Vor Äonen von Jahren (so etwa zwischen 1985 und 1990 n. Chr.) arbeitete der zonebattler im Dienste der damaligen Deutschen Bundesbahn als Schichtleiter in einem Rechenzentrum. Dessen Leiter strebte zwar nicht nach der Weltherrschaft (war auch keinesfalls vom dazu nötigen Kaliber), ferner entsprachen die Kolleginnen nicht dem gängigen Hollywood-Typus, aber sonst hätte unser Computer-Bunker durchaus als Kulisse für einen James-Bond-Streifen herhalten können: Schrankgroße Rechner, blinkende Birnchen, zuckende Bandspulen und unentwegt ratternde Drucker allenthalben. Das alles in einem fensterlosen Beton-Hochsicherheitstrakt, der nur per Code-Karte zu betreten war. Ein paar Bilder aus dieser abgeschlossenen Welt haben bis in die Gegenwart überlebt:
Wie lief das damals? Eine ganze Abteilung Programmierer codierte Software-Module in Assembler oder Cobol, die von MitarbeiterInnen der Arbeitsvorbereitung mittels »Job Control« zu Batch-Jobs zusammengestellt und hernach an uns »Kellerknechte« in die Produktion überstellt wurden.
Als steuernde Datenträger kamen in meiner Anfangszeit noch Lochkarten zum Einsatz, später wurden die Jobs papierlos an grün leuchtenden Bildschirm-Terminals editiert. Die zur Laufzeit angeforderten, externen Datenträger zur Ein- oder Ausgabe waren Magnetbänder vom Durchmesser einer Pizza. Die mußte man von Hand auf die großen Bandmaschinen »mounten«, erst Jahre später hielt mit halbautomatischen Kassetten-Geräten etwas mehr Komfort Einzug...
Die Druckausgabe auf Listenpapier oder spezielle Vordrucke erfolgte anfangs über lärmende »Kettendrucker«, in denen 132 Hämmer von hinten auf ein schnell umlaufendes Typenband klopften und so die aufgeprägten Buchstaben und Zahlen über ein Farbtuch auf das Papier übertrugen. Später kamen dann schnelle Laserdrucker von der Größe mehrerer Gefriertruhen hinzu. Da waren die Operateure ständig mit dem Herbeiwuchten und Abtransportieren der schweren 2000-Blatt-Kartons beschäftigt, die nach dem Einfädeln und Justieren ziemlich schnell durch die Maschinen gelaufen waren... Ob das ganze Zeugs dann jemals von irgend jemandem gelesen wurde?
Im Rückblick frage ich mich, welche Rechenpower wir wohl damals auf hunderten von klimatisierten Quadratmetern auf dem aufgeständerten Doppelboden stehen hatten. Vermutlich lag sie irgendwo zwischen der Leistung meines Palm-Organizers in der Hosentasche und der Performance meines mittlerweile veralteten PCs unter dem heimischen Schreibtisch!
Für mich haben diese etwa 15 Jahre alten Fotos besonders augenbefeuchtenden Wert, da ich mit jedem unscheinbaren Detail etwas anfangen kann und damit so manche Erinnerung verbinde. Mein herzlicher Dank gilt dem ehemaligen Kollegen B., der die Aufnahmen seinerzeit erstellt und bis heute aufbewahrt hat.
Diesen Eintrag finde ich sehr interessant und er weckt auch in mir ein bißchen nostalgische Gefühle. Auch an meiner Arbeitsstelle begann der Tag für einen Angestellten damit, einen Wagen voll »Pizza-Datenträger« in sein kleines Kabuff zu transportieren und damit seinen »Wang« hochzufahren.
gruß mooncat
#1
Ist ja nett...
...daß sich noch andere an die »EDV-Steinzeit« erinnern! Was das damals alles an Menschen und Maschinerie gebraucht hat, um ein paar läppische Megabyte einzulesen und umsortiert wieder auszugeben... Heute schier unfaßbar!
#2
Aus Deiner und meiner Generation haben wohl die meisten Menschen ähnliche Erinnerungen an die Frühzeit der EDV wie Du. Meine EDV-Startphase war ärmlicher. Bei der Uni in Würzburg wurde für wissenschaftliche Zwecke 1969 ein IBM-Prozessrechner 1800 angeschafft. Rechnerkapazität 8K!!!!. Peripherie: eine Pizzaplatte, eine Bandeinheit und eine IBM-Kugelkopfschreibmaschine zur Textausgabe. Dazu kam noch ein Locher und eine Sortierbank, Reißwolf genannt. Programmiert wurde in Fortran. Das „Rechenzentrum“ war ungesichert und von der Tiefgarage aus für jeden zugänglich. Die drei blauen Türme waren überwiegend mit Luft gefüllt. Der verantwortliche Arzt war ein Spaßvogel. In den der Tiefe des Rechnerschrankes stellte er einen Gartenzwerg mit Schuppkarre auf, die er mit Lochkartenschnipseln gefüllt hatte. Neugierigen und unwissenden Besuchern erklärte er dann, der Zwerg würde die Daten hin und her schieben. Das Signalhorn am Notausschalter ersetzte er durch einen damals weit verbreiteten Lachsack. Besonders einfältige Studentinnen forderte er dann auf an dem Schalter zu ziehen und ergötzte sich dann an deren Erschrecken. Für die Verwaltung gab es ein so genanntes Comercial-subroutin-pagage. Ich habe Nächte damit zugebracht, Lochkarten zu sortieren, einzulesen und dann auf den Ausdruck der Statistiken zu warten. Für hochwertige Aufgaben wie z.B. das Schreiben der Rechnungen war der Hobel nicht geeignet.
#3
So hätte eine Google-Suche damals vermutlich ausgesehen, wobei jenes »Google« mit dem heutigen nicht vergleichbar gewesen wäre. Danke an Freund Lexikaliker für den nostalgieträchtigen Hinweis!
#4