog auch dieses Exemplar nicht, es war nämlich statisch aufgeständert und ich hatte es beim Rangieren mit dem Wagen bei Schneeregen zunächst schlicht übersehen... Der plötzliche Adrenalinschub war dann allerdings sehr herzerwärmend!
Mittwoch, 21. Dezember 2005
Obzwar ich inzwischen von jeglichem Sammlerwahn weitgehend kuriert bin, juckt es mich doch hin und wieder in den Fingern, wenn ich beim wöchentlichen Lebensmittel-Einkauf über irgendwelche (eher nicht-eßbaren) Schnäppchenangebote stolpere: Tatsächlich habe ich dieser Tage eine (objektiv) warme und (subjektiv) wunderschöne Winterjacke gleich zweifach (in zwei 350 km voneinander entfernten Filialen) erstanden, so preiswert und einmalig erschien mir der unverhoffte Fund beim Discounter.
Beim Nachdenken über die Wertschöpfungskette (wieviel verdient wohl die fleißige Näherin in Fernost, wenn eine ordentlich ausgestattete und verarbeitete Steppjacke dem Verkäufer am anderen Ende der Welt bei EUR 14,95 Verkaufspreis immer noch Gewinn abwirft!) fiel mir dann nebenbei ein und auf, daß die »Eichung« des persönlichen Preisempfindens wohl zu Jugendzeiten erfolgt, in der Phase des größten Wünschens, Wollens und Konsumierens. Da erwirbt man dann typischerweise ein Gespür für Qualitäten und angemessene Preise, zumindest bei jenen Dingen, für die man sich in dieser Lebensphase gesteigert interessiert.
Demzufolge blinzelt ein Mitvierziger wie ich, der mit etwa 25 Lenzen seine erste (und bislang einzige, da immer noch allerbestens erhaltene) Schlagbohrmaschine für 150 DM erstanden hat, ungläubig bis fassungslos mit den Augen, wenn ein auf den ersten Blick vergleichbar wertiges Teil heute für 8,88 EUR im Baumarkt zu haben ist! Da kostet es mich dann einiges an Überwindung, solide Stichsägen und Schwingschleifer-Schnäppchen zum ähnlichen Preis dennoch liegenzulassen: Die im Grunde lachhafte »Schutzgebühr« erscheint mir als dermaßen niedrig, daß sie einen zwanghaft-animalischen Zuschnapp- und Kaufreflex auszulösen droht, auch wenn die Großhirnrinde mahnend soufliert, daß derlei Occasionen regelmäßig wiederkehren und ich bis dahin vermutlich weder was zu sägen noch was zu schleifen habe...
Mein persönliches Fazit: Ich muß wohl verstärkt versuchen, mein Preisgefühl bewußt nachzueichen und neu einzujustieren, was aber nicht so einfach zu sein scheint, wie es sich zunächst anhört. Geht das jemandem da draußen ebenso? Ich bitte meine LeserInnen um Kommentare!
Dienstag, 20. Dezember 2005
Zum Zwecke des Verwandtenbesuchs in den Tiefen des Nordwestpfälzer Berglandes sind wir dieser Tage mit dem ansonsten eher selten genutzten Einsatzwagen über die Autobahn A3 Richtung Frankfurt (Main) getuckert. Etwa 30 km nach Würzburg kommt man an Wertheim vorbei, woselbst ein sogenanntes Factory Outlet Center am Wegesrand die markenbewußte Verbrauchermeute zum hemmungslosen Kaufen einlädt. Dieses Areal (übrigens nicht mehr in Bayern und noch nicht in Hessen, sondern in Baden Württemberg gelegen, welches sich da oben irgendwie dazwischenstülpt) ist eine Art Disney-Land ohne Mickey Mouse: Unweit der echten historischen Stadt hat man da eine schicke Fantasy-Konsumburg auf den »Almosenberg« [sic!] hingesetzt, die so aussieht, wie Europäer glauben, daß sich die Amis so wohl Good Old Germany vorstellen. Oder so ähnlich...
Das Angebot im Wertheim Village ist insgesamt vielleicht mit »merkwürdig« am besten umschrieben: Überwiegend sind es Bekleidungsfirmen, die ihre Vorjahres-Kollektionen und sonstigen Restposten an den Mann und die Frau zu bringen versuchen. Manch’ kurioser Kittel in absurder Farbstellung und extremer Mini- oder Maxi-Größe hängt da offenbar schon seit der Eröffnung herum und hat am Preisschild eine eindrucksvolle Reduzierungs-Historie aufzuweisen. Aber ein häßlich-schrilles Teil bleibt ein häßlich schrilles Teil (und überträgt diese Attribute womöglich auf die Trägerin), also bleibt es weiterhin liegen (resp. hängen), auch wenn es mittlerweile eine Zehner-Potenz billiger geworden ist. Gewürzt wird die amüsante Textil-Beschau gelegentlich durch nette Beispiele kreativer Rechtschreibung:
In diversen Internet-Foren kann man nun Kundenmeinungen lesen, die sich zumindest darin einig sind, daß »die Architektur« dort bemerkenswert und außergewöhnlich sei. Ich kann dem nicht beipflichten: Tatsächlich gibt es da überhaupt keine Architektur zu sehen, sondern banale Industrie-Lagerhallen mit playmobiloidem, funktionslosem Blendwerk drauf und dran. Lächerlich! Ich persönlich fände ehrliche Blechschuppen allemal weniger peinlich als diese in jeder Hinsicht hohle Kulissenstadt. Gastronomie ist übrigens nicht in nennenswertem Umfang präsent, schon gar keine mit bodenständigen Preisen. Zu loben sind indessen die stets sauberen Toiletten-Anlagen.
Zonebattler’s Resümee: Wir sind das Gegenteil von Marken-Fetischisten, gehören also nicht der anvisierten Zielgruppe an. Meine bessere Hälfte hat zwar meist das eine oder andere schöne Teil zum Schnäppchenpreis ergattern können, aber das war eher Zufall. Gut geführte Second-Hand-Läden sind in Sachen Mode allemal ergiebiger (und preiswerter)! Für uns ist das künstliche Dorf ein praktischer Zwischenstopp zum Füße vertreten und Verrichten menschlicher Bedürfnisse, verbunden mit einem kurzen Schaufensterbummel. Extra hinfahren würden wir zu sowas jedoch nie. Aber das mögen andere anders sehen...
P.S.: Nach der etwas ausgedehnten Pinkelpause muß man achtgeben, nicht versehentlich in verkehrter Richtung wieder auf die Autobahn zu fahren: Einmal nicht ganz aufgepaßt, und man hat rauf und runter schnell 2x20 unnötige Kilometer auf dem Zähler!
Süßer und scharfer Senf: