In meinem latenten Hang zu Pathos und Theatralik fühle ich starke Verbundenheit zum musikalischen Kosmos Richard Wagners. Schon in jungen Jahren vermochte ich dessen drei romantische Frühwerke Fliegender Holländer, Tannhäuser und Lohengrin weitgehend auswendig zu rezitieren, und auch den späten Parsifal kann ich streckenweise ganz gut mitsummen.
Leider kann die prosaische Gegenwart nicht immer mit den Wagner’schen Epen mithalten, und so mache ich mir gelegentlich einen Sport daraus, den Alltag in meiner Phantasie etwas glamouröser zu inszenieren. Insbesondere bieten sich ansonsten langweilige dienstliche Meetings und Konferenzen an, entsprechend umgedeutet zu werden...
Wenn also z.B. ein wichtiger Big Boss verkündet: »Wir bekommen es zunehmend mit ausländischen Konkurrenten zu tun und müssen uns auf unsere Kernkompetenzen besinnen, um im Wettbewerb bestehen zu können!«, dann höre ich statt dessen: »Für deutsches Land das deutsche Schwert! So sei des Reiches Kraft bewährt!« (König Heinrich der Vogler im Lohengrin).
Nett, nicht wahr? Das Spielchen kann man weiter treiben. Chef sagt: »Wir müssen die bestehenden Prozesse grundlegend überprüfen, da punktuelle Nachbesserungen keine nachhaltigen Verbesserungen erbracht haben!«, ich verstehe: »Toren wir, auf Lind’rung da zu hoffen, wo einzig Heilung lindert!« (Gurnemanz im Parsifal).
Oder: »Schuldzuweisungen bringen nichts, zumal an Betroffene, die nicht mehr greifbar sind. Wir wollen uns mit dem vorhandenen Team der Aufgabe stellen!« Heißt in meiner Welt: »Ihr Mädel, laßt die Toten ruh’n, laßt sie ruh’n; Laßt’s uns Lebend’gen gütlich tun!« (Matrosen im Fliegenden Holländer).
Man sieht, Wagners Gedankenwelt ist zeitlos aktuell, im Grunde ist ja alles schon mal dagewesen. Mein Traum indessen wäre es, wenn am Ende des bundesweiten Jahrestreffens die aus der ganzen Republik zum Workshop angereisten KollegInnen ergriffen niedersänken und den Schlußchor der Pilger im Tannhäuser anstimmten: »Heil!Heil!Der Gnade Wunder Heil! Erlösung ward der Welt zuteil!« Aber soweit wird es nicht kommen, da mache ich mir wenig Illusionen...
Wagner kann nicht irren
Hallo zonebattler.
Ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Nicht nur wegen Deiner profunden Kenntnisse der Kultur, sondern vor allem wegen Deiner analytischen Fähigkeiten und den glasklaren Analogien. Hut ab.
Zum Jahrestreffen würde ich mir aber einen etwas moderneren, schmißigeren Song (Country) der Gruppe Truck-Stop wünschen.
Das Lied der Trainer im Bundesweiten Einsatz, mit dem Refrain:
»Jeden Tag in einer ander’n Stadt.
Jeden Tag was neues seh’n und auf der Bühne steh’n.
Jeden Tag in einer ander’n Stadt ...«
(Der zonebattler möge mir an dieser Stelle den exzessiven Einsatz
von Apostroph und »carriage return« verzeihen, im Sinne der besseren Lesbarkeit des Reimes ging es wirklich nicht anders).
post scriptum: Ich nähme sonst Schaden an meiner Seele.
Viele Grüße aus dem Norden.
#1
Da gibt es nix zu verzeihen...
...denn Apostrophe und Zeilenwechsel sind hier ebenso angebracht wie korrekt gesetzt! Alles andere würde nicht nur Deiner, sondern auch meiner Sprachwächter-Seele schaden... ;-)
#2
werter battler
nachdem wir einander im hilfe-forum kennengelernt haben und Sie so eine kesse lippe über die grafische gestaltung der herold’schen seite riskiert haben, muss herold auch seinen senf zu Ihrer optischen erscheinung ausdrücken:
Sie mischen kalte (rot und blau) und warme farben (matsch- und giftgrün), und das macht die sache ziemlich unruhig.
für Sie gilt also: weniger ist mehr, nix für ungut.
und zu wagner: über geschmack lässt sich (gottseidank) nicht streiten. jedenfalls ist diese musik – genauso wie die malerei dieser zeit – schwülstig.
aber sonst findet herold Sie ganz ok ......
#3
Danke gleichfalls...
...aber der gemeinsame Nenner »Weniger ist mehr« berechtigt meiner Meinung nach nicht zum Verzicht auf Benutzung der »Shift«-Taste! ;-)
#4