Eigentlich habe ich dieses Weblog angefangen, um allerlei skurrile oder bemerkenswerte Geschichten festzuhalten, mit denen mich das Leben so zu konfrontieren beliebt. Und hier also ist die erste:
Bei einem freitagabendlichen Spaziergang durch meine geliebte (Wahl-)Heimatstadt Fürth fand ich neulich in einem alten Hinterhof auf einem Schutthaufen eine schlichte Wandlampe, die wundersamerweise völlig heil und unbeschädigt obenauf lag. Das gute Stück war zwar ziemlich verdreckt, aber weder die milchigweiße Glaskugel noch die innen herumdengelnde 75W-Glühbirne hatten den geringsten Schaden.
Ich trug die unverhoffte »Lieferung des Universums« nach Hause, und nach einer gründlichen Reinigung erstrahlte dieser schlichte »Klassiker« in schönstem Weiß. Ein Einsatzort war schnell gefunden: In der dunklen Ecke des Altbau-Wohnungsflurs sollte die Leuchte einen ästhetisch fragwürdigen Vorgänger ersetzen. So weit, so gut. Bis es jedoch endlich soweit war wie im nachfolgenden Bild zu sehen, hatte ich einen halben Samstag lang vier (!) schwere Prüfungen zu bestehen...
Der erste Schock kam gleich bei der ersten testweisen Inbetriebnahme mit einer Energiesparbirne und einem ambulant angeschraubten Netzkabel: Alles funktionierte bestens, doch als ich die (offenbar von mir etwas zu fest angezogene) Glaskugel wieder vom Sockel abschrauben wollte, machte es »knacks« und ich hatte die Kugel plötzlich lose in der einen Hand, während ihr abgebrochenes Gewinde im Sockel (und damit in meiner anderen Hand) verblieben war...
Ich widerstand dem Impuls, alles wutentbrannt in die Ecke zu feuern und so aus zwei Bruchteilen ca. 2.000 Scherben zu machen. Statt dessen versuchte ich, den vorsichtig herausgedrehten, gläsernen Gewindering mit Superkleber wieder an seinem Platz an der Öffnung der Kugel zu befestigen. Zum eigenen Erstaunen funktionierte das auf Anhieb tadellos (und ein zur Vorsicht unter die montierte Lampe gelegtes Sofakissen habe ich am nächsten Morgen wieder beruhigt entfernen können). Erste Lektion also: Glasgewinde nie zu stramm anziehen, auch wenn Superkleber bei glatten Bruchkanten Erstaunliches zu leisten vermag!
Die zweite Heimsuchung ließ indes nicht lange auf sich warten: Auf der Suche nach zwei hinreichend langen Schrauben zur Befestigung der Sockel-Manschette an der Wand entglitt mir dieser weiße Kunststoff-Kragen plötzlich und fiel im Flur zu Boden. Aus einem Teil waren auf einmal drei geworden!
Auch hier hatte ich aber nochmals »Glück im Unglück«: Zerbrochen war nur der innere Gewindering für die Birnenfassung, der »Außenkragen« war heil geblieben. Schier unglaublich, wo doch die »Innereien« aufgrund der versenkten Konstruktion gar keinen Bodenkontakt beim Aufprall gehabt haben konnten! Bei den rauhen Bruchflächen des spröden Kunststoffs half kein Superkleber, da mußte Kontaktkleber (Pattex transparent) ran. Nach erfolgtem »Zusammenflicken« bekam die innere Rundfassung noch einen zusätzlichen »Schutzgürtel« in Form eines starken Kabelbinders... Die zweite Lehre lautet mithin: Nicht mit empfindlichen Werkstücken zu den Schraubenschubladen laufen, sondern stets umgekehrt!
So, nach diesen zwei Unfällen war die liebgewonnene Lampe immer noch äußerlich unversehrt. Jetzt galt es, einen Schalter zu montieren, zu welchem Behufe ich ein Loch in den Kunststoff-Kragen bohren mußte. Mit der Sprödigkeit jenes Plastik-Teils hatte ich ja nun schon meine Erfahrungen gemacht, also bohrte ich sehr vorsichtig mit kleinem Bohrerdurchmesser vor und weitete das Loch dann händisch mit einer Rundfeile auf. So was geht immer mühsam, macht ordentlich Staub und ist obendrein ziemlich langweilig. Na gut, endlich schien das Loch groß genug und ich war froh über den Zufall, noch einen passenden Druckschalter in weiß in der Bastelkiste gehabt zu haben. Leider war das Loch aber doch noch nicht groß (oder rund) genug geworden, und ich ließ mich dazu hinreißen, den Schalterhals etwas zu kräftig dagegen zu drücken: Mit unwilligem »krrrr« knallte der Schalter plötzlich bis zum Anschlag durch das Loch, aber ich hatte dabei sein (Plastik-)Gewinde ziemlich ruiniert...
Schalter also vorsichtig wieder rausoperiert und mit der Rundfeile das Loch noch ein bißchen aufgeweitet sowie in der Geometrie perfektioniert. Glück im Unglück, die dritte: Das Schraubkäppchen des Schalters fand auf dem beschädigten Gewindehals doch noch genug Halt für einen festen Sitz! Die Lektion Nr. 3 muß freilich lauten: Keine Gewaltanwendung bei weichen Materialien!
OK, nach der Verkabelung des Schalters mit der Lampenfassung fehlte nur noch die Endmontage an der Wand. Diese ließ sich recht einfach an, denn erstaunlicherweise waren die benötigten Lochabstände identisch zu denen der Vorgängerleuchte, ich konnte also auf die schon früher sorgsam eingegipsten Dübel in der Wand zurückgreifen. In Altbauwänden neue Dübel zu setzen ist jedesmal ein zeit- und nervenzehrendes Abenteuer, um das ich hier zum Glück denn doch herumkam...
Die Montage der Sockelmanschette war letztlich Minutensache, eine neue Energiesparbirne war rasch hineingedreht und die Glaskugel gaaaaanz vorsichtig ebenso. Schalter an und ES WARD LICHT!
Jedenfalls für ein paar Stunden. Als ich abends den bestandenen »Burn-In-Test« feiern wollte, knippste ich die Lampe aus und gleich wieder an. Aber was tat sich? Nix. Es blieb dunkel. Ein viertes Mal sträubte sich das elende LowTech-Gerät, bei mir seinen Dienst aufzunehmen! Diesmal war es der elektronische Starter der nagelneuen OSRAM-Markenbirne, der offenbar seinen Geist aufgegeben hatte.
Aber so schnell (und so kurz vor dem Ziel) wollte ich nicht aufgeben: von diesem Leuchtmitteltyp (Zweirohr, 12W, E27) hatte ich noch weitere Exemplare in Reserve. Also nochmal VORSICHTIGST die geklebte Glaskugel heruntergedreht und den Leuchtkörper getauscht. Kugel VORSICHTIGST (und nur bis zum ersten geringen Widerstand) wieder draufgedreht und ... aufgeatmet! Mir ging ein Licht auf! Lektion vier, man ahnt es längst: Energiesparlampen nicht aus- und gleich wieder einschalten. Gut, sie müßten es eigentlich abkönnen, aber man sollte es nicht herausfordern...
Seither ist meine dunkle Flurecke abends bestens ausgeleuchtet, wenngleich ich nicht verhehlen kann, die ersten Tage und Abende sehr argwöhnisch auf neue Intrigen des Lampengeistes gewartet zu haben. Kam aber nichts mehr. Vielleicht will er mich ja aber auch erst in Sicherheit wiegen?!
Man darf nicht rechnen...
...welche Geldmittel einem zur Verfügung gestanden hätten, wenn man in dieser Zeit einer ordentlich bezahlten Arbeit nachgegangen wäre ;)
Aber wie immer von Ralph äußerst lustig in Szene gesetzt :D
Hoffentlich denke ich daran, deinen Weblog regelmäßig zu lesen.
VG
Jörg
#1
Tolle Geschichte
Schöne Geschichte. Sehr unterhaltsam zu lesen. Hast Du Dich schon mal als Schriftsteller versucht.
Gruss
Jakob
#2
Die Tücken des Objekts
Das hier ist – zumindest bis jetzt – meine allerliebste Geschichte! Einfach super geschrieben, witzig und ich habe mich beim Lesen total amüsiert, während dem Handelnden wahrscheinlich zwischendurch wohl eher das Lachen vergangen sein dürfte. Aber der zonebattler ist halt ein zäher Kämpfer, der alle neu auftretenden Schwierigkeiten meistert und durchhält bis zum verdienten Sieg in strahlendem Licht.
#3
Vorgestern in der Früh hat meine bessere Hälfte den Lampenschirm bei schlaftrunkener Schaltersuche touchiert und in zwei Teile zerbrochen (angeknackst hatte ich ihn bei ähnlicher Gelegenheit schon zuvor). Beim verwegenen Versuch, die Glaskugel noch einmal zu kleben, hielt ich das Unterteil am weiland angeklebten Gewinde fest, woraufhin sich die Klebung spontan löste und der Glaskranz sich der Schwerkraft ergab. Mit letalen Folgen, versteht sich.
Jetzt suche ich nach einer opaken Ersatz-Kugel mit einem Gewinde-Durchmesser von 7 cm, was sich als eingermaßen anspruchsvolle Aufgabe erweist, da derlei archaische Lampen offenbar seit Jahren (wenn nicht gar Jahrzehnten) nicht mehr produziert werden. In der elektrischen Bucht schwimmen zwar ein paar herum, aber die herauszufischen wäre ein kostspieliges Vergnügen, da die Startpreise oft illusorisch hoch angesetzt (und mit albernen Stichworten wie »Bauhaus«, »Wagenfeld«, »antik« etc. begründet) werden. So hoffe ich erstmal auf einen weiteren Zufallsfund.
Vielleicht widerfährt mir aber unverhoffterweise Hilfe aus der heimischen Leserschaft? Womöglich fällt ja bei einer Treppenhaus-Sanierung irgendwo in Fürth eine ähnliche Lampe ab für mich? Ich würde sie in Ehren halten und täglich (auch 24.12., 31.12.) erstrahlen lassen!
#4
Hmmmm, hmmmm ... nach eingehender Gewissenserforschung denke ich, dass eine ähnliche Kugel in unserer Familie vorhanden sein müsste. Meine Mutter hat auch eine bei sich gefunden, behauptet aber am Telefon steif und fest, dass der Durchmesser am Sockel nur 5,5 cm betragen würde anstelle der spezifizierten 7 cm. Ich komme so bald nicht nach Erlangen, kann es also selber nicht überprüfen, aber vielleicht kommst Du ja mal am Rathsberg vorbei ? Genauere Kontaktdaten geben wir telefonisch gerne preis ;-)
#5
Danke für das freundliche Angebot, aber mittlerweile habe ich »Plan B« umgesetzt und eine sphärische Energiesparlampe in den Fassungstorso eingesetzt. Die schaut nicht wesentlich schlechter aus als das Original, verbreitet aber mehr Licht:
Dieser Tage habe ich in der Leuchten-Abteilung des nahen Hornbach-Baumarktes tatsächlich noch zwei eingestaubte Glaskugellampen (mit 7 cm-Gewinde) erspechtet, aber die zwischenzeitlich gefundene Lösung ist ja mehr als ein nur übergangshalber akzeptabler Notbehelf...
#6
Der mehr als nur übergangshalber akzeptable Notbehelf wird nun wohl hoffentlich niemanden aus der Fassung bringen ... ;-)
#7