Freitag, 30. September 2005
Beim mittagspäuslichen Stadtgang sah ich letzte Woche ein paar junge Frauen auf fragwürdigen Kunst-am-Bau-Steinquadern in der Sonne hocken. Der Anblick des im folgenden exemplarisch beschriebenen Damenhinterns hätte es durchaus verdient, zur Illustration hier abgebildet zu werden, allein meine Kompakt-Knipse verfügt über kein Zoom-Objektiv, weswegen ich mich auf Ohrfeigen-Distanz hätte heranpirschen müssen... Dazu fehlte es mir am Mut, und so müssen es halt jetzt beschreibende Worte tun.
Also: Die in Rede stehende (und ihrerseits sitzende) Lady trug eine sehr knapp geschnittene schwarze Hose, darüber ein noch engeres schwarzes Shirt und zwischendrin einen drallen, bleichen Fleischwulst, der durch einen schwarz-weiß berüschten String-Tanga weder nennenswert verziert noch signifikant kaschiert wurde. Allemal ein unverhoffter Blickfänger, aber nach meinem Dafürhalten kein sonderlich ästhetischer.
Womit sich die Frage auftut: Was sollte man/frau im öffentlichen Raum seinen/ihren Mitmenschen zumuten? Ist alles erlaubt, was machbar ist? Ist es ein Zeichen von Selbstbewußtsein oder erotischer Ausstrahlung, wenn sich jemand (egal welchen Geschlechts) in viel zu enge Klamotten zwängt und dann die verdrängte Körpermasse in der Mitte herausquellen läßt? Die aus der vermeintlichen Frivolität möglicherweise resultierende Nierenentzündung kann mir als nicht Betroffenem gleichgültig sein (aus der Perspektive des Krankenkassen-Beitragszahler anderseits auch wieder nicht), aber es beleidigt das Schönheitsempfinden. Meines jedenfalls. Weshalb ich für weise Selbstbeschränkung auch in Aspekten des eigenen Erscheinungsbildes plädiere.
Ich lege nochmals Wert auf die Feststellung, daß meine am weiblichen Beispiel entzündete Tirade nicht diskriminierend gemeint ist: Männliche Wampen in zu kurzen Kittelchen sind mir gleichfalls ein visueller Horror. Und deswegen bin ich noch lange kein »Moralapostel«, geschweige denn ein »Kostverächter«!
Donnerstag, 29. September 2005
An diesem alten journalistischen Grundsatz komme natürlich auch ich nicht vorbei, sofern ich meines Weblogs virtuelle Auflage (sprich Leserzahl) nachhaltig in die Höhe treiben möchte. Also gut, heute gibt es hier ein paar tierische Schweinereien...
Fangen wir gediegen erotisch und nicht plump pornographisch an mit einem Verweis zu einem bärigen Striptease. Scharf, nicht war? ;-)
Wesentlich heftiger ging es in einem Andenken- und Gimmick-Laden in München zur Sache, durch den wir heuer am Vorabend unseres Starts in den Urlaub bummelten: Da erdreistete sich ein perverses, batteriebetriebenes Karnickel, einen gleichfalls Duracell-gepowerten Plüschtiger zu rammeln. Ohne unser Dazutun (ich schwöre es!) hatte der Mümmelmann in seinem Pferch das Tigerweibchen in die Ecke getrieben und verging sich nun von hinten an ihm. So ganz ungelegen schien der Akt der Tigerin indessen nicht zu kommen, denn sie klappte immer wieder mal das Maul auf und stöhnte »Aaaaaaaaaah«!
Zum Glück war eine unserer kleinen Digicams zur Hand, leider mit lichtschwachem Objektiv und ohne Möglichkeit zur Tonaufzeichnung. Aber ein authentisches Video von mäßiger Qualität ist besser als gar keines, oder?
So, ich hoffe damit einerseits auf das rege Interesse meiner LeserInnen gestoßen zu haben, äh, zu sein, andererseits die Grenzen des Anstands und guten Geschmacks nicht gar zu weit überschritten zu haben. Morgen jedenfalls gibt’s wieder durchwegs moralisch hochstehende Lesekost!
Mittwoch, 28. September 2005
Wie bereits am letzten Sonntag angekündigt, befinde ich mich derzeit auf einer beruflich bedingten Expedition in Mannheim. Die letzten beiden Tage beschickte ich zonebattler’s homezone (zeit-)notgedrungen mit längst fertig vorliegenden Beiträgen aus dem Fundus, doch heute drängt es mich zur Live-Berichterstattung aus der alten Residenzstadt an Rhein und Neckar.
Mannheim also: Die Menschen sind dort wohlbeleibt und fahren gerne mit schmalspurigen Straßenbahnen durch die quadratisch/schachbrettartig angelegte Innenstadt auf und ab sowie kreuz und quer. Zwischendrin steigen sie aus und geben sich mit großer Wonne dem Einkaufen hin, Geschäfte gibt es dort sonder Zahl und für alles und jedes.
Obwohl die Planung des gitterförmigen Straßennetzes in der Altstadt schon 1606 unter Kurfürst Friedrich IV. erfolgte, sind die meisten »Planquadrate« nach kriegsbedingten Zerstörungen heute mit 60er-Jahre Geschäftshaus-Kuben zugestellt. Mich erinnern sie sehr an die damals modernen Faller- und Vollmer-Häuschen, die zu Jugendzeiten meine Märklin-Modellbahn bevölkerten... Zwischen den Bauten (den echten) hat man über einige offenbar weiland sorgfältig geplante Sichtachsen Monumentalbauten wie Schloß und Wasserturm immer wieder mal im Blick. In Fürth haben wir in der Ludwigsstraße eine ganz ähnliche Achse in Richtung Hauptbahnhof.
Aber zurück nach Mannheim: Sehr nett anzusehen sind heute rührend menschlich anmutende Kunstwerke im öffentlichen Raum aus einer inzwischen fernen Zeit, in der Haushaltszwänge und Spardiktate noch Fremdworte waren. Heute überlebt so etwas Vernachlässigung und Vandalismus allerorten nur, wenn es bewacht oder in haltbare Bronze gegossen ist...
Laut kommunaler Eigenwerbung auf ihrer offiziellen Website handelt es sich bei Mannheim übrigens um eine »Stadt für dienstleistungsorientierte Menschen«. Einen solchen habe ich gestern kennenlernen dürfen, es handelte sich um den Nachtportier meines vom Konzernreiseservice ausgewählten Hotels: Auf meine Frage, was in einem ausgewiesenen Nichtraucherzimmer zwei große Aschenbecher zu suchen hätten, erklärte er das zum Prinzip, denn die Übernachtungsgäste könnten ja doch mal ein Zigarettchen qualmen wollen oder gar einen paffenden Besucher mit auf’s Zimmer nehmen zum Zwecke der fröhlichen Kameradschaftspflege. Meinen Einwand, daß das schwerlich im Interesse nachfolgender Nichtraucher-Gäste sein könne und daß das Vorhandensein von Aschenbechern geradezu Aufforderungscharakter hat, konterte der Herr Dienstleister mit: »Ich habe es Ihnen doch gerade erklärt, Sie haben es wohl nicht begriffen!«
Soviel zum gelebten Servicegedanken. Immerhin gab die Episode am nächsten Morgen einen guten Einstieg in mein Seminar ab, welches pikanterweise justament die Grundlagen der Kommunikation und den Dienst am Kunden zum Thema hat... Übrigens hatte das Hotel bei mir anfänglich einen Bonus, weil es dort in der Minibar Getränke (Wasser, Apfelschorle, Limo) zum »Selbstkostenpreis« von 50 Cent (!) gibt. Leider wirft der tumbe Tropf hinter dem Tresen den Gesamteindruck wieder um Lichtjahre zurück. Tja, die (Service-)Kette ist halt nur so stark wie ihr schwächstes Glied!
Bei aller Freude an neuen Eindrücken bleibt es gleichwohl mein höchstes Glück, heute abend nach langer Zugfahrt wieder die eigene Couch unter mir zu spüren: Der »Seminartourismus« ist aus Sicht des Trainers nicht halb so attraktiv wie er für die »standorttreuen« Werktätigen im Bekanntenkreis erscheinen mag. Aber dieses Themen-Faß mache ich ein andermal auf...
Dienstag, 27. September 2005
In einem Nürnberger Kaufhaus habe ich unlängst in der Damenoberbekleidungs-Etage einen Sonderverkauf von »Anlasshüten« gesehen. Welch’ interessantes Wort! War mir bisher noch nicht untergekommen. Sofort versuchte ich zu ergründen, um welche Art von Kopfbedeckungen es sich dabei wohl handelte... Auf Anhieb fielen mir drei mögliche Bedeutungen ein, was denn ein »Anlasshut« sein könnte:
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Ein Hut, den man (frau) nach dem Aufsetzen nicht mehr absetzt, sondern immer anlässt, also auch beispielsweise beim Beischlaf, beim Tauchen, beim Rasenmähen. Ein Hut für alle Fälle, sozusagen...
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Ein Hut mit Anlasser zum Anlassen, sprich mit integriertem Motor, womöglich mit Butangas oder gar mit Rapsöl betrieben. Ein gut dämmender Damen-Filzhut läßt sicherlich kaum mehr als ein leises Tuckern nach außen dringen.
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Ein Hut für besondere Anlässe (Bälle, Hochzeiten, Empfänge etc.). Erschiene mir aber als zu banal, um wahr zu sein...
Noch irgendwelche Assoziationen in der Leserschaft da draußen? Dann bitte ich um geistreiche Kommentare!
P.S. Ja, ich hätte natürlich eine Verkäuferin fragen können, aber ich war zu feige und habe mich nicht getraut... ;-)
Montag, 26. September 2005
Vorneweg: Ich bin mit und unter Tieren aufgewachsen, großen und kleinen, mauenden und wauenden, kreuchenden und fleuchenden, sprechenden (!) und schweigenden. Bevor hierzulande irgendjemand wußte, was ein Pferdeflüsterer ist, war ich schon Katzenkrabbler und Hundekrauler. Der elterliche Garten ist der mutmaßlich größte Tierfriedhof Mittelfrankens, und ich habe in meiner Kindheit manche Träne über den Verlust pelziger Freunde vergossen. Ich maße mir also Kompetenz und Kennerschaft an in Fragen der Tierhaltung und der emotionalen Bindung zu Vierbeinern. Und damit auch gleich zu meiner provokanten These:
Hundehaltung in der Großstadt ist Tierquälerei |
Zur empirischen Begründung verweise ich auf nunmehr sechs Jahre Wohnerfahrung in der Fürther Südstadt: Der Anteil verhaltensgestörter Köter aller Kaliber erscheint mir hier deutlich größer als in ländlichen Gebieten und kleineren Gemeinden. Seien es enervierend dauerkläffende Teppichhupen, übermästete Bettwürste oder randalierende Riesenkälber, sie alle führen hier in der Steinwüste ein nicht ansatzweise artgerechtes Leben mit hinreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung. Ja, wie denn auch?! Aushäusige Bewegung ist ja nur an der Leine möglich, und weder Herr- noch Frauchen können da lange mit Lumpis Bewegungsdrang mithalten. Ausdauernd ist auf Dauer nur das Tier, nicht der Mensch. So drängt sich also der Verdacht auf, daß der devote Vierbeiner nicht selten alleinstehenden BesitzerInnen als Kindersatz dient oder geltungsbedürftigen Angebern als Potenzverstärker. Von Tierliebe freilich kann in beiden Fällen wohl kaum die Rede sein...
Und die neurotischen und womöglich traumatisierten Viecher selbst? Kacken allerorten auf die Straße und vor unseren Garten, wollen überall pinkelnd Reviere markieren, wo es schon von Duftmarken der Konkurrenz nur so wimmelt. Da muß man bzw. Tier zwangsläufig entweder irre oder zum Frustfresser werden. Wahrlich ein Hundeleben!
Sonntag, 25. September 2005
Und damit das auch für alle Welt offenkundig werde, veranstaltet die Stadt heute ihren alljährlichen Tag der offenen Tür: Ab 10:00 Uhr kann man sich an über 30 Veranstaltungsorten allerlei Interessantes ansehen und auch manchen neugierigen Blick hinter die Kulissen werfen.
In meiner Eigenschaft als Webmaster des Rundfunkmuseums empfehle ich ganz besonders einen Besuch im ehemaligen »Hauptquartier« der Firma Grundig: Die aktuelle Sonderausstellung mit mechanischen Musikautomaten ist wirklich sehens- und hörenswert...
Der zonebattler selbst kann die vielen Angebote verdrießlicherweise nicht selbst wahrnehmen, muß er doch aus beruflichen Gründen den Zug besteigen und gen Mannheim reisen, wo er drei Tage lang ein Seminar zu leiten hat. Das heißt aber nicht, daß es von Montag bis Mittwoch nix von ihm zu lesen gäbe: Sein Weblog füttert er selbst vom Nordpol aus, von Baden-Württemberg aus daher erst recht!
Samstag, 24. September 2005
Gestern gekleckert (Kleines Atelier), heute geklotzt: Das Neue Museum Nürnberg ist schon von außen ein Gesamt-Kunstwerk von beachtlichem Format! Als Staatliches Museum für Kunst und Design in Nürnberg spielt diese Institution natürlich auch in einer ganz anderen Liga als privat geführte Mini-Galerien...
Fangen wir bei der Architektur an: Was Volker Staab da an den Rand der Altstadt in unmittelbare Nachbarschaft des altertümelnden Handwerkerhofes gesetzt hat, ist ein Juwel der Klarheit, in seiner reinen Formensprache sehr überzeugend (wie übrigens auch das gleichfalls von Staab entworfene Museum Georg Schäfer in Schweinfurt). Auch nachts entfalten der Museumsbau und der ihm vorgelagerte Klarissenplatz eine verführerische Anziehungskraft, andeutungsweise nachzuempfinden anhand eines offiziellen Panoramafotos.
Bei aller Bewunderung für den Meister kann sich der zonebattler jedoch den kleinen Seitenhieb nicht verkneifen, daß er (im Gegensatz zu den Bauten) die Homepage des Staab’schen Architekturbüros für ein byzantinisches Chaos hält: Die ist nämlich mit verwirrendem und unnötigem Multimedia-Schnickschnack »angereichert«, welcher die Orientierung erheblich erschwert... Tja, Beton und Bits sind halt doch zweierlei Werkstoffe!
Im Inneren erwartet uns ein kontrastreicher Zusammenklang aus zeitgenössischer Kunst und neuzeitlichem Design, der in dieser Form sonst nirgends unter einem Dach anzutreffen ist. Aufgrund der besonders großzügigen Präsentation mit viel Luft und Licht um die einzelnen Werke zieht jedes Exponat die ihm gebührende Aufmerksamkeit ablenkungsfrei auf sich. Eine sehr inspirierende Atmosphäre!
Da ich nur wenige Schritte vom Museum entfernt meinem täglichen Broterwerb nachgehe, nutze ich die Mittagspause des Öfteren zu Kurzbesuchen, die ich zuweilen auch fotografisch dokumentiere (wie zum Beispiel hier und dort). Als Mitglied der Museumsinitiative genieße ich stets freien Eintritt zu den Sammlungen und Ausstellungen, da lohnt dann auch eine kurze »Stippvisite«...
Abschließend weist der Schreiber dieser Zeilen mit Genugtuung darauf hin, daß das NMN zwar in Nürnberg angesiedelt, aber an maßgebenden Schaltstellen personell von Fürthern und Fürtherinnen unterwandert ist: Der Kurator zum Exempel ist nicht nur ein Fast-Nachbar von mir, sondern bekennender Fan der SpVgg Greuther Fürth !
Freitag, 23. September 2005
Wir beschließen die Arbeitswoche mit einem wohlwollenden Hinweis auf das »Kleine Atelier Hirschenstraße« (Hausnummer 31). In dem kleinen Lädchen, das einst einen Friseur-Salon beherbergte, gibt es immer wieder spannende Ausstellungen zu bestaunen. Die beiden rührigen Betreiberinnen Ellen Haselmayer und Nana Moritz sind übrigens zwei sehr interessante Gesprächspartnerinnen, nicht nur zum Thema Kunst...
Derzeit (noch bis zum 15. Oktober 2005) gibt es unter dem Titel »Archäologie« eindringliche Bilder von Karin Waßmer zum Thema Sexueller Missbrauch zu sehen. Sicher kein naheliegender Schmuck für’s eigene Wohnzimmer, aber berührende (und verstörende) Aufarbeitungen eigener, brutaler Erinnerungen...
Das »Kleine Atelier Hirschenstraße« hat Donnerstag und Freitag von 14 bis 19 Uhr, samstags von 10 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet (Tel. 0171–7140986).
Donnerstag, 22. September 2005
...Scheiden tut weh. Mir jedenfalls ist es jedes Jahr auf’s Neue ein Greuel (von mir aus auch Gräuel), wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden und beide miteinander kälter. Aber es ist halt jetzt wieder soweit und wenigstens ist es tagsüber draußen noch freundlich und sonnig.
Des Nachts freilich fallen die Temperaturen schon wieder auf erschreckend niedrige Werte, und so schien es uns geboten, die sommers in den Hinterhof ausgelagerten Großpflanzen der Spezies Ficus benjamin wieder ins Haus zu schaffen. Nun ist unsere Wohnung eher eine Burg denn ein Schloß und also ohne Orangerie, der verfügbare Platz in Treppenhaus und Wohnräumen zudem begrenzt und nicht beliebig vermehrbar.
Es war im Grunde schon vorher klar, daß unser im Wortsinne größtes Sorgenkind den Weg zurück ins Esszimmer nicht mehr schaffen würde und daher im Herbst anderweitig untergebracht werden muß. Nur wo? Die vor etwa 13 Jahren gekaufte Birkenfeige einfach herzuschenken wäre uns treulos erschienen, und so schlug meine bessere Hälfte vor, das meterhohe Gewächs zu sich ins Büro bzw. in den Gang davor zu stellen. Also gut, Erleichterung allenthalben. Wie aber den sperrigen Strunk dorthin verschaffen?
Zum Glück verfügt unser an anderer Stelle ausführlich beschriebener Einsatzwagen über ein weit auffahrbares Glasdach, so daß der Baum mit seinem schweren Topf für uns grundsätzlich transportierbar war. Freilich mußte ich ihn dazu erst temporär »verschlanken«, was unter Zuhilfenahme einer Rolle Frischhaltefolie recht gut gelang. Zu zweit klappte dann auch das »Einfädeln« in den Minibus.
Die anschließende Sonderfahrt durch die Südstadt geriet zum rechten Spektakel für alle zufällig den Weg säumenden Augenzeugen, die uns mit großem Hallo und Gekicher begrüßten. So einen merkwürdigen Umzug sieht man schließlich nicht alle Tage!
In meinem Hang zum Theatralischen erinnerte mich die Prozession sogleich an den Shakespeareschen Macbeth, dem ja durch eine »Erscheinung« geweissagt wird:
Macbeth soll niemals bezwungen werden, bis der große Birnam-Wald auf Dunsinans Hügel gegen ihn angezogen kommen wird |
Der Schurke fühlt sich bekanntermaßen durch diese Prophezeiung zu noch grausamerem Tun ermutigt, wann hätte man je einen Wald in Bewegung gesehen? Doch kurz vor dem finalen Showdown verfügt der gute Malcolm am Birnam-Wald:
Laßt jeden Soldaten sich einen Ast abhauen, und ihn vor sich her tragen; wir werden dadurch die Anzahl unsers Heers beschatten, und die Kundschafter in Verwirrung setzen |
Und so erfüllt sich die Vorhersehung letztlich doch: der wandelnde Wald ist das gut getarnte Fußvolk von Malcolms Heer, dessen Freund Macduff schließlich dem Bösewicht und Königsmörder Macbeth einen Kopf kürzer macht. So martialisch endete die Fahrt mit dem bewaldeten Wagen durch Fürth allerdings (und gottseidank) nicht... Aber man könnte im kommenden Winter abends mal wieder den ganzen Macbeth lesen und nicht nur die Zusammenfassung !
Mittwoch, 21. September 2005
Zugegeben, die Eisenbahn war erst vorgestern mein Tages-Thema. Egal, aus aktuellem Anlaß eröffne ich die Rubrik Schrebergarten mit einem Hinweis auf ein gerade dort parkendes Schienenfahrzeug ganz besonderen Kalibers: Das tatsächlich einzige jemals gebaute Exemplar der Baureihe V 320 hat dieser Tage ein Gastspiel in Fürth und Umgebung!
Die heute der Gleisbaufirma Wiebe gehörende Diesellok kommt auf sechs Achsen daher und ist ein Koloss von eindrucksvoller Größe, der auch wegen seines leuchtend gelben Farbkleides schwerlich zu übersehen ist! Momentan zieht das imposante Ungetüm schwere Bauzüge von Fürth aus in Richtung Neustadt (Aisch), wo zwischen Hagenbüchach und Emskirchen die verschlissenen Gleise der Strecke Fürth-Würzburg ausgewechselt werden.
Während längerer Arbeitspausen ist der umfangreiche Wiebe-Fuhrpark am ehemaligen Fürther Güterbahnhof abgestellt, die dicke V 320 kommt dann zum Tanken und Sandfassen an unseren Schrebergarten an der Karolinenstraße. Trainspotter legen sich also am besten am südstädtischen Zugang zur Luisen-Unterführung auf die Lauer, gegenüber vom ALDI-Markt an der Karo.
Ausführliche Informationen zu und viele Bilder von dieser Maschine finden Fans unter www.3hundert20.de. Warum es von mir hingegen nicht ständig neue Bahnbilder zu sehen geben wird, ist in einem eigenen Essay in meinem Bildarchiv nachzulesen...
Dienstag, 20. September 2005
Seinen Lebensunterhalt verdient der zonebattler überwiegend in der Ostvorstadt, Auswärtigen zumeist unter dem Namen Nürnberg bekannt. Dort ist in seinem Büro letzthin eine dieser vollautomatischen Kaffee-Maschinen aufgestellt worden, die seit einiger Zeit die Regale der Elektromärkte in Legionsstärke bevölkern. Nicht etwa, daß der Schreiber dieser Zeilen selber Kaffeetrinker wäre, keineswegs. Das teuere Gerät sollte nur etwas weiter weg von Schuß und nicht in der allgemein zugänglichen Teeküche stehen, um nicht von aller Welt und vor allem nicht »für lau« in Anspruch genommen zu werden.
Aber das mit der unterlassenen Bezahlung der gezapften Tassen ist nicht das eigentliche Problem, soviele ruchlose Zechpreller gäbe es vielleicht gar nicht. Viel interessanter ist das Sozialverhalten der dem Heißgetränk zusprechenden Kollegen und der auf Durchreise befindlichen Gäste. Manche von denen kommen erstmal unauffällig durch die eine Tür hereingeschlichen und gucken auf das Display des freundlichen kleinen Automaten:
Sofern die beruhigende Auskunft lautet: »BEREIT«, dann wird fröhlich die Tasse reingestellt und die Mahlerei (»krrkrrrkrr«) und Brüherei (»wuwuwuwuzischhhhhhh«) geht los. Wehe aber, wenn die Anzeige unerklärliche bis unerfreuliche Botschaften absondert, wie z.B. »TRESTER AUSLEEREN« oder »FILTER WECHSELN«, von »WASSER NACHFUELLEN« nicht zu reden: Dann entschwinden die nämlichen Kollegen leisen Fußes wieder aus der zweiten Bürotür in den Flur, so unauffällig, als wären sie nie dagewesen. Freilich nicht für lange: Eine Viertelstunde später trägt sie ihre Umlaufbahn wieder vorbei, wohl in der Hoffnung, ein(e) andere(r) möge sich inzwischen des Elends erbarmt und sich der Nöte des hilferufenden Maschinchens angenommen haben. Je nach momentanem Stand der Dinge wiederholt sich der geschilderte Zyklus dann auf’s Neue.
Was wir daraus lernen? Eigeninititative und selbstlosen Elan zu zeigen wird allenthalben gerne von jedermann und jederfrau für sich beansprucht und von sich behauptet, aber die persönliche Glaubwürdigkeit des/der derart Trommelnden zeigt sich sofort an seinem/ihrem Umgang mit gemeinsam genutzten Haushaltsgeräten!
Montag, 19. September 2005
Wie heutzutage vielleicht nicht mehr jedes Kind, aber doch jeder halbwegs belesene Mensch immer noch weiß, fuhr die erste Eisenbahn in Deutschland im Jahre 1835 ab, und zwar von Nürnberg nach Fürth und andersherum. Erstes Ladegut der Bayerischen Ludwigsbahn waren weiland dem Vernehmen nach zwei Fässer Bier, doch der frühe fränkische Alkoholtransfer soll hier nicht unser Thema sein.
Die Eisenbahn symbolisierte damals den Fortschritt, und entlang der Trasse entstanden bald prächtigste Straßenfronten (in Fürth insbesondere die Königswarter Straße / Hornschuchpromenade). Im Gegensatz zu heute war das Wohnen längs der Strecke seinerzeit durchaus kein Ärgernis, sondern vielmehr Privileg der reichen Bürgerschaft.
In Fürth endete das Gleis am Ludwigsbahnhof unweit des Hotel National, also just dort, wo heute die Fürther Freiheit liegt. Sowohl das 1938 abgerissene Bahnhofsgebäude als auch das heute noch existierende (wenngleich stark veränderte) Hotel gaben um das Jahr 1900 ein beliebtes Postkartenmotiv ab:
Heutzutage erinnert so gut wie nichts mehr an die historisch bedeutsame Eisenbahn, außer einem nach Nürnberg an die Bärenschanze versetzten Denkmal aus späterer Zeit ist kaum noch etwas davon im Stadtbild präsent. Reste ehemaliger Betriebsanlagen sowieso nicht. Gleichwohl: Wer Augen hat zu sehen, der findet noch heute manches Überbleibsel aus der Pionierzeit des Dampfrosses!
Zum Beispiel diese Schwellensteine hier, die unweit der Kreuzung Karolinenstraße / Jakobinenstraße den (neuzeitlichen) Bahndamm befestigen. Bei der Bahn wurde schon immer wiederverwendet, was an Baustoffen noch irgendwie zu gebrauchen war, und der rückgebaute Schienen-Unterbau war ja gut anderweitig zu verwenden. Am Stein unten rechts im Bild sind die Rille für die Schiene und die Löcher für die Befestigungsteile deutlich zu erkennen!
Derartige stumme Zeugen der Technik-Geschichte gibt es nicht nur in Fürth: Auch in Nürnberg (am Bahnbetriebswerk Neusündersbühl und in der Sandstraße direkt am Opernhaus) haben Schwellensteine der Ludwigseisenbahn solcherart ihre mutmaßlich »letzte Ruhestätte« gefunden. Was übrigens ebenso für den damals aus England mitsamt den Fahrzeugen gleich mitimportierten Lokführer William Wilson gilt, der auf dem Johannis-Friedhof begraben liegt.
Süßer und scharfer Senf: